Bewertung: 1/6 Ärgerlich
Songs: 13
Spieldauer: 65:28
„Erdentempel“ ist das vierte Album der Pagan-Formation Equilibrium. Wer noch einen Funken Hoffnung hegte, dass es dem Quintett aus Bayern mit dieser Scheibe gelingen könnte, an die glorreichen Zeiten des Debütalbums „Turis Fratyr“ anzuknüpfen, wird leider bitter enttäuscht. Oder vielleicht auch nicht, denn unwahrscheinlich war das ja von Anfang an.
Dick aufgetragene, eingängige Melodien, die den einen an Kriegerheere in Bewegung, den anderen an schnulzige Pferde-trappeln-in-den-Sonnenuntergang-Szenarien denken lassen. Viel Gefiedel und Geflöte, zu viel Keyboard und Synthesizer, hinter denen die anderen Instrumente, abgesehen vom Schlagzeug, leider stark zurückstecken müssen. Man baut irische Folkmelodien ein, die bekanntermaßen besser als alles andere zum Zuprosten animieren. Aber auch Elemente, die an Nescafé-Werbung erinnern („Heavy Chill“), platt geklaut-kopierte Melodien aus Fluch der Karibik („Wellengang“) und allerlei anderen Plunder findet der Hörer hier wieder. Spürbar gewachsen ist auch der Anteil an Power Metal – was an und für sich ja noch in Ordnung wäre. Aber damit nicht genug: Da Equilibrium die Genrebezeichnung „Folk Metal“ in ein Korsett der Populärkultur zwängen, schrecken sie auch vor volksmusikalischen Verbrechen (wie etwa dem Abfackeln eines Schuhplattler-Soundtracks in „Wirtshaus Gaudi“) nicht zurück. Ob man das nun als Hommage an die Heimat oder Wahnsinn im Endstadium bezeichnen will, sei mal dahin gestellt. Fest steht: So wird Metal nicht salonfähig, sondern ist einfach nur noch peinlich.
Man merkt dem Album leider von der ersten bis zur letzten Minute vor allem eins an: Hier wurde komponiert, um zu gefallen. Das Konzept „Abgehen und Mitgröhlen“ mag ja (leider) vor allem auf Konzerttouren á la Paganfest aufgehen – mit einem eigenständigen, aussagekräftigen Werk hat es indes nicht mehr viel zu tun. Was hier geboten wird, muss ich schweren Herzens als Metal-Schlager bezeichnen. Zugegeben: Von Subtilität und Tiefgründigkeit hielten Equilibrium noch nie viel. Muss ja auch nicht sein. Indes gelingt es den Bayern auf „Erdentempel“, neue Dimensionen der Tiefstapelei zu ergründen („Prost, Ihr Säue! Sauft aus, ihr Tiere!“).
Inhaltlich bleibt es auf der ganzen Scheibe auch ziemlich flach: Saufen, Kameradschaft und ein bisschen Ahnenverehrung. Das war’s. Dank des 11-minütigen Bonustracks schafft es die Scheibe in der Limited Edition auf über 65 Minuten Spielzeit. Ich spare mir an dieser Stelle den Anspieltipp. Klingt eh alles gleich.
Michael Ende dichtete einmal: „Beim Ausverkauf geht alles drauf, doch wir sind reich, bitte sehr, bitte gleich – es zahlt sich aus!“ Dies trifft leider auch auf Equilibrium und ihren „Erdentempel“ zu.
Wirtshaus Gaudi ist aber auch schlecht. Das Review spricht mir aus der Seele, mit dem Debut stark angefangen aber ebenso stark nachgelassen … Nunja es scheint seine Klientel zu finden …
Hi,
ich kann den Frust verstehen. Bin auch Fan des Erstlings und auch der zweiten Scheibe, die schon zu polarisieren wusste. Aber eine 1/6 würde ich hier echt nicht vergeben. Ein Vollkommener Griff ins Klo ist die Scheibe durchaus nicht. Technisch ist das Ding immer noch einwandfrei und wer noch auf die Spielzeit eindrischt, sollte sich mal wirklich fragen, ob man Spaß an Zeit festhalten kann.
Hier das Ding so „Abzuwatschen“ finde ich deutlich übertrieben.
4 der Songs finde ich sogar richtig klasse.“Waldschrein“ war ja schon auf der EP und gefiel mir auch dort schon. „Karawane“ und „Apokalypse“ machen ebenso Spaß und das von dir als „Nescafe Werbe“ Titel niedergetrampelte „Heavy Chill“ steht bei mir auch in meiner Playlist für Abwechslung.
Ich vermisse Helge auch. Seine Stimme hat einfach die nötige Aggressivität gebracht, aber der kommt nun einmal nicht wieder. Und die Melodien waren auf Turis Fratyr auch schon komplett Klischee-behaftet.
Komm raus aus deinem Schneckenhaus voll agressiver Grimmigkeit und lass auch etwas Gute-Laune rein. Das nächste Album wird, nach dem Abgang der restlichen Crew noch viel Schlimmer, soviel sei gewiss ;)
grüße
Sebastian
Hallo Sebastian,
Hier spricht der Autor. ;-) Zunächst einmal Danke für deinen Kommentar. Als „vollkommenen Griff ins Klo“ habe ich das Album auch nicht bewertet, denn sonst hätte ich 0 Punkte vergeben.
Als Klarstellung: Die Erwähnung der Spielzeit ist als reine Faktenwiedergabe zu verstehen und ist in keiner Weise wertend gemeint. Sorry, wenn das (zumindest bei dir) anders rüberkam.
Und zu meinem vermeintlichen Schneckenhaus: Ich schätze gute Laune durchaus – und das auch bzw. gerade in der Musik. Alles hat seinen Platz und seine Zeit. Als Beispiel/Referenz verweise ich hier auf mein Review von Grais Album „Mlada“ –> http://www.eternitymagazin.de/2015/01/28/grai-mlada-56/
Cheers und Grüße!
Carsten