Hard Stuff: Underground und Kommerz

Underground…Kommerz….Zahlreich sind die Worte, die darüber geschrieben und gesprochen werden. Jeder führt sie im Mund, kaum einer kann sie definieren. Zumeist ist man selbst der Underground und die Kommerziellen sind die anderen, jeder hat seine eigene Definition, und besonders der unbedarfte Musikfreund von ‚außerhalb‘ der Szene – derjenige also, der bisher keine UG-Kontakte hat, ist der Meinung- UG= Tummelplatz für diejenigen, die zu bemerkenswerten Leistungen nicht gut genug sind. Und oftmals wird dieser Eindruck durch große Magazine erweckt, die per Interview oder CD-Beilage Undergroundbands ein Forum geben, welche die Meinung über den Underground nur bestätigen.

Außerdem herrscht irgendwo die Meinung, Undergroundbands müssen irgendwo immer wie eine bekannte Band klingen. Ein eigenständiger Stil steht einem nur als erfolgreiche Gruppe zu, und wenn sich junge Leute zusammenfinden, um einfach die Musik zu spielen, die sie mögen, tun sie das immer nur im Bestreben, zu klingen wie ihre Vorbilder. Und das ist ganz einfach Unsinn. Und zwar im Quadrat.

Und dann das Thema Kommerz. Wo fängt er an? In der Tat verschwimmen die Grenzen immer mehr, vor allem durch den höheren Qualitätsstandard, der im UG eingezogen ist (in diesem Sinne auch oft durch den sinkenden Qualitätsstandard von Mainstreamveröffentlichungen)  Zum anderen bestehen derart viele Labels, daß es heutzutage nicht mehr die Bedeutung hat wie vielleicht vor 10 Jahren, einen Plattendeal zu ergattern. Zwei, drei, vier CD’s herauszuhaben, selbst wenn sie sich relativ gut an den Mann bringen ließen, sind keinesfalls ein Zeichen, daß es die Band geschafft hat, in den Kommerzolymp hinaufzusteigen.

Kaum ein Musiker der härteren Branche kann von sich behaupten, von seiner Musik leben zu können. Die landläufige Meinung, die Band XY hat jetzt einen Deal bei ABC-Records, also sind sie jetzt kommerziell, ist zwar weit verbreitet, aber zumeist falsch. Selbst wenn das Label schon extra Personal zum Geldzählen engestellt hat, muß das noch lange nicht heißen, daß das auch für die Band gilt. Gut, die Firma zahlt die Produktion der Scheiben, eventuell die Studiokosten, und macht mehr ( für die „Zugpferde“) oder weniger (für den „Rest“) Promotion, oder organisiert, wenn man Glück hat, Tourneen. Eventuell bleibt bei der Band dann auch noch was hängen, so daß man sich mal ein neues Gerät zum Equipment zukaufen kann.

Aber sonst? Lest mal die Inties in Undergroundheften, die meisten Musiker müssen nämlich nebenher noch arbeiten! Dieser Aspekt kommt in wirklich kommerziellen Heften wie Rock Hard oder dem Hammer selten heraus. Große, erfolgreiche Musiker haben es natürlich nicht mehr nötig, ihre Energie in andere Dinge als ihre Musik zu investieren. Und der Leser dieser Gazetten denkt natürlich nun, wer einmal einen Plattendeal hat, kann nun unbeschwert in die Zukunft sehen, das Leben genießen, täglich bis einse pennen, abends dann mal ein zwei Stündchen üben, nebenbei noch mal einen Song schreiben, abends dann Party bis zum Abwinken, Groupies in Massen etc….Nur wer halt mal eine Weile im Underground herumgeschnuppert hat, weiß, was wirklich abgeht.

Und Kommerz…..nun, das kann man höchstens Labels vorwerfen, die wöchentlich irgendwelchen Kram von ihren bekanntesten Bands veröffentlichen. Oder eben dem Käufer, der zwar herummosert :“ uääää, die sinn ja jetze oooch kommerziell, weilse bei XXX unterschrieben haben!“, sich den Kram aber dann dennoch kauft. Derselbe Käufer steht dann auch da und faselt was von “ Och neee, Undergroundbands sind meist eh scheiße, und Demos muß man am Ende immer zurückspulen, und die meisten klingen eh bloß wie ein Abklatsch von den Bekannten.“ Genauso bei Zines. Da wird herumgesülzt, „Das Heft hat ja jetzt ’ne Zeehhdehh und feines Papier und professionellen Druck, und Werbung is auch drin, das ist mir jetzt zu kommerziell geworden“. Daß der Käufer durch sein Markverhalten aber zeigt, daß bloß kopierte Hefte ohne CD an ihm vorbeigehen wie die Fußball-WM an mir, und daß zur Finanzierung dieser netten Attribute etwas mehr vonnöten ist als die 3,50 die dem Käufer dann meist auch noch am Arsch festkleben, dürfte dem Eigner eines halbwegs funktionierenden Gehirnes sicher nicht schwerfallen zu kapieren. Und daß auch Undergroundler etwas von Qualität abliefern wollen, eben um dem Kommerzkäufer zu zeigen: „He Ihr, schaut her! Underground und Qualität können durchaus zusammenpassen!“, sollte man verstehen. Und daß man derartige Qualität nur durch Werbung bezahlen kann, ist ja wohl logisch, oder nicht?

Ach, und zum Thema Käufer: Wenn man mal den Versuch gemacht hat, Fanzines an den Mann zu bringen, wird man schnell feststellen, daß der ach so auf Trennung von Kommerz und UG fixierte Fan eben doch so ist, wie ich oben geschrieben habe. Beispiel: Hocke vor einem Konzert vor ’nem Jugendklub, mit SinIsTheres, Eternities und GUCs bewaffnet, und versuche ein paar von den Dingern loszuwerden. Kommt einer an: „Was iss’n das?“. Ich sage „Underground-Fanzines“. „Was kosten denn die?“, ich sag“ SinIsThere pro Heft ein Vierer, und weil heute der erste Samstag diese Woche ist, nur drei Mark, diese drei Hefte da sind mit CD und kosten 3,50 pro Heft.

Erste Reaktion: SinIsThere, bloß kopiert, flog, ohne  näheren Blickes gewürdigt zu werden, wieder ins Eck, bei den beiden Eternity- Heften wurde nur gekuckt, was für Bands auf der CD  sind, und das GUC wurde, nachdem man feststellte, daß man die CD ja schon hat, ebenfalls weggelegt. 1:0 für den Kommerz. Wenn man schon mal die Gelegenheit hat, sich den Kram anzukucken, bevor man das Zeug kauft, und das nicht mal tut, weil man die Bands nicht kennt (und was der Bauer nicht kennt, frißt er nicht!), dann ist das sehr wohl ein Zeichen, daß der Durchschnitts-Metaller wohl den Kommerz will, den Trend will, die zigtausendste Kopie der Kopie einer bekannten Band. Und bei der Split-EP war’s noch witziger. „Das is‘ Ungod, nich‘ wahr“, „Ja“, sag‘ ich“ is ’ne Split EP“. Und der Typ hat nicht mal gekuckt, welche Band auf der anderen Seite ist!!!! 2:0 für den Kommerz. Spielunterbrechung wegen Hirntod.

Ich will hier nicht herummotzen, weil SinIsThere nicht so der Verkaufsschlager ist , aber ich drehe völlig frei, wenn ich sehe, was für eine Schweinearbeit in Heften wie Eternity und GUC steckt, was für Geld, Zeit und Energie in diese Hefte investiert werden, um den Lesern das Bestmögliche für ganze, schlappe dreieinhalb Kröten zu bieten, und die Leute nicht mal ein vergammeltes Auge riskieren. Denkt doch mal eine halbe Sekunde nach, Leute. Woher kommt denn alle Innovation? Etwa vom Big Business? Nee, Kumpels, vom Underground! Und wenn der  erst mal tot ist, kommt gar keine mehr, denn große Firmen wollen große Geschäfte, also wird das veröffentlicht, was große Geschäfte bringt. (Meistens wird das dann auch ein „großes Geschäft“, nämlich Scheiße). Also, Gehirn einschalten! In diesem Sinne….

Maik

(Der gedruckte Artikel wurde in Eternity #9 veröffentlicht)

Maik Godau 35 Artikel

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