Neglected Fields Interview

Neglected Fields aus Lettland wurden schon mit ihrem Demotape als Geheimtip gehandelt und spätestens jetzt nach der Veröffentlichung ihres zweiten Albums (‘Mephisto Lettonica’) müßte jedem klar sein, daß es sich um wahre Meister des technischen Death Metals handelt. Ich mußte die Band natürlich sofort kontaktieren, um alles über das neue Album zu erfahren.

Unser letztes Interview haben wir nach der Veröffentlichung eures Demotapes ‘Sansara’, das überall in der Welt gute Kritiken bekommen hat, geführt. Dann habt Ihr bei Eldethorn Records unterschrieben, die euer Debütalbum ‘Synthinity’ veröffentlicht haben. Wie seid ihr damals mit Eldethorn in Kontakt gekommen?
Über den üblichen Postweg. Da die Presse sehr positiv auf unser Demo reagiert hat, haben wir uns entschieden, etwa 100 Labels mit Promopäckchen zu bemustern. Wir haben 8 Angebote erhalten und das von Eldethorn war das beste, da sie auch das Studio bezahlen wollten. Für eine Band aus der ehemaligen UdSSR ist das ein sehr guter Grund, einen Vertrag zu unterschreiben, also haben wir es getan. Und dann haben wir die Erfahrung gemacht, mit einem Label zusammen zu arbeiten, das keine Werbung machen wollte, he he.

Ich war sehr erfreut zu sehen, daß ihr die ‘Sansara’ Songs für das Debütalbum noch mal eingespielt habt. Aber bitte erzähl uns doch etwas zu allen Songs auf ‘Synthinity’. Behandeln die neueren Songs (wie schon das ‘Sansara’ Material) Buddhistische/Hinduistische Themen?
Ja, das Demomaterial war einfach zu gut, um es ‘unveröffentlicht’ zu lassen oder Jahre später zu Bonustracks oder ähnlichem zu degradieren. Wir haben es noch etwas verbessert und umarrangiert und dann mit den neuen Songs eingespielt. Übrigens habe ich schon öfter gehört, daß die Leute sagen, daß sie sich die Songs lieber auf dem Demo anhören, weil ihnen die Version besser gefällt. Einiges klingt wirklich besser, aber ich kann nicht genau festmachen, woran das liegt. Die neueren Songs auf ‘Synthinity’ sind noch komplexer strukturiert als die älteren, denke ich. Aber sie verfügen auch über viele gute und frische Melodien wie die Demotracks und wirken natürlicher. Die Texte verfolgen den gleichen Pfad, da ich sehr stark vom Buddhismus beeinflußt war. Das Wort ‘Synthinity’ kommt zwar so nicht vor sondern ist eine Wortschöpfung von mir, bedeutet aber so viel wie ‘Veil of Maya’, falls dir das was sagt. Das bezieht sich auf die Natur; die Welt, die uns umgibt. Es ist nicht so einfach, diese ganzen alten Gedanken und Gefühle in ein paar Worten zusammen zu fassen.

Warum habt ihr eigentlich den Song ‘Breath’ von Prodigy gecovert? Seit ihr etwa Prodigy-Fans? Abgesehen davon, daß mich das doch gewundert hat, ist die Version sehr gelungen.
Nein, wir sind keine Prodigy-Fans, aber manches hat uns doch beeindruckt. Ich persönlich mag ‘Breath’, ‘Firestarter’ und ‘Smack my bitch up’. Das vorige Album ist auch nicht schlecht. Aber die Coverversion haben wir eigentlich nur gemacht, weil wir nicht den normalen Weg gehen wollten. Was das bedeutet? Nun, normalerweise covern Metal Bands immer Songs von anderen Metal Bands, die sie beeinflußt haben, als sie jung waren. Und meist klingt das absolut langweilig (bis auf wenige Ausnahmen). Also haben wir uns entschieden, das anders zu machen. Zur Auswahl stand auch Depesche Mode (‘this is no good’), aber momentan ist es schon fast wieder Trend, Popbands zu covern. Aber vielleicht machen wir es trotzdem mal, man wird sehen.

In einem deutschen Magazin habe ich gelesen, daß die Coverversion euer bester Song wäre, weil die eigenen Songs zu komplex seien und es keinen Spaß machen würde, sie zu hören (den genauen Wortlaut habe ich leider nicht hier). Was denkst du über Äußerungen dieser Art?
Ich sollte wohl besser sagen, was ich von dieser Art ‘Journalist’ halte. Seine Arbeitsweise ist total unprofessionell. Wenn ein Fan soetwas sagt, dann ist es okay. Aber wenn soetwas von der Presse kommt… furchtbar! Jede Band, die kritisiert wird, muß nach den Richtlinien ihres Stils beurteilt werden. Er hätte sagen können, dieses oder jenes ist aus dem Blickwinkel des technischen Death Metals gut oder schlecht. Aber er ist sicher einer von diesen Punkfans… Aber ich habe auch schon etwas gelesen wie: ‘Diese Band klingt sehr stark nach Death und ich hasse Death, deshalb ist diese Band schlecht!’. Dazu fällt mir nichts mehr ein. Wenn man mit technic Death nichts anfangen kann, warum schreibt man dann darüber? Okay, an dieser Stelle sollten wir unterbrechen… ich denke, du hast mitbekommen, was ich davon halte.

Es gab sicher auch andere, qualifiziertere Reaktionen zu ‘Synthinity’. Wie sahen diese aus?
Genauso wie bei ‘Sansara’. Einige Leute fanden das Album sehr gut, ein paar haben sogar gesagt, daß es die beste Scheibe des Jahres wäre und andere mochten ‘Synthinity’ überhaupt nicht. Aber das ist okay, wir wissen, daß unsere Musik nicht für die breite Masse ist.

Was denkst du über das Album? Würdest du aus heutiger Sicht etwas verändern wollen?
Nein, ich würde nichts anders machen wollen. Eigentlich will ich gar nicht mehr über das Album nachdenken. Die Songs sind teilweise schon fast drei Jahre alt. Aber natürlich hat das Album Schwächen. Es ist nicht aggressiv genug und die Atmosphäre hätte düsterer sein können. Heutzutage mag ich düstere Stimmung in der Musik. Aber im großen und ganzen war es ein gutes Album. Und es hat so viele gute Melodien und Themen – bei einer gewöhnlichen Death Metal Band hätte das für 2 oder 3 Alben gereicht.

Es hat mich überrascht, als auf ‘Syn-thinity’ eine Sängerin zu hören war. Der weibliche Gesang wurde nur vereinzelt eingesetzt. Ich schätze also mal, daß es sich um eine Gastmusikerin/Studio-musikerin gehandelt hat, oder? Warum ist sie auf der neuen Scheibe nicht zu hören?
Stimmt, sie war nur eine Session-Musikerin und ist auf zwei oder drei Gigs in Erscheinung getreten. Ich will das hier nicht ausbreiten, aber es ist schwer genug mit Frauen in der Band und wir wollten den Frauengesang auch so nicht stärker integrieren. Für das erste Album war es wirklich interessant, soetwas wie das Sahnehäubchen, aber dann… Sandra singt jetzt in einer Black Metal Band namens Heresiarch. Aber das ist etwas ganz anderes als wir mit Neglected Fields machen.

Als ich dann gelesen habe, daß ihr einen neuen Keyboarder habt, hatte ich die Befürchtung, daß der Keyboardsound nicht so recht zu so komplexer und technischer Musik paßt, wir ihr sie macht. Aber ich habe mir ganz umsonst Sorgen gemacht, da George die Songs nicht nur mit einem Keyboardteppich unterlegt sondern das Instrument eigenständig und manchmal fast filigran einsetzt. Woher kennt ihr ihn und inwieweit ist er am Songwriting beteiligt?
Das erste Mal haben wir ihn gesehen, als er mit seiner Jazzrock Band aufgetreten ist. Es war sozusagen ‘Liebe auf den ersten Blick’, ha ha! Wir haben ihn natürlich gefragt, ob er bei uns einsteigen will, obwohl wir uns noch gar nicht entschieden hatten, Keyboards einzusetzen. Das war zu der Zeit, als wir an unserem ersten Album gearbeitet haben. Später, als wir uns dann sicher waren, daß wir unseren Songs mehr Atmosphäre verleihen wollen, haben wir ihn noch mal gefragt und er war interessiert. Und mit seinem Image, eine Mischung aus Beethoven und einem Bestattungsunternehmer zu sein, paßt er prima zu uns, ha ha! Außerdem kann man sehr professionell mit ihm arbeiten. Er interessiert sich zwar nicht so für Black und Death Metal, sondern hat eine klassische Musikausbildung genossen, aber er verseht genau, was wir machen wollen. Normalerweise läßt er uns einen Song komponieren und hält sich raus, aber wenn es dann an das Arrangieren geht, ist er in seinem Element. Bei den Arbeiten zu ‘Mephisto Lettonica’ war er noch nicht 100% involviert, aber in Zukunft wird sich das ändern und man wird etwas wilderes und innovatieveres hören.

Wie, denkst du, hat sich eure Musik im Laufe der Zeit entwickelt? Vergleiche am besten die beiden Alben miteinander.
Zuerst einmal ist sie jetzt komplexer für uns (nicht für die Hörer). Deshalb hören sich für mich die Vergleiche mit Cynic oder Atheist mittlerweile eher lustig an, da wir nicht mehr so klingen. Ich denke, daß wir unseren eigenen Stil haben und daß die Leute uns nur mit diesen Bands vergleichen, um überhaupt einen Anhaltspunkt zu haben. Was zum Beispiel sagt man, wenn man das erste Mal Feuer sieht. Es ist flüssig wie Wasser, heiß wie die Sonne und rot wie Blätter im Herbst. Aber das Feuer ist nun mal weder Wasser noch Sonne oder Herbstblätter. Aber man benötigt etwas, um es zu vergleichen. Genauso ist es mit uns. Wir wurden schon mit Death, Cynic, Atheist, Sadist, Dark Tranquillity, Mactatus und Merciful Fate verglichen. Ich habe da eine eigene Theorie: wenn als Vergleich zu der Musik, die du spielst, mehr als drei Bands verschiedener Musikrichtungen genannt werden, hast du entweder etwas eigenständiges geschaffen oder machst totalen Müll. Tja, und da schon mal ein Song von uns auf der Eternity CD zu hören war, können die Leser selbst entscheiden, zu welcher Sorte wir gehören.

Euer Debüt habt ihr im Tico Tico Studio in Finnland eingespielt. Habt ihr das Studio gewählt oder Eldethorn? Für den aktuellen Output wart ihr im Abyss Studio in Schweden. Wie war die Zusammenarbeit mit Peter und Tommy Tagt-gren und wo hat es euch besser gefallen?
Es war immer unsere Entscheidung, in welches Studio wir gehen. Das Tico-Tico war unsere erste Erfahrung und ich kann nicht sagen, daß wir sehr zufrieden waren. Wir waren die erste Band aus Lettland, die im Ausland aufgenommen hat. Wir waren jung und unerfahren und hatten gehofft, einen netten Menschen zu treffen, der uns bei allem helfen wird. Falsch gedacht! Gut, Ahti war schon freundlich und verfügt über Erfahrungsreichtum aber er war verdammt faul. Es war wohl nicht die Art von Musik, die er mag und wir waren nur eine von den nervenden, jungen Bands, die ihr Debüt aufnehmen wollten. Und das Resultat war nicht so toll. Im Abyss Studio war die Situation komplett anders. Wir haben die meiste Zeit mit Tommy gearbeitet und Peter hat beim Sound und Mixen geholfen. Zuerst hat es uns geschockt, daß es keinen PC im Studio gab und alles per Hand gemacht wurde. Ich will jetzt nicht so sehr ins Detail gehen, aber ich kann sagen, daß wir als Band im Abyss professioneller waren als der Soundmann. Er ist ein netter Typ und macht seine Arbeit gut, aber manche Dinge waren sehr kompliziert mit ihm. Dadurch wurde Zeit und auch Geld unnütz vertan. Ich kann ja versehen, daß wir rare Musik spielen und daß es schwer ist, ein Studio zu finden, das diesen Sound perfekt produzieren kann, aber… Unser größter Wunsch wäre, mal mit einem richtigen Produzenten zusammen zu arbeiten. Bisher war ich noch nie in einem Studio, das meine Wünsche perfekt umsetzen konnte. Vielleicht geht es Musikern ja immer so?!

Euer neues Album ‘Mephisto Lettonica’ ist über Scarlet veröffentlicht worden. Warum habt ihr dort unterschrieben und warum habt ihr Eldethorn überhaupt verlassen? Gab es noch andere Angebote? Und seid ihr mit eurer Wahl bisher zufrieden?
Wir haben Eldethorn verlassen, weil sie außer dem Bezahlen der Studiokosten nichts für uns getan haben. Promotion? Vergiß es! Es gab 250 Promo CDs (Scarlet haben 1500 gemacht) und während der ganzen Zusammenarbeit ist ein einziges Interview über sie arrangiert worden (für ein kleines spanisches Mag). Wir haben dann ein neues Promo aufgenommen und an verschiedene Labels geschickt. Es kamen einige Angebote und das beste war, wie man sich denken kann, von Scarlet. Und bisher haben wir keine Probleme mit ihnen gehabt. Aber laß uns abwarten, was sich in bezug auf Konzerte und Touren ergibt… vielleicht singe ich dann ein ganz anderes Lied, ha ha.

Der Titel eures neuen Albums ‘Mephisto Lettonica’ läßt ein interessantes lyrisches Konzept vermuten. Womit befassen sich eure Texte diesmal?
Nun, wir haben den Titel aufgrund des schönen Klanges gewählt. Mann sollte also nicht nach einer versteckten Bedeutung dahinter suchen. Die Texte sind diesmal verglichen mit dem ersten Album wilder, wenngleich sie auch philosophisch sind. Man könnte das eine Mischung aus Philosophie und Instinkt nennen. Ich habe auch einen Textausschnitt von William Blake (‘The human abstract’) sowie Übersetzungen von dem russischen Schriftsteller Velimir Khlebnikov (in ‘Feral Garden’) verwendet. Ich hoffe, es gefällt dir.

Für wen oder was kannst du dich momentan am meisten begeistern?
Für Frauen, ha ha! Nein, im Ernst, momentan begeistern mich Nevermore am meisten. ‘Dreaming Neon Black’ hat mich anfangs gar nicht so vom Hocker gehauen, aber in letzter Zeit habe ich richtig Feuer gefangen. Allerdings mag ich momentan ihr neustes Album nicht so. (Das gefällt dir dann sicher, wenn das nächste rauskommt… – Anm. v. K.) Was sonst noch? Die neue Napalm Death und die Cradle of Filth! Besonders witzig sind immer die Diskussionen, ob Cradle of Filth nun Poser sind oder nicht… Ich halte sie für eine gute Band; sie haben schon immer zu meinen Faves gehört. Ihr neues Album ist komplexer, das gefällt mir.

Wart ihr eigentlich nach der Veröffentlichung eures ersten oder zweiten Albums auf Tour?
Also es war nichts dabei, was man wirklich Tour hätte nennen können. Wir hatten fünf Gigs in Tschechien und der Slowakei, einen in Österreich und einige in den baltischen Staaten. Aber sie waren alle selbst organisiert. Leider haben wir
noch nie in Deutschland gespielt. Es war damals wirklich ein Schock für uns, als das zweite Eternity Festival ins Wasser gefallen ist. Wir hätten wirklich gerne gespielt. Wir würden wirklich gerne mehr Konzerte spielen und hoffen, daß Scarlet uns dabei helfen werden.

Ihr feilt doch sicher schon an neuen Songs, oder?! Wie hört sich das neue Material an? Kannst du uns schon etwas darüber verraten?
Wir haben zwar schon neues Material, aber wir haben noch keine Songs daraus gemacht. Zuerst müssen wir entscheiden, in welche Richtung wir uns entwickeln wollen, dann werden die neuen Ideen ausgearbeitet und Songs arrangiert. Deshalb kann ich noch gar nichts konkretes dazu sagen, sorry.

Wie sehen eure Pläne für die Zukunft aus?
Wie ich schon sagte, wollen wir so viel wir möglich live spielen. Vielleicht arrangieren Scarlet eine Tour. Wenn nicht, müssen wir uns selbst darum kümmern. Allerdings habe ich momentan ziemlich die Nase voll davon, alles selbst machen zu müssen. Bis Ende des Jahres werden wir sicher das Material für unser nächstes Album fertig haben. Das erscheint dann übrigens wieder bei Scarlet, da wir einen Vertrag über weitere zwei Alben haben. Ja, das ist wohl erstmal alles.

Dann beenden wir das Interview an dieser Stelle. Die letzten Worte gehören natürlich dir.
Wir danken dir und all unseren Fans in Deutschland. Ich hoffe, daß man sich bald auf einer Tour sieht. Hört euch unser neues Album an. Besondere Grüße sendet unser Gitarrist Herman an die Jungs von Blood Red Angel und Torture Chamber.
Kontakt: e-mail: Neglfields@mail.bkc.lv

www.neglectedfields.lv

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