Re-Vision Interview

Mit „Whore Venus“ haben die Herren von re-Vision einen amtlichen Hammer vorgelegt, der zudem die selten gewordene Eigenschaft besitzt, verschiedene Stile zu einem homogenen Gemisch zu vereinen. Dieses ist durchaus dazu in der Lage, Fangruppen so verschiedener Bands wie Fates Warning, Iron Maiden und Fields Of The Nephilim auf sich zu vereinen, da der rote Faden jederzeit deutlich sichtbar bleibt. Doch überlassen wir Basser Christoph und Sänger Frank das Wort…

Erzählt den EternityLesern zu Beginn mal vielleicht einfach, wer sich hinter re-Vision verbirgt.
Christoph: Eigentlich ist die re-Vision-Story eine lange Geschichte mit den üblichen Demos, Lineupwechseln und so weiter, also versuche ich mal, das Ganze knapp zu halten und mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Die Band wurde ´93 gegründet, damals noch in einem völlig anderem LineUp. Ich war dabei und Dominik, unser Trommler. 1995 kam dann Frank (vocals) dazu, und nach einigen DemoTapes haben wir ´97 unsere DebütCD „reVision“ produziert und anschließend fett promotet. Wir haben massig PromoExemplare verschickt, etliche Kontakte geknüpft und etwa 30 Konzerte gespielt. Und dann waren auf einmal beide Gitarristen weg, was uns fast ein ganzes Jahr gekostet hat. Zum Glück haben wir dann aber das LineUp wieder komplett bekommen und nach etlichen Versuchen  insgesamt haben bestimmt 25 Gitarristen vorgespielt  mit Mario und Daniel tolle Gitarristen gefunden, die menschlich und musikalisch sehr gut zu uns passen und uns zu einem Team gemacht haben, das stärker ist als das Lineup zur DebütCD. Wir haben innerhalb der Band wirklich die unterschiedlichsten Einflüsse und versuchen daher, neben unseren diversen MetalElementen noch IndieParts in die Musik einzufügen. Dominik (drums) ist totaler MaidenFanatiker, Mario (guitar) ist sehr von Pantera, Metallica, Symphony X und gar von Kiss beeinflußt, Daniel (guitar) schwört auf ProgSounds und vor allem auf Dream Theater, ist aber auch von FlamencoGitarristen oder Jazz angetan. Frank steht vor allem auf Soundtracks oder IndieActs a la Fields oder The Mission, worauf ich auch sehr abfahre. Bei mir kommen dann auch noch Maiden und vor allem Fates Warning und Psychotic Waltz hinzu.

Vielleicht erklärt sich so der re-Visionäre Sound? Vor den Aufnahmen mußtet ihr erstmal die komplette Sechssaiterfraktion neu einlernen. Wie groß ist denn der Anteil der „Neuen“ an eurer neuen CD „Whore Venus“ gewesen?
C.: Da sie ja schon einige Monate vor dem Studiotermin bei uns waren, hatten sie schon einen großen Einfluß auf das Material. Sie haben manches etwas umgeschrieben und ihrem Stil angepaßt. Außerdem haben sie mit „Beyond The Veil“, „Vampyr“ und „Whispering“ auch drei komplette Songs zum Album beigesteuert.
Die neuen Songs der CD bewegen sich allesamt zwischen 4 und 6 Minuten, während ihr früher ja auch gerne mal längere Lieder wie z. B. „Dust“ geschrieben habt. War das ein bewußter Schritt, nicht mehr so ausladende und dafür einfacher nachvollziehbare Songs zu fabrizieren?
C.: Ja, auf jeden Fall. Wir wollten schneller auf den Punkt kommen und eingängiger werden. Wir haben auch gemerkt, daß die langen Songs live nicht richtig funktionierten und letztendlich hatten wir selber keinen rechten Bock mehr darauf.

Wird es auf künftigen re-VisionWerken also keine längeren Lieder geben?
C.: Ich würde es nicht vollkommen ausschließen, aber im Moment würde ich eher sagen, daß man nicht unbedingt damit rechnen kann. Wenn jedoch einer von uns mal wieder mit einem guten, Sinn machenden LongplayTrack ankommen würde, wären wir bestimmt nicht wegen der Spielzeit dagegen.

Mit eurer Mischung aus Progmetal, düsterer Atmosphäre und Maidenlastigem Powermetal sitzt ihr ja ziemlich zwischen allen Stühlen.  Ist diese Vielfalt euch auch schon zum Nachteil geworden, ich denke da vor allem an das Schubladendenken vieler Leute?
C.: Dieser Mix entsteht einfach durch unsere diversen Einflüsse und LieblingsActs. Es mag durchaus sein, daß wir es uns damit selber nicht gerade einfach machen, da viele Leute tatsächlich recht verbohrt sind und Prog/ PowerFans sich vielleicht an den darkigen Einflüssen stören könnten oder aber die Indie/GothicFans an den massiven MetalElementen. Aber dies ist genau der Sound, den wir machen wollen. Wir wollen uns verwirklichen und zufriedenstellen und nicht irgendwelche Scheuklappenträger. Aber zum Glück scheint es ja auch viele Leute zu geben, die auf unseren eigenständigen Sound stehen. Frank: Erstaunlicherweise scheint die IndieFraktion wesentlich unaufgeschlossener zu sein als die Metaller, was für mich persönlich ein ziemlicher Schock war…

Ein weiterer Nachweis eurer Experimentierfreude ist das Erklingen einer Sitar im Titeltrack „Whore Venus“. War das von Beginn an so eingeplant oder hat sich das eher spontan ergeben?
C.: Das war von Anfang an geplant. Frank hatte den Song komponiert und wohl wegen der zu Grunde liegenden konzeptionellen Idee und der Melodie die Idee, diesen Part von einer Sitar übernehmen zu lassen. Schon auf der DemoVersion haben wir ja versucht, eine Sitar mit Hilfe eines KeyboardSounds zu simulieren, was natürlich nicht gerade gut oder original klang. Glücklicherweise konnten wir für das Album dann noch einen SitarSpieler auftreiben.

Auf der Promo, mit der ihr letztlich ja meines Wissens auch euren Vertrag ergattern konntet, war mit „Inside Your Self“ auch ein Track zu hören, der es nicht auf „Whore Venus“ geschafft hat. Wieso eigentlich nicht?
C.: Wir hatten viel mehr Songs als wir aufnehmen konnten, denn auch die im CDRomTrack angespielten „Feuerwind“, „Mirella“ und „The Sleeping“, die wir auch nach unserer ersten CD geschrieben hatten, kamen für „Whore Venus“ in Frage. Wir haben demokratisch abgestimmt und leider sind diese echt guten Nummern ebenso wie „Inside“ dabei auf der Strecke geblieben.

Woran scheiterte letztlich der Gastauftritt von Psychotic WaltzSänger Buddy Lackey, der für „Drowning“ geplant war?
C.: Oh Mann, war das schade. Ich stehe seit einiger Zeit mit Buddy in Kontakt und da er unsere Musik mag, war er durchaus daran interessiert eine Rolle als Gastsänger zu übernehmen. Alles war in greifbarer Nähe und als riesiger WaltzFan wäre für mich ein Traum in Erfüllung gegangen. Das wäre echt ein Hammer sondergleichen gewesen. Das Hauptproblem war hierbei aber dann leider zeitlicher Natur. “Drowning” war  unser aktuellstes Stück, das wir quasi unmittelbar vor dem Studiotermin geschrieben haben. Daher hatten wir leider keine Demoversion oder irgendeine Aufnahme des Songs. Wir schickten Buddy dann einen RoughMix aus dem Studio, aber das war zeitlich dann alles schon zu knapp. Der Endmix des Albums war terminlich schon genau geplant und konnte auch nicht mehr verschoben werden und somit ist aus der geplanten Zusammenarbeit dann doch nichts geworden. Aber wir planen für unser nächstes Album, für das wir schon fleißig Songs schreiben, eventuell einen Song mit Buddy aufzunehmen. Er ist nach wie vor interessiert und möchte zusammen mit Frank einen Songtext und gemeinsame Melodielinien ausarbeiten. Und da wir dieses Mal das Ganze von längerer Hand planen können, dürft ihr schon mal die Daumen drücken, hehe. Aber sicher ist hierbei noch gar nichts.

Ein guter und naheliegender Ersatz war Oli Philipps von Everon, der „Whore Venus“ ja produziert hat. Von wem ging da die Initiative aus?
C.: Wir baten Oli, eine DemoSpur aufzunehmen, damit Buddy sich anhand der beiden verschiedenen Stimmen orientieren kann und genau weiß, welche Stimme wir ihm zugedacht haben. Die Vocals von Oli waren echt geil und harmonierten perfekt mit Franks Gesang, wir waren echt beeindruckt. Als sich die Sache mit Buddy dann zerschlagen hatte, war es für uns klar, daß wir Olis Parts auf jeden Fall übernehmen möchten und er war auch damit einverstanden. Und jetzt hört man auf dem Album diese „PilotSpur“, denn diese war so gut, daß wir sie gar nicht neu aufnehmen mußten. „Drowning“ ist nicht zuletzt durch Olis zweite LeadStimme ein ziemlicher Hammer geworden.

Wie war die Atmosphäre bei den Aufnahmen im SpacelabStudio?
C.: Einfach nur super! Die Zusammenarbeit mit unseren Produzenten Oli und Moschus war unglaublich gut, wir haben  uns toll verstanden und konnten super zusammenarbeiten. Die beiden mögen unsere Musik sehr und konnten sich gut in unsere Arbeit hinein fühlen. Gleichzeitig schätzen wir ihre Produktionsweise und ihre musikalische Auffassungsweise. Die Aufnahmen waren für uns einfach eine tolle Erfahrung und eine sehr schöne und produktive Zeit…obwohl die SpacelabJungs natürlich auf unsere tollen Songs neidisch waren (uups, hihi). Unser nächstes Album werden wir definitiv wieder im SpacelabStudio aufnehmen!!!

08/15Frage: Würdet ihr im Nachhinein etwas anders machen bei „Whore Venus“?
C.: Es gibt immer wieder etwas, was man ändern oder verbessern könnte. Einige Stellen könnten noch fetter klingen oder manche Songs würden wir sicherlich heute schon wieder anders arrangieren. Ich bin auch mit zwei Songs des Albums nicht mehr besonders glücklich, aber da wir mehr Songs als Spielzeit hatten, haben wir im Vorfeld demokratisch entschieden, was auf’s Album kommt. Aber insgesamt sind wir alle sehr zufrieden mit „Whore Venus“.

Erzählt doch mal ein bißchen über eure Texte…welcher gefällt euch z. B. am besten? Und wieso tituliert ihr die arme Venus denn als Hure?
C.: Der Großteil der Texte des Albums wurde von Frank verfaßt. Der einzige Text auf dem Album, den Frank nicht verfaßt hat, ist “Drowning”. Dieser Text stammt von mir und daher liegt er mir natürlich besonders am Herzen. Hierin geht es um das Gefühl der inneren Leere, Verlustängste und um zwischenmenschliche Entfremdung.  Frank schreibt sehr vielschichtige Texte, die nicht unbedingt einfach zu erklären sind. Hier gilt einfach: Unbedingt selber lesen!!! F: Meine persönlichen Lieblingstexte auf dem Album sind „Wake“ und „Black Earth“. „Clouds“ ist auch ein sehr inspirierter Text, einer von der Sorte, die selbst ich erst Wochen oder Monate, nachdem ich sie geschrieben habe, langsam zu verstehen beginne, hehe. Es gibt allerdings auch Texte, die eher nicht so ernst gemeint sind, wie z.B. „Vampyr“.  Der Titel „Whore Venus“ geht eigentlich auf alte mesopotamische Mythologie zurück. Inanna, die Göttin der Liebe, wird eindeutig mit der Venus identifiziert. Aus der astronomischen Interpretation des GilgameshEpos geht hervor, daß Inanna identisch mit der Hure amchat ist. Daher “Whore Venus”.

Abgerundet wird die CD von einem CD-Rom-Track, bei dem man sich durch Wüsten, Tempel und Höhlen klicken muß, um so manches Schmankerl zu entdecken. Am interessantesten fand ich die dort eingebaute Idee, die Fans abstimmen zu lassen, welchen alten Demosong ihr für die nächste Platte neu aufnehmen sollt. Wie war denn bisher so die Resonanz darauf?
C.: Noch nicht besonders groß, aber mit einem Ansturm haben wir auch nicht gerechnet, hehe. Mal sehen, vielleicht kommt ja noch einiges. Wir sind auch sehr zufrieden mit dem Datenteil. Ich denke auch, die Leute wissen es schon zu schätzen, daß sie zur Musik eben noch mal etwas zusätzliches erhalten. Wer sich alles durchliest, anhört und ansieht, kann wirklich mehrere Stunden im CDROMTrack verbringen. Daß irgendwelche Bands „RomTrack“ auf ihre CD schreiben und dann einen Bildschirmschoner anbieten, ist doch echte Verarschung. Wir wollen den Fans etwas bieten und unser Track ist „value for money“, ein zusätzlicher Gegenwert für den Kaufpreis.

Nun ist „Whore Venus“ eure erste Veröffentlichung über ein Label. Wie zufrieden seid ihr mit der Arbeit, die eure Plattenfirma B.Mind für euch macht? Worin würdet ihr die größten Unterschiede zu „labellosen“ Zeiten sehen?
C.: Unsere bisherigen Erfahrungen bei B.Mind sind bis jetzt ideal, da alles, was versprochen wurde, passiert ist  und nichts versprochen wird, das nicht gehalten werden kann. Auf der geschäftlichen  Ebene ist der Kontakt sehr gut, privat aber auch, da wir mit den Jungs vom Label auf einer freundschaftlichen Basis kommunizieren. Das, was für uns getan wird, ist wirklich das Mögliche, was getan werden kann. Anzeigen werden geschaltet, wir kommen auf CDSampler (z.B. Metal Hammer CDBeilage), die Vertriebswege werden immer weiter ausgebaut, PromoAktionen gestartet usw. Kurzum: Wir sind total zufrieden und glücklich bei B.Mind!!! Es gibt also etliche Unterschiede zu vertragslosen Zeiten, denn irgendwo sind Dir ja als Band bestimmte Grenzen gesetzt, an manche Sachen kommst Du einfach nicht heran. Die neue CD ist jetzt in fast ganz Europa veröffentlicht, sie steht in den Läden und es läuft eine Menge drumherum.

Berichtet uns doch mal, wie eure allererste Probe ablief…
C.: An die erste reVisionProbe kann ich mich echt gar nicht mehr erinnern, höchstens an meine allererste Probe überhaupt, denn da hatte ich zum ersten Mal einen Bass in der Hand. Und war gleich Sänger und Bassist in einer MetalBand namens „Enforcer“, wow! Das waren noch Zeiten, hehe!

Im Heavy, oder was!? waren ja bereits haarsträubende Geschichten über euren signierte Unterwäsche verkaufenden und zum Exhibitionismus neigenden Drummer zu lesen. Gibt’s ansonsten irgendwelche Anekdoten von Studioaufenthalten, Konzerten oder Proben zu erzählen?
C.: Da gibt’s echt unglaublich viele, aber entweder sprengen die den Rahmen oder sind situationsabhängig witzig. Irgend etwas Obskures passiert wirklich häufig, wenn wir unterwegs sind. Zudem haben wir ja  wie ja wohl schon an die Öffentlichkeit gedrungen ist  einen reichlich abgedrehten Trommler, der überall und ständig seinen Arsch präsentieren muß und auch sonst allerlei Abgedrehtes bringt. Er hat sich jetzt z.B. auch das Logo unserer Plattenfirma tätowieren lassen, was unser LabelBoss Bert (BERT RULES!!!) ja gar nicht glauben konnte.

Hand auf’s Herz: Würdest Du mit Deinen Bandkollegen drei Monate in den Big-Brother-Container gehen?
C.: Ich würde da auf keinen Fall rein, und schon gar nicht mit den anderen Vögeln, hehe. Aber mit Equipment, ordentlich Rotwein, Anlage usw. könnte ich dort sogar meine Bandkollegen ertragen. Wir könnten ohne Ende proben und Wein saufen und am Ende der drei Monate haben wir ’ne Millionen Scheiben an die bescheuerten Big BrotherFans verkauft. Aber nur weil ich so eine erotische Ausstrahlung habe, haha. Also gehen wir doch rein, aber nur wegen der guten Promo …

Was ist euer größter Traum in Bezug auf Re-Vision?
F.: Einen Erfolg zu haben wie Him oder der alte Ludwig Van! C.: Träume gibt es da einige, aber die sind noch lange nicht in Reichweite, z.B. von der Musik leben zu können. Oder Maiden zu supporten, hehe, das wär’s noch! Wir würden sehr gerne auf eine längere Tour gehen, was ja nicht unbedingt utopisch ist, da B.Mind ihren bisherigen Acts immer gute SupportTourneen gebucht haben, aber zur Zeit ist es wohl unglaublich schwer, eine Tour zu ergattern, die einen voran bringen könnte und vom Billing her gesehen Sinn macht. Wir haben mit Liveguard (www.liveguard.de) jetzt aber auch eine BookingAgentur, die uns ab Herbst die Wochenenden mit Einzelgigs vollbuchen wird. Wir sind heiß darauf, wieder ständig unterwegs zu sein und geben live immer 100%, egal wie groß oder klein der Club ist oder wie viele Leute auftauchen. Ansonsten wäre eine MaidenTour aber wohl doch nicht verkehrt, hehe.

Was werdet ihr in der absehbaren Zukunft unternehmen, um diese Träume zu erreichen?
F.: Proben. Auftreten. Scheiben rausbringen, die euch umhauen! C.: Wir haben schon wieder etliche neue Songs wie „Larvae“, „Longevity“, „Embraced“ oder „The Return“, und diese Nummern toppen das „Whore Venus“Material auf jeden Fall. Mitte nächsten Jahres gehen wir dann wieder ins Spacelab, um unser drittes Album einzuspielen, welches dann wohl so im August/September 2001 erscheinen wird. Und das wird ein Knaller, versprochen!!!

Last words?
C.: Checkt unsere Homepage www.reVision.org an und hört Euch dort Ausschnitte des Albums an.
Oder besorgt euch die CD am besten sofort beim EternityMailorder, hehe.  Danke für das Interview und für euren Support.
Labelkontakt: B. Mind Records, Naugarder Str. 43, 10409 Berlin
www.bmind.com, mail: bmind@bmind.com

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