A Colour Cold Black Interview

A Colour Cold Black; der Name geistert schon länger durch den Untergrund. Dahinter verbirgt sich ein Musikerzusammenschluß der nicht ganz alltäglichen Art, ähnlich obskur wie der Bandname ist auch die Musik. Statt einfach nur dem Rock’n’Roll zu frönen, mörteln die Jungs dicke Klangmauern zusammen, um sie im nächsten Moment mit Riffs einzureißen, die eine Verwandtschaft mit dem Wahnsinn persönlich nicht leugnen können…

Doch genug der einleitenden Worte, lassen wir Niki selbst zu Wort kommen, um euch zu erklären, welche Konzeption hinter A Colour Cold Black steckt…
Das Konzept ist erstmal, zusammen Musik zu schreiben. Wir machen das schon seit fast 6 Jahren und wollen es auch noch lange tun. Gemein und melancholisch waren wir schon immer, und irgendwann wurde die Musik dann eben metallhaltig. Das Ganze war anfangs als gesellschaftlicher Gegenpol zu DJ Bobo geplant, eine Art Sekte, aber irgendwie wollte niemand unserem Hungermarsch in die Schweiz folgen, also haben wir eine ‘normale’ Band draus gemacht. Schade eigentlich… jetzt müssen wir doch arbeiten.

Somit fällt also eine Hungerphantasie als Ursprung des Bandnamens weg…was verbirgt sich hinter eurem Bandnamen?
Etwas zu formulieren, was es nicht gibt und man sich nur schwer
vorstellen kann, dann aber wie das Böse an sich erscheint. Ein interaktiver Name, sozusagen.

Nun habt ihr mit ‘Adrenaline Agony’ein neues Album im Eigenvertrieb herausgebracht, worin seht ihr denn die größte Weiterentwicklung seit den letzten Releases?
Seit dem ‘Dead Dream’-Album und der ‘Drowning Sun’-MCD haben wir kontinuierlich versucht, direkter zu werden, auch härter, aber hauptsächlich direkter, d. h. weniger Brüche innerhalb der Songs, weniger Parts, klar erkennbare Struktur. Die ‘Adrenaline Agony’ ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung, der aber noch immer spannende Überraschungen bereithält. Wichtig war uns auch, Strophe und Chorus wirklich deutlich rüberzubringen.

Wie läuft bei euch für gewöhnlich das Songwriting ab?
Meistens hat jemand einen der Hauptparts, Strophe bzw. Chorus, parat und wir geben gemeinsam unsere Ideen, die vielleicht auch schon länger auf Halde liegen, dazu. Neuerdings ist es meistens so, daß einer schon zusammenpassende Strophen und Chorus hat, was meiner Meinung nach dem Song guttut. Letztendlich ist dann aber so ein Song als Gemeinschaftsprodukt zu betrachten, weil jeder seine Sachen selber dazugibt und viel rumgesabbelt wird, bis jeder seine Schäfchen im Trockenen hat, denn wir können alle unser Monster-Ego kaum mit uns herumtragen.

Auf dem CD-Cover kann der geneigte Betrachter eine an medizinische Gerätschaften angeschlossene Gestalt in einem OP-Saal ausmachen. Handelt es sich bei euch um Alphateam- und Schwester Stefanie-Fetischisten – und damit um meine Brüder im Geiste, hehe – oder steckt da ein ernster Gedanke dahinter? Und wie habt ihr das Coverbild zustande gebracht, dürfen wir uns da einen nächtlichen Einbruch ins Wunstorfer Krankenhaus ausmalen?
Schwester Stefanie??? Oh, mein Gott, und ich hatte gedacht, wir müßten allein sterben, weil niemand außer uns diese Sendung sieht. Schweig still, mein pumpendes Herzelein! Deshalb schreiben wir ja überhaupt so düstere Songs, weil wir so allein waren…Unsere Bandgründung feierten wir am Tag nach dem Pilotfilm…das brauche ich jetzt nicht mehr! Ich bin frei! Frei! Wir nennen uns jetzt um in ‘A Colour Warm Purple’ Ach ja: Das Photo stammt vom Schwester Stefanie-Set, unserem Mekka sozusagen, Malte grinst im Hintergrund eigentlich in die Kamera, aber wir haben ihn dann doch rausgeschnitten.

Statt nun nachzuhaken, welche der drei Stefanie-Darstellerinnen denn bei A Colour Cold Black am höchsten im Kurs steht, will ich lieber wissen, inwieweit das Cover in Zusammenhang mit dem Titel ‘Adrenaline Agony’ steht? Ein gesunder Adrenalinrausch kann doch mal ganz nett sein!?
Nicht, wenn man das Leben als ein einziges Sterben definiert. Je mehr, je intensiver ich lebe, desto mehr wird mir hinterher bewußt, daß ich einen wichtigen Schritt näher zum Tod gemacht habe. Mir wird sogar schon bei dem Adrenalinausstoß, sei er geil oder aus Angst, Streß u. a., klar, daß ich ihn zu genießen habe. Nach dem Tod gibt es bekanntlich nicht mehr viel davon.

Laß uns ein wenig über die Texte schwadronieren…im Titeltrack und einem weiteren Song wurden auch deutsche Fetzen eingebaut. Was verleitete euch dazu? Was kann man mit der deutschen Sprache ausdrücken, wo sich das Englische verweigert?
Ohne patriotisch zu werden, ist Deutsch eben unsere Muttersprache und man fühlt sich von deutschem Text eben direkter angesprochen. Es geht nicht um krasse Vokabeln, die man im Englischen nicht kennt, sondern um ein besseres Verständnis. Heutzutage ist das ja auch langsam nichts Ungewöhnliches mehr, was ich sehr begrüße. Ein kleiner Gegentrend zur Californication.

Besteht zwischen der MCD und dem Track ‘House Of The Drowning Sun’ein Zusammenhang? Oder ist das eine verkappte Hommage an Eric Burdon und seine Animals?
Das Stück ‘House Of The Drowning Sun’ wurde von uns für die neue CD noch einmal aufgenommen, genau wie ‘Angel’. Einerseits war die ‘Drowning Sun’-MCD für uns nicht ein vollwertiges Output, andererseits sollte es was Besonderes sein. Also haben wir nur zwei Stücke übernommen, die am besten zu den neuen Liedern gepaßt haben: geradeheraus und nicht so vielschichtig. Was Eric Burdon betrifft, so kann man bestimmt nicht von einer Hommage sprechen, da dieser Titel noch von Jan Winkelmann stammt und jener von Tuten und Blasen keine Ahnung hat, was zum Beispiel jegliche Musiker vor 1980 betrifft.

Dreht sich das auch auf der Legacy-CD vertretene ‘Y2K R.I.P.’ um den Millenniumswahn?
Richtig. Geschrieben habe ich diesen Text Mitte 1999, war also schon damals völlig entnervt von diesen Spinnern, die wirklich dachten, in ihrem jämmerlichen Leben würde sich einfach so etwas ändern, von heute auf morgen. Alle wollen sich gern für was Besonderes halten, weil sie in dieser Zeit leben. Das neue Millennium sehen und sterben, nur: es gab nichts zu sehen. Gut, man sagt ja, es sei gesund, seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen, und Dumme leben eh länger, also vielleicht reicht`s ja noch bis Y3K, ihr Spinner! Nur wird’s dazwischen ganz schön langweilig werden. Jetzt mal im Ernst: Es gibt eine Menge Dinge, über die man nachdenken sollte, aber unser irgendwann mal willkürlich eingeführter Kalender – niemand weiß, wann Jesus geboren wurde – gehört beileibe nicht dazu.

Wie habt ihr denn dann den Millenniumswechsel verbracht? Brav geprobt?
Nachdem wir uns von der miesen Qualität der Party auf dem Opernplatz mit RadioFFN-Kasper Franky überzeugt haben, haben wir den Jahreswechsel in einem Club gefeiert, wo coole Mucke lief und der ‘Sylvesterstadl’ – ohne Ton – auf Monitoren zu sehen war. Ich kann natürlich nur für mich sprechen, aber mein Kater am Neujahrstag war dem Ereignis angemessen, weil ein Grund, den ganzen Tag nicht vor die Tür zu gehen und den Bringdienst den Rest erledigen zu lassen…ich kann nur sagen, daß dessen Computer noch funktioniert hat.

Nun seid ihr meinen Infos zufolge nur noch zu dritt. Ist das nicht gerade live sehr hinderlich? Worin unterscheiden sich die Songs live nun von der Albumversion?
Wir haben das schon erprobt und sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Die Stücke kommen jetzt erdig rüber, viele Schnörkel sind natürlich nicht mehr drin. Meinen Baßverzerrer mache ich jetzt eigentlich gar nicht mehr aus und die anderen Effekte lasse ich in der Tasche. Jetzt müssen die Stücke ordentlich nach vorne weg gespielt werden, anders geht es nicht, aber wir kriegen das sehr gut hin und hatten auch fetten Spielspaß dabei.

Im Infoblatt beschreibt ihr euch als Wutmaschine. Was macht euch so wütend? Und ist Wutmaschine auch eine treffende Beschreibung dessen, was einen bei einem A Colour Cold Black-Gig erwartet?
Das haben wir geschrieben, als wir gerade nur noch zu dritt waren und ein, zwei Proben hinter uns hatten, wo wir den oben genannten Spielspaß so richtig in den Fingern kribbeln fühlten. Wir sind seit dem Zeitpunkt viel direkter beim Mucken, und wenn man nicht mehr so verfrickelt spielt, sondern schön direkt, dann läßt sich Wut dabei perfekt ableiten. Ich denke schon, daß
einen eine ziemliche Wutmaschine erwartet, wenn wir in Fahrt kommen.

Nach drei Undergroundreleases der gehobenen Klasse stellt sich die Frage, ob sich bei euch schon Labels eingeschmeichelt haben…oder wurden bislang nur die üblichen Abzocker vorstellig?
In den letzten 3 bis 4 Jahren hatten wir drei Anfragen. Eigentlich war nur eine dabei, die wir nicht machen wollten, von wegen erst mal zwei Braune für ein richtiges Demotape, obwohl wir schon im Studio waren. Die zweite ist leider im Sande verlaufen und der dritte Interessent, der Kai von Darkstar Records, muß erstmal selbst auf die Beine kommen, mal sehen, was daraus wird. Wir sind sehr offen für verschiedenste Formen der Unterstützung, so gesagt, aber wer würde diesen Satz nicht unterschreiben?

Ich selbst würde euren Stil am ehesten in das Sperrgebiet zwischen Neurosis, Sepultura und Fear Factory einordnen…könnt ihr euch damit gegebenenfalls anfreunden? Und wen würdet ihr selbst als eure Vorbilder sehen, egal, ob man sie nun aus eurem Sound heraushören kann oder nicht?
Ich kann mich damit sehr gut anfreunden. Hören tun wir dazu noch vieles zwischen Rock (Foo Fighters, Shihad) und Death Metal (Malevolent, Strapping). Ich weiß, was du mit anderen Einflüssen meinst… womit sind wir groß geworden? Unser Alter ließ uns als Vorpubertäre erstmal Nirvana cool finden und Metallica, dann Type O Negative und Fear Factory, bis es dann auch Meshuggah in unser CD-Einschubfach schaffte. Eine Einstellung haben wir von keinem groß übernommen, auch Artwork ist immer unsere eigene Sache gewesen…na gut, vielleicht ein bißchen Fear Factory ab der Drowning Sun…So kommen jetzt Einflüsse von Korn und Marilyn Manson hinzu, ohne daß wir diese Typen groß bewundern oder so. Ein wenig Noise und Metal wird in Zukunft zu Gunsten des Rock, des Groove, dran glauben müssen.

Abschließend bitte ich euch noch, zu Pinsel und den schillernden Farben zu greifen und euch auszumalen, wo A Colour Cold Black in zwei, drei Jahren stehen werden!
Wenn wir so weiterarbeiten, müßte bald ein kleiner Deal kommen, irgendwann später ‘ne Minitour oder so, und in drei Jahren supportet A Colour Cold Black erstmals Nine Inch Nails.

Was habe ich vergessen, euch zu fragen?
Du hast vergessen zu fragen, wann die nächste CD kommt. Da schon 6 – 7 neue Stücke stehen, gehen wir ins Studio, sobald Geld da ist, woher auch immer.

Interview aus Eternity #16