Nile Interview

Nile noch großartig vorzustellen, wäre wohl eine müßige Angelegenheit. Mittlerweile dürfte ihr Ruhm ihnen in jeden Metallerhaushalt vorausgeeilt sein, es gibt wohl keinen, der noch nicht von dieser originellen Ausnahmeband gehört hat. Ihr zweites Album „Black Seeds of Vengeance“ war denn auch ein Anlaß, einmal wieder zum Telefonhörer zu greifen. Dallas stand mir Rede und Antwort.

Was denkst du sind die größten Unterschiede zwischen „Amongst the Catacombs of Nephren Ka“ und „Black Seeds of Vengeance“?
Ich denke das wichtigste ist, daß wir ganz bewußt eine andere Scheibe machen wollten, als „Nephren Ka“. Die ganzen Touren haben uns alle als Musiker routinierter und erfahrener werden lassen.

Was sind Eure Erwartungen, die ihr an das neue Album knüpft? Ich meine Euer letztes Album war ein überraschender, sicherlich unerwarteter, Erfolg. Ihr seid eine Art Death Metal Shootingstar hier in Deutschland.
Musikalisch wollen wir unsere Möglichkeiten bis ans Limit ausreizen. Wir werden weiterhin versuchen immer bessere Alben abzuliefern. Wir wollen unsere songwriterischen Fähigkeiten und die Performance weiterentwickeln.

Denkst Du, daß noch genug Raum für wachsenden Erfolg vorhanden ist, daß ihr vielleicht eines Tages so groß werdet wie beispielsweise Morbid Angel oder Cannibal Corpse? Oder ist das mit solch extremer Musik heutzutage nicht mehr möglich?
Das ist schwer zu sagen. Wir waren schon relativ überrascht vom Erfolg von „Amongst the Catacombs of Nephren Ka“. Wir hatten dieses Album nicht gemacht, um damit Erfolg zu haben. Death Metal ist nicht allzu populär, aber wenn wir damit Erfolg haben, ist das natürlich cool. Aber egal, ob es populär ist, was wir tun oder nicht, wir werden weiterhin unseren Weg gehen.

Hat wieder Karl die ganze Musik geschrieben?
Ja, er schreibt 99,9% der Musik.

Gibt es innerhalb Niles eine Art Diktatur, ist die Band eher ein Karl Sanders  Projekt, oder besteht doch so etwas wie ein demokratisches Miteinander? Ist Karl einfach der talentierteste Musiker?
Wir können natürlich alle soviel beitragen, wie wir können. Karl schreibt die Songs, aber ich habe beispielsweise auch hier und dort ein paar Gitarren  Licks beigetragen. Er war auch derjenige, der die ursprüngliche Idee des ägytischen Konzeptes hatte. Aber ich würde schon sagen, daß Demokratie in der Band herrscht. Alle Entscheidungen, die musikalisch getroffen werden, fallen gemeinsam, was die Verwendung einzelner Parts angeht und so weiter. Alle Entscheidungen, die die Band betreffen, werden auch von der Band getroffen.

Wenn Du also wolltest, könntest Du einen eigenen Song schreiben, und ihn für Nile verwenden?
Ja, wenn er den anderen gefällt schon. Wenn ich ihn zu den Proben mitbringen würde, und jeder ihn cool fände, würden wir ihn wohl verwenden. Wenn er ihnen nicht gefallen würde, wäre das auch in Ordnung, dann müßte ich versuchen, etwas anderes zu schreiben, das ist keine große Sache.

Ich habe auf Eurer Website den Nile Artwork Contest gefunden. Wann endet dieser Kontest?
Da sind wir uns noch nicht sicher. Wir schauen uns alles an, was die Leute uns schicken, und vieleicht werden wir irgendetwas davon auf ein Shirt drucken, oder anderweitig verwenden. Wir wollen soviel wie möglich sammeln, bevor wir den Kontest beenden.

Wie würdest Du Eure Musik beschreiben? Ist es einfach nur Death Metal, oder steht da mittlerweile mehr dahinter?
Es hat schon eine gewisse Atmosphäre, aber im Grunde genommen ist es Death Metal, speziell wenn es um die Vocals geht, und die blastenden Drums. Sicher gibt es auch viele langsamere Death Metal Bands. Ich würde unsere Musik als „atmosphärischen Death Metal“ oder „ägyptischen Death Metal“ oder „Ithiphallic Death Metal“ bezeichnen.

Ja, ich habe diesen Begriff schon einmal gelesen, Was meint Ihr mit dem Begriff „Ithiphallic“?
Es hat etwas mit dem Kriegsgott zu tun. Es ist ein Symbol, eine Erektion zu bekommen, wenn man an Krieg denkt!

Es ist also ein Synonym für Brutalität?
Ja, auf jeden Fall. Brutalität und die Leidenschaft dahinter. Die Ägypter hatten manchmal komische Vorstellungen.

Ihr habt gerade Eure US  Tour beendet, die ihr zusammen mit Cannibal Corpse als Headliner bestritten habt. Was kannst Du mir darüber erzählen?
Es war eine großartige Tour. Es war eine wirkliche Ehre, eine Tour mit so einer großen, göttlichen Death Metal Band wie Cannibal Corpse zu spielen. Die Tour war durchweg gut besucht. Cannibal Corpse haben verdammt gute Shows hingelegt, The Crown übrigens auch! Die waren echt der Wahnsinn, genau wie das Album, die ganzen Gitarrensoli usw. waren großartig. Sie sind eine wahrhaft gute Liveband. Diese Typen kommen wirklich geradewegs aus der Hölle! Sie live zu sehen ist noch unglaublicher, als sich das Album anzuhören, diese ganzen wahnsinnigen Gitarrensoli und das Riffing, schon krankhaft zu nennendes Drumming, Killervocals… Sie sind wirklich unbarmherzig auf der Bühne! Sie sind derzeit meine absolute Lieblings Death Metal Band. Sie sind eine der brutalsten Bands, die ich in meinem Leben gehört habe.

Habt Ihr jemals in Ägypten gespielt? Ein Nilekonzert unter den Pyraminden wäre doch großartig.
Ja, das wäre superepisch! Ich würde mich wohl konzentrieren, wie nie zuvor, und zusehen, daß ich auch nicht eine einzige Note falsch spiele. Solch ein Auftritt würde mir verdammt viel bedeuten. Ich glaube, es wäre wesentlich einfacher für uns zu spielen, denn eine solche Situation, die ganze Atmosphäre wäre extrem inspirierend für uns. Es wäre eine Art spirituelles Erlebnis! Unter den Pyramiden zu spielen wäre einmalig!

Was fasziniert Euch am alten Ägypten, und inwiefern paßt es zum Death Metal?
Das ist recht einfach zu erklären. Die ägyptische Kultur hatte viele solcher Elemente, die zum Death Metal passen, sie haben das Christentum verachtet, sie hatten einige sehr unheimliche oder seltsame rituelle Verhaltensweisen, was die Einstellung zu Leben und Tod angeht. Sie konservierten die Toten, sie haben sich verdammt viel mit dem Tod beschäftigt. Wenn Du beispielsweise mal einen Blick in ein hieroglyphisches Wörterbuch wirfst, wirst Du sehen, was diese Kultur am meisten beschäftigt hat. Es gibt z.B. zehn oder mehr verschiedene Worte für „Angriff“, um nur eines zu nennen. Sie haben sich verdammt viel mit Krieg beschäftigt, aber auch mit Musik und Kunst, haben Monumente geschaffen. Sie waren absolut brutal! Ägypten ist ein perfektes Thema für Death Metal.

Es ist also Deiner Meinung nach eine Kultur mit einer Ausrichtung zum Tod?
Nein, das wäre zu extrem formuliert. Sie hatten einen riesigen Respekt vor dem Tod. Aber man muß zum Beispiel mal einen Blick auf die Zeremonie der Öffnung des Mundes werfen, wo es darum geht, dem Geist eine Möglichkeit zu geben, sich zu bewegen, und im Leben nach dem Tode Dinge zu tun und in den Körper zurückzukehren. Sie waren in gewisser Weise besessen vom Tod.

Ich denke, die Christen sind ebenfalls vom Tode besessen. Wo ist der Unterschied?
Die Christen sind vom Tod besessen, weil sie Angst vor ihm haben. Sie brauchen also das Christentum, um sich besser zu fühlen. Sie brauchen diesen schönen Ort, zu dem sie kommen, wenn sie sterben. Die Ägypter hatten eine gewisse Hingabe an den Tod. Ich glaube nicht, daß sie Angst vor ihm hatten, ich glaube sie haben ihn mit Respekt behandelt.

Das ägyptische Thema löst sich von den allgemein üblichen Satanistenklischees etc. Was denkst du über Satanismus im Metal, wenn du ihn mit euren Thematiken vergleichst?
Wenn die Leute sich wirklich mit Satanismus beschäftigen, ist das in Ordnung. Wenn sie diese satanistische Haltung in ihrer Musik ausdrücken wollen, habe ich damit kein Problem. Wenn sie daraus ihre Stärke beziehen, und sich gut fühlen damit, sollen sie es tun! Es gibt so viele Themenfelder, die mittlerweile so oft wiederholt wurden, wenn Du nur mal an den ganzen Gorekram denkst zum Beispiel. Es gibt halt ein paar satanische Bands, andere sind politisch wütend usw. Ich denke es ist Platz für alle im Metal. Wir brauchen diese Bands. Wir brauchen mehr Satansbands! (lacht)

Wie groß ist der Enfluß orientalischer Musik auf Nile? Hört Ihr orientalische Musik zu Hause?
Ich persönlich nicht, aber ich glaube Karl hört sich soetwas an, wenn er in der richtigen Stimmung ist. Ich höre mir lieber düstere Sachen an, wie Gregorianische Gesänge, aber auch klassische Gitarrenmusik. Ich glaube, Karl ist ebenso von solchen Sachen beeinflußt. Wir hören auch Filmsoundtracks. Das war eine der Gemeinsamkeiten, als ich zur Band stieß, wir lieben Soundtracks wie „Conan der Barbar“, „Excalibur“, das waren wohl große musikalische Einflüsse auf uns beide, bevor wir uns getroffen haben.

Würdest Du mir zustimmen, daß Metal und speziell die Gitarrensoli orientalische Gefühle transportieren?
Ja, da stimme ich Dir zu. Gitarensoli klingen oft Mittelöstlich, manchmal auch ägyptisch. Manchmal klingen sie auch wie klassische Musik. Wenn man mal einen Großteil der Metalmusik mit klassischer Musik vergleicht, wird man viele Parallelen entdecken. Sicher handelt es sich um völlig anders klingende Musik, aber es werden ähnliche Strukturen verwandt, sie hat den gleichen Tiefgang, ähnliche Spannungen etc. Metal ist eine Art klassische Musik, die auf modernen Instrumenten gespielt wird, gerade was die Komplexität der Strukturen angeht. Es sind eben nicht Dreiakkord  Rolling Stones Songs.
www.nilecatacombs.com

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