Hagalaz‘ Runedance Interview

Im Bereich des Neo-Folks gehören Hagalaz‘ Runedance aus Norwegen trotz der Tatsache, dass das Projekt erst ganze zwei Alben sowie eine MCD veröffentlicht hat, bereits zu den großen Namen. Vor kurzem erschien das Zweitwerk „Volven“ über das Hammerheart-Sublabel Well Of Urd und konnte in der deutschen Presselandschaft gehörig Staub aufwirbeln.  Hinter Hagalaz‘ Runedance steht eine gebürtige Deutsche, namens Andrea „Nebel“ Haugen, die über den Umweg England vor einigen Jahren nach Norwegen übergesiedelt ist und dort neben ihrer Tätigkeit als Macherin hinter Hagalaz Runedance auch als Autorin heidnischer Bücher tätig ist und auf ein großes Fachwissen in diesem Bereich verweisen kann. Demnächst wird über Well Of Urd erneut eines ihrer Werke erscheinen. Ich stellte Andrea anlässlich der Veröffentlichung von „Volven“ ein paar Fragen, die sie mir freundlicherweise schriftlich beantwortete, wenn auch in einem nicht mehr ganz astreinen Schriftdeutsch.

Dein neustes Album heißt „Volven“ und führt im groben den Stil des Debüts „The Winds That Sang Of Midgard’s Fate“ fort. Allerdings klingt das Album im großen und ganzen runder und ausgereifter. Wo würdest du im speziellen die Unterschiede ausmachen?
Volven ist in musikalischer und technischer Hinsicht weiterentwickelter als das erste Album. Ich habe sehr viel dazugelernt, sehr intensiv an der musikalischen und technischen Seite gearbeitet und konnte mich auch in Bezug auf vielfältigere Stimmenarragements verbessern. Auf „Volven“ haben wir eine Menge alte keltische und nordische Instrumente verwendet, wie Lyre, Strykelyre (Vorgänger der Fiddle), norwegischen Dudelsack, Drehleier, Mandoline, Harfe und irische Flöten. Somit kommt eine sehr authentische Atmosphäre auf. Mit „Volven“ konnte ich mich endlich genau so ausdrücken, wie ich es schon immer wollte und es ist zudem das erste Album mit dem ich zu 100 Prozent zufrieden bin.

Charakteristisch für Hagalaz‘ Runedance ist seit jeher der starke Bezug zur Natur, Mythologie sowie Spiritualität. Leider liegt mir kein Textblatt vor. Könntest du einmal grob umreißen, in welchen thematischen Bereich „Volven“ den Hörer (ent)führt?
Es geht um meine persönliche Sicht der Aspekte des Gottprinzipes Odins („Seeker Divine“) und um die alte, weise Frau „Volven“ in mir selbst. Ebenso finden auch persönliche Texte, wie bei „On Wings Of Rapture“ und „Alva“, wo es um ein Elfenmädchen geht, Verwendung. Oder es handelt sich um die weißen Pferde in der keltischen und germanischen Mythologie, die bis heute in der Folklore überlebt haben und ursprünglich als Verbindung zwischen der Unterwelt und der hiesigen Welt die Seelen transportierten…
„Wake Skadi“ ist eine Anrufung der Göttin Skadi. Die Lieder sind Bilder, die auch eine Nachricht für unsere moderne Gesellschaft in sich bergen. „Your World in My Eyes“ berichtet in sehr persönlicher, depressiver und auch wütender Art und Weise von den Verbrechen der Menschheit – von religiösem Fanatismus, Folter, Krieg, Tierquälerei und von der Gleichgültigkeit der Menschen.

Wie wichtig sind bei Hagalaz‘ Runedance die Texte im Verhältnis zur Musik?
Die Texte sind sehr wesentlich, wie schon gesagt. Ich will ja etwas aussagen mit meinen Texten. Sie drücken meine Gedanken und Gefühle aus, die ich dann mit der Musik verbinde.

Ist Hagalaz‘ Runedance als eine Band im eigentlichen Sinn zu betrachten oder eher als eines deiner Projekte, das du mit wechselnden Musikern betreibst?
Im Grunde ist Hagalaz‘ Runedance mein eigenes Konzept und verschiedene Musiker helfen mir bei der Instrumentierung. Sollte ich jedoch Musiker kennen lernen, die auch Heiden sind und die meine Visionen teilen, also richtig zu Hagalaz‘ Runedance passen, könnte ich mir natürlich vorstellen, diese in die Band zu integrieren.

Wie entsteht ein Hagalaz‘ Runedance-Song für gewöhnlich?
Ich singe oftmals einfach vor mir hin, während ich Auto fahre oder generell wenn ich allein bin und dann kommt mir eine Melodie, die mir gut gefällt. Zusammen mit der Melodie kommt mir eine Vision oder ein Gefühl, somit ein Konzept. Oder ich arbeite an einem Text und mir fällt eine Melodie dazu ein. Wenn ich dann ein Lied mit Text und Melodien habe, höre ich das Lied meist schon mit Instrumenten in meinem Kopf. Ich denke mir dann die Details für die Instrumentierung aus. Erst dann arbeite ich mit den anderen Musikern zusammen, um das Lied zu arrangieren.

Hättest du als sehr naturverbundener Mensch dir auch vorstellen können, deine Vision in einer anderen Art von Musik auszuleben? Beispielsweise verstärkt auf Computer und Elektronik zurück zu greifen, wie es schon teilweise auf der letzten MCD „Urd – That Which Was“ passierte?
Doch, ich könnte mir vorstellen andere Musik zu machen. Meiner Meinung nach kann der Heidengeist auch in moderner Musik vertreten sein. Vielleicht wäre es sehr unpassend, unserer Mutter Erde eine Hymne zu singen, die mit Industrial-Klängen unterlegt ist, aber Synth-Arrangements können eine sehr visuelle Stimmung erschaffen.

Wie stehst du zu modernen Medien, wie dem Internet? Schätzt du eher seine Vorteile oder siehst du die zwischenmenschliche Kommunikation dadurch gestört?
Ich finde das Internet sehr nutzvoll. Ich bin sehr rasch mit der Welt verbunden und habe schnellen Kontakt zu Freunden und Bekannten aus fernen Ländern. Das Internet ist für uns auch sehr wichtig um Informationen auszutauschen. Auf der anderen Seite muss ich jedoch anmerken, dass alles immer schneller geht, man mehr zu tun hat und einem mehr Leute mailen und man zum Schluss nur noch vor dem Bildschirm sitzt, was nun nicht gerade sehr inspirierend ist. Ich surfe eigentlich auch gar nicht im Netz. Es gibt zu einfach viel, auch zu viel Bullshit. Da kann ich nicht mithalten.

Andrea lebt auch privat viele heidnische Bräuche und fühlt sich zu dieser Kultur stark hingezogen. Mich würde interessieren, ob sie sich in unserer modernen Gesellschaft als Außenseiterin bezeichnet?
In einer gewissen Weise schon. Ich war schon immer anders und wurde dementsprechend anders behandelt, entweder besser und Leute hatten großes Interesse an mir, oder auch abweisend. Aber obwohl ich irgendwie außerhalb der Gesellschaft stehe, und auch ansonsten ziemlich individuell bin, bin ich nicht gerade allein. Ich bin sehr gern und oft mit Freunden zusammen und gehe öfters aus.

Lass uns einmal auf die Bewegung des Neo-Folk zu sprechen kommen. Im Rahmen des diesjährigen Wave Gotik Treffens standen erneut einige Neo-Folk-Bands schwer in der Kritik, denen rechtsradikale Tendenzen unterstellt wurden. Wie beurteilst du, als Szenekennerin die Situation? Betreiben manche Gruppen hier nicht eine deutliche Übertreibung und verwechseln schlichtweg Heimatverbundenheit mit politischem Schwachsinn?
Doch. Aber gerade Deutschland ist so extrem hysterisch was „die Heimat“ angeht. Ich finde es einfach nur tragisch. Die meisten Bands drücken nur ihre Leidenschaft für die heimatliche Natur und alten Traditionen aus und sie haben das menschliche Recht dazu. Es ihnen zu verbieten ist Faschismus. Die heutige „Naziverfolgung“ ist genauso wie die Hexenverfolgung im Mittelalter. (Der große Unterschied ist jedoch der, dass die Hexen im Mittelalter oftmals zu Unrecht verfolgt wurden und als Sündenbock für die Leiden der breiten Bevölkerung gedient haben. Während in der heutigen Zeit vielmehr die Nazis die sind, die Menschen, die auf irgendeine Art anders sind, diskriminieren und verfolgen. Ergo: Sie nicht die Verfolgten, sondern vielmehr selbst die Inquisitoren. Das sollte man nicht verwechseln – Anm. d. Verf.) Du sagst etwas Falsches oder machst etwas „Verdächtiges“ und schon bist du ein Nazi. Ich habe gehört, Heino sei auch ein Nazi, weil er Heimatlieder singt. Ich verstehe eigentlich gar nicht, warum ausgerechnet die heidnische Tradition mit Nazismus verbunden wird. Hitlers große Inspiration kam doch von den alten Römern, vom Osten und auch vom Christentum. Die Nazis waren offiziell Christen! Bei den alten Germanen war Toleranz anderen Leuten, Religionen und Rassen gegenüber eigentlich sehr verbreitet. Rassismus ist also bestimmt nichts Heidnisches. Ich würde vielmehr sagen, dass diese Denkweise verstärkt aus der christlichen Lehre stammt. Die Bibel sagt ganz klar, dass Menschen, die anders denken, nicht toleriert werden sollen.

Würdest du sagen, dass Neo-Folk eine Art von Musik ist, die unweigerlich ein größeres Konfliktpotential mit sich bringt, ebenso wie auf andere Weise vielleicht Punk oder Black Metal, als – sagen wir mal – stinknormale Pop Musik?
Popmusik ist meist diese geistlose „oh baby, blah, blah“, Musik für die Masse, die ohne eigene Meinung durch ihr Leben wandelt. Wenn man etwas anderes sagt und macht, die Gesellschaft kritisiert und junge Leute aufwecken will, dann kommen die negativen Reaktionen von den Autoritäten. Hier sind junge Leute, die sich nicht fügen. Ich sehe auch Gemeinsamkeiten zwischen Punk, Metal, Neo-Folk und vielleicht auch Gangsta-Rap. Alle kritisieren die selbe Gesellschaft, die selbe Ignoranz. Die Medien versuchen dann natürlich solche Gruppen als schlechten Einfluss darzustellen, anstatt erst einmal richtig hinzuhören.

Gibt es Musik, die dich als Künstlerin beeinflusst? Interessierst du dich dafür, was auf dem Musikmarkt im Moment abläuft?
Inspiriert werde ich von sehr alten Melodien, Folksongs und auch primalen Chants. Ich selber höre Musik von Bands wie Hedningarna aus Schweden und anderen folkinspirierten Bands – Loreena Mc Kennitt, Dead Can Dance oder This Mortal Coil. Aber auch The Cure, Sisters Of Mercy und andere Goth-Bands, Soft Cell, New Wave und Industrial wie Project Pitchfolk, Front 242, Front Line Assembly, Ministry. Ich bin aber auch beeinflußt von Kate Bush und mag die Popmusik der 80iger Jahre, wie Eurythmics, Human League, Hazy Fantasy und Toyah. Des weiteren mag ich auch Neo-Folk-Bands, wie Death In June, Current 93 und Coil, oder Metal Bands, wie Bathory (vor allem „Hammerheart“ und „Twilight of the Gods“), Helloween, Blind Guardian, Ocean Machine, Katatonia und Amorphis sehr. Aber auch Sachen von Massive Attack, Faithless, Moby, Hooverphonic, Portishead und einiges aus dem Techno-Bereich finden sich in meiner Sammlung. Aus den Charts mag ich das Lied „Freestyler“ (ist schon etwas älter).

Inwieweit beschäftigst du dich mit der geschäftlichen Seite hinter der Musik? Wie wichtig ist dir die Kontrolle über das Endprodukt zu haben?
Ich muss unheimlich viel selber machen. Das ist unumgänglich. Das meiste ist geschäftlich, organisieren, hin und her mailen, telefonieren mit Labeln, Designern, Musikern, Studio, Journalisten und Papierarbeit. Ich wünschte ich hätte eine Sekretärin und einen Manager. Mir ist es natürlich sehr wichtig, dass das Endprodukt so aussieht wie es aussehen soll. Design und Präsentation sind mir sehr wichtig.

Zu guter letzt, noch die obligatorische Frage nach deinen Zukunftsplänen.
Eine Tour in Deutschland ist für Oktober geplant, als Support für Subway to Sally!

https://de.wikipedia.org/wiki/Hagalaz%E2%80%99_Runedance

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