Shadow Gallery „Legacy“ 5/6

Magna Carta
Bewertung: 5/6
Spielzeit:
Songs: 0

Und zum vierten! Wieder beehren uns Shadow Gallery mit ein paar liebenswert verpielten weich produzierten Progressiv-Songs. Eingeläutet wird der Reigen von einer Neuauflage des Openers ihrer zweiten Scheibe, “Cliffhanger II”, dessen erster Teil eine etwas verschlepptere Version des Originals darstellt und der einen gefährlich langsam hinwegtreibt. Und spätestens wenn das Getreibe gegen Ende mit dem bekannten “Hey Babe welcome to my crystal palace“ aufgelöst wird, sollten auch die letzten Puristen, die – wie ich – eine Neuauflage stets schwer verkraften, zufrieden gestellt sein. Außerdem geht’s danach richtig ab. Der zweite Teil des Liedes, “The Crusher“, bietet instrumentelles Gefrickel, wie man es selbst von Shadow Gallery bisher selten gehört hat, schnell, mit fast schon hart zu nennenden Riffs, flitzenden Soli, springenden Keyboard-Parts und dermaßen heftig, dass man vor lauter Begeisterung des öfteren mit dem Kopp gegen die Wand knallt. Dann wird’s allerdings etwas ruhiger. Mit “Destination Unknown“ folgt eine Gebirgsbach-Ballade, als Verschnaufer herrlich schön. Unverständlich ist nur, weshalb der zweite ruhige Song, “Colors“, direkt darauf folgt. Beide bieten die üblichen SG-Trademarks: plätschernde Keys, sanfte Gitarrenstreicheleinheiten und schöne melodische Soli, bekränzt von der vollen Stimme Mike Bakers. Das zweite Ballädchen gefällt mir etwas besser, da es ganz hübsch den Eindruck eines früh morgens völlig verstrahlt aus dem Haus Tapernden vermittelt, dem die Orientierung noch ein wenig schwer fällt. Der Höhepunkt der Platte folgt sogleich: “Society of Mind“, anfangs ein absolutes Hippie-Lied mit fröhlich treibendem Riff und Heitere-Welt-Refrain, in dem die Globalisierung besungen wird, auf die wir uns ja alle furchtbar freuen. Nach dem zweiten Mal Refrain folgt dann der jähe Einbruch: Die Geschwindigkeit wird kurz erhöht, und plötzlich bricht ein fieses Riff hervor und knallt einem ein “Are you waiting for the strike?“ entgegen. Die Schönheit ist vergangen, alles wirkt finster, die Zukunft mit Schatten versehen, die traurigen Soli tun ihr übriges, und dass man Strophe und Refrain zum Ende ein weiteres Mal wiederholt, wirkt wie Hohn – “watch man and machine will join!“ Mit “Legacy“ wird man danach erneut fies. Ein glattes Riff, von einer furchterregenden Basslinie gebrochen, ein sich steigernder Pre-Chorus, bevor’s dann fröhlich weitergeht und entweder die Einswerdung zweier Personen oder die mit Gott (ist mir nicht ganz klar) gefeiert wird. Zum Ende gibt’s mit “First Light“ wieder einen 20+-minütigen Song, auf dem die Jungs uns erneut zeigen, dass sie von schnell bis langsam, von traurig bis fröhlich alles spielen können. Ganz große Leistung! Anschließend sitzt man vollkommen ausgelutscht in der Gegend herum, und das könnte sich als Fehler herausstellen, denn wenn man die folgende dreiminütige Pause nicht nützt, um auf die Stopp-Taste zu drücken, muss man ein nervtötendes Geklopfe über sich ergehen lassen, aus dem einen der liebe Petrus zwar mit einer Wolke, die einen aufwärts transportieren soll, errettet; bloß leider hat der Gute seine Arbeit nicht vernünftig getan und die Wolke quietscht entsetzlich (=furchtbarer Keyboard-Sound). Zerstört die ganze Stimmung, und trotz heftigen Kämpfen mit mir selbst aufgrund dieser Wahnsinnsscheibe und der Tatsache, dass jedes Shadow Gallery-Album ähnlich (aber noch nie so nervig) abgeschlossen wird, kann ich nicht anders und muss Punktabzug vergeben. Kauft Euch das Teil trotzdem, zieht ne Sicherheitskopie und schneidet die letzten Minuten einfach heraus.

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