Dawn Of Winter zelebrieren den traditionellen Doom Metal mit einer Intensität, die ihresgleichen sucht. Und das bereits seit Anfang der 90er, wobei sich die Band durchaus Zeit lässt zwischen den Veröffentlichungen. Um die Wartezeit auf die neue Langrille „Pray For Doom“ zu überbrücken, habe ich Sänger Gerrit P. Mutz nach einigen Details gefragt.
Beginnen wir ganz klassisch: erzählt uns bitte etwas über die Bandgründung und den Werdegang seit 1990.
Über die Anfänge würde ich Dir gerne was erzählen, wenn ich mich denn auch daran erinnern würde. Das ist alles sooo unfassbar lange her. Fast 30 Jahre. Da wird einem schon schwummrig vor Augen.
Im Endeffekt wurde die Band gegründet, da ich unbedingt auch versuchen wollte Musik zu machen die mir, und zwar damals gefühlt nahezu ausschließlich mir, wirklich was bedeutet.
Es gab damals keine Doom Szene in Deutschland und meines Wissens nach auch keine Doom Bands. Ich fragte also einfach meinen damals guten Freund Oli (der noch nie davor Drums gespielt hatte) ob er sich vorstellen konnte auf jede angeschlagene E-Saite auf die Snare oder die Becken zu hauen und mich an der Gitarre und Gesang zu begleiten. Er hatte Bock und so startete das Ganze. Eher so als Selbsttherapie und mit dem guten Gefühl, dass man zwar kaum die Qualität von Candlemass, dafür aber das „garagige“ von Vitus eventuell auch zu zweit reproduzieren könnte. Ansonsten fasse ich unseren Werdegang mal gaaanz kurz so zusammen: extreme low profile – Konzerte nur , wenn wir alle Zeit und Lust hatten, Proben und Alben dann, wann es sich ergab. Immerhin war und ist unser Ziel, bis an unser Lebensende miteinander zu doomen. Da darf man sich nicht gegenseitig stressen.
So haben wir das über fast 3 Jahrzehnte gehalten und fahren gut damit. Auch wenn ich die Jungs in den Ruhephasen dazwischen schon arg vermisse.
Welche Höhe- oder Tiefpunkte sind besonders erwähnenswert?
Höhepunkte sind alle Releases und nahezu alle Konzerte, da wir ja so selten spielen und das somit auch für uns was extrem Schönes ist. Tiefpunkte gab es bei uns nie. Dafür haben wir einfach zu wenig erlebt und gemacht. Aber welche Doomband kann schon von sich behaupten, eigentlich recht zufrieden mit allem zu sein? Manchmal wäre es sicher schön, etwas mehr mit Dawn Of Winter zu machen, aber eigentlich läuft es so wie es ist für alle verträglich und stressfrei. Ach ja, doch, ein absoluter Tiefpunkt war, als wir bei unserem letzten Gig in Erfurt zwar das Banner in den Backstageraum gelegt aber nicht auf der Bühne aufgehängt hatten. Dann haben wir es dort vergessen und es ist nie wieder aufgetaucht. Extrem schade! Es war von einem Freund perfekt per Hand gemalt. Wer immer es sich unter den Nagel gerissen hat, wir hätten es sehr gerne zurück. Du Arsch.
Immerhin war und ist unser Ziel, bis an unser Lebensende miteinander zu doomen. Da darf man sich nicht gegenseitig stressen.
Ich weiß, gut Doom will Weile haben, aber ihr habt momentan wirklich mit Verzögerungen zu kämpfen. Was ist/war los bei euch?
Hauptursächlich dürften so einige Unfälle und Krankheiten sein, die a) das Alter und b) die Unachtsamkeit so mit sich bringen. Zudem natürlich die leider üblichen Terminschwierigkeiten, da wir alle noch mit anderen Baustellen ausgelastet sind. Es war sicher nicht unsere Absicht alles so extrem schleifen zu lassen. Und ich hoffe, dass wir zumindest wieder regelmäßige Proben vereinbaren werden können.
Ich bin extrem neugierig auf eure nächste Scheibe! Wie viele Songs werden enthalten sein, gibt es schon ein Cover, wann soll veröffentlicht werden, und gibt es ein Konzept?
Es werden 8 Songs enthalten sein. Es gibt kein Konzept. Es soll lediglich in unseren selbstgesteckten Doom-Rahmen passen. Die Titel sind „Pray For Doom“, „The 13th Of November“, „Woodstock Child“, „The Sweet Taste Of Ruin“, „Father Winter“, „The Orchestra Bizarre“, „A Dream Within A Dream“ und „Paralysed By Sleep“.
Lyrisch wird es also keine Überraschungen geben, musikalisch auch nicht. Immerhin spielen wir ja unglaublich orthodoxen old-school Doom. Ein Cover gibt es und es ist in der Tradition der letzten Cover. Also auch „more of the same shit“, natürlich in the meaning of: good shit.
Wie weit sind die Aufnahmen fortgeschritten und wo habt ihr aufgenommen?
Wenn ich richtig informiert bin, dann ist alles bis auf meinen Gesang aufgenommen. Und den werden wir voraussichtlich im März diesen Jahres endlich auf Band bringen können. Wenn der Termin nicht wieder auf den letzten Drücker platzen sollte…Toitoitoi.
Aufgenommen wurden die Klampfen beim Jörg. Dennis hat sein Schlagzeug selbst aufgenommen. Auch den Gesang werden wir bei Jörg im Keller machen.
Normalerweise würde ich an der Stelle fragen, ob und wie ihr euch stilistisch weiterentwickelt habt. Nun – ich hoffe, das habt ihr nicht ;)
Nein, haha, no way. Hätte ja sonst keinen Sinn die Band weiterzuführen.
Bei euch geht es gerade schleppend voran. Betrifft das nur die Aufnahmen oder auch das Songwriting? Finden regelmäßige Proben oder Austausch bezüglich der Musik statt?
Wir haben schon ne ganze Weile nicht mehr geprobt und uns auch nicht gesehen, aber – wie gesagt – ich hoffe, dass wird bald wieder anders und besser – also regelmäßiger – werden können.
Wie entsteht gewöhnlich ein neuer Dawn Of Winter Song?
Jörg kommt mit nem kompletten Song an. Oder manchmal auch Dennis, und dann wird der im Proberaum fertig arrangiert oder manchmal etwas erweitert. Wenn der Song fertig ist, singe ich dazu so lange im Auto, bis mir was Schlüssiges dazu einfällt.
Dann mache ich mich daheim an die Lyrics. Damit komme ich dann irgendwann wieder in die Probe und wir checken, ob das so allen gefällt. Ansonsten wird weiter rumgemacht oder das Ding in die Tonne getreten und wir machen was Neues.
Was inspiriert euch?
Die Einflüsse für Dawn Of Winter haben sich in den letzten Jahrzehnten nicht geändert. Im Grunde versuchen wir immer noch hauptsächlich die Epik von Candlemass mit dem reduzierten Stil von Vitus zu kombinieren. Das Ganze würzen wir mit unseren gemeinsamen Einflüssen wie Danzig oder Black Sabbath. Oder manchmal auch leicht abseitigen Einflüssen von Dennis, was meistens aber dann die Rhythmik angeht.
Textlich wildere ich in der Schnittmenge aus klassischen Schauergeschichten, dem Lobpreisen von Musik oder eher negativen eigenen Erlebnissen und Tragödien.
Bei welchem Label seid ihr gerade? Fühlt ihr euch dort wohl? Oder seid ihr auf der Suche?
Meines Wissens nach haben wir momentan keinen festen Deal. Wenn das Album fertig ist werden wir es aber sicher zuerst I Hate anbieten. Deren Re-Issue von “Valley“ war großartig!
Wie kam es zu dem Re-Release von „In The Valley of Tears“? Ich hatte die originale Version natürlich bereits, habe die Doppel CD aber wegen des Bonus Materials gekauft. Obwohl ich das auch schon hatte. Egal, ich musste sie einfach haben!
Wir wurden angefragt ob wir Lust auf diese Veröffentlichung hätten und klar hatten wir das!
I Hate ist ein Label mit tollem Geschmack und Roster. Ich hoffe, sie haben es nicht bereut und Bock auf eine weitere Veröffentlichung von uns.
Danke, dass Du Dir das Ding nochmal geholt hast, Katja! Auch das erhöht unsere Chancen bei I Hate…
Magst du ein paar Worte über die „The Skull Of The Sorcerer“ EP von 2012 sagen? Ich finde sie einfach großartig!
Danke für das klasse Review damals! Ich bin auch immer noch sehr zufrieden mit dieser EP!
Ich mag immer noch alle Songs und mit dem Titeltrack hatten wir sogar sowas wie ´nen Mini-Mini-Hit in Griechenland. Ich musste das Teil tatsächlich mal ungeprobt als Zugabe bei ´nem Battleroar Gig singen. Das war toll!
Vielleicht auch noch kurz was zum letzten Album „The Peaceful Dead“? Wie seid ihr z. B. auf die Idee gekommen, einen Song über Doom bzw. Doom Bands zu machen?
Der Song „The Music Of Despair“ war quasi eine Antwort auf ´nen Song von Reverend Bizarre namens „The Goddess Of Doom“. Darin hatten sie alle Ihnen relevant vorkommenden Doom Bands erwähnt, u.a. auch uns, und dafür wollte ich mich bedanken und habe dann quasi ebenfalls einen Song um meine Lieblingsdoombands herum gestrickt.
Ansonsten ist das Album jetzt auch schon 10 Jahre alt und schickt mich gewaltig down memory lane. Zum Beispiel hat mein Sohn damals noch im zarten Alter von 3 Jahren immer den Titelsong auf der Waschmaschine stehend mitgesungen. Sowas würde er heute wohl nicht mehr machen. Hehe.
Was denkt ihr rückblickend über eure älteren Veröffentlichungen?
Ich habe mit allen meinen Frieden gemacht. Klar sind alle nicht perfekt, bis auf vielleicht „The Peaceful Dead“ und „The Skull Of The Sorcerer“, aber alle haben ihren eigenen Charme und ihre Berechtigung.
Ich denke wir können stolz auf unsere Sachen sein, auch wenn ein Großteil der Weltbevölkerung wohl niemals etwas von deren Existenz erfahren wird. Wir fühlen uns pudelwohl im tiefsten Underground und werden wohl auch in dessen Schlamm beerdigt werden.
Was haltet ihr von dem „DOOM METAL LEXICANUM“ von Aleksey Evdokimov?
Ich finde die Idee gut, habe das Teil aber noch nicht in den Händen gehalten. Ich werde es mir aber bei Gelegenheit mal anschauen und eventuell auch kaufen. Mal schauen, was es denn kosten wird.
Wie beurteilt ihr die Entwicklung der Doom Metal Szene (in den letzten Jahren oder auch von euren Anfängen bis jetzt)?
Der Doom hat sich von einer kaum beachteten Nische zu einem der Hauptsäulen des Metal entwickelt. Das überrascht mich immer noch und ich bin immer noch perplex, wie viel Leute heute mit Vitus Shirts rumlaufen. Und welchen Status Kauzbands wie Manilla Road oder Cirith Ungol heute haben. 1990 musste ich mir von solchen Bands noch Shirts im Copyshop drucken lassen. Heute sieht man die Bands live und mit Manilla Road bin ich sogar befreundet. Das hätte ich mir damals NIE träumen lassen.
Es gibt Radioshows, Festivals und tonnenweise Bands weltweit. Es ist fast schon ein Overkill. Aber besser so als wie damals. Früher war eben doch nicht alles besser, nur weniger und verzweifelter.
Im letzten Jahr sind viele gute Doom Scheiben rausgekommen (meiner Meinung nach). Ich denke da an Procession, Sorcerer, Below, Ophis, Slow etc. Welche Scheiben sind dir besonders positiv aufgefallen (und warum)?
Oh, da hätte ich Dir früher jetzt ´ne seitenlange Antwort mit den obskursten Doombands aufgelistet und mich in der Sonne meines Underground-Wissens geräkelt.
Heutzutage ist es allerdings so, dass ich nicht wirklich mehr am Puls der Szene unterwegs bin. Ich höre mir natürlich noch Sachen an, die mir zugesteckt werden wie Spiritual Void oder B.S.T. Und natürlich kaufe ich mir noch Knaller wie die letzte Pagan Altar. Auch höre ich mir ab und an gerne die Children Of Doom Radiosendung an.
Aber ich habe nicht mehr das dringende Verlangen alles und jedes zu kennen, dafür ist die Szene einfach zu arg explodiert.
Ausserdem fehlt mir schon die Zeit mich mit meinen alten Faves und Lieblingsplatten richtig zu beschäftigen. Da muss nicht dauernd noch mehr auf den „ungehört“ Stapel wandern. Wobei das natürlich auch monetäre Gründe hat. Auf meinem aktuellen Wunschzettel stehen z.B. Mournful Congregation, Father Befouled, Portal, Drudkh und Leather. Und die werde ich dann bei Gelegenheit auch anchecken und eventuell kaufen, mal schauen.
Zwei von euch haben neben Dawn of Winternoch andere Bands. Welchen Stellenwert nimmt Dawn Of Winter für euch ein?
Dawn Of Winter liegt mir schon besonders am Herzen. Wer weiß, vielleicht hätte ich ohne Dawn Of Winter nie angefangen überhaupt in Bands auch zu singen. Und da Dawn Of Winter auf „lebenslang“ angelegt ist, ist das schon eine wirklich wichtige Herzensangelegenheit.
Da alle meine Bands Liebhaber-Geschichten sind und kein Geld abwerfen, würde ich keine Band über der anderen ansiedeln, da mein Wohl und Wehe nicht davon abhängt. Ich konzentriere mich immer voll auf die jeweilige Aufgabe, egal für welche Band, also ist immer das momentane „Projekt“ meine Priorität.
Apropos andere Bands, für dieses Jahr ist auch ein neues Angel Of Damnation Album geplant, oder? Magst du kurz was darüber erzählen?
Das Album ist aufgenommen und fertig gemischt. Shadow Kingdom Records wollen das Ding raus bringen. Es sollte also eigentlich mal in Bälde von ihnen auch angekündigt werden.
Mir persönlich gefällt das neue Album 10x besser als das Debüt, auch wenn dieses auch ´ne Art unperfekten Charme hatte, was man ja nicht unterschätzen sollte.
Das neue Album wird „Heathen Witchcraft“ heißen und die neuen Songs haben bei unserem letzten Gig in Rumänien auch echt sofort gezündet. Ich freue mich auf den Release und bin gespannt, was der Underground davon halten wird.
Wo kann man euch dieses Jahr neben dem Hammer of Doom (in Würzburg) auf der Bühne sehen und hören?
Es ist noch ein Gig in Österreich/Dornbirn am ersten Dezember geplant. Ausserdem spielen wir noch am 13.10. in Rumänien. Wir machen also quasi fast´ne Worldtour wenn man vergleicht, dass wir sonst in 5 Jahren nur einen Gig haben, hehe.
Gibt es Songs, die du besonders gern live spielst (oder auch nicht so gern)?
Ich mag tatsächlich alle Dawn Of Winter Songs! Was wir nicht mögen, wird nicht aufgenommen. Mein live Fave wird aber immer „The Music of Despair“ bleiben. Gefolgt von „The Peaceful Dead“ und „In Servitude To Destiny“. Ach ja, „Rutual Magic“ liebe ich auch sehr.
Was möchtest du noch loswerden – last words?
Danke für das Interview, Katja. Doom on!
Fotos: Dawn Of Winter
(Artikel aus Eternity #23)