Kalmah Interview

Zum Glück gibt es in Finnland neben den Children of Bodom auch noch andere Bands, die sich dem melodischen Metal mit finnischer Kälte verschrieben haben. Enttäuschte mich das neue Album erstgenannter Band ein wenig, so ließ das Debüt Kalmah’s, „Swamplord“ betitelt, mein Herz sofort höher schlagen. Wunderschöne, filigrane Melodien, ein gesundes Maß an Härte, eine gewisse Komplexität und mitreissende Riffs machen das Album zu einem wahren Genuß und Erlebnis. Keine Frage, daß alsbald Antti Kokko, seineszeichens die jüngere Hälfte der Bandkopfbrüder bei meinen Fragen schwitzen durfte, aber das ist im finnischen Winter vielleicht ja auch mal ganz angenehm…

Bitte stelle die Band zunächst einmal vor. Erzähl alles über Kalmah, was Du willst.
Kalmah stammt aus Nord – Finnland und wurde bereits 1992 als Ancestor gegründet. Die Gründungsmitglieder Pekka Kocko und Petri Sankala sind immer noch in der Band, ansonsten hat die Besetzung aus Mangel an fähigen Musikern in Pudasjärvi, woher wir kommen, ständig gewechselt. Es ist ein kleiner Ort mit etwa 10000 verstreuten Einwohnern. Kalmah wurde Ende 1998 gegründet. Wir integrierten Keyboards in die Band und beschlossen unseren Namen zu ändern. Kalmah´s erstes Demo ‘Svieri Obraza’ brachte uns den Plattenvertrag mit Spikefarm ein, so nahm die schier endlose Ära der in Heimarbeit aufgenommenen Demos ein endgültiges Ende. Unser Debüt ‘Swamplord’ wurde im Oktober 2000 in den Tico-Tico Studios aufgenommen. Die Besetzung ist mittlerweile auch beständig: Pekka Kokko (guitar & vocals), Antti Kokko(the defendant) (guitar), Petri Sankala (drums), Altti Veteläinen (bass) und Pasi Hiltula (keyboards). Ich und Pekka sind die Köpfe der Band und schreiben die gesamte Musik.

Was kannst Du über die Ancestor Zeiten berichten? Ich weiß, daß ihr fünf Demotapes und ein Album aufgenommen habt. Kannst Du etwas zu diesen Veröffentlichungen sagen?
Ancestor wurde wie bereits erwähnt 1992 gegründet. Die ersten Demo Tapes waren ein großer Erfolg, denn der Beginn der 90er war ja die Zeit des Thrash/ Speed Metal. Obwohl speziell unser zweites Tape ‘With No Strings Attached’ beachtenswerte Erfolge in ganz Europa feiern konnte, brachte es uns keinen Plattenvertrag.
In den darauffolgenden Jahren war Ruhe, denn Pakka und Petri leisteten ihren Militärdienst und Pekka verletzte seine Greifhand wirklich schlimm und war nicht in der Lage zu spielen, bis zur Wiederherstellung 1996. Ich stieß zur Band. Warum erst jetzt? Ich war zu jung, um der Band eher beizutreten und ich hatte auch meine eigenen Projekte laufen. Zwischen den Jahren 1996 und 1998 nahmen wir drei Demos auf. Obwohl Pekka und ich Brüder sind, brauchten wir diese Zeit, um unsere goldene Linie in der Musik zu finden. Stilitisch waren diese Demos Speed/ Thrash Metal und vieleicht eher Death Metal, was das letzte angeht. Die Tapes brachten uns keinen Vertrag. Wir versuchten zu verstehen, warum nicht, und kamen zu dem Schluß, daß es einfach noch nicht unsere Zeit war. Die Promotion war auch eher stümperhaft. Die Reaktionen waren allerdings sehr positiv, die paar die wir bekamen. Vielleicht waren wir unserer Zeit einfach vorraus…

Warum habt Ihr Euch in ‘Kalmah’ umbenannt, und was bedeutet Euch der Name?
Wir haben den Namen hauptsächlich gewechselt, weil die Keyboards eine völlig neue Dimension in unsere Musik brachten. Die Eckpfeiler der Musik waren die gleichen, die Art wie wir Songs schreiben etc., aber sie hoben unsere Musik in gewisser Weise auf eine höhere Ebene. Außerdem wollten wir einen Neuanfang, da wir mit Ancestor nicht sehr erfolgreich waren. Kalmah als Wort meint übersetzt ‘ins Grab’. Wir haben das Wort dem Karelianischen Dialekt entnommen, eine sterbende Sprache, einige unserer Verwandten sprechen sie noch. Es hat für uns etwas mit Respekt zu tun. Der Name drückt auch unsere Gefühle um 1998 aus: Wenn es nicht bald einen Vertrag gibt, gehen wir damit ins Grab!

Wie würdest Du Eure Musik beschreiben?
Unsere Musik basiert auf sehr technischen Speed und Thrash Metal Riffs, die mit Gitarren – und Keyboardmelodien und sehr rohem Gesang angereichert sind. Wenn diese Elemente aufeinander treffen, kommt der Stil vielleicht melodischem Death Metal recht nahe.

Es scheint, als hätte sich eine Art „Finnischer Sound“ entwickelt (ähnlich den Schweden mit ihrem Gothenburg Sound), der zuerst mit den Children of Bodom aufkam, und den man ebenso bei Bands wie bspw. Throne of Chaos oder eben auch Kalmah wiederfindet. Was denkst Du darüber?
Ich denke Children of Bodom waren die ersten, um Amorphis nicht zu erwähnen, die wirklich bahnbrechend waren und diese finnische melancholische Musik an die Spitze gebracht haben. In Finnland war der Sound in gewisser Weise schon immer originell, es erinnert mich auch an schwedischen Death Metal. Wenn es um die von Dir genannten Bands geht, so denke ich Throne of Chaos und die Children of Bodom sind sich sehr ähnlich, aber wir sind etwas von diesem speziellen Sound entfernt, den sie haben, denn unsere Art zu spielen und Songs zu schreiben basiert auf Gitarrenriffs und nicht auf Melodien.

Kannst Du mir etwas über das finnische Volk/ die Szene erzählen? Es ist ja eine Menge Metal in Euren Musikcharts. Sind die Finnen eine ‘metallisierte’ Nation?
Man kann schon sagen, wir wären metallisiert! Wir haben einen sehr kalten Winter, das Volk ist depressiv, zieht sich zurück etc., Metal ist also eine natürliche Wahl! Speziell hier in Nordfinnland ist das Depressionslevel sehr hoch, es ist also sehr leicht Freunde zu finden, die Metal mögen. Aber allgemein gesagt erreicht nur wenig Metal die finnischen Charts, wir Metalheads sind also trotzdem eine Minderheit. Die Zukunft sieht allerdings sehr metallisch aus , die Metalszene befindet sich derzeit im Aufbruch, Bodom, Nightwish und all die anderen Bands, die überall auf der Welt erfolgreich sind.

Was ist Deine Meinung zur Etikettierung von Musik allgemein und von Metal im Speziellen? Ist es notwendig?
Ich habe diese Kategorisierungen immer gehaßt, aber so funktionieren Menschen nunmal. Alles muß in bestimmte Formeln gepresst, oder mit einem Etikett versehen werden. Zu allem Überfluß wird das meist auch noch falsch gemacht. Ich meine wenn jemand eine spezielle Art von Musik mag, und da ist eine Band von der behauptet wird, sie würde genau solch eine Musik machen wie die Bands, die er mag, wird er meist enttäuscht werden, wie ich für mich selbst immer wieder feststellen mußte. Ich habe für mich beschlossen Musik nicht mehr allzusehr zu kategorisieren, aber in gewisser Weise ist es notwendig weil es jeder will. Es hängt wirklich von einem selbst ab, welchen Weg man wählt.

Was sind Eure musikalischen Einflüsse?
Ich mag speziell Sachen die zu Anfang der Neunziger gemacht wurden. Danach hat sich alles in die falsche Richtung entwickelt, sowohl was die Qualität angeht, als auch von der Originalität her. Meine Kultalben sind Megadeth: ‘Countdown to Extinction’ und ‘Rust in Peace’, Sepultura: ‘Arise’, Pantera: ‘Vulgar Display of Power’ und ‘Cowboys from Hell’ und auch noch Paradise Lost: ‘Icon’ und ‘Shades of God’. Als Band haben wir keine speziellen Einflüsse. Der Hauptaspekt unserer Musik war stets die Originalität, auch wenn klar ist, daß es verdammt schwer ist mit etwas wirklich neuem und originellen zu kommen. Als Spieler habe ich versucht meinen Stil mit verschiedenen musikalischen Richtungen wie klassischer Musik zu würzen. Ich bewundere speziell Dave Mustaine´s und Marty Friedman´s Arbeit.

Wie sieht es mit außermusikalischen Einflüssen aus?
Wie der Name unseres Albums „Swamplord“ bereits verrät, ist unser Haupteinfluss die Natur und die sumpfige Umgebung, die wir hier haben. Über 60-70% der Gegend um Pudasjärvi sind Sumpf. Manchmal bekomme ich Ideen, wenn ich einfach nur dieses unfruchtbare Szenario betrachte. Die Natur gibt mir inneren Frieden.

Möchtest Du die einzelnen Songs auf ‘Swamplord’ kommentieren?
Ich werde die Texte außen vorlassen, so daß jeder der sie liest seine eigenen Schlüsse daraus ziehen kann… Sie haben keine speziellen, linearen Thematiken und jeder Song hat seine eigene Geschichte.
Musikalisch:
Evil In you – Aufgrund seiner brutalen Härte war dies der perfekte Song für den Eröffnungstrack auf unserem Album. Ich mag das Solo dieses Songs sehr, nicht weil es, wie die anderen auch, von mir stammt, sondern es zeigt sehr gut meine Fähigkeiten auf.
Withering Away – Dieser Song wird in unserem bald erscheinenden Musik Video enthalten sein. Das Basisriff, das wir in diesem Song verwandt haben, beschreibt unseren Stil den wir spielen am besten. Der gesamte Song ist sehr technisch und es ist einer unserer Lieblingssongs.
Heritance of Berija – Unsere finnischen Fans lieben diesen Song. Er ist sehr black aber auch sehr melodisch. Der Song entstand bevor wir von unserem Vertrag wußten. Er ist ein Ausdruck totaler Wut, der definitive Lieblingssong unseres Drummers.
Black Roija – Der einzige Song, in dem wir viele Akustikgitarren haben. Die Struktur dieses Songs ist nicht so offensichtlich. Ich mag den Song speziell wegen der Art wie Pekka den Refrain singt.
Dance of the water – Der friedlichste Song von ‘Swamplord’. Die Idee dazu ist schon sehr alt. Er entstand bereits 1997.
Hades – war bereits auf dem Demo, das uns den Plat-tenvertrag einbrachte. Er ist der erste Kalmah Song über-haupt, und bedeutet uns viel.
Alteration – Wir haben sehr viel Zeit damit zugebracht diesen Song auf die Drums zu schreiben. Speziell der Refrain auf dem Schlagzeug macht mich jedesmal glücklich, weil unser Drummer wirklich auf seinem Stuhl hüpft.
Using the Word – Wir hatten nur einen Monat im Studio und mußten noch einen zusätzlichen Song machen, und das ist dieser. Wir haben es nicht geschafft, ihn wirklich intensiv zu proben. Vielleicht ist das der Grund, warum er so frisch klingt.

Wie wichtig sind die Texte für Kalmah?
Ich konzentriere mich hauptsächlich auf die Musik aber die Texte sind wichtig. Sie sind mit unseren Leben verbunden und allen Dingen, die uns beschäftigen oder zu denen wir eine Meinung haben. Die Texte obliegen hauptsächlich Pekka, er ist der Kopf hinter diesem Aspekt. Wir sagen ihm oftmals einige Dinge und er erledigt dann den Rest.

Wie sieht es mit Liveauftritten aus? Gab es bereits welche mit Kalmah?
Leider waren wir bisher nicht in der Lage Auftritte zu absolvieren, aber das wird sich in der Zukunft ändern. In Finnland muß man eine Booking Agentur im Rücken haben, um Auftritte zu bekommen und auch von ihnen zu profitieren. Wir haben jedoch geplant unser Glück bei den finnischen Sommer Festivals zu versuchen. Das Verlangen nach Auftritten brennt so heiß, daß wir sehr bald irgendwo in Finnland auftreten werden! Es ist natürlich ein Problem, daß wir hier in Finnland nicht allzu bekannt sind, aber ich denke das wird sich bald ändern. Wir haben ein paar Auftritte vor unserem Debüt gehabt und die Reaktionen waren sehr gut.

Was können wir von Kalmah in der nahen Zukunft erwarten?
Derzeit warten wir auf eine Lizenzvereinbarung aus Europa, so daß es für uns leichter werden wird auf Tour zu gehen. Wenn es diese Möglichkeit geben wird, werden wir auch eine machen. Wir freuen uns schon drauf! Die nächsten Albumaufnahmen sind im nächsten Herbst, im Oktober und das Album wird recht bald danach erscheinen, denke ich.

Habe ich irgendetwas wichtiges vergessen? Last Words… Ich weiß, daß wir bereits sehr viele Fans in Deutschland haben und diesen will ich sagen, daß wir so früh als möglich nach Deutschland kommen werden! Und für diejenigen, die bisher nicht von uns gehört haben: Wenn Du frierst höre Kalmah und deine Metal Venen werden brennen! Schaut Euch auch unsere offizielle Webseite an: www.student.oulu.fi/~ankokko/
kalmah. Into Kalmah – A. Kalma

www.kalmah.com
www.spinefarm.fi

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