Godz Of War Productions (Greg Rosenstahl) Interview

Godz Of War Productions

Für gewöhnlich stehen bei Interviews die Bands im Vordergrund. Damit Bands aber CD veröffentlichen und vielleicht sogar einige Konzerte spielen können, braucht es nicht zu selten ein Label, das einem den Rücken stärkt. So wollten wir mal hinter die Kulissen des Underground-Labels Godz Of War Productions schauen und erfahren, wie viel Arbeit in einem Label stecken kann. Besitzer Greg Rosenstahl stand uns Rede und Antwort.

Hallo Greg, lass uns doch einfach mit einigen Hintergrundinfos starten. Wann hast du dein Label gegründet und mit welcher Intention bist du an die Sache rangegangen? Waren noch andere bei der Gründung dabei?

Hallo an alle Leser des Eternity Magazins. Die Anfänge von Godz Ov War Productions liegen im Jahre 2009, als ich mich entschied, mein eigenes Plattenlabel zu gründen. In diesem Jahr erschien auch gleich unsere erste Veröffentlichung. Der Plan war sehr einfach – Musik herauszubringen, die ich seit über 30 Jahren selber lebe und atme.
Meine Anfänge und ersten Schritte in der Branche gehen aber sogar noch in die ’90er Jahre, als ich unter anderem mehrere Titel auf Kassetten veröffentlichte: Neolithic, Mussorgski, Vehement Thrower. Ich bin von Anfang an der einzige Entscheidungsträger des Labels und denke, dass es auch bis zum Ende von G.O.W so bleibt, muss aber zugeben, dass mir immer mehr Leute bei der Weiterentwicklung des Labels helfen und dafür bin ich natürlich sehr dankbar.

Handelt es sich dabei um einen Vollzeitjob? Was für Aufgaben stehen da für dich immer wieder an? Vielleicht kannst du uns einen kurzen Einblick in deine Tätigkeit geben!

Nein, das ist nicht mein Hauptjob, vielmehr ein Hobby. Es ist eine ziemlich teure und arbeitsintensive Leidenschaft, und es ist noch viel zu früh, mich und meine Familie von dieser „ernähren” zu können. Weißt du, Godz Ov War ist eine Plattenfirma, deren Schwerpunkt auf der Veröffentlichung von wenig bekannten Underground-Bands liegt, deren CDs, LPs usw. in manchmal sehr geringer Zahl verkauft werden. Wenn Du merkst, wie viele bekannte und beliebte Bands immer noch großartige Alben veröffentlichen, wirst Du verstehen, dass unsere Titel ein ziemlich kleines Publikum erreichen. Sie sind mehr als „Maniacs” als gewöhnliche Metal-Fans zu bezeichnen.
Deshalb leite ich auch meine eigene Firma außerhalb des Labels, die nichts mit Musik zu tun hat. In Godz Ov War mache ich genau das, was jeder Publisher tut – ich suche nach neuen Bands, bereite Stoff für die Produktion vor, erledige Bestellungen, Distro und pflege den Kontakt zu den Medien.

Der Plan war sehr einfach – Musik herauszubringen, die ich seit über 30 Jahren selber lebe und atme.

Wie viele Bands sind aktuell bei Godz Of War unter Vertrag, und welches Metalgenre ist am meisten bei dir vertreten? Gibt es für dich eine persönliche Grenze an der Bandzahl, bei der du selbst sagst mehr würde nicht händelbar sein?

Momentan arbeite ich mit ca. 10 Bands zusammen, obwohl auch viele andere Bands mein Label durchlaufen haben. Die meisten von ihnen sind aus der Death- und Black-Metal-Szene, dem Genre, aus dem ich mir auch am häufigsten Musik anhöre.
Ich denke, aktuell ist genau der Moment, in dem ich nicht noch mehr Bands in meinem Label haben möchte. Diejenigen, mit denen ich arbeite, stellen mir ausreichend Material zur Verfügung, das ich derzeit veröffentlichen und promoten kann. Wie gesagt, meine Zeit ist durch die Führung einer zweiten Firma begrenzt und ich habe einfach nicht genug Zeit, weitere Bands in meinen Katalog aufzunehmen.

Wie darf man sich denn den Auswahlprozess bei dir vorstellen, wenn es darum geht eine Band unter Vertrag zu nehmen? Nach welchen Kriterien suchst du oder besser gesagt, was müssen die Bands mitbringen, dass du sie eben auch haben willst?

Die oberste Grundvoraussetzung für die Zusammenarbeit mit einer Band, ist dass ich die Musik mögen muss. Es gibt echt viele Bands, die sich bei mir melden, einige von ihnen haben wirklich sehr hohes Niveau und ihr kommerzielles Potenzial ist sehr groß, aber wenn die Musik mich nicht anspricht, danke ich ihnen einfach höflich und sage ab. Ich arbeite auch nicht gern mit Bands zusammen, die eine zu hohe Meinung von sich selbst haben und übermäßige Erwartungen haben, die manchmal zu ihren Fähigkeiten oder ihrem Talent unverhältnismäßig sind. Ich arbeite gerne mit ehrlichen Menschen zusammen, die wissen, dass Godz Ov War kein kommerzielles Monster ist, sondern nur ein Underground-Label. Für viele junge Bands ist mein Label nur ein kurzer Zwischenstopp und ich verstehe das durchaus. Es ist schön, wenn die andere Seite es auch versteht, denn dann geht die Zusammenarbeit viel besser.

Auch wenn es nur ein Untergrund-Label ist, so kommen einige deiner Bands von weiter her, zum Beispiel aus Chile oder Bangladesch. Wie hast du die gefunden?

Ganz einfach – das Internet macht es möglichGenau so einfach ist somit der Zugang zur Musik. Auf Facebook oder Bandcamp eine interessante Band aus einem fernen Land zu finden, hängt nur von meinem Willen und meiner Zeit ab.
Ein paar Bands kamen aber auch zu mir, dank der Empfehlung einiger meiner Freunde, die meinen musikalischen Geschmack perfekt kennen.

Sprechen wir doch mal über deinen musikalischen Geschmack, welche Bands hörst du aktuell und was sind deine Alltime-Favourites. Wäre es denn für dich eine Option, mal ein Re-Release oder sogar eine Neuveröffentlichung für jene Bands zu machen, von denen du selbst ein großer Fan bist?

In der letzten Zeit gefallen mir die neuen Alben von Tomb Mold, Vanhelgd, Ritual Necromancy, Dakhma, Infernal Coil und Portal sehr. Manchmal kehre ich zu den Klassikern zurück und greife nach den frühen Aufnahmen von Morbid Angel, Venom, Celtic Frost, Iron Maiden, Vader oder Carcass. Ich kann Godflesh und Laibach jederzeit und überall hören. Ich weiß jedoch nicht, ob ich solche großen Bands in meinem Katalog haben möchte. Große Bands = große Probleme! :) Ich bin auch kein Befürworter von Re-Editionen. Ich verstehe, dass es immer noch junge Fans gibt, die viele klassische Alben im Regal haben möchten und Veröffentlichungen in allen Versionen auf allen möglichen Medien in Mode gekommen sind. Aber nein, in dem „Godz Ov War“-Katalog möchte ich keine Platten haben, die ich schon vor 30 Jahren gehört habe.

Wie wichtig ist es für dich, das deine Bands live spielen und zwar so viel wie möglich? Oder anders gesagt, glaubst du, dass Live-Auftritte immer noch die beste Promotion sind oder gibt es mittlerweile andere Möglichkeiten?

Große Bands = große Probleme!

Natürlich sind Konzerte in der gegenwärtigen Realität der Musikindustrie ein wichtiges Element der Promotion, aber die Tatsache, ob eine Band live auftreten kann oder nicht, ist noch keine Voraussetzung, um in meinen Katalog aufgenommen zu werden. Wie Du weißt, habe ich ein paar Projekte veröffentlicht, die niemals live spielen werden, z. B. Absque Cor, Labyrinth Entrance oder Mussorgski. Ich habe kein Problem damit, obwohl ja bekannt ist, dass es in diesem Fall schwieriger wird, ein bestimmtes Projekt oder eine Band zu promoten.
Auf der anderen Seite habe ich viele Bands gesehen, die überhaupt nicht spielen sollten, weil sie es nicht können oder ihre Musik live nicht gut rüberkommt. Deshalb glaube ich nicht, dass Konzerte für wirklich jede Band die beste Form der Promotion sind. Natürlich ist es gut, wenn die Fans die Fähigkeiten der Band auf der Bühne sehen und hören können, die Band treffen und eine CD oder Merch kaufen können. Man muss jedoch daran denken, dass die Präsentation Ihrer Musik während eines Clubkonzertes oder eines großen Festivals für jede Band eine echte Herausforderung darstellt und nicht immer funktioniert.

Arbeitest du denn mit einigen Clubs zum Beispiel in Polen fest zusammen oder gibt es zusätzliche Kooperationen?

Ja, ich arbeite mit vielen Konzertveranstaltern zusammen und deshalb haben meine Bands oft die Gelegenheit, mit vielen interessanten Bands aus der ganzen Welt aufzutreten. Ich halte auch Kontakt zu mehreren Leuten in Europa, die bei großen Festivals oder internationalen Tours arbeiten. Normalerweise werden aber die meisten Konzerte von den Bands selbst organisiert. Ich habe leider nicht immer die nötige Zeit, um ihnen dabei helfen zu können.

Wie würdest du die polnische Metal-Szene beschreiben? Ist es schwer deine Bands dort zu promoten?

Ich denke, dass sich die Metal-Szene, insbesondere für Black Metal, in den letzten Jahren sowohl in Polen als auch im Ausland gut entwickelt hat. Bands wie Mgla, Cultes Des Ghoules, Bathuska oder Furia sind auf der ganzen Welt bekannt und nicht nur unter den Fans des Underground Metals. Labels aus der ganzen Welt greifen zunehmend nach polnischen Bands, weil sie immer mehr Potenzial darin sehen. Natürlich kann man nicht von einer Explosion der Popularität der polnischen Szene sprechen, aber es ist schön, dass die Welt in Polen mehr sieht als nur Behemoth, Vader oder Decapitated. Es gibt natürlich, wie überall, Probleme mit der Promotion was auf die große Anzahl der Bands zurückzuführen ist. Selbst wenn eine neue Band eine sehr gute Demo oder ein Album aufnimmt, fällt es den Hörern schwer, sich für den neuen Namen zu interessieren. Da spielt der Zeitfaktor und natürlich Geld eine entscheidende Rolle – wenn die Fans eine Band nicht gut kennen, greifen sie lieber zu bekannten Titeln um einfach auf Nummer sicher zu gehen.

Spielst du eigentlich selber in einigen Bands oder hast du das in der Vergangenheit?

Ich habe einmal versucht Bass zu spielen, aber mir fehlten die Entschlossenheit und die Geduld zum Lernen. Deswegen bin ich nie Musiker geworden und ich werde daran nichts ändern.

Eine deiner Bands, Atrexial aus Spanien, hat letztes Jahr zusammen mit Gorgoroth in Japan einige Gigs gehabt. Hast du das arrangiert? Wie fühlt sich das für dich an, dass eine Band eine bekannte Größe supportet und dann auch noch Japan?

Ja, Atrexial ist sehr aktiv was Konzerte angeht. Vor einiger Zeit spielten sie mehrere Konzerte mit Marduk auf deren Europa-Tour und waren kürzlich neben Gorgoroth und Samael in Japan zu sehen. Ich habe jedoch nicht an der Organisation dieser Konzerte mitgewirkt. Die Band profitierte von ihren eigenen Kontakten und Hilfe der Konzertagentur, mit der sie zusammenarbeitet. Natürlich freue ich mich, dass sie mit renommierten Bands spielen, sie werden ihnen sicherlich dabei helfen, den Bandnamen und das nächste Album, das bald aufgenommen wird, zu promoten. Ich weiß, dass sie von japanischen Fans gut angenommen wurden, sodass sie diese Reise als ihren kleinen Erfolg ansehen können.

Reden wir doch einmal über Distribution. Was ist deine persönliche Meinung zu Streaming-Seiten oder Eigenvertriebsseiten wie Bandcamp, Bigcartel etc.? Sind sie für dich eher Fluch oder Segen? Wie hast du überhaupt die Veränderungen des Musikmarktes seit der Gründung deines Labels wahrgenommen?

Ich denke, dass sie hilfreich sind. Vielleicht nicht alle, aber die Mehrheit der Streaming-Dienste und Online-Handelsplattformen finde ich nützlich. Ich habe nichts gegen den Verkauf von Musik via Internet, sowohl in der digitalen Version als auch klassisch physische Medien. Mit der ungeheuren Menge an Musik im Umlauf sollen die Leute sie hören können, bevor sie sich zum Kauf entscheiden. Ich kann mir heutzutage nicht vorstellen eine CD oder LP nur basierend auf Reviews, Cover oder Bandnamen zu kaufen. Seitdem ich mein eigenes Label leite, habe ich keine bedeutende Revolution auf dem Musikmarkt bemerkt. In Anbetracht aber der Tatsache, dass ich in Zeiten ohne Internet aufgewachsen bin und die Musik dank Schallplatten, Kassetten, Radiosendungen oder Konzerten kennenlernte, kann ich sagen, dass ich selbst in meinen wildesten Träumen nicht gedacht hätte, dass die ganze Musikindustrie und dieser Markt sich in den drei Jahrzehnten so sehr verändern kann. Es ist wie von einem Fahrrad in ein Luxusauto umzusteigen.

Ich hab dich noch gar nicht nach deinem Lieblingsformat gefragt, welches du am liebsten wählst wenn es um eine Veröffentlichung geht. Schließlich gehen aktuell die Meinungen sehr auseinander von „Back To The Roots“ bis hin zu Veröffentlichungen, die nur noch online sind.

In der Regel ist das Basisformat eine CD und praktisch jeder Veröffentlichung ist auch in der digitalen Version verfügbar. Die Wahl des Formats hängt von vielen Faktoren ab, und – leicht zu erraten – hängt von dem potenziellen Verkauf ab. Normalerweise entscheide ich selber, auf welchem Medium ich einen bestimmten Titel herausgeben kann und teile meine Vorschläge den Bands mit. Die meisten akzeptieren mein Angebot. Manchmal kommt es vor, dass wenn die CD- oder Kassettenversion auf erhebliches Interesse stößt, ich mich auch für eine Vinylversion entscheide.
Es gab aber noch nie eine Situation, dass am Tag der Premiere ein Titel auf allen möglichen Medien erschien ist. Godz Ov War ist ein Nischenlabel, das sich auf junge, oft debütierende Bands konzentriert, und ich kann nie vorhersagen, auf welches Interesse die Musik stoßen wird. In Anbetracht der hohen Kosten für die Herstellung physischer Medien versuche ich, nicht sofort größere Risiken einzugehen, aber das ist ja selbstverständlich, glaube ich.

Was hältst du denn eigentlich von Supergroups, die sich formieren um gefühlt ein Album heraus zu bringen, dann drei Jahre zu hohen Ticketpreisen touren und sich dann wieder auflösen?

Ich habe mich noch nie für solche Supergruppen interessiert und betrachte sie nicht etwa negativ sondern stehe dem eher skeptisch gegenüber. Ich denke, dass die meisten von ihnen „unaufrichtig“ sind. Und die Musiker, die sie kreieren, tun es aus einer Laune heraus, um Zeit totzuschlagen oder einfach nur für das Geld, obwohl das überhaupt nichts Schlechtes ist. Das einzig Schlechte daran ist, dass die meisten dieser Supergruppen nichts Interessantes anbieten, außer dem, was ihre Mitglieder in eigenen Bands spielen und das dann einfach in einem Bündel als „Superprojekt“ dem Publikum anbieten.

Manchmal bekommen deine Releases schlechte Kritiken (ebenso auch bei uns), wie denkst du darüber und wie gehst du damit um? Macht dir das überhaupt etwas aus oder nimmst du manche Hinweise auch ernst? Oder sind für dich Reviews, egal wie sie ausfallen, einfach gute Promotion?

Als Verleger, der auf seinen eigenem Geschmack basiert, muss ich immer damit rechnen, dass jemandem nicht gefällt, was er hört. Manchmal kann es auch passieren, dass ich die Schwächen eines Albums im Moment der Entscheidung die über Veröffentlichung einfach übersehe (-höre). Ich habe jedoch nie ein Problem mit negativen Meinungen, vorausgesetzt, dies ist eine konstruktive Kritik mit guten Argumenten oder Andeutungen. Wenn jemand schreibt, dass etwas Scheiße ist und es nicht rechtfertigen kann, kann ich nur lächeln und weitergehen.

Auf der anderen Seite habe ich viele Bands gesehen, die überhaupt nicht spielen sollten, weil sie es nicht können oder ihre Musik live nicht gut rüberkommt.

Hast du denn trotzdem schon mal aufgehört, Promomaterial zu Magazinen zu schicken, weil die Bewertungen zu oft zu schlecht sind?

Nein, ich habe nie aufgehört neue Veröffentlichungen aufgrund negativer Bewertungen zu versenden. Jeder hat das Recht auf seine eigene Meinung und ich respektiere sie. Ich habe aber aufgehört an die zu verschicken, die mir Reviews oder andere Präsentationsformen versprochen haben und ihr Wort nicht gehalten haben, nachdem sie natürlich die CDs von mir mit dem ganzen nötigen Promomaterial bekamen. Das ärgert einen einfach. Ich verstehe, dass jemand nicht die nötige Zeit oder Bock hat, sich mit zugeschickten Stoff zu beschäftigen, aber man könnte wenigstens zwei Minuten finden, um dann auf Rückfragen zu antworten.

Was sind denn deine Pläne für 2019? Werden einige neue Bands in deinen Roaster aufgenommen und wie viele Releases hast du geplant?

Mein Veröffentlichungszeitplan für 2019 ist schon geschlossen. Es wird viel Neues geben, wenn auch nicht viele Debütanten. Ich werde mich zum Großteil mit den Bands beschäftigen, mit den ich schon zusammenarbeite, also unter anderem neue Alben von Warfist, Pig’s Blood, Hereza, Loathfinder, Rites of Daath, Kingdom, Hell’s Coronation. Es wird drei neue Bands bei G.O.W geben, von denen zwei bereits bestätigt sind – Popiół und Gruzja.

Magst noch was zum Abschluss loswerden?

Caro, vielen Dank für das großartige Interview und die Gelegenheit, Godz Ov War im Eternity Magazin zu präsentieren. Ich hoffe, dass ich eure Leser näher an mein Label gebracht habe und ich freue mich, dass ich mit euch so viele Jahre zusammenarbeiten durfte.

www.godzovwar.com

 

Interview aus Eternity Nr. 24