Mathias „Vreth“ Lillmåns Interview

 Mathias Vreth LillmånsMit seinen 35 Jahren hat  Mathias “Vreth” Lillmåns (Finntroll, Magenta Harvest, Dispyt) in musikalischer Hinsicht schon einiges hinter sich. Neben zahlreichen Projekten, die heutzutage nicht mehr aktiv sind oder auf Eis liegen, ist er seit über 10 Jahren Sänger der finnischen Folk-Metal-Urgesteine Finntroll, mit denen er in dieser Zeit drei Studioalben veröffentlicht und, gemessen an den zurückgelegten Kilometern, den Erdball auf ausgedehnten Touren mehrmals umrundet hat. Wir sprachen mit ihm über den aktuellen Stand der Dinge bei Finntroll und seine weiteren Projekte.

Seitdem Finntroll im Jahr 2013 das Album “Blodsvept” herausbrachte und damit nicht wenig auf Tour unterwegs war, ist es um die Band ungewöhnlich still geworden, von gelegentlichen Festivalauftritten auf dem gesamten Erdball einmal abgesehen. Gerüchte über die Arbeit an einem neuen Album kochten zwischenzeitlich hoch, doch diese verstummten aufgrund von Mangel an Informationen ziemlich schnell wieder. Kannst du uns erzählen, woran die Band gerade arbeitet und was wir 2018 erwarten können?

Ja, es ist ziemlich still um uns geworden, von mehreren kleinen Touren in Südamerika, Asien, Russland und ein paar Festivals in Europa mal abgesehen. Ich bin kürzlich sogar gefragt worden, ob es uns überhaupt noch gibt. Um die Gerüchte zu begraben: Wir sind noch da, allerdings gerade in einem kleinen Pausenmodus. Das liegt vor allem daran, dass wir Europa mit „Blodsvept“ und den darauf folgenden Nattfödd-Jubiläumstouren gewissermaßen „übertourt“ haben. Wir sind gerade dabei, uns zu sammeln und neues Material zu schreiben. Aber ich muss sagen, dass der Prozess langsam vorangeht.

Nun ja, Finntroll war sowieso nie eine Band, die die Dinge überstürzt hat. Hier ist die gute Nachricht: das Album nimmt langsam aber sicher Gestalt an, und ich kann verraten, dass ich einige richtig geile Songs in einem sehr rohen und frühen Stadium gehört habe. Also, haltet durch, die Trolle werden bald wieder über euch herfallen.

Klingt nach etwas, auf das man gespannt sein darf. (Fast) fünf Jahre ohne neues Album ist selbst für Finntroll eine lange Zeit. Aber, wie der ergebene Hörer weiß und was er an euch so besonders schätzt: keines eurer Alben hört sich gleich an, auch wenn der typische Finntroll-Sound immer unverkennbar bleibt. Ist es für euch von besonderer Wichtigkeit, herumzuexperimentieren und neue Elemente hinzuzufügen, wenn ihr neues Material schreibt – oder ist das eher etwas, was während der Arbeit „einfach passiert“?

Du hast es erfasst! Wir benötigen normalerweise eine lange Zeit, um den „roten Faden“ zu finden, der das Album zusammenhält, es einzigartig macht und dennoch den speziellen Finntroll-Sound vermittelt. Und dieses Mal scheint es eben so, als würde es selbst für unsere Verhältnisse sehr lange dauern. Manchmal haben wir diese eine bestimmte Vorstellung davon, was wir machen wollen – und manchmal passiert es einfach. „Blodsvept“ war ein Beispiel dafür: Nachdem Trollhorn die Idee für den Titelsong hatte, fügte sich alles einfach ineinander.

In der Zwischenzeit sieht es nicht so aus, dass du persönlich irgendwie faul oder auch nur ansatzweise gelangweilt wärst. The Metal Archives führen dich derzeit als jemanden, der in nicht weniger als 9 (!) Bands aktiv ist. Kannst du uns kurz verraten, was dich derzeit umtreibt und worauf du dich gerade konzentrierst?

9 Bands? Das sind ein paar zu viel, würde ich sagen. Die sind auch nicht mehr alle aktiv; aber weil wir nie irgendeine „Wir hören auf“-Nachricht rausgehauen haben, werden sie wohl noch als aktiv angezeigt. Aber ja, ich bin derzeit noch in zwei anderen Bands involviert, und zwar Magenta Harvest und Dispyt. Beide Bands haben letztes Jahr Full-Length-Alben veröffentlicht und touren derzeit im kleinen Rahmen.

Wir haben gerade Details zu einer kleinen Tour durch Finnland mit Magenta Harvest veröffentlicht und arbeiten an unserer zweiten Europatour, während wir dieses Gespräch führen. Mit Dispyt haben wir gerade das Debutalbum “Den Ständigt Närvarande Ångesten” veröffentlicht und arbeiten schon wieder an neuem Material.

Außerdem sind weitere Shows als Support für eine finnische Hardcore-Punk-Legende in Planung. Das Timing für diese Projekte könnte nicht besser sein, da es bei Finntroll gerade ruhig zugeht. Es ist schön, hin und wieder was anderes zu machen und endlich wieder mal Bass zu spielen!

Was Dispyt angeht: ihr seid, so schien es zumindest, 2016 so ziemlich aus den Nichts aufgeploppt. Seitdem gab’s eine ganze Reihe an Gigs und das von dir bereits angesprochene Debutalbum. Soll das ganze Projekt eher ein Underground-Ding bleiben oder seht ihr Potential, das Ganze weiterzutreiben?

Dispyt ist insofern sehr interessant, als das wir damit nie irgendein Ziel verfolgt haben. Es ist irgendwie einfach passiert. Wir haben zum Beispiel nie aktiv nach Gigs gesucht und wurden trotzdem gefragt, überall in Finnland zu spielen. Manchmal hat es den Anschein, als würden mir mit Gigangeboten zugeschmissen, was in der heutigen Zeit sehr ungewöhnlich ist. Wir haben sogar schon mit einigen echten finnischen Punklegenden gespielt. Das Debutalbum wurde auch sehr gut aufgenommen und hat uns einen guten Ruf eingebracht. Weitere Veröffentlichungen sind schon in Planung, zum Beispiel eine Split 7”. Zieht euch unsere Musik doch mal bei Bandcamp oder Spotify rein!

Glückwunsch und weiterhin viel Erfolg! Von Dispyt weiter zu Magenta Harvest: euer zweites Album „…And Then Came The Dust“ wurde schon vor einiger Zeit veröffentlicht. Wie ist die Resonanz für diese Album bisher ausgefallen?

Ziemlich schmeichelhaft. Wir hatten schon positives Feedback für das erste Album „Volatile Waters“ bekommen und waren ein bisschen nervös dahingehend, wie die Hörer das neue Album wohl annehmen würden, da wir diesmal neue Wege mit dem Sound eingeschlagen haben. Aber bisher übertreffen die Reaktionen die vom letzten Mal, im positiven Sinne! Daher freuen wir uns schon drauf, das Ganze live vor Publikum zu spielen und zu beobachten, wie es ankommt.

Soweit ich mich erinnere, führte euch eure letzte Europatour anno 2014 bereits durch zehn verschiedene Länder. Nachdem ihr letztes Jahr bei Apostasy Records und der Booking-Agentur Dragon Productions (bei der auch Finntroll unter Vertrag stehen) unterschrieben habt: können wir für die kommende Tour noch mehr erwarten?

Ich muss zugeben, dass Dragon Productions eine großartige Connection-Quelle darstellen. Der Vertrag mit Apostasy Records hat auch zu etwas mehr Sichtbarkeit in Mitteleuropa geführt, aber es scheint so, dass die Szene so schwierig ist wie eh und je, was es schwierig macht, Auftritte außerhalb unseres Heimatlandes zu bekommen. Alle großen Tour-Serien wollen natürlich, dass die kleinen Bands für ihre Slots bezahlen, ohne Ausnahme. Aber verzweifelt nicht. Wir sind gerade dabei, zusammen mit anderen finnischen Bands Shows zu buchen. Das wird sich in Form von mehreren Mini-Touren in Finnland, Mitteleuropa und vielleicht sogar in einigen südlicheren Gefilden niederschlagen.

Da es anscheinend für Musiker immer schwieriger wird, allein von ihrer Musik zu leben und ich weiß, dass du auch Tontechniker bist: kannst du uns etwas über deinen Arbeitsalltag außerhalb der Bands erzählen? Bist du mehr der Producer-Typ oder bist du auch in Clubs und bei Live-Shows tätig?

Es passt, wenn du mit Finntroll ein neues Album draußen hast. Dann wird viel getourt, wodurch du deine Rechnungen bezahlen kannst. Aber in einer Situation wie dieser, wo wir „zwischen Alben“ stecken, muss ich etwas anderes machen, um die Kosten für Pizza und Bier zu decken. Ich arbeite seit 2002 als Tontechniker und versuche nach wie vor, das so häufig wie möglich zu tun. Ich bin mehr der Studio-Mensch (Aufnehmen, Produzieren, Mixen und Mastern), aber auch der Einsatz bei Live-Shows hat wieder zugenommen, da ich der Haustechniker in einem Club hier an der finnischen Westküste bin. Außerdem habe ich angefangen, für jüngere Bands als Mentor zu agieren, indem ich sie bei Ihren Aktivitäten unterstütze, so viel ich kann. Es hat sich herausgestellt, dass ich diese Art von Herausforderung sehr mag.

Könntest du dir vorstellen, dergleichen noch intensiver zu tun, wenn dein aktives Mitwirken bei Bands eines Tages endet – auch wenn das noch in ferner Zukunft liegen mag? Also dein Wissen und Erfahrung an junge Bands weiterreichen und ihnen dabei helfen, in ihrer jeweiligen Szene Fuß zu fassen?

Das ist definitiv etwas, das mich interessiert. Ich hege keinen Zweifel daran, dass ich für den Rest meines Lebens in Bands aktiv sein werde, auch wenn ich keine 150 Gigs pro Jahr mehr spielen kann, wenn ich älter bin. Also ist dies keine schlechte Idee als eine Art Backup. Ich helfe der finnischen Band Nighon nun schon seit einem Jahr und die Resultate sind wirklich gut. Während wir sprechen, kümmere ich mich gerade um einen neuen Künstler; es wird das Solo-Album eines finno-schwedischen Künstlers, den ich seit Jahren kenne. Aber mehr dazu beim nächsten Mal!

http://www.finntroll-music.com

https://www.magentaharvest.com

https://dispyt.bandcamp.com/releases

Foto von Mathias: Marcus Lundber

 

(Artikel aus Eternity #23)