Hecate Enthroned Interview

Mit „Kings Of Chaos“ könnten es HECATE ENTHRONED schaffen aus dem Schatten der übermächtigen Landsmänner Cradle Of Filth hervorzutreten. Das im Großraum Liverpool/Manchester angesiedelte Sextett konnte zum ersten Mal auf ganzer Linie überzeugen, was nicht zuletzt auf eine stilistische Öffnung hin zum Death Metal und der fixen Anstellung von Aushilfssänger Dean zurückführen ist.

Es dürfte wohl hinlänglich bekannt sein, daß Jon, aufgrund eines kurzen Intermezzos 1994/95 als Viersaiter bei Cradle Of Filth der wohl „prominenteste“ Hecatianer, nicht mehr Bestandteil des Bandgefüges ist. Dean, sein Nachfolger hinter dem Mikro, nahm aber trotzdem einleitend zu den Umständen seiner Verpflichtung Stellung.
DEAN: Jon wurde hinausgeworfen! Zum einen war er sehr kindisch, aber der Hauptgrund war, daß er nicht auf Tour gehen wollte. Er hatte Angst um seine Stimme, und wollte deshalb die letztjährige Tour mit Enthroned absagen! Meiner Meinung war das eine ganz schwache Ausrede. Ich habe vorher auch nicht in diesem Stil gesungen, aber trotzdem die Tour durchgehalten. Jedenfalls hatte die Band die Nase voll von ihm, und so kam ich in die Band. Jon war auch hauptverantwortlich dafür, daß H. E. so viele Besetzungswechsel hatten. Die, die die Band verlassen haben, taten dies fast ausschließlich wegen ihm. Auch Rob, unser Drummer, ist zwischenzeitlich ausgestiegen, weil er Jon ganz einfach nicht mehr sehen konnte. Ich bin bei den Proben für die Enthroned-Tour zur Band gestossen. Vorher habe ich bei der Band Evoc gesungen. Das war eine sehr technische Death Metal-Band in der Art Cynics. Ich bin aber wegen persönlicher Differenzen schon ausgestiegen, bevor Rob mich fragte, ob ich bei Hecate Enthroned einsteigen und eben besagte Europa-Tour mitmachen will.

„Kings Of Chaos“ hebt sich deutlich vom bisherigen Schaffen der Band ab. Nicht nur vom Textkonzept, das sich durch Deans Mitarbeit veränderte, sondern auch musikalisch, weil man versuchte sich in der Neutralen Zone zwischen Black und Death Metal zu positionieren.
D: Es gibt eine Menge Unterschiede! Musikalisch geht es mehr in Richtung Death Metal. Auch vom Stimmlichen gibt es mehr Death-Elemente, und die Black Metal-Vocals sind aggressiver als früher. Allgemein sind die Vokal-Patterns viel leichter nachzuvollziehen. Wir haben unser Album viel einfacher gehalten als zum Beispiel das letzte Werk von Cradle. Es ist sehr catchy! Ich glaube, wir haben die perfekte Mischung zwischen Death und Black Metal gefunden! Die Lyrics wiederum handeln nicht mehr von Dämonen und Mythen, sondern sind durchwegs antichristlich gehalten. Das entspricht meiner Vorstellung einer extremen Metal-Band mehr.

Gerade die Verarbeitung von Mythen schien bis jetzt aber der Angelpunkt der Band zu sein, was sich ja schon aus dem Bandnamen ableiten läßt, der aus der griechischen Sagenwelt entliehen wurde. Besagter Kursschwenk könnte Kritiker auf den Plan rufen, die eine Namensänderung für unumgänglich halten.
D: Das haben tatsächlich schon ein paar Leute gefordert. Wir haben aber mit Nigel noch immer ein Gründungsmitglied in der Band. (Nigel gründete zusammen mit Jon die Band im Jahre 1993 unter dem Namen Daemonum. – Anm. d. Verf.) Außerdem haben wir den Ruf der Band kontinuierlich aufgebaut. Mit einem Namenswechsel müßten wir wieder ziemlich von vorne anfangen.

Das Keyboard-Instrumental „Exalted In Depravity“ unterscheidet sich vom übrigen Songmaterial sehr stark, verbirgt sich dahinter doch ein „Abschiedsgeschenk„ an einen Ex-Kollegen.
D:  Unser früherer Keyboarder Mike hat diesen Song geschrieben. Wir haben ihm dabei freie Hand gelassen. Mike ist der einzige der früheren Mitglieder, die wir noch immer mögen. Das Endergebnis hat uns allen sehr gut gefallen. Deswegen wir den Song auf die Platte genommen haben, obwohl er sich vom anderen Material doch sehr stark abhebt. Trotzdem strahlt auch ´Exalted In Depravity´ eine sehr düstere Atmosphäre aus.

Beim Stichwort Keyboards brachte ich meinen Verbesserungsvorschlag ein, daß ein stärkere Einbeziehung der Tasteninstrumente in die Melodie-Linien der Band eine zusätzliche Facette neben den statischen Klangteppichen geben würde.
D:  Keyboards und Vocals sind die letzten Parts, die bei den Aufnahmen hinzugefügt werden. Wir nehmen niemals die Keyboards als Basis für einen Song. Unser Keyboarder hat eigentlich kaum Freiheiten. Wir geben sehr exakt vor, was wir von ihm wollen.

Mit seiner Einschätzung der Frühwerke von HECATE ENTHRONED wird Dean sich wahrscheinlich bandintern keine Freunde schaffen.
D: Upon Promethean Shores´ ist wahrscheinlich der größte Haufen Scheiße der Welt! Diese Scheibe mag ich überhaupt nicht. Auf ´Slaughter Of The Innocence´ befinden sich drei herausragende Songs. ´Dark Requiems´ war ein durchgehend gutes Album, das sich eine bessere Presse verdient hätte.

Daß „Dark Requiems“ bei der Metal-Journaille durchfiel, lag hauptsächlich an den unüberhörbaren Parallelen zu Cradle Of Filth, die noch dazu durch Jons Querverbindung verstärkt wurden.
D:  Ich glaube, daß sich das jetzt aufhören wird. Jons Vocals waren der Ansatzpunkt für diese Kritik. Die Journalisten, mit denen ich gesprochen habe, haben mir bestätigt, daß wir jetzt eigenständiger klingen. Jedoch wurde im Kerrang schon wieder der Cradle Of Filth-Vergleich aufgewärmt. Die können unmöglich das neue Album rezensiert haben! Ich würde sehr gerne mit Cradle auf Tour gehen. Das würde uns sicher sehr helfen. Persönlich kennen wir uns kaum. Vor Jahren, so um 1992/93, stand ich ihn Briefkontakt mit Dani. Dann ist er ein bißchen abgehoben. Ach ja, letzte Woche kam Gian zu einem Gig von uns.

Bei allem Respekt stützt sich der Erfolg von Danis Horden aber hauptsächlich darauf, daß sie Virtuosen der Promotion-Arbeit sind. Mit ähnlichem Artwork (nackte Mädels etc.) könnten wohl auch HECATE ENTHRONED in ähnliche Verkaufszahlen-Sphären aufsteigen.
D:  Wir werden das niemals machen. Bei uns soll die Musik im Vordergrund stehen! Das soll aber nicht heißen, daß ich Cradle Of Filth den Erfolg neide. Sie haben hart dafür gearbeitet. Ihre Cover sind aber mehr für 15-Jährige gedacht.

1998 wurde lauthals eine Tour mit Venom propagiert, die erwartungsgemäß aber nie stattfand.
D:  Das war lediglich ein Hirngespinst von Jon! Er lebte in seiner eigenen Phantasie-Welt, was seinen Hinauswurf natürlich beschleunigt hat. Neben der Venom-Tour hat er den Jungs auch einmal gesagt, daß sie mit Machine Head durch die Lande ziehen werden. Kannst du dir das vorstellen? Die haben schon dafür geprobt, doch war natürlich nichts wahr!!

Realistischer ist da sicherlich die Tour mit Satyricon, die bei Erscheinen des Hefts aber schon stattgefunden haben sollte. Daß vor allem englische Labels den Norweger-Boom vorangetrieben haben, bestätigte Dean nicht.
D:  Zwischen ‘93 und ‘95 wurde einfach alles unter Vertrag genommen, was aus Norwegen kam. Das war eine internationale Sache und nicht auf England beschränkt.

Von der gefährlichen Unterwanderung des Black Metal-Underground durch Neonazis will er in England noch nichts gespürt haben.
D: Das bezieht sich hauptsächlich auf Norwegen selbst, aber auch in starkem Maße auf Deutschland und Polen. Es ist sehr beängstigend, wenn Bands Anhänger finden, nur weil sich ein Mörder in ihren Reihen befindet!

Patentrezepte dagegen fand er in der begrenzten Zeit dieses Interviews genauso wenige wie ich in den letzten fünf Jahren. Höchstwahrscheinlich deshalb, weil es keine gibt.

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