Abo Alsleben: MAYHEM LIVE IN LEIPZIG – Wie ich den Black Metal nach Ostdeutschland brachte

Für alles gibt es bekanntlich ein erstes Mal. Auch für Abo Alsleben. In „MAYHEM LIVE IN LEIPZIG – Wie ich den Black Metal nach Ostdeutschland brachte“ schreibt der Musiker und Hobbychaot seine Erinnerungen an die sich gerade formierende Black Metal-Gemeinde nieder und wie er – noch ganz grün hinter den Ohren – die erste Tour der wohl wichtigsten Szeneband quer durch Osten des frisch wiedervereinigten Landes auf die Beine stellte.

Anekdotenreich schildert der gebürtige Leipziger das Leben als Metalhead in der DDR, die aufkeimenden Freiheiten, unbeschwert irgendwo zwischen dem Niedergang der Ost-Republik und dem Militärdienst bei der NVA: Argwöhnisch beäugte Odysseen quer durch den Ostblock, um die raren 80er- und 90er-Jahre-Scheiben zu ergattern. Ein waschechtes DIY-Lebensgefühl, selbstgemachte Nietenarmbänder und Bandshirts sowie tausendfach überspielte und unter der Hand weitergereichte Tapes inklusive. Mit „Cadaver, Corpse & Bowels“ gründete er selbst ein eigenes Fanzine. All das machte Abo Alsleben zu seinem Lebensinhalt. Und wie es der Zufall so wollte, geriet er ausgerechnet an den Fanzine-Veteran Metallion, über den eine langjährige Brieffreundschaft mit Mayhem-Gitarrist Euronymous entstehen sollte.

Schnell wurde Abo zum Verbindungsmann in der ehemaligen Zone gekrönt, um dort die Organisation einiger Mayhem-Konzerte auf die Beine zu stellen – und prompt standen mit Annaberg-Buchholz, Zeitz und natürlich Leipzig eine mäßig strukturierte, drei Haltestellen lange Mini-Tour auf dem Plan. Durch Naziterror, marode Bauwerke, Relikte des Sozialismus und manchmal auch unter den Augen der Location-Betreiber hinweg begleitete Abo die chronisch bankrotten und mehr schlecht als recht wirtschaftenden Norweger durch den verfallenen Staat – immer frei nach der Devise: „Never sell out!“ Das nur karg besuchte und mehr zufällig aufgenommene Abschlusskonzert im Leipziger Eiskeller zeugt davon.

Verwesende Schweinsköpfe flogen durch den Saal, der suizidale Frontmann Dead schnitt sich die Arme auf und lässt sein Blut in die Menge spritzen – dem legendären Ruhm der Band ist die morbide Show zuträglich, den Bühnen dieser Welt nicht. Der Rest ist – wie man so schön sagt – Geschichte. Wenn auch eine äußerst blutige.

„MAYHEM LIVE IN LEIPZIG – Wie ich den Black Metal nach Ostdeutschland brachte“ erzählt mit viel Witz, Nostalgie und einer gesunden Portion Selbstironie von einem der wohl wichtigsten Black-Metal-Kapitel auf deutschsprachigen Boden – alles akribisch dokumentiert und bebildert, von Konzertfotos bis zu Scans der Briefwechsel von Abo und Euronymous. Nur eines kann man Abo Alsleben wohl vorhalten: Metalfans, durch deren Adern pechschwarzes Blut fließt, wären unter Umständen wohl lieber ihrer romantisierten Illusionsblase verhaftet geblieben als die demystifizierende Wahrheit eines Zeitzeugen zu lesen.

ISBN: 978-3-943150-66-7, Verlag: brooka Verlag, 155 Seiten

https://bookraverlag.de/

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*