Hearse Interview

Manchmal erscheinen Killer-Alben ohne großes vorherigen Gedöns der zuständigen Plattenfirma. Ganz plötzlich registriert man als Fan, dass es wieder eine neue CD der Band X & Y gibt. Umso größer ist die Überraschung, wenn es plötzlich erschienen ist. So ein Fall ist bei dem neuen, hervorragenden Album des schwedischen Killer-Kommandos Hearse „In These Veins“ eingetreten. Ins Deutsche übersetzt heißt der Bandname Leichenwagen. Und der rumpelt auf dem neuen Album erneut unbarmherzig auf alle Death Metal-Fans zu. Das diese Band längst mehr Aufmerksamkeit verdient hätte, dürfte klar sein. Darüber und über andere Fragen haben wir uns mit Sänger Johan Liiva und Drummer Max Thornell unterhalten:

Na, das ist ja eine gute Überraschung- euer neues Album ‚In These Veins’! Als erstes ist mir aufgefallen, dass ihr seit Jahren konsequent euren eigenen Stil durchzieht. Ihr habt allzeit vom Debüt ‚Dominion Reptilian’ bis hin zur aktuellen CD euren eigenen Stil klar definiert und durchgezogen. Wenn das so überzeugend gelingt, wie in eurem Fall, verdient es ganz klar Respekt! Von einigen kleinen Ausnahmen mal abgesehen, mögt ihr wohl keine Experimente oder Kursänderungen?

Max: Danke für deine Worte! Nun, ich plane nichts Genaues im Vorhinein, wenn ich Musik für Hearse mache. Und genauso sollte das auch sein. Ich mache einfach nur Musik und denke nicht darüber nach, welche Sachen dabei in diese einfließen müssten oder was gerade angesagt ist. Das ist einfach nur ganz natürlich Hearse und die Musik, die dabei herauskommt, wenn wir drei zusammen Musik machen.

Das nennt man dann wohl ‚Bauchmusiker’. Ihr habt auch einen alten Punkrock-Song von der schwedischen Band Sator (früher Sator Codex) gecovert. Hattet ihr Kontakt deswegen zu ihnen? Gibt’s die Band noch?

Max: Ja, bevor wir den Song von ihnen ins Auge gefasst hatten, hatte ich E-Mail-Kontakt mit ihnen. Es ging dabei um den genauen Text und ob sie auch damit einverstanden sind, wenn wir das Lied nachspielen. In den Tagen, als ich mit Johan viel auf Konzerten abgehangen bin – in den 80ern, waren Sator wirklich angesagt! Eine großartige Live-Band und ich mag ihre frühen Alben immer noch sehr! Die Band ist immer noch unter ihrem Namen Sator aktiv. Es ist immer noch eine coole Band und ihr neues Album ist auch wirklich gut!

Mich interessiert aus eurer Vergangenheit noch folgendes: als Johan Liiva Arch Enemy verlassen hat (oder musste, wie auch immer…) habt ihr euch erneut zusammen getan. Ihr hattet bereits vor Johans Einstieg bei Arch Enemy zwei wirklich einzigartige Scheiben unter den Namen Furbowl eingespielt. Warum habt ihr die Band zu diesem Zeitpunkt nicht einfach wieder unter diesem Namen aktiviert?

Max: Wir haben wirklich anfangs darüber gesprochen. Aber uns stand zu diesem Zeitpunkt unser alter Gitarrist nicht mehr zur Verfügung. Er spielte in einer anderen schwedischen Band. So erschien uns es schwierig, den Namen einfach beizubehalten. So dachten wir, es wäre einfach besser mit einer neuen Band zu starten – Hearse. Wenn ich es heute betrachte, war es die beste Entscheidung. Dennoch bin ich immer noch stolz auf die Furbowl-Sachen und möchte die auch nicht missen!

Schade; mir liegen leider keine Texte zur neuen CD vor. So erzählt uns doch mal, um was es bei eurem ersten Song der neuen CD nämlich „Haus der Liebe“ geht! Vielleicht um ein Bordell? Wir sind neugierig…

Johan: Oops, na o. k. Die Texte betreffen immer “the same old shit”: das Leben und den Tod grundsätzlich, Liebe und Hass… Meine Texte enthüllen nichts anderes als die Sachen, die ich erlebe und die aus meinem Ich entspringen. Das beinhaltet die Angst vor meiner Ehescheidung, Todesangst (welche ich 2005 bei zwei Anlässen hatte), Selbstzerstörung (den Nutzen und zweckentfremdete Nutzung von Medikamenten und Alkohol, welche im
Zusammenspiel wirklich kein guter Mix sind…). Entschuldigt, aber für mich persönlich ist das Leben die ganze Welt meistens weniger lebenswert. Und natürlich reflektiert sich das in meinen Texten wieder.

Ihr benutzt bei dem Song ‚Corroding Armour’ einige spezielle Stimmen-Effekte.
Deswegen – könntet ihr diesen Song überhaupt live spielen?

Max: Natürlich, das sind nur einige „Flanger-Effekte“. Das können wir live schon bringen. Wichtiger ist es uns eigentlich die Songs so zu gestalten, dass wir sie auch live nur mit einer Gitarre spielen können. Dieser Song wäre aus genau diesem Grund sogar sehr gut geeignet!

Jetzt müssen wir zusammen ein Rätsel lösen: Euer Label hat mitgeteilt, dass bei einem Song Jugga von der Punk-Band Mob 47 als Gast mitmacht. Ist es der Song ‚Intoxication’? Mögt ihr generell Punk? Was denkt ihr über die Horden von Melodic-Punks die in Dutzenden auf MTV/Viva gespielt werden?

Max: Also Johan und ich sind eigentlich alte Punk Rocker. Ich könnte nicht behaupten, mich überhaupt für neue, angesagte Bands zu interessieren. Aber ich höre immer noch die alten Helden wie Bad Brains, Minor Threat, Sex Pistols, Conflict, GBH, Rudimentary Peni, Conflict, SLF, Crucifix, Adverts und MDC gern, um einige zu nennen. Es waren auch hier in Schweden in den 80er Jahren einige gute Punk Bands am Start wie Anti-Climex, Raped Teenagers, Avskum usw.
Zu den MTV-„Punks“: ich verstehe nicht was das mit Punk zu tun haben soll (ich auch nicht – Anm. d. Verf.) . Da spielen Millionäre mit trendigen Tattoos für die MTV-Kinds?!
Nee, danke!

Erzählt doch mal ein paar Eindrücke über die Zusammenarbeit mit eurem Produzenten Dan Swanö. War er bei den Aufnahmen eher der strenge Diktator oder ein guter Freund? Oder gar beides…

Max: Die Arbeit mit Danne war sehr ruhig und entspannt. Er ist ein sehr netter Bursche und hat jede Menge große Ideen, wenn es um Soundfragen geht und weiß dann immer genau, wie er das umsetzen kann. Wir haben ihm beim Mixen des Albums völlig freie Hand gelassen. Alles, was ihm dazu gesagt habe, war, dass ich keine dieser modernen Produktionen möchte. Mit klarem, polierten fuckin’ Disko-Plastiksound, wie ihn heutzutage so viele Heavy Metal-Bands unverständlicherweise benutzen. Ich möchte es immer noch etwas rau und organisch! Ich denke, Danne hat einen prima Job erledigt und es wäre klasse, beim nächsten Mal wieder mit ihm zusammenzuarbeiten.

Max, auf dem Pressefoto posierst du mit einem Rush-T-Shirt. Bist du Fan der Band?

Rush ist definitiv eine meiner Lieblingsbands, kein Zweifel! Ich mag generell gern Bands mit drei Mitgliedern. Wie Rush, Motörhead, Venom und … Hearse!

Nun habt ihr wieder einmal auf eurem Cover einen großen Kopf abgebildet. Das war doch schon bei den Vorgängerscheiben der Compilation ‚Cambodia’ und
‚Armageddon Mon Amour’ (die sich irgendwie SEHR geähnelt haben – hüstel…) so. Mögt ihr Riesenköpfe?

Max: Hehe, jetzt haben wir aber wirklich erst mal genug von großen Köpfen!

Wer spielt denn bei euch die meisten Gitarrensolos? Auf eurer Line-Up-Liste führt ihr immerhin Johan und Mattias Ljung als Gitarristen an… Am interessantesten wären sicher Gitarrenduelle von beiden!

Max: Hmmm, haben wir wirklich Johan als Gitarristen aufgeführt? Na egal, auf dem Album spielen nur Mattias und ich Rhythmusgitarre und Mattias alle Solos. Ich versage völlig, wenn es zu Solos kommt. Wenn wir Rhythmusgitarre spielen, ergänzt sich Mattias Stil wunderbar mit meinem. Er spielt sehr tight und ausgeprägt, ich eher etwas liederlich. Gut, und um ehrlich zu sein – ich bin ein richtig lausiger Gitarrist, aber wem stört’s?! It’s only rock’n roll and I like it!

Für mich wäre es gut und verständlich, wenn euch endlich mehr Aufmerksamkeit hier in Europa und dem Rest der Welt für eure geile Musik bekommen würdet. Aber deswegen wäre es sicher nötig, dass ihr mehr live auftretet. Recht oft haben wir euch nicht zu Gesicht bekommen. Aber vielleicht habt ihr gar nicht genügend Zeit dazu? Es gibt ja auch noch notwendige Sachen wie Beruf, Familie usw.

Max: Ja, wir müssten wirklich mehr live spielen. Das Betrübliche dabei ist, dass wir dabei nicht so viel Geld verlieren dürften. Das Tourleben ist ja bekanntlich nicht billig, wenn man auf unserem Level arbeitet. Darüber hinaus verliert man natürlich auch Geld, wenn man nicht geregelt mehr arbeiten gehen kann. Aber ich bin offen für alle Angebote, wenn wir dabei kein Geld verlieren.

Die nächste Frage ist natürlich an Johan gerichtet: Würdest du für einen speziellen Auftritt an einem ebenso speziellen Auftritt wieder einmal eine (einmalige) Show mit Arch Enemy machen?

Johan: Ich hatte ja schon vor 3 Jahren schon einmal solch einen Gastauftritt. Als wir damals zusammen mit Nevermore auf Tour waren. Das war ein Duett bei dem Lied ‚Diva Satanica’. Das war cool. Aber jetzt würde ich sagen, hat das überhaupt keine Priorität mehr für mich. Also lautet die Antwort auf diese Frage eigentlich klar: Nein.

Noch kurz zum Schluss ein kurzes persönliches Statement zur Arch Enemy-Vergangenheit und –Gegenwart von mir: Ich mag den Gesang und die Person Angela Gossow auch. Der klar bessere, weil voluminösere und kraftvollere Gesang kommt für meinen Geschmack aber trotzdem von Johan. Das stellt aber an sich kein Problem dar, weil es auf diese Art halt einfach zwei (ziemlich gleich) gute Death Metal-Bands gibt. Metal-Fans mit sollten die Frage, wer da besser ist oder nicht salomonisch lieber so entscheiden, dass man beide Bands mag und auch achtet und sammelt. <br

MySpace: www.myspace.com/hearsesweden

Line-Up:

Johan – Vocals; Guitar
Mattias – Guitar
Max – Drums

Diskografie:

– Dominion Reptilian
– Armageddon Mon Armour
– Cambodia
– The Last Ordeal
– In These Veins

www.hearse.se

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