Malignant Tumour Interview

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Die tschechische Crust-Punk-Walze Malignant Tumour schreddert sich seit nunmehr 27 Jahren ihren Weg durch die Gehörgänge eines internationalen Publikums. Wir unterhielten uns mit Sänger und Gitarrist Bilos über Zukunftspläne, die Musik der Band im Wandel der Zeit sowie über Erinnerungen an durchzechte Nächte und dumme Menschen.

In ihrem über 20- jährigen Bestehen haben Malignant Tumour nie den Ruf genossen, still oder gar faul zu sein. Weil das Jahr noch relativ jung ist, daher die Frage: Was sind die Pläne der Band für 2018? Irgendwelche großen Tour- und/oder Release-Pläne, die du mit uns teilen willst?

Nun ja, große Pläne für 2018 gibt es nicht. Aber wir werden die Maschine auch weiterhin röhren lassen. Im Moment sind wir dabei, neue Songs für die geplante 7-Inch-Split mit der slowakischen Band ČAD aufzunehmen. Und natürlich planen wir auch Live-Shows. In diesem Jahr werden wir uns dabei ein bisschen mehr auf unser Heimatland und auf die Slowakei konzentrieren, da wir in den Jahren zuvor eher andernorts gespielt haben – und die tschechischen Verrückten sollen uns auch mal wieder unter Dauerfeuer erleben. Aber wie immer wird es auch in Europa hier und da und ein paar Shows geben.

Da du gerade das Thema Splits angesprochen hast: ihr habt ja in den letzten Jahrzehnten eine Tonne davon rausgebracht – mehr als bei irgendeiner anderen Band, die mir persönlich bekannt ist. Die meisten davon kamen während der Grindcore-Ära von Malignant Tumour raus. Wenn man sich den Sound von ČAD anhört, merkt man, dass es dieses Mal anders sein wird. Ist es mit der Musik, die MT heutzutage macht, schwieriger, die richtigen Bands für Splits zu finden – oder seid ihr einfach dafür nicht mehr so motiviert wie früher?

Hahaha…wir sind sicher nicht die Band mit den meisten Split-Veröffentlichungen. Sieh‘ dir zum Beispiel die belgische Band Agathocles an. Die müssen mittlerweile mehrere hundert Split-Releases in ihrer Discographie haben. Scheiß‘ die Wand an – unglaublich, oder? Vor einiger Zeit war es einfach, 7-inch Splits oder Tapes zu veröffentlichen, da es viele DIY-Labels gab, die daran interessiert waren. Außerdem waren die „Brieffreundschaften“ zwischen Bands wesentlich tiefer und persönlicher und das Ganze kostete weniger als heutzutage.

Mittlerweile kennen wir nicht mehr viele Bands, mit denen wir gerne Splits machen würden, weil wir persönlich uns dafür einfach einen persönlichen Umgang miteinander und ein gewisses Maß an Freundschaft wünschen. Dadurch stellen wir sicher, dass beide Bands gleichberechtigte Partner auf der Platte sind, deshalb machen wir das mit ČAD. Mit denen werden wir dann demnächst auch live unterwegs sein.  

Du hast die Frage wahrscheinlich schon oft gehört, aber ich frage dennoch, da euch eure kommende Tour auch musikalisch wieder zu euren Wurzeln zurückführen wird. Wie genau ging die Metamorphose von Grindcore zu dem Crust’n‘Roll von statten, den ihr jetzt schon seit geraumer Zeit spielt? In der Dokumentation „The Way of Metallist“ sagst du, dass es sowohl damit zu tun hatte, dass neue Leute in die Band gekommen sind, als auch damit, dass ihr eure Instrumente zunehmend besser beherrscht habt. Dennoch mutet der Wandel etwas drastisch an.

Nein, drastisch kann man es nicht nennen. Wenn du die Band und unsere Veröffentlichungen genau kennst, siehst du wahrscheinlich auch den langsamen Pfad der Veränderung. Wir haben nie darüber gesprochen; nach einer gewissen Weile hat es einfach „Klick“ gemacht. Um ehrlich zu sein: viel von dem, was unseren Stilwechsel beeinflusst hat, kam aus dem Punk. Das hat wahrscheinlich angefangen, als ich in Holland und Belgien gelebt und mit den Smit-Brüdern Musik gemacht habe. Die haben mir eine andere Perspektive des Lebens und auch der Musik gezeigt – und das hat sowohl die Band als auch mich verändert. Nachdem wir viel live gespielt und geprobt haben, muss ich auch eingestehen, dass wir in spielerischer Hinsicht besser wurden. Das hat sich natürlich auch auf die Komplexität unserer Songstrukturen ausgewirkt. Aber letztendlich mögen wir es immer noch schnell, dreckig und heavy. Das wird sich auch niemals ändern.

Es ist nun schon einige Zeit her, seit das Album „Earthshaker“ und das Video für den Titelsong, in welchem du in Riesengestalt einen großen Haufen in das Stadium von Sparta Prag scheißt, veröffentlicht wurden. Soweit ich weiß, habt ihr damals Probleme mit so genannten Fußball-Enthusiasten bekommen. Gibt es deswegen immer noch Stress, wenn ihr mal in Prag spielt?

Hahaha! Es gab eigentlich nur ein paar dämliche E-Mails von Leuten, die sich selbst Hooligans nannten, aber die haben sich nie irgendwo blicken lassen, so dass es keine tatsächlichen Auseinandersetzungen gab. Das Video zu „Earthshaker“ war ein großer Spaß, aber du weißt ja: dumme Menschen ohne Sinn für Humor gibt es überall.

malignant tumourZum Thema Videos: Eure Veröffentlichungen in dieser Sparte sind dafür bekannt, unglaublich lustig und unterhaltsam zu sein. Schreibt ihr die Drehbücher selbst oder bekommt ihr Unterstützung von Leuten, die sich von eurer Musik inspirieren lassen?

Es ist eigentlich recht einfach: jemand hat die Grundidee zu einem Video – und dann setzten wir uns zusammen und jeder bringt seine eigenen Ideen ein, bis daraus ein komplettes Szenario wird. Manchmal funktioniert das und manchmal eben nicht. Anschließend reden wir mit dem Regisseur darüber, ob alles so umsetzbar ist, wie wir uns das vorgestellt haben. Danach setzen wir es einfach um…und natürlich unterscheidet sich das Resultat meistens ein bisschen von unserer ursprünglichen Idee. Aber meistens kommt sogar was Besseres dabei raus, als wir zuerst dachten. Und ja, manchmal sind auch Freunde von uns involviert. Es ist eigentlich egal, wer mit der Ausgangsidee ankommt – und das kann durchaus auch mal jemand außerhalb der Band sein.

Kannst du uns was über eure schönste/lustigste Erinnerung an ein Konzert erzählen, das ihr hier gespielt habt? Was ist passiert – und wo hat es stattgefunden?

Schwierige Frage. Ich denke, die lustigste Geschichte hat sich beim Way of Darkness Festival anno 2011 zugetragen. Aber ich sollte sie lieber nicht jedes Detail erzählen. Jedes Bandmitglied hat seine eigene Geschichte an diesem Abend geschrieben – und alle sind mit Absturz und Zerstörung in unserem Hotel geendet. Und natürlich gibt es nicht nur diese, aber die meisten Geschichten sind zu seltsam, um sie öffentlich zu machen – und einige erwähnt man besser gar nicht erst. Aber es gibt viele Orte in Deutschland, an denen wir sehr gerne spielen, und natürlich sind die auch immer mit guten Erinnerungen verbunden. Wermskirchen, das Skullcrusher in Dresden, Stuttgart, Leipzig…und viele andere.

Ausgehend von den Intervallen, in denen eure vorangegangenen Alben erschienen sind: können wir für 2019 etwas Neues erwarten – oder ist es zu früh, um zu spekulieren?

Nun ja, jetzt konzentrieren wir uns erstmal auf die eingangs erwähnte Split 7″EP mit ČAD. Danach spielen wir unsere geplanten Shows. Zeit für ein neues Album wird später sein – wann genau, kann ich jetzt noch nicht sagen. 2019 hört sich gut an, aber es ist noch zu früh, um das in Stein zu meißeln. Checkt hin und wieder unsere Webseiten, und ihr werdet es erfahren!

www.malignanttumour.com

Fotos: Malignant Tumour

(Artikel aus Eternity #23)