Morgenstern Interview

Ein neuer (Morgen-) Stern geht am Himmel der Mittelalterszene auf. Mit ihrem Debut „Feuertaufe“ können die Thüringer bereits auf einige verwunderte Gesichter blicken, denn ihre Musik entwickelt nach einer kleinen Weile einen verdammten Ohrwurmcharakter. Was ihr Sänger „Der Richter“ zu all dem meint, hat er uns auch prompt mitgeteilt.

Erzähl doch erstmal was von eurer Band, was bisher so abgelaufen ist.
Wir haben uns ja erst vor 2 Jahren in der Formation gegründet und vorher hat jeder schon in verschiedenen anderen Bands gespielt, wie aus dem Punk-Bereich, aus dem Rock-Bereich, auch aus der Klassik. Die Klarinetten und Schalmeien haben ein bißchen klassische Ausbildung gehabt und dann bis hin zum Black Metal-Bereich. Dann haben wir uns irgendwann mal gefunden und im April (1998) unseren ersten Gig vor ein paar Leuten gemacht. Daß war dann noch nicht so die Erfüllung. Im Mai 1998 haben wir dann gedacht, jetzt müssen wir mal bißchen was von der Sache unter die Leute streuen und haben ein eigen produziertes Demo gemacht, das hat sich „Hexenhammer„ genannt. Im Oktober bis April 1999 haben wir dann schon ein paar Gigs gekriegt als Vorband, von u.a. DIE ART, MERLONS und IN EXTREMO. Im Mai haben wir dann auch mal aus eigener Hand eine Produktion von einer CD in einem kleinen Studio gemacht. Das hat sich auch ein bißchen ausgezahlt, was heißt, daß wir im Sommer und Herbst 1999 verschieden Festival Gigs mit SKYCLAD, SUBWAY TO SALLY, INCHTABOKA-TABLES hatten. Dann gab es auch schon eine Kritik über unser Demo in einer Zeitschrift und darauf ist dann Napalm Records aufmerksam geworden. Das war im Sommer 1999, da kamm’s dann auch zum Plattenvertrag, den wir dann auch unterschrieben haben. Im Oktober/November haben wir dann auch die Produktion gemacht von dem Album („Feuertaufe„) in Merane bei Zwickau. Und im Mai 2000 war dann die Veröffentlichung.

Stell‘ dann doch bitte noch kurz deine Mitstreiter vor und erläutere, was die Pseudonyme sollen.
Da bin mal ich, der Sänger, das ist der Richter. Das ist eigentlich nur ein Spaß, weil ich wirklich Steffen Richter heiße und das hat gerade schön gepaßt. Dann ist da Yenser, das ist unser Gitarrist. Sir Yenser, weil wir waren damals mal in Schottland und da ist er auf eine dieser Burgen zugestolpert, als wenn er sie besetzen wollte und seitdem heißt er halt Sir Yenser, obwohl er richtig auch Jens heißt. Unser Spaßvogel in der Band, Maaan Man (2.Gitarre), da weiß ich auch nicht mehr, wie dieser Name zustande kam, das ist halt so. Dann gibt es die Zuzanne, sie spielt Klarinette, Flöte und Schalmei. Dirc spielt dann das selbige und verschiedene Arten von Trommeln. Dann habe wir noch U., das ist unser Schlagzeuger, der Herr Ullmann, deswegen das U., der macht Schlagzeug, Percussion und was sonst noch anliegt an Scheißarbeit.

Was gab es denn nun für Reaktionen auf „Feuertaufe’?
Ja, bis jetzt gab‘ es ganz gute Reaktionen. Ganz sicher gab es auch Kritik seitens des Rock Hard oder Metal Hammers, aber das finde ich eigentlich gut, weil man nicht immer nur Lob ernten kann. Man muß auch einstecken können, vor allem weil es ja auch die erste Scheibe ist und es wär ja auch schlimm, wenn das schon gewesen sein sollte. Das sind ja teilweise auch schon ältere Stücke und wir haben jetzt auch schon ziemlich viel neues Material zusammen, da wir bald schon wieder eine neue Scheibe machen wollen. Die wird dann natürlich heftiger abgehen und es wird mehr zur Sache gegangen, schöne Gesänge und einfach mehr rocken als das Teil jetzt. Das man die Kritik einstecken muß, wie es geschrieben war, diese Platte kam vielleicht zu früh für Morgenstern, ist klar. Ich meine das kann man sehen wie man will, dem einen gefällt’s. Ich meine wenn man von vornherein nicht so auf die Musik eingeht oder uns jetzt nicht so ganz toleriert, dann ist das klar. Aber im kurzen Sinn: Es wär schlimm wenn’s das schon wär.

Sind an dem Songwriting alle beteiligt, oder nur einer von euch?
Eigentlich ist jeder beteiligt. Jeder von uns bringt Einflüsse mit rein in die Probe.  Einer kommt mit einem Riff an, oder mit einer Melodie, das kann auch von der Flöte oder Schalmei kommen. Wer halt gerade eine Melodie hat und dann versuchen wir das zu umschreiben oder zu ummalen und wie die Melodie ist kommt dann ein Text der dazu paßt. Ist der Song also sehr heftig, dann sollte auch schon ein bissiger Text sein was auch irgendwie ein bißchen mahnt. Wie es der Song verlangt so wird auch ein Text gemacht. Ich meine, die Texte sind meistens da, die sind meist schon geschrieben und die werden dann in die Musik eingepaßt

Woher kommen denn eure Texte? Nehmt ihr Sachen aus dem Leben und übertragt sie ins Mittelalter (z.B. “Säufergrab”), oder wie geht das  vor sich?
Wir setzen uns eigentlich mehr mit dem Hier und Jetzt auseinander, weil man geht nur vor die Tür und da passieren schon 1000 Sachen, wo du eigentlich schon einen Text darüber schreiben könntest. Und wir haben uns halt entschieden das jetzt in dieser alten Form zu singen oder auch zu schreiben, weil die einfach viel schöner ist als das was heute ist. Ich meine zu damalige Zeit waren ja auch so Dinge aktuell wie Liebe, Verderben, Haß oder Gewalt, das ist heute ja noch genauso. Wir studieren ja auch so alte Textformen um sie zu begreifen und es ist manchmal schon erschreckend zu sehen, wie nah die Leute damals an der Realität waren. Also das was heute  immer noch ist war damals auch schon, vielleicht in einer anderen Form, aber irgendwie war es doch genauso wie es heute auch ist.

Könntest du was zu dem Song „Ich hab‘ gelebt“ von Oskar von Wolkenstein sagen und ob ihr noch weitere Interpretationen plant?
Das ist ein Gedicht von ihm, “Ich hab‘ gelebt vor vierzig Jahren”, so heißt das auch. Das hab‘ ich mal rausgegriffen, weil irgendwo bewundere ich seine Sachen, weil die sind einfach genial. Ich meine es gibt auch viele andere gute Dichter aus der damaligen Zeit.

Aus dem Mittelalter, oder?
Ja, genau. Aber das war einfach nur mal so ein Spaß, die Sache mal zu vertonen

Aber es ist nicht geplant, die Sache weiterzuführen.
Eigentlich weniger. Ich sag’s mal ganz ehrlich. Ich find’s doch, daß wir das schon genug haben in der Ecke, oder?

Richtig, IN EXTREMO hat das doch gut abgedeckt. Das würde ich auch sagen. Na gut, aber ein Song oder so, wie auf der neuen Scheibe. Da liegt uns schon viel am Herzen, da haben wir auch einen dabei von Loreena McKenit. Das ist eher ganz ruhig gehalten, arabischmäßig. Da wagen wir uns halt auch dran. Ich meine aber auch nur an so Songs, die auch was von dir verlangen. Wir setzen uns ja auch auseinander mit zahllosen Gedichten über Tod und Pestilenz. Oder auch mit Bildern von Matthias Grünewald oder Hieronimus Bosch. So was inspiriert einen auch. Auch Skulpturen von Riemenschneider oder Stoß, das sind alles so Sachen, die auf dich einfließen. Also kann man schon sagen, daß wir uns damit beschäftigen. Doch im Grunde schreiben wir die Texte aus unserem Bauch heraus und nicht aus anderer Bäuche.

Ihr seid ja auch aus den neuen Ländern? Ist bei euch ein Nest, da die Mittelalterwelle ja in den neuen Bundesländern startete.
Wir kommen ja aus Thüringen, daß ja mit vielen Burgen gleichzusetzen ist und im Sommer hast du auch an jeder Ecke Mittelalterfeste. Vielleicht kommt es von daher. Ich muß so sagen, bevor die Frage aufkommt, daß wir irgendwo aufgesprungen sind. Wir haben uns auch schon vorher für so was interessiert. und das war jetzt nicht unsere Absicht irgendwo aufzuspringen. Wie so ein Zug, da hängen jetzt 8 Wagen und wir hängen uns auch dran, weil es gerade modern ist. Und so groß ist die Szene ja auch noch nicht. Aber wir wollen schon versuchen unser Ding zu machen, soweit man uns läßt und das wir als mehr als eine Bereicherung der Szene gelten. Ich meine wir wollen nichts kopieren, das wäre auch Schwachsinn. Respekt vor SUBWAY TO SALLY und IN EXTREMO, die haben es geschafft das populär zu machen. Aber wir wollen eher die Szene bereichern und nicht kopieren.

So jetzt mal ganz was anderes! Wenn du eine Frage jemandem aus dem Mittelalter stellen könntest, was würdest du wen fragen? Was würde dich da interessieren?
Mich hätte da eher eine andere Zeit interessiert. Ich wäre gern damals beim Abendmahl dabeigesessen, als Jesus mit seinen Jünger gesprochen hat.

Ihr habt auch sehr viele religiöse Inhalte bei euch.
Ja die Frage mußte kommen. Das hat auch gar nichts damit zu tun, daß wir die frohe Botschaft verkünden wollen. Uns interessiert das halt nur und wir machen uns unseren Reim drauf. Ich will jetzt nicht sagen „verarschen„, wir wollen nur zum nachdenken anregen, vielleicht manchen Leuten sagen, daß es doch nicht diese heile Welt gibt. Ob es nun die Kirche oder was weiß ich wer ist. Ich bin selber katholisch und hab‘ auch den Glauben verloren an die ganze Sache und machen uns auch ein bißchen lustig darüber. Wir hatten ein Interview in Polen und sind dort als die Verkündiger der frohen Botschaft rübergekommen. Das wollen wir nicht.
Was uns aber auch nicht mehr passieren wird, daß wir in den Songtiteln solche spezifischen Worte schreiben wie „Jerusalem„ oder „Erlöser„. Da haben wir jetzt auch draus gelernt

Habt ihr schon Pläne, wie es jetzt weitergeht?
Im Herbst soll wohl eine Tour kommen. Da sind aber noch keine Daten bekannt. Und den Sommer über sollen noch ein paar Gigs kommen, teils Open Airs, teils irgendwas. Aber was ganz genaues gibt’s noch nicht.

Eine neue Platte hast du ja schon erwähnt. Gibt’s da schon eine Richtung?
Die Richtung behalten wir bei, aber es ist eigentlich doch ganz was anderes. Die Gitarren kommen mehr in den Vordergrund, die Sache wird dicker und auch viel mit Schalmeien und Drumherum. Man wird ja sehen, was dabei herauskommt. Auf alle Fälle wird man nicht mehr so großartig lästern.

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