Necrophobic Interview

Mit “The Third Antichrist“ meldeten sich die schwedischen Urgesteine NECROPHOBIC eindrucksvoll zurück. Joakim Sterner, Gründungsmitglied und Drummer der Death Metal-Fixsterne, gab ausführlich Auskunft über das neue Album, NECROPHOBICs Sonderstellung unter den “Sunlight“-Bands, die besondere Beziehung zur Bruderband Unanimated und den beinahe undurchdringlichen Besetzungs-Wirrwarr.

Zuerst sollte aber einmal der Bandnamen beleuchtet werden, da für eine Death Metal-Band der Name NECROPHOBIC (Necrophobie=Todesangst) schon beinahe eine komisch-zynische Bedeutung hat. Haben die Jungs von NECROPHOBIC also Angst vor Gevatter Tod? (Wer hat sie nicht??)
JOAKIM: “Das ist sicher nicht der Grund für unseren Namen. Lies´ einfach die Lyrics von Slayers ´Necrophobic´ und du wirst eine bessere Deutung unseres Bandnamen erhalten. Wir sind nicht necrophob!“

Entweder auf unsere Art oder gar nicht!

Entgegen dem aktuellen Trend dem Sunlight-Studio den Rücken zuzukehren haben sich Joakim & Co. abermals in den heiligen Stockholmer Aufnahmehallen eingefunden. Es sei nur kurz wiederholt, daß die ehemaligen Aushängeschilder Entombed und Dismember nicht mehr bei Tomas Skogsberg aufnahmen, sondern ein paar Gassen weiter im Das Boot-Studio. Eifrige Eternity-Leser werden sich sicherlich auch noch an die Geschichte von Amon Amarth erinnern, die “Once Sent From The Golden Hall“ noch einmal in Peter Tägtgrens Abyss-Studio einspielen mußten, weil sie im Sunlight keine befriedigenden Resultate erzielen konnten.

J: “Wir haben das Sunlight niemals deshalb ausgewählt, weil irgendwelche andere Bands dort aufgenommen haben. Wir hatten immer schon unseren eigenen Sound. Das ist sicher darin bedingt, daß wir fast alles selbst machen. Wir beschreiben Tomas und Joakim vom Sunlight Studio lediglich wie wir gerne klingen würden, und sie helfen uns dann den entsprechenden Sound zu finden. Sie bringen zwar auch ein paar Ideen ein, aber wir behalten immer die Kontrolle. Entweder auf unsere Art oder gar nicht! Dem Sunlight sind wir schon seit den Aufnahmen unseres zweiten Demos treu. Dort fühlen wir uns wohl und außerdem bekommen wir dort immer einen großartigen Sound verpaßt. Noch dazu liegt es in Stockholm, wo wir bekanntlich alle leben.
Es ist schwer über andere Bands zu sprechen, aber Amon Amarth waren nicht professionell genug als damals sie das Sunlight enterten. Das hört sich jetzt sicherlich viel schlimmer an, als ich es meine. Man braucht eigene Visionen und Ideen um einen guten Sound hinzukriegen. Das ist völlig unabhängig vom Studio. Wenn man noch nicht allzu viel Erfahrung gesammelt hat, dann wird der Sound natürlich viel schlechter ausfallen, wie wenn man schon erfahrener ist und versucht sich seiner eigenen Vorstellung zu nähern. Dismember haben das Das Boot-Studio aus dem simplen Grund gewählt, weil Fred Estby jetzt dort arbeitet. Außerdem weiß er genau, wie Dismember klingen müssen. Das neue Album kann man eigentlich nicht von den früheren Sunlight-Aufnahmen der Band unterscheiden. Entombed wiederum wollten etwas anderes ausprobieren und neue Erfahrungen sammeln, aber im Endeffekt hat es sich nicht viel anders angehört als früher.“

Beim Titel “The Third Antichrist“ dachte ich sofort an die Omen-Filme, die aber nicht die Inspiration für NECROPHOBIC waren.

J: “Mit den Omen-Movies hat das nichts zu tun. Anfänglich waren wir mit der Titelwahl gar nicht glücklich. Nachdem wir aber keinen besseren Titel als ´The Third Antichrist´ finden konnten, dämmerte es uns, daß wir eigentlich einen großartigen Namen gefunden haben. Zum einen ist es unser drittes Album, und zum anderen kam es knapp vor dem Millennium heraus. In all´ der Hysterie, in der sprichwörtlich jeder darauf wartete, daß die Uhr Mitternacht schlägt, war das unsere Art die Leute zum Nachdenken zu animieren. Jeder soll sich aber seinen eigenen Reim darauf machen, wer oder was der dritte Antichrist ist.“

Also hat der Titel offensichtlich auch nichts mit Nietzsches “Antichrist“ zu tun.

J: “Ich habe noch gar nichts von Nietzsche gelesen. Ich nehme nur selten ein Buch in die Hand, weil ich kaum die Zeit dazu finde. Gerne würde ich mehr lesen, aber die Band, meine Freundin und meine Freunde nehmen mich voll in Anspruch.“

Für das Cover von “The Third Antichrist“ zeichnete mit Jens Ryden eine wahre Szenegröße verantwortlich, spielt er doch bekanntlich bei Naglfar und Dead Silent Slumber.

J: “Wir sind schon zusammen mit Naglfar aufgetreten, und Jens hat uns auch einmal für das ´Dusk´- Magazin interviewt, für das er vor langer Zeit arbeitete. Ich wußte, daß er viele andere Covers und Layouts machte, und so fiel die Wahl auf ihn, nachdem wir mit dem ersten Entwurf nicht vorwärts kamen. Zusammen mit dem Layouter von Black Mark hat er dann den Job erledigt. Ich mag beide Bands von ihm. Dead Silent Slumber hat mich sehr überrascht. Das Album ist großartig und ich höre es zur Zeit sehr oft.“

Daß NECROPHOBIC sehr wenig proben liegt nicht an der Trägheit der Musiker, sondern hat infrastrukturelle Gründe.

J: “Wir haben fast ein halbes Jahr nicht geprobt. Zwar haben wir einen neuen Proberaum gefunden, doch ist er noch nicht fertig ausgebaut. Mit Proberäumen hatten wir immer unsere Schwierigkeiten. Den letzten mußten wir verlassen, weil er zum Schutzbunker in Kriegsfällen umgebaut wurde. Und jetzt diese Verzögerung mit dem neuen Raum.“

Im Booklet von “The Third Antichrist“ wurde in der Thanx-Liste auch der sagenumwobene Inner Circle Of Dragon Rouge erwähnt, der nicht erst seit Interviews mit Therions Christoffer Johnsson durch die Metal-Szene geistert. Ich schusterte mir natürlich gleich eine Verschwörungstheorie zusammen, die im Rotdrachen-Club den Gegenpart zum unsäglichen norwegischen Inner Circle schwarzmetallischer Brandstifter sah.

J: “Das ist kein Gegenstück zum norwegischen Inner Circle. Wir haben hier einen seriösen Zirkel für Leute, die sich für ´dark magic´ interessieren, nicht für ´black magic´. Tobias Sidegard und Sebastian  Ramsted gehören diesem Zirkel an, der eine Vielzahl von Mitgliedern umfaßt.“

Doch so schnell sollte die Beziehung von norwegischen und schwedischen Bands nicht abgehandelt werden, besitzen die beiden Länder doch äußerst erfolgreiche Extrem Metal-Szenen, die aber kaum gemeinsame Berührungspunkte aufweisen.

J: “Ich kann in dieser Angelegenheit nur für mich sprechen. Ich pflege keinerlei Kontakt mit norwegischen Bands. Das hat keine speziellen Gründe, aber so ist es nun mal. Nicht, daß ich etwas gegen norwegische Bands hätte oder in der Vergangenheit gehabt hätte. Ich bin sogar zum Teil Norweger, weil mein Großvater dort lebte. Bis zum meinem zehnten Lebensjahr besuchte ich Norwegen regelmäßig. Mein Großvater ist 1995 gestorben. Seither war ich nicht mehr dort, vermisse es aber.“

Neben dem Dragon Rouge-Zirkel wurde auch eine gewisse Cthulic Church erwähnt, hinter der sich aber keine Lovecraft-Sekte verbirgt.

J: “Das ist ein Black Metal-Projekt, dem ein Mitglied von NECROPHOBIC und ein alter Freund/Künstler/Musiker von uns angehören.“

Im Gegensatz zu Coercion und Amon Amarth haben NECROPHOBIC offenbar kein Problem in heimischen Gefilden aufzutreten. Meine Aussage, daß die schwedische Szene bühnentechnisch erst südlich von Flensburg zu existieren beginnt, dementierte Joakim heftigst.

J: “Coercion kenne ich nicht und Amon Amarth haben erst vor ein paar Wochen hier in Stockholm gespielt. Ich weiß nicht, wieso sie nicht in Schweden spielen können. Vielleicht kommt ihre Musik bei den Schweden nicht an. Ich weiß aber, daß wir durchaus in Schweden auftreten und auch genügend Publikum bei den Gigs haben.“

1989 gründete Joachim zusammen mit David Parland NECROPHOBIC. Letzterer wird vielen auch als Gründer von Dark Funeral und unter seinem Pseudonym Blackmoon bekannt sein.

J: “Das stimmt. Wir begannen in diesem Jahr mit Instrumenten “herumzuspielen“ und beschlossen die Welt wissen zu lassen, daß wir das unter dem Namen Necrophobic tun wollen. Daß David auch in Dark Funeral spielte (ab 1993 – Anm. d. Verf), war anfänglich kein großes Problem. Er machte in beiden Bands, was man von ihm erwartete. Schließlich wollte er sich aber ausschließlich Dark Funeral widmen und verließ NECROPHOBIC in den ersten Wochen des Jahres 1996, gerade als wir die MCD ´Spawned By Evil´ mischten. Ein halbes Jahr danach hörte er auch bei Dark Funeral auf. Dumm gelaufen für ihn, oder?“

Trotzdem blieb David Parland im Dunstkreis der Band und war so etwas wie ein inoffizielles Bandmitglied. Auf der 1997 erschienen Langrille “Darkside“ wirkte er in bescheidenem Ausmaß auch noch mit.

J: “Er war Gastmusiker und spielte das Solo von ´Black Moon Rising´ ein. Er hat den Song auch geschrieben, als er noch Vollmitglied in der Band war. Er gab uns ausdrücklich seine Erlaubnis den Song zu verwenden.“

Natürlich sollen auch die beiden Demos von NECROPHOBIC („Slow Asphyxiation“ 1990  und „Unholy Prophecies“ 1991) nicht unerwähnt bleiben

J: “Beide Demos waren sehr erfolgreich, vor allem “Unholy Prophecies“ schlug richtiggehend ein! Worshipped by the masses!! (Ist wahrscheinlich ironisch gemeint oder hat schon jemand etwas von Platin-Auszeichnungen für Demos gehört? – Anm. d. Verf.) Von Wild Rags Records wurde mir ein Stapel dieses Demos überlassen, den ich für spätere Verwendung aufgehoben habe. Ich glaube, ich werde ihn jetzt verkaufen. Interessenten sollten unsere Homepage wegen Details und dem Preis checken.“

Die erste EP “The Call“ (1992) wurde von Stefan Harrvik eingesungen, der manchen vielleicht von den schwedischen Crematory ein Begriff ist.

J: “Er sang auch auf dem ´Unholy Prophecies´-Demo. Nach dem ersten Demo feuerten wir unseren damaligen Sänger/Bassisten. Wir suchten einen brutaleren Vokalisten und fanden Stefan bei Crematory. Er war bei uns bis Sänger Anders Strokirk 1992 in die Band kam. Mit ihm spielten wir dann unser Debüt ´The Nocturnal Silence´ ein.“

Nachzutragen ist also nur noch die Verpflichtung von Tobias Sidegard, der schon Ende 1991 als Bassist zu NECROPHOBIC stieß. Er verließ die Band zwischenzeitlich, um bei Therion als Tourmusiker einzuspringen.

J: “ Christoffer brauchte damals unbedingt Leute, die auf Tourneen für Therion spielen. Da Tobias auch in Dragon Rouge involviert ist, genau wie Christoffer, ergab sich seine Mitarbeit. Tobias spielte dort Gitarre und sang. Er hat sehr viel mit Therion getourt und hat es ihm persönlich auch sehr viel gegeben. Sie haben große Hallen und Festivals bespielt. In gewisser Weise war das auch eine gute Werbung für Necrophobic.“

Sidegard kam wieder zu NECROPHOBIC zurück, um das Album “Darkside“ einzuspielen. Strokirk war nicht mehr mit von der Partie, weshalb Sidegard die Vocals und den Bass übernahm. Auf der “Spawned By Evil“-MCD (1996) war zuvor schon Gitarrist Martin Halfdahn in die Band gekommen. Die Gitarrenabteilung wurde mit Sebastian Ramsted aufgefüllt, der David Parland ersetzte.

J : “Sebastian kam kurz bevor wir für ´Darkside´ ins Studio gingen zur Band. Wir hatten nicht allzu viel Zeit um ihn einzuarbeiten, also konnte er nur ein paar Solos aufnehmen. Er war vorher in einer Band namens Morpheus, die 1991 eine MCD und 1993 ein ganzes Album herausbrachte.“

Nach der beinahe undurchschaubaren Auflistung der Bandmitglieder müssen natürlich auch die Gastauftritte der Unanimated-Musiker Mikael Jansson und Richard Cabeza auf “The Nocturnal Silence“ abgehandelt werden. (Die Beziehung NECROPHOBICs zu dieser Band habe ich deshalb so stark herausgestrichen, weil die männliche Hälfte der K.u.K. Eternity-Monarchie, Kai, ein ausgeleiertes Unanimated-Tape als großen persönlichen Schatz ansieht!!)

J: “Unanimated war für uns wirklich wie eine Bruderband. Wir sind sehr viel mit ihnen herumgehangen und hatten eine Menge Spaß. Das ist auch heute noch so, doch spielen die Hauptpersonen von damals heute in anderen Bands. Unanimated starben leider nach ihrem zweiten Album. Ihnen wurde “Ruhm und Reichtum“ von ihrem Label No Fashion versprochen, doch nichts passierte. Sie hatten sich eigentlich schon getrennt, als sie das Slayer-Cover für ´Slaytanic Slaughter II´  aufnahmen. Peter war schon bei Merciless und Face Down untergekommen. Jetzt spielt er bei Entombed. Richard war damals noch bei Dismember tätig, bevor er nach Norwegen zog, um bei Satyricon einzusteigen. Daraus ist aber schließlich nichts geworden. Heute spielt er zusammen mit Robert Sennebäck bei Soulreaper. (Beide aber leider nicht mehr auf dem kürzlich erschienenen Debut!! – Anm. d. enttäuschten Verf.) Micke hat sich einer MC-Gang angeschlossen. Jojje wiederum versuchte sich mit dem Ex-Sänger von Dark Funeral in der Band War Anthem, was aber nicht mit Erfolg gesegnet war. Zur Zeit spielt er mit den Jungs von Desultory in einer neuen Band.“

Abschließend noch die Entschuldigung von Joakim, wieso NECROPHOBIC in zehn Jahren nur drei CDs zustande gebracht haben.
J: “Natürlich hätten wir mit einer stabilen Besetzung viel mehr erreichen können, aber das ist nicht das einzige Problem. Wie bereits gesagt hatten wir immer große Probleme mit unseren Proberäumen und dazu sind wir sehr, sehr selbstkritisch. Wir wollen keine Scheiße veröffentlichen. Es ist viel besser 100% Qualität abzuliefern als ein schwaches Album. Es gibt ohnehin schon zu viele Scheißbands, die das tun!“
Ja genau, weniger ist oft mehr!! (Das hat auch  meine Oma immer gesagt.)

http://www.myspace.com/necrophobic
http://www.necrophobic.net/

 

[Interview aus Eternity #13]

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*