Der Festivalsommer mit Rekordtemperaturen neigt sich dem Ende zu und somit steht das Barther Metal Open Air, wie gewöhnlich zwei Wochen nach Wacken, an. Einiges sollte in diesem Jahr aber anders werden. Zum ersten Mal gab es gleich drei Tage lang Metal auf die Ohren und das Klangerlebnis sollte diesmal ein besonderes Vergnügen werden.
Kaum ist es Donnerstagmittag, füllt sich der Park in Barth mit zahlreichen Zelten und den dazugehörigen Besuchern. Schnell wird klar, dieses Jahr werden es wieder mehr Fans sein, denn kurz bevor es los geht, sind die meisten Flächen schon belegt. So sammelt sich eine ganze Meute bereits zur ersten Band vor der Bühne. Im Vorfeld gab es noch mal einige Umstrukturierungen in der Running Order, wodurch alle Bands am Donnerstag eine volle Stunde Spielzeit bekamen. Für kleinere Bands ist das schon eine gewisse Herausforderung und nicht jede schien dieser gewachsen.
Der diesjährige Opener hört auf den Namen Hamarsheimt. Schon bei den ersten Klängen wird deutlich, dass man sich hier an Melodien des Viking-Deathmetals bedient hat und noch ehe man sagen kann, dass es sehr nach Amon Amarth klingt, ertönen auch schon die ersten Töne des Covers „Pursuit of Vikings“. Noch etwas verhalten wirkt das Publikum und etwas steif die Band. Doch als Opener ging die Sache wohl in Ordnung.
Betalmand setzen dann doch eher auf die Taktik „Schnaps für Alle“ und laden die Leute zu Pfeffi und Kirsch vor der Bühne ein. Mit Erfolg! Denn auf einmal stehen viele Besucher vor der Bühne und der Alkohol lockerte wohl die Stimmung auf, sodass auch einige Köpfe geschüttelt werden. Musikalisch wird man dabei mit Old-School-Death-Metal versorgt, der allerdings eher lustig dargestellt wird und die Band nimmt sich wohl auch selbst nicht so ernst. Ansprachen wie „Bock auf Panzerfahren?“ werden mit einem Lachen aufgenommen und der gleichnamige Titel sorgt auch für mehr Unterhaltung. So kann es weiter gehen.
Wird es jedoch nicht. Mit Burning Cross folgt die erste Black-Metal-Band auf dem BMOA. Es soll kalt und düster werden und da der Sänger mit einem kartoffelsackähnlichen Kostüm auf die Bühne stolziert, vermutet man zunächst, dass eine Feuershow folgen wird. Dem ist aber nicht so, denn bis auf ein paar Blutspritzer konzentriert man sich doch eher auf die Musik. Welche Einflüsse hörbar sind, das zeigt sich beim Song „Kirkebrann“ der mit den Worten „ein Hoch auf Norwegen“ eingeleitet wird. Dennoch, je mehr man der Musik lauscht, desto mehr merkt man, dass da noch irgendwas fehlt und die Stunde zog sich dann doch ins Ewige.
Den Exotenbonus haben auf jeden Fall Narbeleth, denn sind wir mal ehrlich: Black Metal aus Kuba ist schon etwas besonderes! Was viele der Anwesenden nicht wissen: Die Band spielt heute zusammen mit einem Sessiondrummer und die erste gemeinsame Probe war genau einen Tag zuvor!Unter diesem Gesichtspunkt muss man sagen, dass die Leistung wirklich herausragend war. Es gab soliden Black Metal der rasanten Sorte und vor allem die hohen Gesangspassagen sorgen auch für die ein oder andere Gänsehaut. Nach nicht mal 30 Minuten ist die Band jedoch mit ihrem Set am Ende, doch eine Zugabe wird gefordert und so wird ein Song einfach nochmal gespielt. Diese Band hätte aber ruhig auch gerne die vollen 60 Minuten spielen können.
Mit Demonical soll der Abend abgerundet werden und das wird er auch. Die Schweden wirken routiniert wie eh und je und legen einen starken Gig hin. Dass die Band einen Tag zu vor auf dem Summerbreeze spielte und fast 900 Kilometer zurück gelegt hat, merkt man ihnen nicht an. Die Band bangt und wirbelt über die Bühne ohne Erschöpfungsanzeichen und das Publikum zieht mit. So sollten Death-Metal-Konzerte immer sein!
Damit ist der erste Abend vor der Bühne vorbei, auf dem Zeltplatz und an der Bar geht der Spaß noch weiter. Beliebtes Gesprächsthema am Abend: Der Sound! Denn wer als Stammgast zum BMOA fährt, der war es schon gewöhnt, dass dieser meistens nicht so stark war. Doch wie bereits angedeutet wurde, ist in diesem Jahr der Sound wirklich bombastisch und schon von der ersten Band an hat man dies sofort festgestellt. Wer da noch meckert, dem war auch nicht mehr zu helfen. Die Leistung des Soundtechnikers war unbeschreiblich gut. Doch je später es wurde und umso mehr der Alkohol floss, desto mehr verkrochen sich einige Besucher wieder ins Zelt, denn schon am frühen Nachmittag sollte es weitergehen.
Durch den Park war man vor der enormen Hitze geschützt und konnte durchaus ausschlafen, so lange es die lieben Nachbarn zuließen. Wer dann noch Zeit und Lust hatte, begab sich auf einen Spaziergang durch die Barther Innenstadt, kehrte bei diversen Imbissläden und Bäckereien ein oder die örtlichen Supermärkte bekamen mehr Umsatz. Nicht weit vom Festivalgelände in einer Seitenstraße fanden wir jedoch ein Tiergehege mit Lamas, Straußen, kleinen Ziegen und noch einigen anderen Tieren und dieses Gehege lud auch zu einem kleinen Verbleib an. Denn wer braucht schon Kühe in Wacken, wenn es in Barth Lamas zu sehen gibt ;)
Doch zurück zum Festival, wo es mit Kommando losgehen sollte. Ein wenig verspätet sich der Start, da eine nachfolgende Band noch im Stau steht, aber dann geht es los und die Ohren bekommen ordentlich Druck. Nach einem verstörenden Clipmix, welcher als Intro genutzt wird, wird dann ordentlich losgebolzt. Kommando sind sehr brachial in ihrem Klang und die außerordentliche Stimme trägt ebenso zum aggressiven Black’n’Roll bei. Zwischendurch gibt es einen Tribut an die Größen wie Iron Maiden und Judas Priest und mit dem Song „Die Jugend ist unser Verderben“ wird dann der Schlussstein gesetzt.
Da wirkt die Musik von Crown schon fast zu ruhig, denn als Kontrast bieten sie eine Mischung aus Doom und Industrial Metal. Das Trio mit Drumcomputer schafft es dabei leider nicht ganz, das, was auf dem Album vielversprechend klingt, umzusetzen. Dadurch bleibt die Stimmung eher verhalten.
Damit haben Dysangelium leichtes Spiel, denn das Publikum wartet darauf, dass es wieder schneller wird. Und es gibt ein Wiedersehen mit drei Mitgliedern von Kommando. Zugegeben, die Musik von Dysangelium unterscheidet sich schon in einigen Punkten von Kommando und dennoch wird man das Gefühl nicht los, dass sich doch die Musik ähnelt. Aber das soll nun das geringste Übel sein. Black Metal mit leichten Death Einflüssen, dazu ein Sänger der vollkommen in seinem Element ist und weggetreten wirkt – das verschafft doch dem Publikum den ein oder anderen Nackenbrecher.
Melodischer wird es da bei Thormesis, welche aus Bayern angereist sind. Dass die Musiker hinter ihrer Musik stehen, merkt man recht schnell, da jeder Einzelne laut die Songs mitgröhlt . So werden Songs wie „Mein letztes Lied“ sehr enthusiastisch vorgetragen und dem ein oder anderen scheinen die dazu eingängigen Black-Metal-Klänge zu gefallen.
Und dann wird die Black-Metal-Reihe mit Waldschrat fortgesetzt. Jene müssen leider mit weniger Bandmitgliedern auftreten, da der zweite Gitarrist einen Autounfall hatte. Darunter leidet auch die Musik, denn wirkte der Black Metal der Österreicher sonst immer sehr bombastisch, so wirkt er hier ausgedünnt. Aber Die Jungs machen das Beste draus und erkämpfen sich einige Fans.
Vor zwei Jahren zeigten Northland bereits, dass Pagan Metal auch aus Spanien kommen kann. Und Hordak stehen dem im Nichts nach. Sie verbreiten gute Laune mit den Schunkelmelodien vom Keyboard und viele bangen mit. Für Unterhaltung ist damit auf alle Fälle gesorgt.
Obscurity machen ordentlich Laune und sorgen dafür, dass es sich vor der Bühne zusehends füllt. Dies liegt sicherlich auch an der guten Animation der Band, die die Nähe zum Publikum sucht. Mit Songs wie „Wer Wind sät“ kann Obscurity durch die Bank Begeisterung auslösen, welche auch durch eingespielte Sampler nicht gemindert werden kann. Der gute Sound tut sein Übriges und Obscurity legen insgesamt einen guten Auftritt aufs Parkett.
Ein Highlight wurde für viele Gäste überraschenderweise Angantyr. Die Dänen treten diesmal als Trio auf und zaubern mit ihren episch langen Songs viele Gänsehautmomente. Die kleinen Fackeleinlagen und der Sound wirken dabei Wunder und die Band scheint in Höchstform zu sein. Wer kein Dänisch konnte, der jubelte dennoch bei jeder Ansage mit, denn von der Musik war man ganz ergriffen. Und auch Neues wird es in Zukunft geben, denn kurz vor Schluss boten Angantyr noch einen kleinen Vorgeschmack. Ein grandioses Konzert, was so wohl kaum einer erwartet hatte.
Agalloch ist der Headliner des Abends und wer die Band kennt, weiß, dass er Großes erwarten kann. Man muss zwar die eher doomigen Einschläge mögen, aber musikalisch gab es nichts an dem Gig auszusetzen. Fans scheinen zu dem wirklich ergriffen von den magischen Momenten zu sein, die Agalloch daher zauberten.
Und wem es doch zu ruhig bei Agalloch war, der bekam von Endstille nun wieder Bombast um die Ohren geschmettert. Im giftig grünen Licht betreten die Kieler die Bühne und brettern gewaltsam los. Sänger Zingultus wirbelt dabei rekordverdächtig die Haare umher und das wirkt ansteckend auf das Publikum. Dass der ein oder andere Alkohol geflossen sein muss, merkt man als Songs oder Alben falsch angesagt werden (wie zum Beispiel bei „Anomie“) aber mit einem charismatischen Lachen wird das einfach mitgefeiert und die Show spricht für sich. Bei Endstille wird gerne mal gesagt, dass ihre Gigs entweder Top oder Flop sind… hier war es garantiert ersteres.
Rimruna sollen den Abend nochmals mit Black Metal schließen. Unbekannt sind sie aber nicht, denn als Dregnskapur sprangen sie 2013 spontan ein. Und so verwundert es nicht, dass das Duo auch sehr nach besagter Band klingt. Wer die Musik mag, der wurde nicht enttäuscht und ein guter Abschluss war es alle Mal.
Wie immer geht es danach weiter auf dem Zeltplatz, wobei es eher ruhig wird, denn die zwei Festivaltage haben schon ihre ersten Tribute gefordert. Über Nacht regnet es ein wenig und dann pünktlich zum Start von Tag 3 knallt die Sonne wieder auf die Bühne.
Kratein standen noch im Stau und springen dann sofort auf die Bühne, auf der es leicht verspätet losgeht. Wie einige Festivalbesucher wirkt die Atmosphäre noch etwas verkatert, so dass die Musik ( Atmospheric Black Metal ) nicht voll zur Geltung kommt. Die Band musste leider ihren Slot wechseln und hatten somit das schwere Los als Opener, dem sie nicht ganz gewachsen waren. Am Donnerstag wäre es sicher besser rübergekommen.
Craving hingegen wissen, was es heißt zu animieren, wissen aber auch nicht wann es genug ist. So wird bei fast jedem Song zum Mitmachen aufgefordert, der Applaus erzwungen und man will sich enorm feiern lassen. Dabei hätte die Band das gar nicht nötig, denn der Folk Metal macht so schon gut Laune und zeigt, dass die Jungs was drauf haben. Und solche Ansagen wie ein Lied vom notgeilen Wolf wirken dann doch viel unterhaltsamer als unnötige Animationen.
Dann folgen Sabiendas, welche mit Old-School-Death-Metal das Publikum begeistern wollen. Und einige lassen sich vom Geknüppel mitreißen, sodass hier große Ansagen nicht notwendig sind. Die Band spielt mit Leib und Seele und das merkt man auch!
Ahnengrab beehren das BMOA auch mal wieder und nun gibt es Viking Metal. Dass sie bekannt sind, zeigt die große Anhängerschaft, die sich vor der Bühne sammelt und dennoch bleibt der Eindruck zurück, dass der Gig vor einigen Jahren besser war. Zumindest die hohen Gesangspassagen klappen heute nicht wie gewollt, aber wer Ahnengrab mag, der wird dennoch nicht enttäuscht gewesen sein.
Mit Death Metal und viel Spaß geht es bei Atomwinter weiter. Es gibt leichte, flotte Rhythmen und einige Fans scheinen sichtlich angetan. Leider verschlechtert sich das Wetter und kurzzeitig gibt es ein Gewitter. Ob es Atomwinter heraufbeschworen haben, ist dabei natürlich reine Spekulation.
Dann kommt der längste Soundcheck überhaupt. Atomwinter waren vorzeitig fertig und um 19.15Uhr sollte es mit Bifröst weitergehen. Doch es dauert und dauert. Der Ablaufplan verzögert sich dadurch enorm und spätere Bands werden dadurch Probleme haben. Aber zurück zur Musik. Viking Metal mit klassischen Themen wie bei „Nordmannsong“ wird aufgetischt und hier und da werden auch einige Köpfe geschüttelt. Doch so ganz warm wird das Publikum nicht, denn die lange Umbauphase hat sich wohl negativ auf das Gemüt ausgewirkt.
Da müssen schon Gernotshagen her um die Stimmung wieder aufzuheitern und die Thüringer starten mit dem Epos „Weltenbrand“. Kurzerhand ist noch Franzi von Ex-Eisregen am Keyboard eingesprungen. Ein wenig fehlen alte Klassiker, dennoch gibt es musikalisch nichts auszusetzen.
Und dann trifft sich Okkultismus und Depression mit Black’n’Roll. Zumindest könnte man diesen Eindruck bei dem Gig von Selbstentleibung bekommen. Die Österreicher überraschen mit einem sehr ergreifenden Auftritt, welchen man so, wenn man die Jungs von der Platte kennt, nicht erwartet hätte. Leider wird ihnen zum Schluss der Saft abgedreht, denn die Zeit ist um. Dabei hätten sie ruhig noch länger spielen können.
Doch Horna wollen als Headliner die Bühne betreten. Mit altbekannter Kutte bekleidet, tritt Sänger Spellgoth immer wieder ins Publikum und viele Songs werden mit einer Glocke eingeläutet. Ansonsten ist es ein gewöhnlicher Horna-Auftritt mit satanischem Black Metal. Nicht mehr und nicht weniger!
Erstaunlicherweise wird es ein wenig leerer bevor Gehenna ihren Gig beginnen. Dies mag wohl an der späten Uhrzeit und der morgigen Heimfahrt der Besucher liegen. Nach kurzem Intro, bei dem Sänger Sanrabb immer mal wieder die Hände episch in die Luft reißt, beginnen die Norweger ihr Sett mit „Morning Star“. Sofort ziehen sie das Publikum in ihren Bann und auf einmal scheint es so, als würden viele von ihrem Zeltplatz zurückkehren – immer der Musik nach. Nach einer bunten Mischung aus allen Alben kommt es allerdings zu einem unschönen Abgang. Hat man die vorherigen Bands weitgehend verschont, so wird bei „New Blood“ einfach der Ton ausgestellt. Die Band spielt noch eine Minute ohne Verstärker, dann wirft Basser Byting sein Instrument zu Boden und man geht wütend von der Bühne. Beim Headliner den Saft abzudrehen hätte nun wirklich nicht sein müssen, zu mal andere Bands trotz zu langer Soundchecks die volle Zeit spielen durften.
Ganz schnell müssen daher auch Nivlhel agieren, denn sie sollen den Abschluss bilden und das schnellstmöglich. Wie es leider so ist, die meisten sind schon gegangen, doch damit hat man auch was verpasst. Denn die Schweden liefern wundervollen Black / Viking Metal , bei dem vor allem die hohen Gesangspassagen herausstechen. Und so liefern sie ein tolles Finale ab.
Was soll man sagen? Nach 17 Jahren ist das Barther Metal Open Air eine Institution im Norden geworden, das sich nach wie vor durch viel Herzlichkeit auszeichnet. Sicher hätte am Samstag der kleine Zwischenfall mit Gehenna nicht sein müssen und auch das Essen hat noch Luft nach oben, da alles, was nicht vom Grill kam, nur bedingt genießbar war. Auch dass an den zwei Getränkeständen die Preise sehr unterschiedlich waren, ist vielleicht etwas unglücklich gewählt. Aber das sind Kleinigkeiten, die mit besagtem Charme und vor allem mit dem geringen Preis ganz schnell in Vergessenheit geraten. Außerdem bietet die Stadt Barth so viele Ausweichmöglichkeiten, dass es somit überhaupt kein Problem darstellt. Musikalisch war wie immer ein Fest und dieses Jahr war dazu noch der Sound grandios, so dass es durchweg ein Hörerlebnis war.
Wir sind gespannt auf 2016 und freuen uns drauf :)
http://barther-metal-openair.de/
Bilder: Nivlhel , Gehenna , Horna , Selbstentleibung , Gernotshagen , Bifröst , Ahnengrab , Sabiendas , Craving , Kratein , Endstille , Agalloch , Angantyr , Waldschrat , Thormesis , Dysangelium , Crown , Kommando , Demonical , Narbeleth , Burning Cross , Betalmand , Hamarsheimt
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