Midwinter Interview

Mit ihrer soeben erschienenen zweiten Veröffentlichung, dem Full-Lenght-Album „Astral Mirrors“ kämpfen sich Midwinter in die vorderen Ränge des death-/blackmetallischen Undergrounds vor. Obwohl die Band schon länger existiert und sich als Liveact besonders in der Düsseldorfer Umgebung einen Namen machen konnte, hat es recht lange gedauert, bis der Nachfolger ihres ersten Demos „Loss of Light“ erscheinen konnte. Dafür überraschen sie nun mit einem gewaltigen Fortschritt in Songwriting, Sound und spielerischem Können. Da so etwas nicht unkommentiert bleiben soll, müssen sie sich wohl ein paar Fragen gefallen lassen, auf die Bassist Andi bereitwillig Antwort gibt.

Hallo Andi! Ihr habt eine recht bewegte Bandgeschichte hinter Euch. Erzähl mal, wer Ihr seid, was Ihr bisher so gemacht habt und warum es so lange gedauert hat, einen Nachfolger von „Loss Of Light“ aufzunehmen.
Hallo Thomas, sei gegrüßt! Wir sind Midwinter aus Düsseldorf und spielen Black Heavy Metal. Unser Ziel ist es, einfach guten Metal zu kreieren, so wie wir uns guten Metal vorstellen, eben fesselnde Musik, wie wir sie selber gerne hören wollen. Unsere Besetzung ist zur Zeit: Mordan (voc), Esther (guit), AbraxasNoir (keys), Florian (drums) und meine Wenigkeit am Baß. Wir haben uns Ende 1998 gegründet und nach knapp einem Jahr unsere erste Demo-CD „Loss Of Light“ aufgenommen. Tja, aber wie Du richtig bemerkt hast, ging es nicht in diesem Tempo weiter. Die zweite Midwinter-CD „Astral Mirrors“ ist ja erst im November 2003 erschienen. Das hatte wie so oft mehrere Gründe: da war z.B. die Trennung von unserem alten Sänger Jörg, der Umzug in einen neuen Proberaum und auch einige Krankheitsfälle, die uns vor allem 2002 ziemlich zurückgeworfen hatten. Aber auch das Schreiben der Songs hat seine Zeit gedauert, immerhin ist unsere neue CD ja auch knapp eine Stunde lang. Im übrigen haben wir alles selber im eigenen Metallurgy-Studio aufgenommen. Allein die Einrichtung des Studios hat ein halbes Jahr gedauert, die Aufnahmen haben sich ebenfalls hingezogen. Wahrscheinlich haben wir uns in der Phase auch einfach zu viel Zeit gelassen, weil wir nicht unter Zeitdruck standen. Wir mußten schließlich nicht für jeden Studiotag bezahlen. Aber ok, ich glaube, es hat sich gelohnt, diese Zeit zu investieren. Die Aufnahmen für die nächste CD werden sicher reibungsloser und schneller vonstatten gehen, weil die Arbeitsabläufe nun schon jedem bekannt sind.

Ihr habt viel live gespielt in den letzten Jahren. Wie ist Dein Eindruck von der Szene, gibt es viel Potential bei Bands und Publikum?
Das ist richtig. Es hat zwar lange gedauert, bis die neue CD erschienen ist, aber wir waren nie abgetaucht. Auf irgendeiner Undergroundbühne waren wir die vergangenen 4 Jahre immer präsent. Wir haben auch einigermaßen Glück, daß die Metal-Szene in unserer Region um Düsseldorf herum recht stark ist. Wir sind hier im Herzen von NRW an der Schnittstelle zwischen Rheinland und Ruhrgebiet, und hier gibt es sicher eine große metallische Gemeinde. Außerdem gibt es verdammt viele gute Bands, die ich gar nicht alle aufzählen kann (Guerrilla, Ravage, Jormundgard, Kadathorn, Abaddon, Nebular Moon, Goat Of Mendes, um nur einige zu nennen, die mir gerade einfallen), so daß mindestens jedes zweite Wochenende irgendwo ein Underground-Konzert stattfindet. Die Besucherzahlen dabei sind natürlich unterschiedlich. Wenn ein Konzert allerdings mal schlecht besucht ist, liegt das eher an den Veranstaltern, die zu wenig Werbung gemacht haben. Wir veranstalten ja selber alle paar Monate mit der Metal-Night in Neuss Underground-Konzerte und haben im Schnitt 150 Besucher. Das ist schon sehr zufriedenstellend.

Kommen wir auf eure aktuelle CD zu sprechen. Das Album heißt „Astral Mirrors“, es gibt jedoch keinen gleichnamigen Song. Was bedeutet der Titel? Was
sind die Themen des Albums?

„Astral Mirrors“ ist ein Zitat aus unserem Song Wintertale vom „Loss Of Light“-Demo. Stell Dir einen solchen Astralspiegel als ein Tor in fremde, bizarre Welten vor. Ein Tor, daß wir mit unserer Musik für den Zuhörer öffnen wollen. Es ist eine Einladung ins Wunderland, das wir in unseren Songs auf immer neue Weise interpretieren – als Jenseits, als Traumlande, als Goldenes Zeitalter… Während bei „Loss Of Light“ das Thema Verlust im Vordergrund stand, dreht sich das neue Album jetzt also eher um transzendentale Themen.Im Grunde geht es darum, die Phantasie und Kreativität des Zuhörers mit atmosphärischen Songs und Texten anzuregen.

Was die CD in meinen Augen unter anderem auszeichnet, ist ihr enormer stilistischer Reichtum. Welche Musik inspiriert Euch? Seht Ihr in stilistischer Einseitigkeit eine Schwäche? Seht ihr bei einer zu facettenreichen Musik
nicht die Gefahr von Beliebigkeit und Charakterlosigkeit?

Bei uns war es immer völlig natürlich, unterschiedliche Stilrichtungen auszuprobieren. Ich hab schon mit 15 Jahren, in meiner allerersten Band immer davon geträumt, verschiedene Stilistiken wie traditionellen Metal mit Death & Black Metal zu kombinieren, was Anfang der 90er noch ziemlich unüblich war. Damals gab es noch weitaus stärkeres Schubladendenken als heute. Heutige Bands versuchen hingegen durch neue Kombinationen andere Wege zu gehen, nachdem die Olympiade des „schneller, extremer, brutaler“ irgendwann ausgereizt war und an physiognomische Grenzen gestoßen ist. Wir kümmern uns da wenig drum und schreiben einfach unsere Songs wie uns die Ideen kommen, und da jeder in der Band musikalisch offen ist, haben wir halt einen Haufen Inspirationsquellen. Zumal jedes Bandmitglied mehr oder weniger stark am Songwriting beteiligt ist, multiplizieren sich unsere Einflüsse noch einmal. Wie Du es selber nennst: es ist ein stilistischer REICHTUM. Warum sollten wir unsere Kreativität selbst beschneiden, aus Angst, jemand könnte uns Beliebigkeit vorwerfen? Der Vorwurf wäre auch total falsch, weil wir trotz allem schon einen hohen Wiedererkennungswert haben, sei es durch unseren Sound oder die Art und Weise, wie wir unsere Musik spielen und arrangieren.
Mir imponiert z.B. eine Band wie Queen, die in ihrer Geschichte unglaublich viele Stilistiken in ihren Songs erprobt hat, ohne dabei ihr Gesicht zu verlieren. Und niemand käme auf die Idee, ihnen das zum Vorwurf zu machen.

Die Songs, an denen Du besonders mitgewirkt hast (z.B. Golden Age, Lords
of Creation) wirken besonders episch, träumerisch und vielleicht
melancholisch. Was bewegt Dich beim Schreiben?

Damit liegst Du wahrscheinlich nicht ganz falsch. Das Epische kommt sicher daher, daß ich früher sehr viel Fantasy-Literatur gelesen habe und außerdem auch mit True und Power Metal aufgewachsen bin. Daneben begeistert mich aber ebenso die Atmosphäre und Kälte des Black Metal, und so entsteht diese Mischung meiner Songs. Aber was mich beim Songschreiben im Detail bewegt, kann ich Dir nicht genau sagen. Meine Ideen kommen von überall. Das kann eine Melodie sein, die mir beim Spazierengehen einfällt. Zu der Melodie hab ich dann meist direkt das Arrangement im Kopf. Das geschieht wie ein Blitzschlag und meistens natürlich immer dann, wenn ich gerade kein Instrument zur Hand habe. Das Schwierige ist nun, die Melodie so lange zu behalten, bis ich zu Hause bin und die Noten festhalten kann. Für die Ausarbeitung des Arrangements brauche ich dann vor allem Ruhe, Dunkelheit und möglichst nichts, das mich ablenken könnte. Ich sitze ungefähr eine Nacht an einem Song, in der ich auch nicht schlafen könnte, solange ich noch Ideen im Kopf habe. Vor allem brauche ich dabei einen klaren Kopf. Das einzige, was mich dabei puscht, ist der Schlafentzug, der ein völliges Fokussieren auf eine Sache erlaubt. Unter Alkohol hab ich zwar auch gute Ideen, kann aber nichts festhalten.

Ihr habt das Album selbst produziert. Wünschst Du Dir in Zukunft ein Label, das Euch den Rücken stärkt, oder ist Euch die Unabhängigkeit wichtiger?
Ein Label hätte schon seine Vorteile. Eigentlich gebe ich ungern wichtige Aufgaben ab, weil ich immer Zweifel daran habe, ob jemand anders seine Aufgaben genau so gewissenhaft erledigt, wie ich es tun würde. Aber irgendwann bei wachsender Größe einer Band, wachsen Dir halt auch die Aufgaben über den Kopf. Noch geht das, obwohl ich mit unserer Webseite, der Gestaltung von CDs und Merchandise, dem Versand von Promos und Bestellungen, dem Kontakt zu Fans, Medien und Bands und der Arbeit in unserem Studio schon ganz gut ausgelastet bin.
Ich würd mich ab und zu gerne wieder nur auf die Musik konzentrieren können und andere Dinge an vertrauensvolle Hände abgeben. Aber ich will mich auch nicht beklagen. Wenn mir das keinen Spaß machen würde, würd ich’s auch nicht machen. Und solange wir kein Label finden, das uns wirklich weiter bringt, stehen wir besser da, wenn wir für uns selbst verantwortlich bleiben.

Sag mal ein paar Worte zu eurer Stadt, Düsseldorf. Spontan fällt mir nur die Deathparade ein, was gibt es dort sonst noch für Metaller? Gibt es gute
Kneipen oder Clubs? Wo kann man Euch abends mit einem Altbier in der Pranke treffen?

Ha, mit einem Altbier wohl gar nicht. Keiner von uns ist gebürtiger Düsseldorfer und deshalb trinken wir ehrlich gesagt alle lieber ein lecker Pils, hehe… Der erste Anlaufspunkt für Metaller in Düsseldorf ist ganz klar das Papidoux, die Düsseldorfer Metal Kneipe in der Altstadt. Mit Clubs dagegen sieht es in der Stadt selber eher schlecht aus. Dafür ist im Umfeld einiges los. Motorisiert sollte man dafür allerdings schon sein. Es gibt z.B. das Exit in Solingen, das AJZ in Wermelskirchen (Outbreak of Evil), das Shadow in Leverkusen, das Lux in Ratingen, die Metal-Night in Neuss, die Norfer Nights Of Evil, Schymys Pub in Krefeld, Café Nord und Roxy in Essen… Man muß nur wissen, wo wann was läuft, dann kann man immer irgendwo hingehen. Die Deathparade jedes Jahr im Sommer ist natürlich auch ein metallisches Großereignis für Düsseldorf. Da kann man sicher noch mehr draus machen, und ich hoffe, daß das weiter wächst.

Was steht jetzt für Midwinter an?
Wir arbeiten gerade unseren neuen Schlagzeuger Flo ein. Nachdem wir uns im Sommer von unsere alten Drummer Patrick getrennt hatten, hatten wir im November und Dezember 2003 mit einem Aushilfsschlagzeuger ein paar Gigs gespielt, müssen dafür aber leider im Januar und Februar Konzerte absagen. Wir sind froh wieder einen festen Drummer zu haben auf den wir uns verlassen können. Im April geht es dann endlich wieder auf die Bühne. Nach Möglichkeit wollen wir dieses Jahr möglichst viele Underground-Festivals und auch verstärkt im Ausland spielen. Mal schauen, was sich ergibt. Des weiteren haben wir schon sehr viele neue Songs geschrieben, die wir nur noch mit der Band einstudieren müssen. Bis Ende des Jahres werden sicher genügend Stücke zusammen kommen, um mit den Aufnahmen eines neuen Midwinter-Albums beginnen zu können.

Deine Gelegenheit für ein paar abschließende Worte:
Ok, Thomas! Erst mal vielen Dank für das interessante Interview. Mein Rat an alle: Bleibt dem Metal und Euch selber treu, aber lauft auch nicht mit Scheuklappen durch die Welt. Unterstützt den Underground, und falls ich Euer Interesse wecken konnte, besucht uns einfach im Internet: www.midwinter-online.de und hört dort mal in unser neues Album „Astral Mirrors“ rein.Weiterer Kontakt: Midwinter, Postfach 10 50 39, 40041 Düsseldorf, contact@midwinter-online.de

www.midwinter-online.de

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