Hollenthon Interview

„Domus Mundi“, das Debüt von Hollenthon, war eine faustdicke Überraschung für alle, die von Martin Schirenc lediglich eine Fortführung des mit Pungent Stench eingeschlagenen Weges erwartet hatten. Und auch „With Vilest Worms To Dwell“, das Zweitwerk des Projekts, konnte so ziemlich alles wegpusten mit der unglaublich homogenen Mischung verschiedenster Stile. Um das aus Deathmetal bestehende Grundgerüst werden wieder meisterhaft klassische, gotische und völlig stilfremde Elemente zu einem Gesamtkunstwerk eingeflochten. Doch die Musik von Hollenthon war nur eins von vielen Themen, zu denen Martin im Interview Auskunft gab…

Hättest Du, als Du – noch unter dem Projektnamen Vuzem – an den ersten Stücken für Hollenthon gearbeitet hast, Dir träumen lassen, daß daraus ein so aufwendiges und erfolgreiches Projekt wird?
Martin: Ganz im Gegenteil! Anfangs hatte ich nicht einmal Pläne, irgendwas zu veröffentlichen. Es war mehr als Ausgleich zu Pungent Stench gedacht und hatte damals ja auch noch nicht sehr viel mit der heutigen Musik von Hollenthon zu tun.

Wo siehst Du selbst bei „With Vilest Of Worms To Dwell“ die größten Unterschiede bzw. Weiterentwicklungen zum Vorgängeralbum „Domus Mundi“?
M.: Der grösste Unterschied ist mit Sicherheit das Fehlen der Ethnosamples, die auf „Domus Mundi“ noch sehr dominierend waren. Dafür hat die neue Scheibe eine düsterere Grundtimmung, die Songs sind insgesamt etwas homogener. Man könnte sagen, dass der Stil etwas ausgereifter ist.

Erzähle doch bitte ein bißchen über die hinter den Texten steckende Konzeptstory…
M.: Ich kann da gar nicht so viel dazu sagen, da alle Texte meine Frau Elena geschrieben hat. Es handelt sich um ein Gesamtkonzept, das eine Fantasystory über einen Krieg in einer fiktiven Welt erzählt. Allerdings steckt auch ein wahres historisches Ereignis hinter der ganzen Geschichte, aber welches das ist, ist eigentlich nicht relevant und sowieso kaum nachvollziehbar. Elena schreibt ihre Texte immer sehr symbolisch und es kann sie jeder auf seine Weise interpretieren, deshalb will ich auch gar nicht mehr darüber erzählen.

Woher kommen Deine Inspirationen, für Deathmetal so ungewöhnliche Elemente wie z.B. die an den Pulp Fiction-Soundtrack erinnernde Gitarrenstimme im Opener „Y Draig Goch“ in ein Hollenthon-Stück einzubauen?
M.: Ich höre viele Arten von Musik und verwende auch gerne stilfremde Elemente – das ist ja eigentlich das Markenzeichen von Hollenthon. „Y Draig Goch“ hat diesen „Verfolgungsjagd“-Charakter – Du weißt schon, so wie bei „Die Straßen von San Francisco“. Der Song schrie förmlich nach einer Surf-Gitarre!

Wurden die immer wieder auftauchenden Chöre von anderen CDs gesampelt oder extra für „With Vilest Of Worms To Dwell“ eingesungen?
M.: Die wurden natürlich gesampelt, da ich weder die Kohle noch den Platz für einen Chor gehabt hätte. Mein Studio ist in meinem Schlafzimmer und ca. 5 Quadratmeter groß. Ich passe selbst kaum rein!

Schon einige Bands haben sich daran versucht, Klassik und Metal miteinander zu verschmelzen…was hältst Du von den entsprechenden Alben von Rage, Haggard, Therion und wie sie alle heißen?
M.: Die kenne ich alle nicht so gut. Ich habe zwar einmal zu Pungent Stench-Zeiten mit Rage gespielt, aber da hatten sie kein Orchester dabei. Therion kenne ich auch nur von früher, als sie noch Entombed-mäßigen Deathmetal gespielt haben, und Haggard habe ich einmal live gesehen, aber das war eher wie ein Kelly Family Konzert.

Mal von dem Filmsoundtrackcharakter der Musik von Hollenthon abgesehen, erinnert mich die Musik auf „With Vilest Of Worms To Dwell“ stimmungsmäßig sehr an Schauerliteratur wie etwa E.A. Poes Kurzgeschichten…liest Du viel und würdest Du Literatur als einen Einfluß sehen? Oder ist das nur mein Eindruck?
M.: Ich lese gerne und viel, sofern es meine Zeit erlaubt. Ich bevorzuge natürlich auch schauerliche Literatur und bin daher wahrscheinlich davon beeinflußt. Es könnte allerdings auch umgekehrt sein. Vielleicht lese ich sowas, weil ich einfach einen Hang zum Morbiden habe, wer weiß.

Laut den News auf eurer Homepage bastelst Du momentan an einer Led Zeppelin-Coverversion für einen Tributesampler…welchen Track hast Du denn verhackstückt und wie klingt Deine Version?
M.: Ich habe noch nicht damit begonnen, weil ich noch immer keine Zusage von Lokomotive (unser spanischer Vertrieb, der diese CD rausbringen möchte)
bekommen habe. Ich weiß nicht einmal, ob das noch stattfinden wird. Aber falls doch, wird es natürlich wie eine Hollenthonnummer klingen und nicht einfach nachgespielt sein.

Der Bandname Hollenthon stammt von einem kleinen österreichischen Dorf gleichen Namens…gab’s von dort schon mal Reaktionen darauf, daß ihr euch quasi den Namen „geborgt“ habt? Haßbriefe vom Dorfpfarrer? Prämien vom
Fremdenverkehrsamt?

M.: Weder noch. Man ignoriert uns einfach und das tut verdammt weh…

Das Wiener Touristenbüro dürfte euch auch einigen Dank schulden, macht ihr doch auf eurer Website Lust auf einen etwas anderen Stadtrundgang…Blutgasse, Vampirmuseum und Zentralfriedhof statt Prater und Heurigen. Wie kam’s zu dieser für Bandhomepages doch sehr ungewöhnlichen Idee?
M.: Ich habe keine Lust, immer die selben Websites anzuschauen, und darum mußte etwas Besonderes her, das nicht jeder hat. Momentan sind Elena und ich dabei, eine neue Seite für „With Vilest…“ zu erstellen, und wir wollen uns auch diesmal wieder etwas Außergewöhnliches einfallen lassen.

Wie groß ist der Einfluß von Wien auf die Musik von Hollenthon? Würdest Du sagen, daß Wien einen ganz speziellen, morbiden Charme besitzt?
M.: Da Wien meine Heimatstadt ist, kann ich das nicht so beurteilen wie Außenstehende. Es wird aber immer wieder behauptet, daß Wien diesen Charakter besitzt. Es ist allerdings wahr, daß die Wiener einen schwarzen Humor haben und ein bißchen unfreundlich sind. Inwieweit das einen Einfluss auf Hollenthon hat, kann ich beim besten Willen nicht sagen.

Vor ein paar Jahren schienen mir sehr viele interessante neue Bands in Österreich und da vor allem in Wien aus dem Boden zu schießen. Ist die Szene heute nach wie vor sehr aktiv?
M.: Ich denke schon. Es gibt auf alle Fälle mehr Bands als noch vor zehn Jahren, und einige sind wirklich erstklassig. Trotzdem ist Österreich ein kleines Land und dementsprechend ist auch die Musikszene. Wenn Du im Radio gespielt werden möchtest, solltest Du am besten Volksmusik machen.

Nun hat sich Deine alte Band Pungent Stench zu neuen (Un-)Taten aufgeschwungen…wie wird sich das auf Hollenthon auswirken? Genießt eine der Bands Priorität? Wirst Du weiterhin genügend Zeit und Muße für Hollenthon haben?

M.: Auf Hollenthon wird sich das in keinster Weise auswirken, aber dafür auf mich, weil ich nämlich jetzt noch viel mehr Streß haben werde als zuvor. Für mich sind beide Bands gleichermaßen wichtig und ich stecke sowohl in Pungent Stench als auch in Hollenthon immer 100 %, sonst ist es die Sache nicht
wert.

Wo siehst Du – mal von der Musik abgesehen – persönlich die größten Unterschiede zwischen Pungent Stench und Hollenthon?
M.: Pungent Stench ist mehr Rock´n´Roll als Hollenthon.

Eine Hollenthon-Tour war mal im Gespräch, kannst Du schon Konkreteres sagen? Werden wir dieses Jahr noch euch live on stage erleben können?

M.: Ich weiß nicht, ob es heuer noch klappen wird, aber eine Tour ist in Planung. Genaueres kann ich leider noch nicht sagen, aber es wird auf alle Fälle Konzerte geben.

Was wird den Besucher eines Hollenthon-Gigs erwarten?
M.: Darauf bin ich selbst schon gespannt. Wir werden wahrscheinlich einen
Querschnitt aus beiden Platten bringen, aber das ist auch schon alles was ich im Moment sagen kann.

Was rotiert gerade so in Deinem CD-Player? Welches Album hat Dich zuletzt so richtig positiv überraschen können?
M.: Die neue Fantomas ist sehr gut. Sonst höre ich wieder viele alte Sachen aus den 70ern und 80ern. „Servants of Chaos“ von Cirith Ungol ist auch sehr
empfehlenswert für Fans dieser einzigartigen Band.

Willst Du abschließend noch was loswerden?

M.: Danke für´s Interview.

www.hollenthon.com

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