Defeated Sanity Interview

Die Songs ihrer selbstproduzierten Demo CD ‘Promo 2000’ wurden von mir ja bereits in der letzten Ausgabe hochgelobt, da war es klar, dass folgendes Interview mit Defeated Sanity nicht fehlen darf. Wie ernst die Jungs es meinen merkt man jedoch nicht nur ihren genialen Songs an, auch mit der Beantwortung meiner Fragen nahmen sich Wolfgang Teske (guit) und Lille Gruber (drums) sehr viel Zeit und machten mich ausführlich mit dem kreativen Schaffen dieser noch recht jungen Death Metal Band vertraut. Seht selbst, was diese Süddeutsche Formation Interessantes zu berichten hat.

Hi Leute, wie geht’s? Alles klar bei Defeated Sanity?
Wolfgang: Hi Sandra. Ja, alles klar bei uns. Wir sind heute morgen um 5 Uhr von einem Gig mit CEREBROCIDE in der Villa K in Schmalkalden zurückgekehrt – etwas geschlaucht, aber okay.
Da Defeated Sanity noch nicht überall bekannt sein dürften, sollten wir vielleicht erst mal mit der Bandhistory beginnen. Erzählt mal wie alles angefangen und was sich bis heute so alles getan hat!
W: Gegründet wurde Defeated Sanity ’92 als Projekt von Lille und mir. Im Laufe der Zeit haben wir mit den verschiedensten Spielarten des Metals experimentiert, mindestens 50 Songs geschrieben, einige Gigs zusammen mit Lilles Bruder Jonas am Bass und Robert Colnik von INFERNAL BLASPHEMY am Gesang absolviert und Demos aufgenommen. Mit der heutigen Besetzung die da wäre Christian Münzner (guit), Tino Köhler (bass), Marcus „Kelly“ Keller (vox), Lille und mir, hat sich ein Stil herauskristallisiert den wir „brutal-technical-Death Metal“ nennen können.

Bei der Promo 2000 hat euch auch Robert am Gesang ausgeholfen, warum ist er nicht gleich bei euch geblieben und was gibt’s von dem neuen Sänger Marcus zu berichten?
W: Wie du auf unseren Demos hören kannst, liegen die Ambitionen von Robert stark im Black Metal, er wollte sich lieber diesem Stil widmen und ging um sich voll auf Infernal Blasphemy zu konzentrieren. Zum Kelly stießen wir, als Lille für einen Gig bei seiner Band MORBOVIA, einer Death/Black/Thrash Truppe aus dem Schweinfurter Raum, ausgeholfen hat. Kelly stammt von den legendären UNGOD und ist ein echter Glücksgriff für uns. So lange es keine Überschneidungen mit Morbovia gibt, sehen wir keinen Grund dafür, uns einen anderen Sänger zu suchen.

Was sagt euer Bandname aus?
W: Defeated Sanity drückt unseren Hass ebenso auf die verblödete Big Brother/Ballermann-Fangesellschaft, sowie auch auf den religiösen, politischen, wissenschaftlich/medizinischen Wahnsinn in der Welt aus. Das ist die Niederlage der geistigen Gesundheit!

Ihr habt in der Vergangenheit bereits zwei Demos herausgebracht. Betrachtet man die einzelnen Schritte von den beiden Demos bis hin zu der heutigen MCD, kann man eine ganz klare Entwicklung nach vorne ausmachen. Erzählt mal was zu der Musik auf den verschiedenen Aufnahmen und dazu, wie sich euer Stil vom damaligen, doomigeren Death bis zum heutigen brutalen/technischen Death Metal entwickelt hat.
Lille: Die allerersten Aufnahmen haben wir ’93 gemacht, wobei man sagen kann, dass das wohl schon irgendwie Death Metal war, wir aber noch mehr fasziniert von experimentelleren und atmosphärischeren Bands waren, so dass das Ergebnis eher melodisch war. Das Demo ’96 war ähnlich, wobei natürlich die technischen Fähigkeiten stiegen und schon die ersten Anzeichen für eine brutalere Stilrichtung erkennbar waren. ’97 machten wir dann ein ultimatives Experimental Demo, auf welchem sich mit der ersten Version von „Withdrawn From Beauty“ und einem anderen Song zwar schon reine Death Metal Teile befanden, auf der anderen Seite aber auch sehr abgefahrene Non-Metal-Songs. ’98 kam dann ‘Withdrawn…’ heraus, das schon eindeutig unsere Vorlieben erkennen ließ. Von da an ging es dann wirklich vorwärts in die reine Death Metal Richtung. Jetzt, mit dem 2000er Demo, spielen wir den reinen Stoff, denke ich, und diesen Stil werden wir auch in Zukunft weiter verfeinern. Rückblickend kann ich aber sagen, dass ich auch zu den alten Sachen stehe.

Obwohl die ‘Promo 2000’ Demo CD meiner Meinung nach das ‘Withdrawn From Beauty’ Demo toppen kann, bin ich doch sehr von einigen Parts des Demos begeistert, teilweise geht ihr da ziemlich Morbid Angel beeinflusst zu Werke, vor allem was den doomigeren Teil angeht…. Kommentar?
W: Es kommt vor, dass du einen Song, einen Part oder auch nur ein Riff erfindest und die Leute sagen „das klingt nach Morbid Angel“ – aber du hast es wirklich gemacht, bevor du es von Morbid Angel gehört hast, was dir natürlich niemand glaubt, ha ha. Oft läuft es auch unbewußt ab. Du hörst etwas, es setzt sich in deinem Hirn fest und dann verarbeitest du es. Inspiration ist alles. Große Bands inspirieren sich untereinander, kleinere Bands werden von großen beeinflusst oder sogar umgekehrt. Wichtig ist der Zugang zum „Death Metal Spirit“, egal auf welchem Wege.

Bleiben wir bei der neuen ‘Promo 2000’. Trotz der Brutalität lassen die Gitarren ein gewisses Maß an Melodie und einigen Soli nicht vermissen. Besonders deutlich wird dies auch an dem schönen Übergang von „Forensic Entomology“ zu „Horrid Decomposition“, ihr scheint ein glückliches Händchen für ein interessantes Songwriting zu haben. Ich mag diesen Teil, auf dem „Withdrawn…“ Demo ist auch so ein cooler Part enthalten. Überhaupt ist das gesamte Arrangement und die Vielseitigkeit innerhalb der Songstruktur ziemlich cool, so werden die schnelleren, brutaleren Parts immer wieder durch doomige Momente abgelöst. Wer schreibt die Musik bei euch und wie entsteht ein neuer Song?
W: Lille ist der Haupt-Songwriter der Band, das Studium der klassischen Gitarre kommt ihm dabei sehr zugute. Er spielt das Intro zu „Horrid Decomposition“. Ich selber schaffe 3-4 Songs pro Jahr, während Christian bis jetzt nur einzelne Riffs oder Melodien macht, das wird aber in Zukunft noch mehr werden. Natürlich ist eine Band umso vielseitiger, je mehr Songwriter sie hat. Wie ein neuer Song entsteht? Zur Zeit läuft das so ab, dass wir mit den fertigen Stücken in den Proberaum kommen und dann kriegt’s jeder draufgeschafft. Die Bassläufe allerdings sind allein Tino’s Sache. Er arbeitet viele harmonische Erweiterungen aus und trägt so einen großen Teil zur Atmosphäre bei, wobei der Spielraum natürlich beschränkt ist, weil es in unseren Songs von Riffs nur so wimmelt.

Und worin liegen jetzt eure Einflüsse? Habt ihr euch früher von anderen Bands inspirieren lassen, als es heute der Fall ist? Seid ihr selbst alles reine Death Metal Freaks oder auch offen für andere Musikrichtungen?
W: Natürlich verändert sich alles mit der Zeit, aber eigentlich gelten hauptsächlich immer noch die alten Werte der traditionellen Death Metal Bands. Diese Bands waren früher gut und werden es immer sein. So wird z.B. Gorgut’s ‘Erosion Of Sanity’ noch viele Jahre unerreichbar bleiben. Ob wir alle reine Death Metal Freaks sind? Kelly ist eigentlich der einzige Full-Metal-Head in der Band. Ansonsten hören wir alle sehr verschiedene Musik. Unser gemeinsamer Nenner allerdings heißt Defeated Sanity, wobei progressive Einflüsse immer erlaubt sein müssen – sie dürfen nur nicht zerstörend auf die Death Metal Tradition wirken.

Eine Sache, meiner Meinung nach ganz typisch für euch, ist, dass ihr (vor allem auf diesem Album) sehr brutal, schnell und aggressiv zur Sache geht, dabei eurer Musik aber stets einen sehr düsteren Touch verleiht, wie ein dunkles Gewandt, in das alles gehüllt wird. Das ist wie ich finde eine Sache die euch sehr viel Individualität verleiht und euch von der Masse abhebt. Was denkt ihr darüber? Wo liegen eure Stärken?
L: Ich denke Dinge wie Geschwindigkeit und Technik sollten nur Hilfsmittel sein, um eine bestimmte Atmosphäre zu schaffen. Leider vergessen das die meisten der neuen Death (Grind) Bands, deren Drummer zwar doppelt so schnell spielen wie z.B. Gene Hoglan, bei denen aber einfach kein Wert mehr auf strukturierte Songs gelegt wird. Ich fürchte, dass der meines Erachtens wahre Death Metal, der eben echte Songs zur Basis haben sollte, am Aussterben ist. Und diesem „so-schnell-wie-möglich-Trend“ versuchen wir entgegen zu wirken.

Außerdem fällt auf, dass ihr früher sehr viel mit zweistimmigen, bzw. vielseitigerem Gesang gearbeitet habt, was bei den neueren Tracks weniger der Fall ist, da das Gekreische stark reduziert wurde und sich dem jetztigen, brutaleren und schnelleren Sound angepasst hat. Werdet ihr euren jetztigen Stil beibehalten?
L: Wir werden unseren jetztigen Stil als Grundlage für zukünftige Songs benutzen. Wir werden uns nicht zu schnell von dem entfernen was wir jetzt machen, sondern Schritt für Schritt versuchen, immer bessere Songstrukturen zu entwickeln. Wie wir den Gesang dazu arrangieren hängt davon ab, wie wir denken, dass es am besten passt. Dabei sollte meiner Meinung nach der Anteil der Growls deutlich höher sein als das Gekreische.

Nach dem Titel ‘Promo 2000’ zu urteilen, scheint diese 4-Track CD zunächst einmal einen ersten Vorgeschmack zu bieten!? Ihr seid gerade dabei neues Material aufzunehmen. Wie klingen denn die neuen Songs? Wollt ihr in absehbarer Zeit eine richtige Full Length CD einspielen?
L: Die ‘Promo 2000’ ist eine Demo CD, mit der wir erstmal ein bißchen Aufmerksamkeit erlangen wollen. Es ist kein wirkliches Release in eigentlichen Sinne. Die Songs sind alle längst nicht so darauf enthalten, wie wir sie mittlerweile spielen und wie sie am Ende auch klingen sollen. Das wird dann erst auf unserem ersten Album zu finden sein. Aber damit lassen wir uns Zeit, damit auch wirklich ein absoluter Hammer dabei rauskommt. Außerdem bräuchten wir dafür auch erst mal ein richtiges Label.Wir werden uns für’s erste daran machen, 2001 für ein neues 3-Track Demo ins Studio zu gehen. Wir haben schon im Proberaum 2 Songs aufgenommen, allerdings waren beim Einspielen die Riffs, Übergänge, Schlagzeugbreaks etc. noch nicht sonderlich stabil. Hier müssen noch Verbesserungen vorgenommen werden. Im allgemeinen würde ich sagen, dass die zwei Tracks etwas schneller und komplexer als das Material auf der letzten Promo CD sind.

Seit ihr denn insgesamt zufrieden mit der MCD? Wolfgang, du erwähntest dass viele Leute den „miesen“ Sound kritisiert haben, welcher meiner Meinung nach für eine Demo-CD aber absolut in Ordnung geht, ehrlich gesagt denke ich sogar, dass die leicht rauhe Produktion gut zu eurer Musik passt und der Sache noch ein spezielles Flair verleiht.
W: Ich habe eine klare Vorstellung davon, wie die Songs im Idealfall klingen sollen. Trotzdem muß ich sagen, dass ich zufrieden bin, da unter den Umständen wie wir aufgenommen haben einfach nicht mehr drin war. Man kann auf jeden Fall alles aus den Songs heraushören. Besser eine mittelmäßige Produktion mit gutem Material als umgekehrt. Bei Leuten, die nur den Sound kritisieren, kommt der Verdacht auf, dass sie einfach mit der Musik nichts anfangen können. Allerdings haben wir alle den Wunsch unser Zeug auch soundmäßig optimal rüberzubringen, das ist aber letztendlich eine Geld- bzw. Labelsache.

Was könnt ihr zu den Lyriks erzählen? Welche Stellung nehmen sie bei euch in der Musik ein?
W: Lyriks und Musik müssen eine Einheit ergeben, daher haben die Texte einen recht hohen Stellenwert. Erst wenn Musik und Lyriks eins sind entsteht etwas Komplettes. Die Ideen zum Inhalt kommen eigentlich von allen Mitgliedern, Kelly setzt sie dann textlich um. „The Parasite“ ist allerdings von Tino. Es geht darin um ein Wesen, welches sich von der Schlechtigkeit der Menschen ernährt und so immer mächtiger wird. Diese Linie kann man als wegweisend für unser Konzept ansehen – fiktiv, aber trotzdem mit einem realen Hintergrund.

Es wundert mich ehrlich gesagt, dass ihr den meisten da draußen noch völlig unbekannt seid und auch mit den Tapes noch nicht so viel Aufmerksamkeit erringen konntet. Wie waren denn die Reaktionen auf dieses Demo? Seid ihr bis heute noch auf keinerlei Interesse bei Plattenfirmen gestoßen? Oder seid ihr nicht zwingend an einem Deal interessiert?
W: Wir haben einige Plattenfirmen angeschrieben, aber ehrlich gesagt eher halbherzig, da wir tatsächlich noch nicht „zwingend“ an einem Deal interessiert sind. Heutzutage hat jeder Arsch einen Deal und nach einem Jahr liegen dann Hunderte von unverkäuflichen CD’s bei diesen Leuten zu Hause herum. Das ist vergleichbar mit der Soundsache: Wir sind uns sicher, dass wir beides bekommen werden. Sound und Deal, aber wichtiger ist erst einmal die Musik zu perfektionieren und Stilsicherheit zu erreichen. Es muß einfach völlig klar sein, dass der Zeitpunkt der richtige und der Deal der richtige ist.

Wie sieht die Live-Situation bei euch aus? Habt ihr bereits Bühnenerfahrung? Seht ihr Deafeated Sanity als Live Band? Mit wem habt ihr bereits gespielt und mit wem würdet ihr am liebsten mal touren, wenn euch die Möglichkeit geboten würde?
W: In unsere Live-Tätigkeit kommt langsam Bewegung. Es gab’ und gibt zwar viele Gigs ohne Geld, großer Aufwand, weite Wege, wenig Leute oder mit dem falschen Publikum, aber man muß trotzdem unbedingt spielen. Jede Band sollte hauptsächlich eine Live-Band sein, denn erst da zeigt sich was man drauf hat. Ein paar Highlights gab es jedoch schon – so konnten wir z.B. mit Bands wie Krisiun oder Voivod spielen. Mit wem ich am liebesten touren würde? Das kann ich nur für mich selbst beantworten: Deeds Of Flesh!

Wie sieht es mit der lokalen Szene bei euch aus? Irgendwelche guten Bands, Distros, Zines, Clubs etc. die ihr empfehlen könnt?
W: Das sieht hier ganz schlecht aus. In ganz Schweinfurt wirst du nicht einen Metaller finden. Oder doch? Meldet euch mal. Okay, es gibt hier den Volker mit Merciless Rec. Und eine Handvoll der hier im Interview bereits erwähnten Bands. Im JUZ in Gerolzhofen geht ab und zu auch mal was ab, aber ansonsten ist hier tote Hose. Die Glanzzeiten der alten „Schreinerei“, wo du sämtliche Death Metal Bands sehen konntest, sind lange her.

Ihr kommt doch aus Südthüringen und habt’s ja gar nicht so weit zur Tschechei. Nutzt ihr eigentlich diese Möglichkeit um hin und wieder und bei ‘nem guten und billigen Bier zu feiern oder zu dem ein oder anderen Konz da drüben zu wandern?
W: Aus Südthüringen kommt nur der Tino… Er hat aber auch schon Kontakte in die Tschechei geknüpft. Wir haben dort mit FILEIN SOFIA in A’s gespielt. Sie waren auch schon hier bei uns. Ich hoffe da entwickelt sich was.

Die drei wichtigsten Dinge im Leben?
W: Hmm… die schwierigste Frage bis jetzt. Metal-Metal-Metal? Nein?
Doch, die Antwort war schon richtig, he he… Ich danke euch für dieses Interview. Hab’ ich sonst noch was vergessen? Eine letzte Botschaft an die Leser?
W: Ob du was vergessen hast weiß ich nicht, aber eins weiß ich – „We will never forget your support!“ Hail to „SYNCRASIA“. Und allen Death Metal Maniacs da draußen hoffen wir uns auf dem Fuck The Commerce präsentieren zu können. Stay brutal!

Hey Cudgel, das dürfte doch zu realisieren sein, oder? Die Jungs hätten’s auf jeden Fall verdient. Allen Death Metal Lunatics kann ich nur empfehlen, diese Band mal genauer unter die Lupe zu nehmen. Glaubt mir, ihr werdet’s nicht bereuen. Infos oder ein richtig cooles Scheibchen innovativen Death Metals gibt es für 13 DM inkl. P&V (für die CD natürlich nur, nicht die Infos…) bei: Lille Gruber, Kirchhöflein 5, 91550 Dinkelsbühl.

www.defeated-sanity.com

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*