Thyrfing Interview

Die Schweden Thyrfing konnten bereits auf ihrem letzten Album „Valdr Galga“ mit einer eingängigen Mischung aus folkloristischen Melodien und metallischer Härte begeistern und legten ein Partyalbum sondergleichen hin. Heuer ist ihr drittes Album „Urkraft“ erschienen, das die Band einerseits gereifter erscheinen läßt, auf der anderen Seite aber wieder typsich nach Thyrfing klingt, und mich wieder in seinen Bann zu ziehen vermochte. Großartige Musik bedarf wohl keiner großartigen Vorreden. (Wer viel zu sagen hat, macht keine langen Sätze, hehe)

Wenn Du Euer neues Album mit „Valdr Galga“ vergleichst, was glaubst Du sind die wichtigsten Veränderungen oder Entwicklungen?
Ich denke, die Gitarren haben nun eine wichtigere Rolle in der Musik. Klar verwenden wir immer noch jede Menge Keyboards, aber es ist diesesmal besser ausbalanciert. Die Gitarren sind wesentlich heavier. Ich meine damit nicht unbedingt roher, aber auf jeden Fall dominanter innerhalb der Musik. Auf dem letzten Album gab es die Tendenz, alles zusehr in Keyboards versinken zu lassen, es war stellenweise zu symphonisch. Nun werden beide Elemente besser miteinander kombiniert.

Ich denke, es ist wesentlich kraftvoller, heavier, auch dunkler. „Valdr Galga“ war mehr eine Art „Partyalbum“. Würdest Du mir da zustimmen?
Ja, speziell der dritte und vierte Song auf dem neuen Album vermitteln ein dunkleres, zwar nicht unbedingt melancholischeres Gefühl,  aber sie sind wesentlich langsamer. Ich denke, das ist auch ein wichtiger Aspekt des neuen Albums: es ist wesentlich dynamischer. Es sind ja auch Songs darauf, die auch auf „Valdr Galga“ hätten sein können.

Warum benutzt ihr keine echten Folkinstrumente, statt Keyboards?
(lacht) Hauptsächlich, weil wir sie nicht spielen können! Nein, im Ernst. Wir haben uns bereits darüber unterhalten, in der Zukunft mehr reale Instrumente zu verwenden. Aber von uns besitzt keiner wirklich die Fähigkeiten, Flöte oder Geigen so zu spielen, wie wir sie mit dem Keyboard spielen. Außerdem ist Thyrfing ja auch eine Liveband. Es wäre unmöglich, ein Konzert mit echten Instrumenten zu spielen. Ich denke also nicht, daß sie die Rolle des Keyboards ersetzen werden, aber vielleicht werden wir ergänzend hier und dort ein paar echte Instrumente auf den nachfolgenden Alben einsetzen.

Mir haben an Euren neuen Album die Cleanvocals sehr gut gefallen. Besteht die Möglichkeit, daß Ihr auf dem nächsten Album ausschließlich Cleanvocals verwenden werdet?
Nein, ich denke, das wird nicht passieren. Unsere Wurzeln liegen nach wie vor bei extremen Vocals, sie werden wohl immer dominieren. Die Cleanvocals auf „Urkraft“ sind eines der dynamischen Elemente, sie ergänzen die extremen, rauhen Vocals mit Melodik. Dieser Stil liegt uns mehr.

Wie seid Ihr dazu gekommen, eine Gary Moore Coverversion aufzunehmen?
(lacht) Diese Frage wird mir jedesmal gestellt.

Sorry!
Na ja, das liegt ja auch auf der Hand.  Es ist die erste Coversion, die wir ernsthaft gemacht haben. Wir haben das gemacht, weil wir einen Bonustrack haben wollten, der mit den anderen Songs nichts zu tun hat, und sich von dem abhebt, was man von einer gewöhnlichen Metalband erwartet. Ich kenne keine weitere Metalband, die ein Gary Moore Cover gemacht hat. Es hat Spaß gemacht, das einmal zu probieren. Vielleicht klingt es nicht allzusehr nach Thyrfing, aber ich bin der Überzeugung, daß der Song gut geworden ist. Wir haben ein paar Freunde ins Studio eingeladen, um den Gesang zu machen und die Gitarrensoli einzuspielen. Es ist nichts weiter, als ein Bonustrack.

Ich denke, er paßt sehr gut auf das Album. Es ist der bei mir meistgehörte Song…
Na ja, die Melodien sind vielleicht nicht allzuweit von Thyrfing entfernt. Andererseits habe ich oft die Frage gestellt bekommen, warum wir nicht eine eigene Version gemacht hätten, weil wir Cleanvocals verwenden usw. Andere sagen wieder, es wäre der beste Track auf dem Album. Diese Leute liegen natürlich falsch!

Was denkst Du generell über Coverversionen oder Tributealben?
Das ist sehr unterschiedlich. Es gibt gute und schlechte. Aber in letzter Zeit wurde das mit den „A Tribute to BlaBlaBla“  Alben wirklich übertrieben. Es ist mittlerweile wohl jede Band gecovert worden. Ich gebe dem ganzen keine große Zukunft. Einige Cover sind aber wirkliche Killer. Ich habe zum Beispiel das Mercyful Fate Cover von Emperor gehört, sie haben „Gypsi“ gecovert, das ist wirklich originell geworden! Einige Bands schaffen es, dem Cover ihren eigenen Stempel aufzudrücken, viele aber kommen über eine schlechte Kopie mit Death Metal Vocals nicht hinaus. Das macht dann keinen Spaß mehr.

Wenn wir schonmal über Coverversionen reden, würden mich Eure Einflüsse natürlich auch interessieren.
Wir haben keine speziellen Einflüsse. Natürlich inspiriert uns auf gewisse Weise alles, was wir hören. Ich denke wir haben mittlerweile unseren eigenen Sound gefunden. Wir versuchen nicht, wie irgendeine andere Band zu klingen. Sicher versuchen wir unseren Stil mit jeder weiteren Veröffentlichung neu zu überdenken, aber ich denke wir haben unseren eigenen Stil, und versuchen diesem zu Folgen und uns dabei an unseren eigenen, vorangegangenen Alben zu orientieren.

Wie würdest Du Euren Stil beschreiben, wenn Du den Begriff „Viking Metal“ nicht verwenden dürftest?
Ich würde es Metal mit herben Vocals, sowie sowohl symphonischen als auch folkloristischen Elementen nennen.

Was denkst Du darüber, Metal in unterschiedliche Stile zu unterteilen, wie Viking Metal, Black Metal usw.? Ist es notwendig?
Es scheint so. Ich glaube nicht, daß sich die Bands selbst großartig darum kümmern. Aber in der Werbung und in den Zeitschriftenartikeln scheint eine gewisse Notwendigkeit zu bestehen, Musik mit unterschiedlichen Begriffen zu belegen. Mich selbst interessiert das nicht allzusehr. Aber es scheint wirklich wichtig zu sein. Ich werde oft gefragt, wie wir unsere Musik nennen, ob es in Ordnung wäre sie „Viking Metal“ zu nennen, oder ob es Black Metal wäre, oder was auch immer. Ich denke es ist die Aufgabe der Journalisten, das zu entscheiden. Die Fans wollen wohl, das man die Musik etikettiert. Ich denke, das ist bei einigen Bands recht schwierig.

Warum habt Ihr das Album mit einem deutschen Titel versehen?
Oh, es ist ebenso schwedisch!

Bedeutet es dasselbe, wie im Deutschen?
Ja, ungefähr. Wenn man etwas wirklich machtvolles beschreiben will, verwendet man den Begriff „Urkraft“. Die ursprüngliche Bedeutung ist wie im deutschen „die alten Kräfte der Natur“.

Was bedeutet Euch das Wort, was wollt Ihr damit ausdrücken?
Wenn man den Text des Titeltracks hinzuzieht, ist es eine Hymne an die Kräfte der Natur. Wir hatten den Titel für das Album aber schon, bevor die Texte geschrieben wurden. Ich denke er paßt perfekt zur Musik und dem ganzen Gefühl, das sich damit verbindet. Da ja auch die Deutschen den Titel verstehen können, ist das natürlich doppelt gut!

Was kannst Du mir generell über die Texte erzählen?
Sie sind selbstverständlich in der gleichen Art gehalten, wie sie immer waren. Sie befassen sich mit nordischer Mythologie und Geschichte. Wir haben vielleicht diesesmal etwas mehr persönliches Gefühl hineingelegt, als auf dem letzten Album. Sie waren bisher mehr methodisch beschreibend, und mythologisch korrekt. Diesesmal sind sie wesentlich persönlicher und befassen sich etwas mehr mit der Natur und ähnlichen Themen. Ich denke, sie sind diesesmal wesentlich besser!

Ihr bedient Euch sowohl des Englischen, wie auch des Schwedischen. Warum benutzt Ihr nicht konsequent die schwedische Sprache?
Die Texte unterliegen keinem wirklichen Masterplan. Sie spiegeln das wieder, was uns in diesem Moment im Kopf herumgeschwirrt ist, in welcher Gefühlslage wir uns befunden haben. Wir denken da nicht drüber nach. Wir schreiben die Texte einfach wie sie kommen, manchmal ist das eben Englisch und manchmal Schwedisch. Mir gefällt es sehr gut, daß wir beide Arten des Textes haben.

Bist Du religiös? Ich meine glaubst Du an die Götter, die Du besingst?
Nein, nicht religiös in dem Sinne, in dem ich eine religiöse Person beschreiben würde. Ich glaube an keine Gottheiten und deren Eingreifen in das Alltagsleben. Aber ich sehe die Götter als natürliche Kraft sozusagen. Aber ich sehe sie nicht als etwas an, das ich anbeten müßte.

Du bist also eher eine spirituelle Person?
Nicht allzusehr würde ich sagen. Ich sehe die Götter eher als Metaphern.

Was bedeutet Dir die alte Wikingerkultur?
Sie ist kein Bestandteil meines Alltagslebens. Es ist eher ein Interesse vorhanden, es geht eine große Faszination davon aus. Ich verstehe allerdings nicht richtig, was Du mit „Kultur“ meinst.

Thyrfing repräsentiert also keine Werte oder ähnliches?
Nein. Thyrfing als Band ist eine reine Musikgruppe. Wir machen Entertainment und gute Musik. Wir versuchen in keinster Weise Propaganda zu verbreiten oder ähnliches. Es wäre natürlich großartig, wenn sich die Leute mit den Texten Thyrfings beschäftigen würden, und daraus vielleicht ein Interesse erwachen würde, aber wir vermitteln keine Ansichten.

Wenn Du die Wahl hättest, in der damaligen Zeit zu leben, oder doch lieber heute, wie würdest Du Dich entscheiden?
Wenn ich mich sofort entscheiden müßte, würde ich doch lieber da bleiben, wo ich heute bin. Ich bin wahrscheinlich viel zu faul und verweichlicht, um zu überleben, wenn ich tausend jahre zurückgehen würde. Es gibt sicherlich Vor  und Nachteile. Es ist recht einfach, sich in seiner Phantasie ein Idealbild zurechtzulegen und die Zeit zu romantisieren, aber es waren harte Zeiten! Es ist schwer zu sagen, ob ich in dieser Zeit ein besseres Leben hätte, als mein jetziges.

Denkst Du, die Wikinger würden Eure Musik mögen, wenn sie sie in ihren Gräbern hören könnten?
(lacht) Wahrscheinlich nicht!

Du glaubst also nicht, daß sie heutzutage die gleiche Musik spielen würden?
Vielleicht in einigen Elementen, aber sie hätten wohl ein Problem mit den verzerrten Gitarren und dergleichen.

Habt Ihr jemals darüber nachgedacht einen Videoclip zu drehen?
Wir haben bereits einen gemacht. Aber er ist nicht sehr ernsthaft, nur eine Produktion mit einem Budget von 100 Kronen oder so. Sicher wäre es eine feine Sache einen richtigen Clip zu drehen, aber wenn  man ihn veröffentlichen will, sich also in die Öffentlichkeit wagt, muß alles zu hundert Prozent professionell sein, man muß dafür ein vernünftiges Budget haben. Es hat aber sehr viel Spaß gemacht diesen Clip zu drehen. Er bleibt jedoch in meinen eigenen vier Wänden!

Wenn Ihr das Budget hättet, einen Clip genau nach Euren Vorstellungen zu realisieren, wie würde der dann aussehen?
Ich würde auf jeden Fall auch Bandszenen drin haben wollen, vielleicht Liveausschnitte. Nicht wie im Bathoryvideo, wo nur szenische Darstellungen zu sehen sind mit Schauspielern und so. Ein Thyrfing Videoclip wäre wohl eine gute Mischung aus beiden Elementen. Es wäre ja auch ebenso langweilig ein Video zu drehen, wo wir die ganze Zeit irgendwo im Wald stehen oder so.

Einige von Euch sind in anderen Bands aktiv. Kannst Du mir mehr darüber erzählen?
Derzeit spielen nur unser zweiter Gitarrist, der Sänger und unser Drummer in einer Band namens „Winds“. Sie spielen dort andere Instrumente und die Musik ist gänzlich anders. Es ist eher eine rohe, brutale Death Metal Band. Derzeit gibt es keine weiteren Bands. Unser Sänger Tomas hat mal in einer Heavy Metal Band Schlagzeug gespielt.

Warum sind so viel Leute in der skandinavischen Szene in Sideprojects engagiert?
Keine Ahnung. Die meisten Musiker haben einfach Spaß daran, ein Album aufzunehmen, und in Bands zu spielen. Es scheint, als wäre es besonders einfach einen Plattenvertrag zu bekommen, wenn man aus Schweden oder Norwegen kommt, und in einer bekannten Band spielt. Ich glaube die Leute haben einfach nur Lust irgendetwas aufzunehmen. Ich weiß nicht warum, aber so scheint es zu sein.

Was denkst Du über die skandinavische Szene? Denkst Du, sie ist den anderen überlegen?
Nicht wirklich überlegen. Es gibt gute Bands, und … nicht ganz so gute Bands. Sicher ist der qualitative Standard hier recht hoch, aber die einzelnen Musiker verstricken sich zusehr in  Sideprojects, in denen sie genau dasselbe spielen wie in hundert anderen Veröffentlichungen und den anderen Bands zuvor. Ich denke nicht allzusehr über die Szene nach. Ich sehe nur eine verdammt große Szene und suche mir die Bands heraus, die ich mag.

Du kennst also nicht das Geheimnis des Erfolges schwedischer Bands sowohl im Metalbereich, als auch in der Popmusik?
Ich denke wir haben einfach eine gute Tradition gepflegt im Hinblick auf extremen Metal. Es gibt hier keine Zensur und es ist sehr einfach, einen billigen Proberaum zu finden und sogar Unterstützung von der Regierung zu bekommen.

Das Umfeld ist also besser als anderswo?
Ich weiß nicht. Aber ich habe mich schon oft mit Leuten darüber unterhalten, was sie für ihre Proberäume bezahlen, und sie waren immer wieder erstaunt, wie billig unsere Proberäume sind, und daß wir sogar die Instrumente dort leihen können. Vielleicht ist das der Grund, warum wir so eine große und qualitativ hochwertige Szene haben. Aber das heißt nicht automatisch, daß wir eine gute Szene haben. Es gibt andererseits nämlich zuviele Bands, die einfach so vorbeirauschen, die wirklich langweilige Musik machen.

Welches ist die beste schwedische Band aller Zeiten?
Das ist eine schwere Frage. (Überlegt sehr, sehr lange). Neben Thyrfing würde ich sagen Dissection.

Was denkst Du darüber, daß die Pagan und Viking Metal Szene mehr und mehr in die Nähe von Neonnazis und Faschisten rückt? Ist das eine Gefahr?
Keine Ahnung. Es ist natürlich störend, daß man deswegen von Leuten angemacht wird, die einen nicht kennen und deshalb vermuten, man wäre ein Nazi, weil man heidnische Symbole oder Runen verwendet. Sicher wurden einige Runen von den Nazis während des Krieges verwandt. Sie haben die skandinavischen Runen mißbraucht und ihnen ihre eigene Interpretation aufgezwängt! Wenn Thyrfing eine Rune auf dem Cover hätten, würden wir wohl eine Menge Probleme bekommen. Das ist natürlich störend. Aber solange es genug Leute gibt, die sich der wirklichen Bedeutung dieser Symbole bewußt sind, sehe ich da nicht allzu große Gefahr.

Wie würdest Du mich überzeugen, nach Schweden zu ziehen?
Wenn Du Bier magst, ist das wohl eine unlösbare Aufgabe! Aber Schweden hat eine großartige Natur. Es ist ein recht freies Land. Außerdem haben wir ein ganz nettes Sozialsystem, wenn man keine Lust hat, zu arbeiten!

Ja, davon habe ich gehört. Es scheint, als wäre der Großteil schwedischer Musiker arbeitslos!
Ja. Ich bin momentan auch arbeitslos. Ich denke aber, daß ich sehr schnell einen Job finden werde.

Was können wir in Zukunft von Thyrfing erwarten? Gibt es bereits konkrete Pläne für eine Tour, ein neues Album, was auch immer?
Ich glaube nicht, daß es dieses Jahr noch eine Tour geben wird. Wir werden wahrscheinlich einzelne Konzerte in Skandinavien spielen. Ich hoffe, daß wir im Frühling auf Tour gehen können, da bibt es einige Gerüchte aber keinen konkreten Pläne. Andererseits sind wir bereits wieder dabei, neues Material zu schreiben, das nächste wird eventuell schon im nächsten Sommer aufgenommen werden.

http://www.thyrfing.com/
http://www.myspace.com/thyrfingband

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