Das Oration-Festival in Reykjavík findet 2018 zum dritten und letzten Mal statt. Grund genug um mit Veranstalter Stephen Lockhart, welcher zudem das gleichnamige Label und das Studio Emissary betreibt, genauer hinter die Kulissen zu schauen. Dabei wollten wir erfahren, warum es das letzte Mal sein wird, wie die Bandauswahl erfolgt und einige persönliche Infos über Stephen.
Wie geht es denn mit den Festival-Vorbereitungen voran? Klappt soweit alles und verläuft alles nach Plan, oder gibt es einige Schwierigkeiten? Wie viele Tickets sind schon weg und wird es wieder ein „Sold Out“ geben?
Soweit läuft alles nach Plan und auch so, wie es angedacht war. Natürlich gibt es die eigenartigen kleinen Problemchen, die hier und da auftreten, das gehört nun mal zum Organisieren eines Events dazu, aber es ist nur ein kleiner Teil davon. Wir passen uns dann, wenn überhaupt notwendig, einfach an.
Dieses Jahr handelt es sich um die dritte Auflage des Festivals. Wenn du jetzt mal zurück denkst, was war für dich der Hauptgrund, dieses Festival auf die Beine zu stellen? Auf der einen Seite können sich viele Personen sicher denken, dass es einfach zur Präsentation des Labels dienen sollte, aber da gibt es doch bestimmt noch andere Gründe?
Es ist eigentlich genau das Gegenteil davon gewesen. Das Label war über fast zehn Jahre inaktiv, sodass wir es erst mit dem Festival wieder auferstehen lassen haben und von da an wieder betrieben haben. Sicher bestand aber auch das ursprüngliche Ziel darin, als Bühne für Bands zu dienen, mit denen das Studio Emissary zusammengearbeitet hat.
Eine ziemlich gute Idee. Dennoch scheint es so, dass mit der dritten Ausgabe auch schon das Ende des Festivals eingeläutet wird. Stimmt das? Und wenn ja, warum?
Das ist richtig, ja. Es gibt leider einfach nicht genug Stunden an einem Tag. Ich bin in allererster Linie Musiker und Produzent und das Festival lässt nur wenig Zeit für beides übrig.
Das ist verständlich. Gibt es dann für die letzte Runde ein kleines Special? Ich denke mal, dass es wieder einen Sampler von allen auftretenden Bands geben wird, aber vielleicht planst du ja noch mehr?
Es gibt eine Menge Variablen, die man bei Live-Aufnahmen berücksichtigen muss. Variablen, die eben ganz schnell die Aufnahmen auch unbrauchbar machen, also kann ich nichts zu hundert Prozent versprechen. Ebenso würde ich nicht mal sagen, dass irgendeine der Oration-Festival-Releases der vergangenen Jahre ein Sampler ist, sondern allesamt sind starke Live-Alben. Der Arbeitsaufwand, der da hineinfließt, ist einfach enorm. Abgesehen davon, dass alle Live-Alben schon fast 90 Minuten lang sind, verwende ich noch viel Arbeit dafür, um die teils drastischen klanglichen Unterschiede zwischen den Bands zu kompensieren, und zwar so, dass die Aufnahmen nicht weniger als ideal sind. Zu dem kreiere ich auch noch Ambient-Stücke für Outros, Intros und Interludes, damit auf den Alben eben alle Stücke zusammenhängend fungieren.
Da hast du vermutlich Recht, dass „Sampler“ definitiv nicht das richtige Wort für den Arbeitsaufwand ist. Bleiben wir gespannt, was noch kommen wird. Dann lass uns doch mal über das diesjährige Line-Up reden. Wie hast du das Booking erledigt bzw. warum hast du gerade die Bands ausgewählt? Müssen Bands dafür einige Voraussetzungen erfüllen?
Das Line-Up ist bisher immer eine sorgfältig ausgewählte Kombination aus isländischen aber auch ausländischen Bands gewesen, damit eben jeder der Anwesenden, egal woher er kommt, etwas für seinen Geschmack hat. Obwohl viele der internationalen Bands auf dem Festland regelmäßig zu sehen sind, so sind sie selten hier und noch seltener ist es, dass Untergrundbands hier durchstarten. Aus Sicht eines ausländischen Besuchers ist es wahrscheinlich noch seltener, dass man Zeuge des Besten des isländischen Black Metals sein kann und dass dann noch in dieser Umgebung. Mit anderen Worten, wir versuchen das Beste aus beiden Welten zu haben. Es gibt keine harten Anforderungen, mal abgesehen von dem Offensichtlichen: Ich persönlich muss die Band mögen und musikalisch genießen können und sie müssen auch der allgemeinen Ästhetik des Festivals entsprechen. Es ist egal, wie beliebt eine Band ist oder wie viele Tickets wir durch sie verkaufen, wenn wir sie buchen würden. Sie müssen einfach in das Package passen, tun sie das nicht, dann habe ich kein Interesse an ihnen.
Und auf welche Bands freust du dich besonders, sie dieses Jahr live auf dem Festival sehen zu können? Oder bleibt dafür während des Festivals leider zu wenig Zeit für dich?
Das kann ich nicht beantworten, zumal ich bestimmt dann wieder einige vergesse zu erwähnen. Aber aus meiner Erfahrung von den vorhergegangenen Festivals kann ich sagen, dass ich nur so viel Zeit hatte, um vielleicht mal 1 oder 2 Songs von jeder Band zu sehen. Und da ich ja auch noch selber auftrete, habe ich manche Bands auch komplett verpasst, wenn ich direkt vor oder nach ihnen gespielt habe. Das wird auch diesmal nicht anders sein.
Gut, dann lass uns doch auch mal noch um die Umgebung der Location reden. Was würdest du Fans von außerhalb empfehlen sich anzuschauen, wenn man Reykjavik besucht. Welche Clubs, Bars oder Sehenswürdigkeiten würdest du empfehlen?
Es gibt wirklich viel zu besichtigen, wenn es um Galerien und Museen geht. Da eins zu nennen ist schwer, denn alles ist wirklich in unmittelbarer Nähe. Bei Restaurants und Bars kommt es ein bisschen darauf an, was jeder einzelne sucht. Die Pub-Kultur ist hier ziemlich anders, als das, was ich aus Irland gewohnt bin, wo jede kleine Stadt und jedes Dorf mindestens drei bis vier Pubs hat und jeder davon als dein „Stammplatz“ bezeichnet werden konnte. Hier ist das Nachtleben viel weitläufiger, auch ein bisschen davon abhängig in welcher Gesellschaft du unterwegs bist oder welche Events du bevorzugst, als dass man jetzt sagen könnte, es gibt eine bevorzugte Bar, wo man auf jeden Fall gewesen sein sollte, denn es gibt immer wieder etwas anderes und neues.
Interessanter Punkt: Du bist von Irland nach Island gezogen. Was hatte dich zu diesem großen Schritt bewegt? Die Musik?
Verschiedene Gründe – Arbeit, Musik, das gewöhnliche halt. Was mich aber hier gehalten hat, ist das Land selbst – das Tempo des Lebens und in der Tat den tollen Lebensstil, den es dir hier erlaubt.
Und du hast in all der Zeit nie Heimweh gehabt? Oder ist der Unterschied zwischen Irland und Island nicht so groß?
Hättest du mich vor fünf Jahren gefragt, hätte ich gesagt „nicht ein bisschen“, aber in letzter Zeit habe ich doch ein bisschen mehr erkannt, was Irland durchaus zu bieten hatte. Ich besuche das Land immer noch ein paar Mal im Jahr. Ehrlich gesagt, was ich am meisten vermisse ist das Essen und die Familie – wenn ich beides hier hätte, würde ich es wahrscheinlich nie mehr besuchen.
Okay, dann hätten wir alles und sind fertig mit dem Interview, hast du noch finale Worte?
Danke für die Gelegenheit, wir sehen uns im März!
Kommentar hinterlassen