Arena Interview

Anlässlich einer Promotiontour hatte ich das Vergnügen, Clive Nolan, den Tastenzauberer der britischen Prog-Rock Band Arena in einer Mannheimer Studentenkneipe über das neuste Meisterwerk „Pepper’s Ghost“ auszuquetschen. Meister Nolan gab geduldig Auskunft über das neuste Konzeptalbum, Progressive Musik, das Universum und den ganzen Rest.

Peppers Ghost ist eine Geschichte in Comicform, die in einer düsteren Variante des viktorianischen Zeitalters in London spielt. Jedes Mitglied der Band repräsentiert einen Helden mit besonderen Fähigkeiten: John Mitchell, der Gitarrist ist ein Wissenschaftler, der nach einem missglückten Experiment mit einer Zeitmaschine die Fähigkeit besitzt, sich sieben Sekunden in der Zeit zurückzuversetzen, was laut Clive „eine sehr nützliche Eigenschaft sein kann“, doch sein Ziel erreicht der im Song „Tantalos“ eingeführte Held niemals- seine Frau kann er nicht vor einem finsteren Killer retten.
Das alter Ego des Sängers, Rob Sowden ist ein Abkömmling einer alten osteuropäischen Königsfamilie, der außerdem ein überragender Schwertkämpfer ist und natürliche empathische Fähigkeiten besitzt.
Der Bassist, Ian Salmon hat sich die Lieblingsfigur jedes Fantasyrollenspielers gesichert: Ein Ninja, ein geheimnisvoller japanischer Attentäter, der erst sterben kann, wenn er sich an allen Mördern seiner Familie gerächt hat, „was schon hundert Jahre gedauert hat, und noch hundert Jahre dauern kann“, so Clive.
Der Schlagzeuger Mick Pointer ist ein Sherrif aus dem Wilden Westen, der die neben seinen flinken Schiesseisen die Augen eines Adlers hat, seit er von einem Schamanen mittels eines Adlergeistes ins Leben zurückgebracht wurde. Aber er leidet unter seiner Schuld an den Morden, die er an wehrlosen Indianern beging.
Zuletzt die Larvae des Erfinders und kreativen Kopfes: Clive ist eine Variation des Doktors van Helsing: Nach einem fehlgeschlagenen Exorzismus ist er von einem Dämon besessen, der ihn zwar befähigt, übernatürliche Dinge zu sehen, aber gleichzeitig muss er ständig auf der Hut sein, dass seine Persönlichkeit nicht von diesem Dämon völlig übernommen wird. Eine gewisse Ähnlichkeit des Konzeptes mit dem Film „Die Liga der außergewöhnlichen Gentleman“ bestätigte Mister Nolan sehr freimütig.
Die Erstauflage der CD wird in einem edlen Digibook erscheinen, in der sämtliche Charaktere mit einem eigenen Comic-Strip aus der Feder von David Wyatt eingeführt werden, der mit seinen Illustrationen für Terry Pratchett zu einigem Ruhm gelangte.
Die Inspiration zu diesem ambitionierten Projekt stammte wie die meisten seiner Texte und Musik aus persönlichen Erfahrungen und Clives Träumen, weshalb sie sehr dunkel und hermetisch gehalten sind.
Die Eröffnung der ARENA fand vor genau 10 Jahren statt, weshalb nun eine Jubiläumstournee ansteht, wenngleich vom Original Line Up nur noch die Gründer Clive Nolan und Mick Pointer übrig sind. Trotz einer wechselvollen History sieht Clive Arena mit einem seit drei Alben nunmehr stabilen Line-Up auf einem guten Weg.
Die dritte Full Length Studioscheibe:„The Visitor“ gilt für viele als nach wie vor bestes Arena-Album, wobei Clive-ganz der Progressive –„sich jedes Mal selbst zu übertreffen sucht.“
Das gängige Vorurteil, dass Musik nur dann progressiv sei, wenn man nach 5 Minuten Kopfschmerzen bekommt, will er nicht auf sich sitzen lassen: Für Clive kann progressiver Rock in zwei Gestalten auftreten, einmal als Sound, einmal als Einstellung zur Musik: Clive sieht Arena eher in der Nachfolge solcher Bands wie Pink Floyd, Genesis oder Marillion, „es geht darum, sich als Band beständig vorwärts zu entwickeln, sich beständig neu zu erschaffen und neues zu entdecken, neue Einflüsse aus anderen Musikrichtungen zu inkorporieren. “Darin sieht er sich grundlegend abgegrenzt von der amerikanischen Richtung, die „progressive“ als Sound definieren, mit „mindestens vier Mellotrons, Liedern, die 20 Minuten oder mehr dauern müssen und Texten über Hobbits und Zwerge.“
Die Schwierigkeiten, mit denen seine Band konfrontiert ist, unterscheiden sich allerdings kaum von den allgemeinen Problemen in der modernen Musikszene: die Tauschbörsen führten zu einem schmerzhaften Einschnitt bei den Verkaufszahlen, was die Veröffentlichung jedes Albums zu einem Kampf um jeden neuen Hörer werden lässt. Arena kann sich dabei zwar auf eine breite Fanschar stützen, „die zu mehreren Shows auf unseren Tourneen kommt, alle Platten kauft und uns bei den Gigs abfeiert,“ aber das Problem der illegalen Kopien ist für eine mittelgroße Band beinahe existenzbedrohend: „Niemand würde einfach in ein Haus reingehen und dort unser Album stehlen, aber genau das passiert im Internet, die Leute klinken sich ein, laden unsere Songs runter ohne zu wissen, was sie dabei anrichten.“
Arena hat dabei den fragwürdigen Vorteil, dass sie ihr eigenes Label mit Verglas gegründet haben, was ihnen zwar komplette künstlerische Kontrolle ermöglicht, jedoch nicht die finanziellen Möglichkeiten der großen Companys bieten kann. Umso beachtlicher ist es, dass es ihnen gelang, sich in den deutschen bzw. niederländischen Charts zu platzieren.
Für die nahe Zukunft steht die Veröffentlichung von „Peppers Ghost“ am 17. Januar an, gefolgt vom 10-jährigen Jubiläumsgig im Collo-Saal in Aschaffenburg im Frühling 2005, im Herbst wird eine Europatour folgen.

www.verglas.com/arenaworld/

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