Es gab eine Zeit, da waren Baseballkappen mit hochgeklappten Schirmen der letzte Schrei in Sachen Hartwurst-Mode. Ende der Achtziger trugen Bands wie Anthrax oder die Suicidal Tendencies diese schicken Kopfbedeckungen spazieren und zahlreiche Metaller ließen sich umgehend anstecken. Irgendwann war jedoch Schluss mit lustig und die schmucken Dinger verschwanden auf Nimmerwiedersehen in der Versenkung. Auf Nimmerwiedersehen?? Nix da!! Ein unbeugsames Berliner Thrash-Quintett hört nicht auf, den aktuellen Trends Widerstand zu leisten. Neben der offenen Zurschaustellung von hübschen Käppchen haben FIRST AID aber noch einen ungleich mächtigeren Trumpf in den Ärmeln ihrer Lederjacken: Old School Speed Thrash, wie man ihn heutzutage nicht mehr oft zu hören kriegt. Schlagzeug-Maniac Max Scheffler, der seit einigen Jahren auch bei den Hauptstadtveteranen Postmortem die Kessel vergewaltigt, legte Kutte und Stretchhose an, öffnete netterweise ein paar Bierchen und stellte sich dem Wortduell. Here We Go…
Phil:
Obwohl ihr echte Metal-VIPs seid, ist euer Name vielleicht nicht allen 3,5 Millionen Eternity-Lesern ein Begriff. Erzähl’ doch mal, wie ihr es geschafft habt, diese Band auf die Beine zu stellen!
Maxe:
So um 1999/ 2000 haben wir als reine Metallica-Coverband angefangen. Wir haben dann die Sachen bis einschließlich „Master Of Puppets“ nachgespielt. Wir waren damals zu dritt, Mein Bruder Hannes, der Andreas und ich. Das mit dem Covern hat nicht ganz so geklappt, wie wir uns das ursprünglich vorgestellt hatten, aber es war schon irgendwie okay. Dann haben wir angefangen, eigene Songs zu schreiben. Nach ein paar Shows ist Hannes aus beruflichen Gründen ausgestiegen und ich bin mit Andi alleine zurückgeblieben. Wir haben dann weiter Songs geschrieben und uns einen Bassisten und noch `nen Gitarristen gesucht. So kamen dann der Florian und der Benny dazu. So sind wir dann durch die Lande gezogen. Der Andi hat weiterhin gesungen, aber leider entsprach seine Gesangsleistung nicht so ganz unseren Vorstellungen, weshalb wir den Alex ins Boot geholt haben. Die Konstellation ist dann `ne ganze Weile stabil geblieben, bis dann irgendwann der Andi und der Flo berufsbedingt ausgestiegen sind. Als Ersatz haben wir den Sascha als Basser dazugeholt und kurz darauf ist dann mein Bruder nach sechs Jahren Bandpause zu uns zurückgekehrt. Er spielt wie damals Gitarre. Tja, und in dieser Besetzung spielen wir leider immer noch…Hahaha…
Phil:
Und warum Metal? Wie bist Du zur Musik der Musiken gekommen?
Maxe:
Durch meinen Cousin, der mich mit Sachen wie Sacred Reich, D.R.I., Nuclear Assault und den Suicidal Tendencies angefixt hat. Der hat mich dann auch auf Festivals mitgenommen, wo ich das Ganze dann auch live erleben durfte. Das hat natürlich Eindruck hinterlassen.
Zum Zeitpunkt der Bandgründung war ich bereits seit acht, neun Jahren Schlagzeuger. Der erste Metal-Song, den ich auf den Drums spielen konnte, war „Seek And Destroy“ von Metallica. Das war cool, das war old school, so hat sich dann mein Stil entwickelt. Bei meinem Bruder war es genauso, nur das er eben Gitarre gespielt hat. Er ist auch durch unseren Cousin zum Metal gebracht worden. Bei den anderen Bandmitgliedern waren Maiden und Metallica der Auslöser.
Phil:
Eure Mucke ist ja 80er pur. Erklär’ mal mit einfachen Worten, warum die 80er besser sind als die 90er!
Maxe:
Selbstverständlich sind die 80er besser als die 90er! Wir hören zwar auch durchaus mal moderneres Zeug, aber Thrash Metal wurde nun mal in den 80ern erdacht und definiert. Die ganz großen Klassiker aus diesem Genre stammen doch allesamt aus diesem Jahrzehnt.
Anfangs war Thrash noch einfach und rotzig, mit der Zeit ist er dann immer filigraner, progressiver und technischer geworden. Diese Entwicklung hat sich halt in den 80ern vollzogen. Danach hat sich diese Art von Musik noch weiterentwickelt, aber der Thrash, der uns persönlich am besten gefällt, war in den 80ern schon perfekt.
Phil:
Ihr habt ja eine ganz ausgefallene Vorliebe, wenn man das so sagen darf. Ihr tragt gerne Mützen, die eigentlich als mausetot und völlig untragbar gelten. Die Rede ist von Baseballkappen mit hochgeklappten Schirmen. Wie seid ihr denn auf die Idee gekommen?? Ich meine, als Scott Ian noch Haare hatte, wart ihr doch noch im Kindergarten…
Maxe:
Wir imitieren jetzt nicht krampfhaft den Kleidungsstil unserer Lieblingsgruppen, das hat sich einfach so ergeben. Wir sind der Ansicht, dass diese Mützen perfekt zu unserer Mucke passen. Wir werden zwar hin und wieder schräg angeguckt, wenn wir mit diesen Dingern auf die Bühne kommen, aber die meisten echten Banger finden’s lustig.
Phil:
Es ist auf jeden Fall „Metal as fuck“, soviel ist klar!! Nächstes Thema! Erzähl’ mal was zu euren bisherigen Veröffentlichungen!
Maxe:
Die „Prisoner Of Hell“ ist 2003 aufgenommen worden, nachdem wir die Scheibe in den Jahren 2000 bis 2003 komponiert hatten. Sie wäre früher erschienen, aber jeder Besetzungswechsel hat natürlich eine längere Einarbeitungsphase erfordert.
Die Songs auf der Platte stammen größtenteils von Andi und mir.
Bei der neuen Platte, die übrigens „Infection“ heißt, ist es so gelaufen, dass jeder seine Ideen angeschleppt hat und dann sind daraus nach und nach Songs entstanden. Wir testen neue Songs dann immer auf der Bühne und wenn sie gut ankommen, werden sie aufgenommen.
Phil:
Der Gesang hat ja `ne mächtige Entwicklung durchgemacht. Früher gingen die Vocals grob in die Metallica-Richtung, während ihr heute mit einem völlig geilen, abgefahrenen Gequietsche aufwartet. Der neue Stil gefällt mir persönlich viel besser. Da der Sänger immer noch derselbe ist, gehe ich davon aus, dass ihr irgendwann bewusst beschlossen habt, den Gesangsstil massiv umzustellen. Liege ich da richtig? Und falls ich richtig liege, wie kam es zu dieser Umstellung?
Maxe:
Die Veränderung ging von unserem Sänger selbst aus. Er wollte mal was anderes ausprobieren und dabei seinen eigenen Stil finden. FIRST AID sind seine erste Band und am Anfang hat er sich halt an Metallica orientiert. Irgendwann wollte er dann aber was Eigenständigeres machen. Manche Leute finden seinen Style extrem nervig, aber eigentlich erhalten wir überwiegend positive Reaktionen.
Phil:
Was für Stilelemente lehnst Du generell ab, wenn es ans Songwriting für FIRST AID geht?
Maxe:
Keyboards, Synthesizer…So ein Kram kommt für uns nicht in Frage. Das passt einfach nicht. Supermodernes Riffing passt auch nicht so richtig zu uns.
Phil:
Und wie sieht’s mit `nem Rap-Song im Stil von „I’m The Man“ aus?
Maxe:
Wenn einer aus der Band so etwas machen will, soll er gefälligst ein Nebenprojekt gründen!!
Unter der Dusche können die so was auch machen, wenn sie wollen…
Phil:
Wie seid ihr auf den Bandnamen gekommen? Der Name klingt ja eher harmlos und untrashig. Slayer klingt da schon deutlich gemeiner…
Maxe:
Hannes und ich sind mal an `nem Second Hand-Laden vorbeigelaufen, in dem ein paar Schaufensterpuppen in Tarnklamotten rumstanden. Auf den Tarnklamotten waren dann so rote Kreuze drauf. Das sah schon ziemlich cool aus, weshalb wir uns dann überlegt haben, die Klamotten zu kaufen und unsere Band FIRST AID zu nennen. Wir haben zwar schon ein paar Mal über eine Namensänderung nachgedacht, aber bisher sind wir dem Namen treu geblieben. Ich denke, dass das so bleiben wird…
Phil:
Habt ihr jemals über einen Endorsement Deal mit dem DRK nachgedacht?
Maxe:
HAHAHAHA…Äääähhh…NEIN!!
Phil:
Worum geht’s in euren Texten und wer ist dafür verantwortlich?
Maxe:
Die Texte machen Alex und ich. Wir schneiden die verschiedensten Themen an. Bei der „Infection“ geht’s um ein völlig versifftes Krankenhaus, in dem die Patienten wie Vieh behandelt werden. Das ist ja durchaus ein ernstes Thema. Die Texte handeln z.B. davon, wie ein menschliches Individuum seinen Wert verliert, wie mit den Patienten getrickst und geschummelt wird. Auch das Thema Organhandel haben wir behandelt.
Das Artwork ist übrigens auf dieses Thema abgestimmt. Du hast sicher schon das Cover mit der verrückten Krankenschwester gesehen. Neben den ernsten Texten haben wir aber auch ein paar sinnfreie Fun-Lyrics.
Phil:
Was sagst Du zum derzeitigen Thrash-Revival?
Maxe:
Das kommt wie üblich aus Amerika. Erst kommen ein paar geile Bands, wie z.B. Municipal Waste und dann wird halt noch ganz viel Schrott gesignt, um den Markt zu bedienen. Der wahre Untergrund war aber immer lebendig, man braucht sich nur mal geile Bands wie Witchburner vor Augen zu führen. Die haben die Szene wirklich geprägt.
Phil:
Und was sagst Du zu Schreibern, die in Magazinen wie dem „Kerrang!!“ solche Trends ausrufen?
Maxe:
WE DON’T CARE WHAT YOU SAY…FUCK YOU!!!
Phil:
Welche Interview-Frage wolltest Du schon immer mal beantworten?
Maxe:
Das bedarf längerer Vorbereitung. Der Interviewer müsste mal bei uns im Proberaum vorbeikommen. Dann müsste er ganz entsetzt folgende Frage stellen: „Warum riecht es hier so nach STUHL???“.
Phil:
Ääääähhhh…Riecht’s bei euch echt nach STUHL???
Maxe:
Aber hallo!! Exkremente sind bei uns immer willkommen!!
Phil:
Und wie würdest Du auf so eine Frage reagieren??
Maxe:
Keine Ahnung!! Ich würde wahrscheinlich schreiend wegrennen…Hahahaha…
Das Niveau sank im weiteren Verlauf des Interviews ins Bodenlose, weshalb ich an dieser Stelle den Vorhang der Zensur herunterlasse.
Zum Schluss noch eine Empfehlung:
Hört euch FIRST AID an und lasst die Rübe rotieren!!
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