Summoning Interview

Ein neues Album von Summoning ist erschienen, und wer mit hypnotischer, sentimentaler und archaisch-wuchtiger Musik etwas anfangen kann, hat damit einen Grund zum Feiern. Dieses Album ist durch und durch Summoning pur, und während man bei anderen Bands nach einer Laufbahn von 5 Alben nahezu darauf wetten würde, dass der Stil verloren geht, kann bei Summoning auf das gerade Gegenteil wetten, und noch dazu froh darüber sein. Dieser Stil ist so intensiv, daß man fast zwangsläufig Bilder zu sehen glaubt, Bilder von weiten Ebenen, zerbrochenen Schwertern und schweigenden Bergen. Wer Summoning noch nicht kennt, ist zu beneiden, denn ihm steht diese Erfahrung noch bevor, die mich seinerzeit beim ersten Hören wie ein Schlag getroffen hat.
Ein Interview musste da einfach sein…

Euer neues Album ist meiner Ansicht nach wirklich ausgezeichnet – wie seid ihr selbst damit zufrieden?
PROTECTOR: Ich persönlich bin sehr zufrieden. Alles klingt so wie ich es gewollt habe, die Songs sind sehr episch und der Sound ist klar, und gleichzeitig mystisch. Was will man mehr.
SILENIUS: Ich kann verstehen dass viele Leute die Stronghold nicht gut gefunden haben unser neues Album auch wieder nicht mögen, dass sind generell Leute die so wie ich auf die zweite Welle des Black Metals reingekippt sind, aber mittlerweile da der Black metal an sich, durch die komplette
Ausschlachtung seinen Reiz verloren hat mit allen Bands der alten und neuen Schule generell nichts mehr anfangen können. Diese Fans haben wir natürlich verloren. aber ich hoffe und weiss dass wir seit Stronghold viele neue Fans dazugewonnen haben.

Der Sound ist beim neuen Album ja der Dol Guldur wieder etwas ähnlicher geworden, die Gitarren ein wenig für die Keys zurückgetreten. Der Grund?
PROTECTOR: Auf unserem Vorgängeralbum „Stronghold“ wollten wir uns wieder etwas mehr auf die Gitarren konzentrieren, und ihnen mehr Melodie und Information verleihen. Das hat aber dazu geführt dass die Keyboards dafür weniger Information hatten und zu sehr in den Hintergrund gedrängt wurden. Auf „Let Mortal Heroes Sing your Fame“ wollten wir die Keyboards
wieder mehr in den Vordergrund drücken, jedoch den Informationsgehalt der Gitarren erhalten (was unter anderem auch erst durch die verbesserten Aufnahmemöglichkeiten erst ermöglicht wurden).
SILENIUS: Nachdem wir wie schon gesagt auf Stronghold die Gitarren in den Vordergrund gerückt haben, um den jämmerlichen Gitarrensound auf „Nightshade forest“ auszugleichen versuchten wir auf unsere neuen CD den
informativeren Gitarrenstil von Stronghold beizubehalten, ihn aber mit den epischeren und mehrstimmigen Keyboardsounds und Arrangements der alten Scheiben wie Dol Guldur oder Minas Morgul zu kombinieren. Ich hoffe es ist uns geglückt und nicht nur die Fans von Stronghold sondern vor allem unsere alten Fans die uns seit Minas Morgul die Stange gehalten haben können mit dieser CD wieder mehr anfangen.

Wovon handeln die Lyrics der einzelnen Stücke? Wurden wieder Tolkien-Gedichte verwendet? Wie ich hörte, spielt auch Michael Moorcock eine Rolle.
SILENIUS: Die Texte wurden wiederum aus diversen Gedichten von Tolkien entlehnt. Aus welchen Büchern jetzt speziell weiss ich jetzt im Augenblick gar nicht. Wahrscheinlich aus den diversen Vorversionen des Silmarillions. Soweit ich mich jetzt erinnere stammen zwei Texte auch aus der „Elric Saga“ von Michael Moorcock, vom dem wir auch das Cover Motiv entlehnt
haben und ein paar Refrains haben wir selbst geschrieben; z.B. den von“Farewell“.

Zu den gesprochenen Parts: handelt es sich um Samples oder wurden sie von euch selbst gesprochen?
PROTECTOR: Die Sprachsamples stammen von einem britischen „Herr der Ringe“ Hörspiel und wurden von Silenius herausgesucht, von mir gesamplet und manchmal leicht verfremdet.

Wer singt den Chor in „Farewell“? (Ihr beide, nehme ich an…)
PROTECTOR: Genau. Und zwar singen wir beide je zweimal (eine Oktave versetzt); also kann man 4 Stimmen hören. Nachträglich wurden die Stimmen mit einem Chorusgerät verbreitert, damit der Gesamteffekt einem Chor entspricht.

Es ist ja schon in manchen Interviews erwähnt worden, dass die Fans meist das Album am besten finden, mit dem sie euch kennengelernt haben… Ich denke, das liegt einfach daran, dass euer Stil im ganzen so ungewöhnlich ist, dass die erste Begegnung mit ihm sich unvergesslich einbrennt…
Stimmt ihr zu, dass euer Stil sehr originell ist, oder seht ihr euch in irgendeiner Tradition, Vorbildern folgend?

PROTECTOR: Ich sehe es auch so dass die erste CD einer Band immer einen besonderen Stellenwert hat. Die Fans unserer alten CD würden wahrscheinlich Dol Guldur nicht mehr ganz so schätzen wie früher auch wenn wir eine nahezu identische CD herausbringen würden; es würde einfach die Assoziation zu
den vergangenen Zeiten fehlen. Trotzdem finde ich es nicht
erwünschenswert krampfhaft originell sein zu wollen. Originalität ist etwas das von selber kommen soll und nicht willentlich herbeigeführt werden kann. Wir haben uns noch kein einziges Mal vorgenommen originell zu sein; wir machen einfach genau die Musik die uns gefällt; ob sie nun originell ist oder nicht, ist dabei zweitranging.
SILENIUS: Beeinflusst sind wir sicher von der zweiten Welle des Norwegischen Black Metals; sprich frühe Veröffentlichungen von Burzum, Emperor oder Satyricon, aber auch Metal der 80er Jahre wie Bathory, Candlemass, Cirith Ungol oder Manilla Road. Allerdings war es nie unser Ziel, deren Weg fortzusetzen.

Wie seht ihr denn unter diesem Gesichtspunkt die heutige Black Metal-Szene, sofern ihr noch Bezug zu ihr habt, und wie seht ihr ihre Zukunft?
SILENIUS: Mit der heutigen Black Metal Szene habe ich kaum noch etwas zu tun. Da ich in einem grossen CD Laden in Wien arbeite kenne ich zwar die meisten Bandnamen und Covers auswendig, habe aber keine Ahnung mehr wie diese
Bands klingen, da sie mich einfach nicht interessieren.

Wie gefällt dir denn deine Arbeit, wenn man mal so fragen darf? Stört sie dich nur oder hat sie auch Vorteile?
SILENIUS: Ich arbeite schon seit 10 Jahren im Wiener Virgin Megastore; die Arbeit reißt mich zwar nicht vom Hocker, und kann manchmal ziemlich nervend sein, vor allem was ständige Anfragen nach Mainstream Musik beinhaltet (gibt es schon die neue Bravo Hits etc.). Der Vorteil aber ist, dass man halbwegs relaxte und interessante Kollegen hat und man im musikalischen
Sektor up to date bleiben kann, um mir meinen eigenen Musikgeschmack leisten zu können muss ich aber schon in spezialisiertere Geschäfte gehen, wie z.B. das Totem von Wanck (Pungent Stench) wo ich mich mit herrlichem Krach (Noise Industrial, millitant music) eindecken kann.

Dann hast du wahrscheinlich auch gesehen, dass auf der Folie eurer CD ein Sticker mit der Aufschrift „a Tribute to the Lord of the rings“ pappte, nicht wahr? Lass mich raten: es war nicht eure Idee…
SILENIUS: Die Idee zu diesem Sticker basierte rein auf einem kommerziellen Hintergrund von Napalm Records. Wir wollten diesen Sticker nicht haben, aber er stört uns auch nicht wirklich, außer dass vielleicht ein paar Leute glauben, dass es sich hierbei um eine Tribute Compilation handelt. Einer hat mich auch schon gefragt, ob unsere CD der offizielle „Herr der Ringe“ Soundtrack ist. Aber was soll’s…

Was haltet ihr denn von der bevorstehenden Verfilmung, bzw. was erwartetihr euch davon?
SILENIUS:Die Vorabtrailers lassen grosses erhoffen,ich bin mir auch ziemlich sicher, dass mir der Film gefallen wird, auch wenn ich vorab meine Zweifel hatte. Für eine Endbeurteilung ist es aber natürlich noch zu früh. Einzig vom Soundtrack mache ich mir keine grossen Hoffungen. Die bevorstehenden Enia tracks lassen übelstes vermuten.

Was sagt ihr überdies zu der Tatsache, dass es hierzulande
Tolkien-Figuren in Überraschungseiern gibt?

SILENIUS: Nachdem die Harry Potter Kommerz Industry ja schon auf Hochtouren läuft ist es nicht weiters verwunderlich dass es bei Tolkien ähnlich ablaufen wird. Insofern habe ich mich selber schon über Tolkien Karten und Kornflakes Packungen gewundert. Aber das war ja zu erwarten.

Gab es damals, als ihr „Minas Morgul“ aufgenommen habt, etwas bestimmtes, das euch zu der Stiländerung inspiriert hat? Wann wart ihr euch sicher, euren Stil gefunden zu haben?
PROTECTOR: Die wesentlichste Voraussetzung für den typischen Summoning Sound war sicher der Rauswurf unseres Schlagzeugers „Trifixion“. Zuvor hatte er mit seinen zahlreichen progressiv- Deathmetal Breaks die pathetische Stimmung von Summoning total unmöglich gemacht. Erst durch den Gebrauch
unseres Keyboards als Schlagzeugersatz konnten wir eine Arbeitsweise finden, die es uns ermöglichte mehr in unsere Musik hineinzuversinken, und dadurch eine atmosphärische Stimmung zu erzielen. Abgesehen davon dass der Geschmack von „Trifixion“ unserem entgegengesetzt war, finden
wir einfach dass die typische Proberaum (bzw. Band-) Atmosphäre einfach nicht zu Summoning passt.
SILENIUS: Ausschlaggebend war sicher auch dass wir zum ersten Mal angefangen hatten, sämtliche Lieder nicht auf Seiten- sonder auf Tasteninstrumenten zu komponieren. Weiters wollten wir nicht nur zu Trifixions hektischem Schlagzeuggetrommel, sondern auch zu Abigors sehr schneller Musik einen
Kontrast bieten, und haben somit mehr auf die epische langsamere Richtung hingearbeitet. Das Ausspielen und die Wiederholung von Riffs waren uns sehr wichtig. Dazu war uns von vornherein klar: besser wenige gute Riffs zu machen, und diese zu einem langsamen Aufbau zu bringen, als so viele Riffs wie möglich in einen Song zu stecken, wie es die
meisten anderen Bands taten und nach wie vor tun.

Geht ihr beim Schaffen von Musik planvoll oder impulsiv vor?
PROTECTOR: Beides. Die Grundmelodien von Silenius entstehen natürlich sehr impulsiv; jedoch muss ich beim Arrangieren der Orchestersounds und beim Finden der Zusatzmelodien teilweise recht planvoll vorgehen, damit Melodien trotz ihrer Vielstimmigkeiten noch immer eine Einheit ergeben.
Das macht finde ich auch den Summoning Sound aus; zwei recht
unterschiedliche Vorangehensweisen beim Komponieren treffen bei Summoning aufeinander.

Seid ihr zwei euch eigentlich ähnlich oder eher verschieden, und kommt es bei der Arbeit an Summoning manchmal zu Streit?
PROTECTOR: Streit haben wir eigentlich nie; wenn wir zusammen Musik machen dann sind wir meistens einer Meinung. Wenn es doch zu Meinungsverschiedenheiten kommen sollte, setzt sich das bessere Argument durch.

Wieviel eurer Zeit widmet ihr im allgemeinen Summoning?
PROTECTOR: Das ist schwer zu sagen, da die Produktion der Summoning- Songs immer stoßweise erfolgt. Es gibt Zeiten (wie zum Beispiel im August diesen Sommers), wo ich einen Monat durch nichts anderes gemacht habe als die Summoning CD möglichst perfekt aufzunehmen; dann gibt es aber wieder
Wochen, wo ich nichts für Summoning mache.

Ihr wolltet ja in der Vergangenheit schon mal einen Videoclip drehen, was dann aber nichts wurde… Pläne in dieser Richtung?
SILENIUS: Den ersten Vidoeclip drehten wir privat schon zu Lugburzzeiten, welcher aber durch seine Schlechtigkeit zum Glück nicht veröffentlicht wurde . Der zweite Videoclip sollte komplett animmiert sein, und wurde bei dem gleichen Engländer in Auftrag gegeben, der schon Emperor Videos drehte; doch auch dieser Clip wurde nichts, da dem Typen sein Studio abbrannte oder was auch immer. Es gibt aber keine weiteren Pläne für ein Video.

Gibt es eigentlich einen tieferen Grund dafür, dass du im Booklet der neuen CD mit einem Hundekopf auf den Schultern zu sehen bist?
SILENIUS: Es war uns wichtig, wie immer, Fotos zu machen, die ein wenig von der Masse langweiliger Bandfotos sich abheben, und zum Gesamtkonzept auch passen. Die Idee mich als eine Art Varg darzustellen, kam eigentlich spontan. Ursprünglich wollte ich mich pfeifenrauchend abbilden, was ich aber dann wieder verwarf, bzw. was ich für Internetzwecke benutzte
(www.summoning.info/photos).

Wenn ihr Summoning mit drei Worten beschreiben müsstet…?
SILENIUS: Episch, Monumental aber auch verträumt, hypnotisierend. Alles in allem eine metallische Umsetzung zu Tolkiens Middle Earth Konzept.

Ok, und was würdet ihr mit den drei Worten Schmerz, Hass und Mystik assoziieren? Bilder, Klänge, Farben, was ihr wollt…
SILENIUS: Mit diesen Ausdrücken kann ich in meinem momentanen Zustand nicht viel mehr anfangen, als dass sie sicherlich zu unserer Musik passen, allerdings erinnern mich diese Schlagwörter mehr an schwülstige Annoncen aus dem
Orkus oder Sonic Seducer. :-)

Um genauso schwülstig weiterzumachen: Welche menschlichen Werte haltet ihr für tatsächlich wertvoll?
SILENIUS: Bezogen auf das musikalische Business ist es sicherlich das Sinnvollste, sich selbst ehrlich zu sein; das heißt, man muss zu dem was man macht stehen können; man darf auf Kritik (ob berechtigt oder nicht) sich nicht beleidigt im stillen Kämmerschen verkriechen, sondern angemessen reagieren.
Und man sollte nicht dem Reiz kommerzieller Ausschlachtung völlig erliegen. Ausserdem sollte man sich nicht wichtiger nehmen, als man ist.

Was würdet ihr Tolkien sagen, wenn ihr ihm begegnen würdet?
SILENIUS: Im Nachhinein betrachtet hätte ich eigentlich keine konkreten Fragen an ihn. Wir sind generell an künstlerischem Schaffen interessiert und weniger an den Personen, die dahinter stehen.

Habt ihr jemals an Fantasy-Rollenspielen teilgenommen?
SILENIUS: Nicht wirklich. Während meiner Militärzeit habe ich einmal damit begonnen, bin aber über den Anfang nie hinaus gekommen, und habe es später auch nie wieder versucht.

Gibt es jemanden oder etwas, das ihr hasst?
SILENIUS: Auf die Musik bezogen nicht wirklich.

Wie und wo möchtet ihr gerne sterben?
SILENIUS: Das ist mir eigentlich egal, hauptsache es geht schnell und ich bin nicht nüchtern :-)
PROTECTOR: Ich denke da ähnlich. Wenn ich einmal tot bin, ist es mir egal was mit meinem Körper passiert (ich merke es ja doch nicht).

Wie denkt ihr über euer Heimatland und über Wien?
PROTECTOR: Ich habe zu wenige Vergleichsmöglichkeiten, um über Wien und Österreich zu urteilen.
SILENIUS: Ich bin ebenfalls nicht unglücklich, Österreicher zu sein. Ob es in einem anderen Land besser zu leben wäre oder nicht, kann sein oder auch nicht. Darüber habe ich mir überhaupt keine Gedanken gemacht; oder besser gesagt, darüber macht man sich erst Gedanken, wenn es einem im eigenen Land wirklich schlecht gehen würde.

Habt ihr bereits Pläne oder Vorstellungen für das nächste Album? Wird es stilistische Änderungen geben?
PROTECTOR: Es ist viel zu früh noch über solche Sachen zu reden. Das nächste, was ich vorhabe zu machen, wird eine neue CD von „Die Verbannten Kinder Evas“ sein. Danach kommt eine neue CD von „Ice Ages“, und erst dann fange ich an, über Summoning nachzudenken.

Wird es Summoning in 10 Jahren noch geben?
PROTECTOR: Ich sehe keinen Grund, warum nicht. Da wir keine Band sind, die ständig proben muss, benötigt Summoning bei weitem nicht so viel Zeit wie eine herkömmliche Band. Also kann ich mir vorstellen, dass wir noch lange Zeit dafür finden werden.

Interview aus Eternity #21

www.summoning.info

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