Another Perfect Day Studiobericht

Bereits im Interview letzen September ließ Kristian „Kohle“ Kohlmannslehner verlauten,dass „The Gothenburg Post Scriptum“ keine Eintagsfliege bleiben solle, sondern zumindest kurzfristig eine MCD angedacht ist. Heute – sieben Monate später – ist eine schnelle Veröffentlichung noch nicht in Sicht, das Gerüst für den Release steht aber bereits. Da das APD-Headquarter im südhessischen Seeheim quasi vor meiner Haustür liegt, lud mich Kohle kürzlich zu einer Vorab-Listening-Session in seinen Kohlekeller ein, um mir den (noch nicht fix und fertig gemischten) Stand der Dinge vorzuspielen und bei einem netten Plausch noch die ein oder andere Information zuzuwerfen. Im zweiten Aufnahmeraum nebenan war Studio-Kompagnon Kai Stahlenberg noch mit den Frankfurter Punks Bornheim Bombs zu Gange, Kohle selbst hatte erst am Vortag die Aufnahmearbeiten für die Franzosen Recueil Morbide beendet.

Vier Stücke wird die MCD enthalten, darunter eine Coverversion – nomen est omen – Motörheads „Another Perfect Day“. Ich bin ehrlich: ohne zusätzlichen Hinweis wäre ich auf das Original nie gekommen. Zum einen habe ich mich mit Lemmy & Co nie wirklich intensiv beschäftigt, zum anderen hat Kohle dem Stück den typischen APD-Sound verpasst und eine sehr melancholische Note gegeben, so dass man schon sehr genau hinhören muss, um den wahren Urheber zu erkennen. „Ursprünglich kommt der Bandname ja schon von dem Motörhead-Album. Bei mir gab es eine Zeit, so um 16-17 rum, wo ich nur härteren Stoff gehört habe, aber auch eine Schwäche für Motörhead hatte und eben besonders dieses Album , diesen Titel geil fand, mit Brian Robertson als Gitarrist, mit bluesigen, verspielten Passagen. Für Motörhead-Verhältnisse hat der Titel ein melodisches, melancholisches Riff und ich habe dann einfach mal ausprobiert, wie das etwas tiefer und mit halber Geschwindigkeit klingt. Es passt prima in mein Gesamtkonzept und so schliesst sich auch ein bisschen mein persönlicher Motörhead-Kreis.“

Als nächstes donnert „Pour some hope“ aus den Boxen, dessen deftiger, treibender Einstieg der wahrscheinlich heftigste Part auf der CD sein wird, direkt übergehend in ein chilliges, ruhiges Zwischenspiel, bevor stampfendes Midtempo den Bang-Reflex aktiviert. Aber auch das ist nur von kurzer Dauer: klarer, melancholischer Gesang auf fast rockigen Harmonien, proggig angehauchten Strukturen saugt das kurz angedeutete Aggressionspotential direkt wieder ab. Bereits bei diesem Stück zeigt sich deutlich, dass Another Perfect Day noch vielschichtiger und ausgefeilter klingen als auf ihrem Debüt-Album, auf jeden Fall jedoch deutlich langsamer und noch melancholischer sind. Der grundsätzlich tiefer gestimmte Gitarrensound stützt die bedrückende Atmosphäre. „Es sollte schon alles ein bisschen doomiger und schwermütiger werden, etwas weniger groovy als es vielleicht noch vorher war, ein bisschen in der Tradition von Bands die ich früher gehört habe, wie z.B. My Dying Bride und somit im Kontrast zur heutigen Metal-Szene steht, wo alles schnell(-lebig) und groovy sein muss. Die MCD ist auch generellbewusst tiefer gestimmt – im Vergleich zum Album gesehen, das über einen Zeitraum von fünf Jahren entstanden ist und die Gitarre da halt so gestimmt war, wie sie gerade gestimmt war.“

Es folgt das siebenminütige „Don’t walk away“, das dominiert von schleppendem Midtempo und Kohles grollenden Vocals nicht ganz so krasse Gegensätze wie „Pour some hope“ kombiniert, dennoch mit Tiefe überzeugt und auch nach mehreren Durchläufen den Entdeckern unter der Hörerschaft Erfolgserlebnisse beschert.

An das vierte Stück habe ich nicht mehr so viele Erinnerungen, was möglicherweise daran liegt, dass es noch keinen Titel hat und die Vocals noch nicht fertig waren. Es ging auf jeden Fall auch wieder deutlich über sieben Minuten und war sehr vielschichtig und abwechslungsreich. Eher unwahrscheinlich ist, dass die vier erwähnten Stücke noch Gesellschaft in Form eines ca. zweieinhalb Minuten dauerndem Zwischenspiel namens „You better run“ bekommen. Konzeptionell als Überleitung gut gedacht und zur Abwechslung mal mit weinerlichen Frauen-Vocals, fehlt den männlichen Vocals noch die passende Stimmlage und so dürfte Kohles Pendel nach meinem Feedback wieder deutlich in Richtung ‚Weglassen‘ tendieren.

Wie bereits bei „The Gothenburg Post Scriptum“ bedient sich Kohle wieder der Mittäterschaft anderer Musiker, speziell im Vocal-Bereich. „Pour some hope“ wird Schrei-technisch von Benighted-Fronter Julien veredelt. „Don’t walk away“ wäre ohne die passenden Growls und Grunts von Dead Eyed Sleeper/Fragments of the Unbecoming-Vocalist Sam nur halb so gut. An den Drums: alle vier Stücke wurden von Roel van Helden/u.a.Subsignal/ Sun Caged (+diverse andere Projekte/Bands) eingetrommelt. „Bei der Auswahl der Musiker stehen die Songs im Vordergrund. Was ich allein machen kann,spiele/singe ich auch allein ein. Das bringt den Vorteil, dass ich mit niemandem diskutieren muss, wenn ich etwas mache. Im Gegensatz zu meiner normalen Studioarbeit, wo ich ja mit tausend Leuten reden muss, ist das ganz angenehm und ich kann machen was ich will. Wenn ich aber merke, dass auf gewissen Parts keine der Stimmen, die ich beherrsche, funktioniert, dann reagiere ich dementsprechend und suche eine andere Stimme. Wenn z.B. etwas richtig tief und böse sein muss, so richtig gegrunzt, weiss ich, dass ich es erst gar nicht versuchen muß. Auf unmelodischen Death Metal Parts klingt meine Stimme eher nach Kneipenschlägerei. Das will keiner hören. Ich nehme dann bevorzugt Leute, die ich kenne, mit denen ich schon gearbeitet habe und bevorzugt auch welche, die ich mir hier ins Studio holen kann. Am Ende heisst die Entscheidung: Was braucht der Song, was gehört dahin. Ok, bei Swanö damals war das etwas anderes, aber da wusste ich schon, dass dabei etwas Gutes bei rauskommen wird.“

Kohle selbst konzentriert sich neben der übrigen Instrumentierung auf Klargesang und diegurrenden Growls, die unweigerlich an Jan-Chris/Gorefest erinnern. Überhaupt sind die Holländer (zu ihrer „Erase“-Phase) eine Band, die mir speziell bei den stampfenden, wuchtigen Midtempo-Passagen als Vergleich in den Sinn kommen. Offen ist noch der Titel für die MCD, wenn gleich auch Kohle in dieses Thema bereits viel Gehirnschmalz investiert und eine gewisse Vorauswahl getroffen hat. „Auf meinem Laptop habe ich eine Liste mit 15 Titeln, bin aber momentan noch ganz unsicher. Ich würde am liebsten etwas finden, was die Langsamkeit und Schwermütigkeit ausdrückt und dabei noch ‚The soundso EP‘ im Namen trägt. Das fände ich super, sowas habe ich schon immer gemocht. ‚The soundso sessions‘ wäre auch noch eine coole Alternative. Es stört mich auch ein bisschen, dass ich an diesem Thema so viel rumüberlegen muss. Es läuft dem APD-Prinzip, dass alles etwas spontan abläuft, völlig zuwider. Dieses Mal ist alles etwas durchdachter, was Vorteile aber eben auch Nachteile hat.“ Nach dem ich die neuen Stücke gehört habe und Kohle’s Intention kenne, die sich hinter der Musik verbirgt, wäre eigentlich EIN Name folgerichtig. Den hat allerdings der verblichene Peter Steele mit seiner Band bereits 1991 verwendet. Nach der Listening-Session, die einen feinen Happen erwarten lässt, bleiben die Fragen nach dem Veröffentlichungszeitpunkt offen und auch warum sich das Fertigstellen der MCD doch noch so lange hinzieht. „Die Fertigstellung des Albums hat ja noch viel länger gedauert. Aber die Herangehensweise war bei der MCD auch eine andere. Das erste Mal habe ich versucht, wie bei einer normalen Band in einem gesteckten Zeitrahmen etwas zu komponieren und aufzunehmen und nicht nur, wenn ich Lust und Laune habe. Schwierig für mich war vor allem das Finden von zusammenhängenden Time-Slots von jeweils 3-4 Tagen, wo ich hätte mal einen Song fertigstellen oder die Gitarrenspuren aufnehmen können. Durch meine reguläre Studioarbeit verlängerte sich da mal eine Aufnahme um ein-zwei Tage, dann wird hier noch was dazwischen geschoben und so waren die Freiräume für APD nicht so vorhanden, wie eigentlich geplant. Außerdem nehme ich mir bei APD das Privileg raus – speziell was den Gesang angeht – dass ich nur dann aufnehme, wenn ich Bock habe und inspiriert bin. Das ist meist spät abends oder nachts, wenn ich allein im Studio bin und nicht noch zwanzig andere Leute dabei sind. Für mich ist das meist eine hoch-emotionale Angelegenheit. Das ist auch ein Grund, warum der Gesang für den vierten Song noch nicht steht. Eigentlich komisch, denn wenn ich hier mit Bands arbeite, kann ich die schon pushen und auf den Punkt motivieren. Wenn ich mit mir allein arbeite, funktioniert das anders. Dazu kommt, dass von Labelseite kein Druck besteht, sondern das Ding rausgebracht wird, wenn es fertig ist. Ich bin jetzt aber an einem Punkt, wo ich keinen Bock mehr habe, wo ich einfach fertig werden will. Man verliert ja auch mit der Zeit den Abstand zu den Songs, wo man nach hundertmal hören noch wirklich einschätzen kann, ob etwas gut ist oder nicht. Jetzt – 2011 – kommt erstmal die EP raus und danach sehen wir weiter.“

www.myspace.de/apdmetal
www.kohlekeller.de


1 Trackback / Pingback

  1. Another Perfect Day “Four songs for the left behind” MCD 4/6 » ETERNITY Magazin

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*