Die hohe Qualität der Schweizer Black Metal auf ihrem zweiten, gerade erschienenen Album „Medium Antigod“ überrascht einen keinesfalls, wenn man weiß, dass hier keine Anfänger am Werk sind. Allerdings ging die Band auch den anstrengenden Weg und nahm erst vier alle empfehlenswerte Demos auf, ehe 2004 das erste reguläre Studioalbum in den Läden stand. Überrascht und angetan nehmen wir zur Kenntnis, dass gleich vier Bandmitglieder auf unsere Fragen Antworten geben wollen
Eure Biografie weist 1997 als euer Gründungsjahr aus. Feiert ihr euer 10jähriges Bandjubiläum mit dem exzellenten neuen Album „Medium Antigod“ oder plant ihr dafür einen Extra-Event?
Swart: „Nein, ein Extra-Event ist nicht geplant. Wir werden das 10jährige in Verbindung mit der Plattentaufe am 24. November 07 im Sommercasino in Basel feiern und aus diesem Grund auch ältere Songs spielen, die schon lange nicht mehr im Set waren.“
Euer offizielles Debütalbum „Where Witches Burnt“ wurde von Fans und Presse gleichermaßen gut aufgenommen. Nur komisch, dass sich euer damaliges Label dann anscheinend in Luft aufgelöst hat… Als Fan eurer Musik, der mit euch bereits einmal ein Interview geführt hat, weiß ich, dass ihr das neue Album schon 2006 aufgenommen habt. Wieso erscheint es dann eigentlich erst jetzt, circa ein Jahr später?
Azrael: „Die Querelen mit dem alten ‚Label’ Cartel Media, dass sich als 1-A-Rip-Off erwiesen hat und schlussendlich jämmerlich Konkurs gegangen ist –scheinbar- dauerten lange und ein neues Label wollte auch noch gesucht und gefunden werden. Zudem braucht ein Label, in unserem Falle CCP Records, auch immer eine gewisse Vorlaufszeit eines Albums, die für Promotion genutzt wird. Die nächste Scheibe wird dann aber definitiv zügiger erscheinen!“
So wie es scheint, geht ihr zum Lachen nicht unbedingt nur in den Keller: auf
eurer Website bietet ihr im wahrsten Sinne des Wortes ein arschcooles Boxershort an. Auf deren Rückseite steht „Arschtritas“. Über was könnt ihr noch lachen und was regt euch anno 2007 auf?
P. Magick: „Wir sind fünf völlig unterschiedliche Individuen und können im Allgemeinen über uns selbst lachen. Wir nehmen unsere Sache zwar verdammt ernst. Aber aus diesem „Böse Buben-Image“ mach ich mir nicht viel. Das ist reine Bühnen-Show, hinter der wir alle auch voll und ganz stehen. Wir leben dies auf der Bühne aus. Ich zum Beispiel merke, sobald ich Corpsepaint auftrage, dass sich dabei bei mir auch innerlich etwas verändert. Zudem entspricht dies auch dem satanischen Prinzip. Leute, speziell Black-Metaller, die den ganzen Tag mit ´ner finsteren Miene durch die Gegend laufen, haben dies nicht begriffen. Solche Leute kann ich absolut nicht ernst nehmen. Auch das ganze „True“-Gesülze geht mir so ziemlich am Allerwertesten vorbei.
Mich so richtig aufregen kann ich schon lange nicht mehr. Es ruft eher ein Kopfschütteln und ein zynisches Lachen bei mir hervor, wenn ich tagtäglich die Medien ansehe und feststellen muss, wie abgestumpft die Menschheit inzwischen geworden ist.“
Azrael: „Man kann die Dinge sowieso generell von zwei Seiten sehen: Entweder man regt sich darüber auf, oder man tut es mit einem Lachen ab. Es gibt sowieso viel zu viele Leute, die sich unberechtigterweise viel zu ernst nehmen- gerade im Black Metal. Was mich persönlich ziemlich anwidert ist die Entwicklung der Metal-Szene in Richtung Mainstream. Wie kann man anders sein wollen und sich genau den Konventionen unterwerfen, gegen die man eigentlich rebellieren will? Das fängt für mich bei Myspace an und hört mit diesen Giga-Sommerfestivals auf. Das diese Entwicklung auch auf den Black Metal überzugreifen beginnt, ist umso bedauerlicher.“
Bei eurem Song „Obtained Orphanage“ verwendet ihr im Mittelteil einen gesprochen-gekeiften Mittelteil. Das wirkt ziemlich abgefahren, bedrohlich, interessant und originell. Wie kommt ihr auf solche Einfälle? Komponiert ihr das direkt so oder gibt es da beim Einspielen im Studio und im Proberaum auch mal spontane Ideen?
Swart: „Grundsätzlich entstehen bei uns alle Songs spontan im Proberaum. Gewöhnlich gehen wir von einer Grundidee, einem Riff, aus und versuchen von dort den Song weiterzuentwickeln. Dieser Prozess nimmt normalerweise viel Zeit in Anspruch. Wir probieren viel aus und was nicht funktioniert, wird wieder verworfen. Die Gesangsparts entstehen erst, wenn die Musik definitiv steht.“
Eure neue Plattenfirma schreibt in ihrem Infozettel über eure charakteristische Gitarrenarbeit. Könnt ihr uns erläutern, inwieweit ihr euch durch ebendiese Gitarrenarbeit von anderen Bands unterscheidet und euch damit eventuell von anderen Bands abgrenzt? Viele Möglichkeiten scheint es da heutzutage im Heavy- und besonders im Black Metal nicht zu geben.
Azrael: „Das kommt vermutlich daher, dass die Gitarrenspuren teilweise direkt vom Keyboard, weil darauf komponiert, abgeleitet werden. Dadurch ergeben sich diese sehr speziellen, charakteristischen Läufe, die man in dieser Form nicht allzu oft antrifft. Ansonsten machen wir uns keine großartigen um Originalität bzw. wir sind nicht krampfhaft darum bemüht. Es ist sowieso sehr schwierig, etwas vollkommen Neues zu erschaffen.“
Letzte Aussage stimmt zweifelsohne. 2 Texte des neuen Albums stammen von einem ominösen Dr. Knill. Zu eurem Line-Up gehört er nicht. Bringt doch Licht ins Dunkel!
Azrael: „Dr. Knill ist ein enger Freund der Band, der uns seit Jahren unterstützt, genauer gesagt seit 2001 und der Demo-CD „Dunkler Reigen“. Außerdem ist er der härteste Atritas-Kritiker überhaupt und auch jeweils einer der ersten, der neues Material zu hören bekommt.“
Ihr bietet auf „Medium Antigod“ gleich vier verschiedene Texter auf. Dennoch zieht sich durch euer Album die antireligiöse Haltung wie ein roter Faden, wirkt fast schon wie ein Konzept. Seid ihr euch in euren Anschauungen als Menschen und Texter so ähnlich?
P. Magick: „Ja. Wir sind alle Satanisten und verneinen das christliche Weltbild. Unsere Meinungen und Anschauungen diesbezüglich sind fast deckungsgleich. Wobei ich als einziger in der Band spirituell aktiv bin (Meditation, Yoga etc.).“
Azrael: „Wobei wir in verschiedenen Punkten durchaus unterschiedlicher Meinung sind, was die satanische Philosophie anbelangt. Ich bin allerdings auch der Meinung, dass Black Metal hinsichtlich der Thematik gewisse Vorgaben erfüllen muss, um überhaupt als Black Metal zu gelten und dazu gehört der Satanismus.“
Nach den Aufnahmen habt ihr euch von eurer Keyboarderin und eurem Drummer getrennt. Einen neuen Schlagzeuger habt ihr mit Azrael bereits gefunden, die Keyboardposition ist noch vakant. Habt ihr noch Kontakt zu den beiden Vorgängern Ork und Hysteria?
Azrael: „Ja, man sieht sich ab und an auf Konzerten und unterhält sich ein wenig. Einen Keyboarder suchen wir übrigens nicht mehr, wir arbeiten nun mit Clicktrack und Keyboard ab Band und diese neue Arbeitsweise funktioniert hervorragend.“
Mit welchen der folgenden 4 Bands würdet ihr am liebsten auf Tour gehen:
– Darkthrone
– Cradle Of Filth
– Illnath
-Morbid Angel?
P. Magick: “Für mich persönlich mit Morbid Angel. Das sind meine alten Helden der extremen Musik. Als ich damals, in jungen Jahren, ihr erstes Album „Altars Of Madness“ zulegte, war ich völlig weg von den Socken. Ich hab mir mit 18 gleich Teile dieses Albumcovers auf den Rücken stechen lassen. Aber mit dieser Wahl stehe ich sicherlich als einziger in der Band da.“
Azrael: „Auf jeden Fall mit Darkthrone, falls die touren würden. Morbid Angel wäre allerdings auch noch reizvoll, da ‚Altars Of Madness’ zum Besten gehört, was im Death Metal je veröffentlicht wurde. Zu Cradle Of Filth und Illnath gebe ich keinen Kommentar ab, hehe.“
Swart: „Ich fände es grundsätzlich geil, auf Tour zu gehen, mit wem spielt dabei nicht so eine große Rolle.“
Leider war ich nur sehr kurz, quasi auf Durchreise, einmal in der Schweiz. Wie würdet ihr also beispielsweise einen Fremden wie mir euer Heimatland kurz und prägnant beschreiben?
P. Magick: „Ein zwar kleines, aber sehr eigenständiges Land mit viel Traditionen, welches sich nichts vorschreiben lässt. Und das soll auch so bleiben. Wir haben mehr als nur Schokolade und Käse zu bieten. Für mich, der auf dem Land wohnt, eines der schönsten Länder überhaupt.“
Azrael: „Ein kleines Land mit großartigen Naturlandschaften. Und durch unsere Viersprachigkeit (deutsch, italienisch, französisch, rätoromanisch) gibt es eine enorme kulturelle Vielfalt, die hoffentlich noch lange erhalten bleiben wird.“
Habt ihr euch schon mal gewundert, dass euch eine bestimmte Frage von Redakteuren noch nie gestellt wurde? Wenn ja, dürft ihr euch die selber jetzt stellen und auch gleich beantworten:
Gier: „Na ja, schwierig. Ich würde gerne mal die Frage gestellt bekommen, warum wir eigentlich alle noch arbeiten, wo wir doch – hörte man auf die Unkenrufe der Szenepolizisten – so kommerziell sind. Eine Antwort darauf habe ich allerdings auch nicht.“
Swart: „Ich würde eher gewisse Fragen nicht gestellt bekommen, hehe.“
Eine kultige letzte Antwort von Swart. So gehört sich das für Black Metaller.
Atritas in ihrer Mischung aus interessantem sinfonischen Schwarzmetall und intelligenten, zumindest zum längeren Nachdenken anregenden Texten ist eine Band, die einen doch herausfordert, sich etwas näher mit dem aktuellen Werk zu beschäftigen.
Diskografie:
Pray Of Doom (Demo-CD 1997)
Rising Of Eternal Dusk (Demo-CD 1999)
Dunkler Reigen (Demo-CD 2001)
In Regressum Diaboli (Demo-CD 2002)
Where Witches Burnt (CD 2004)
Medium Antigod (CD 2007)
Line-Up:
Swart: Guitar
Baal: Guitar
Gier: Vocals
D. Magick: Bass
Azrael: Drums
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