Fvneral Fvkk Interview

Perverse Wahrheit

Fvneral Fvkk

Die „Lecherous Liturgies“ EP von Fvneral Fvkk hat massenhaft euphorische Reaktionen hervorgerufen und auch mich sofort begeistert. Bestärkt wurde der positive Eindruck durch den Auftritt auf dem Swampfest in Berlin, wo die Band nicht nur durch ihre Musik sondern ebenso durch eine erhabene Präsenz auf der Bühne überzeugt hat. Nachdem die Aufnahmen zum Debütalbum abgeschlossen waren, bat ich die Doom Metal Formation aus Hamburg um eine Audienz.

Ich falle gleich mit der Tür ins Haus. Ihr wart im Studio (Blastbeat Productions in Kiel) und habt euer Debütalbum „Carnal Confessions“ eingespielt. Was könnt ihr uns darüber schon verraten?

Decanus Obscaenus: Zunächst sei dir gedankt für die frommen Worte zu unserer Glaubensgemeinschaft. Wir haben uns zur Aufgabe gemacht, mit dem Album dort anzuknüpfen, wo wir mit „Lecherous Liturgies“ aufgehört haben. Das heißt, unsere tiefsten religiösen Überzeugungen in ein musikalisches Gewand zu übersetzen. Entstanden sind sieben monumentale Beichten der kirchlichen Fleischeslust…
Frater Flagellum: …und ein schöner Eröffnungsreigen, damit gleich mal klar ist, wie es bei uns so zugeht!

Werden auch Songs der „Lecherous Liturgies“ EP auf dem Album zu finden sein?

Decanus Obscaenus: Nein, die EP soll für sich stehen und markiert den Auftakt zu unserer geistlichen Mission.

Was könnt ihr uns über die einzelnen Songs erzählen?

Frater Flagellum: Die Songs der EP waren inhaltlich zwar durchaus an reale Zustände angelehnt, jedoch in ihrer textlichen Ausführung rein fiktiv.
Auf der neuen Platte basieren dagegen fast alle Tracks auf wahren Begebenheiten. Ein paar Beispiele: „The Hallowed Leech“ beispielsweise bezieht sich auf Papst Innozenz VIII, der sein eigenes Leben zu verlängern versuchte, indem er sich das Blut junger Knaben einflößen liess, was natürlich zu deren Tod führte.
„Poor Sisters of Nazareth“ handelt vom gleichnamigen Nonnenkloster und soll uns daran erinnern, dass unsere weiblichen Kirchenvertreter sich hinsichtlich Brutalität, Menschenverachtung und Perversion keineswegs hinter den Herren des Klerus verstecken brauchen.
„To Those In The Grave“ handelt von Kardinal George Pell, der sich nicht scheute, den Eltern der Kinder, die seine Priester vergewaltigt und in den Suizid getrieben haben, die Mitschuld zuzuschreiben. Nette Leute, nicht wahr? Wir fanden einfach, dass die Wahrheit perverser war als all unsere Geschichten.

Wie haben sich eure neuen Songs sich im Vergleich zu der EP weiterentwickelt?

Frater Flagellum: Nun, textlich hat sich der Fokus wie gesagt von der Fiktion zur Realität verlagert. Rein musikalisch sind wir unserer Basislinie treu geblieben, jedoch würde ich sagen, dass das Album ein etwas breiteres Spektrum an Schattierungen abdeckt. Auf einer EP ist man halt limitierter, aber auf einem Album muss man etwas mehr Abwechslung bieten. Wir haben jedenfalls etwas mit verschiedenen Tempi und Metren experimentiert, und auch geringfügige Einflüsse klassischen Heavy Metals verarbeitet. Es ist trotzdem noch eine reine Doom-Platte.

Steht das Label schon fest?

Natürlich haben unsere Texte sehr kontroversen Inhalt, und unser öffentliches Auftreten ist schon ganz schön plakativ, trotzdem steht immer die Musik im Vordergrund.

Decanus Obscaenus: Wir werden wieder den etwas ungewöhnlichen Weg gehen und mit zwei Labels arbeiten. Solitude Productions werden die CD und online Aktivitäten übernehmen. Vinyl und Tape werden wir über das Berliner Label Bleeding Heart Nihilist veröffentlichen.

Das Artwork knüpft stilistisch an das der EP an. Möchtet ihr etwas darüber erzählen?

Decanus Obscaenus: Auch hier haben wir uns für einen durchgehenden Stil entschieden. Da wir mit dem Cover der EP überaus zufrieden waren, kam eigentlich nur wieder IRRWISCH als Gestalter in Frage. Auch auf die Gefahr hin repetitiv zu werden, haben wir uns für das selbe Coverformat und Farbgebung entschieden. Scheint eine Art „Trademark“ von uns zu werden.

Frater Flagellum: Uns war es vor allem wichtig, das Cover nicht zu plakativ zu gestalten, da uns öfter mal vorgeworfen wurde, wir würden unser Image und Konzept in den Vordergrund stellen. Natürlich haben unsere Texte sehr kontroversen Inhalt, und unser öffentliches Auftreten ist schon ganz schön plakativ, trotzdem steht IMMER die Musik im Vordergrund. Wir wollen auf keinen Fall mit Mummenschanz musikalische Plattheit kaschieren, wie beispielsweise Bands wie Marilyn Manson oder Ghost das machen. Daher nehmen wir potenziellen Lästerern mit einem wenig plakativen Artwork gleich den Wind aus den Segeln. Und das Artwork lässt ja in Verbindung mit Bandname und Titel nach wie vor keine Frage offen, worum es bei uns geht!

Warum ist die EP über drei verschiedene Labels erschienen (Vinyl/Digital/Tape)?

Frater Flagellum: Das hat sich eher aus der Not heraus entwickelt. Wir hatten zwar Offerten von mehreren Labels, jedoch wollten die meisten lieber gleich ein Album herausbringen. Das kam für uns aber nicht in Frage, wir hatten erstmal nur die EP und wollten einfach diese 3 Songs rausbringen. Über mehr hatten wir zu dem Zeitpunkt noch gar nicht nachgedacht. Die jeweiligen Labels haben dann nur unter der Bedingung zugestimmt, ein bestimmtes Format für die EP zu machen. So hat es sich dann auf 3 Labels verteilt. Anfangs waren wir mit der Aufteilung nicht so glücklich, aber im Endeffekt hat es sich als sehr produktiv herausgestellt, so dass wir diese Konstellation jetzt einfach beibehalten haben.

Wie seid ihr auf die Idee für euer Bandimage und euren Namen gekommen? Ihr fallt wohl gerne auf, was?

Frater Flagellum: Eigentlich sind wir sogar lieber anonym. Aber wichtige Themen erfordern klare Worte. Man darf einfach nicht vergessen, dass Fvneral Fvkk anfangs nichts anderes war, als ein reines Nebenprojekt, bei dem wir einfach mal Abwechslung von unseren Hauptbands gesucht haben, und es hat uns damals ehrlich gesagt einen Scheiß interessiert, wie das ganze auf irgendjemanden wirken könnte. Konnte ja keiner ahnen, dass das tatsächlich mal Leute mögen würden.

Ihr seid keine großen Fans der christlichen Kirche, nehme ich an.

Decanus Obscaenus: Ich befürchte, deine Frage nicht verstanden zu haben.

Frater Flagellum: Ich muss doch sehr bitten! Wir sind perverse, heuchlerische alte Säcke, die zur Befriedigung der eigenen Bedürfnisse keine Tabus kennen und auf das Leid anderer scheißen, die Verantwortung dafür aber gerne einer ungreifbaren höheren Macht zuschieben. Welcher Platz sollte besser für uns sein als die christliche Kirche??

Wollt ihr uns das Konzept der Church Of Holy Fuck näher bringen?

Frater Flagellum: Wir wollen uns einfach nicht mehr länger verstecken. Der Missbrauch von Schutzbefohlenen und das Ausbeuten von Untergebenen ist Gottes Wille! Sonst würde es ja wohl kaum millionenfach von Priestern praktiziert, nicht wahr? Wir haben das Verstecken satt und treten mit der Church of Holy Fuck für eine neue Religion, die das fleischliche Beisammensein von Priestern und Jungs nicht nur legitimiert, sondern zelebriert. Wir wollen der katholischen Kirche ein Vorbild sein. Brüder, schämt Euch nicht Eurer Lust!!! Lebt sie aus!! Der Herr will es so!
Und wer die Ironie nicht begreift, kann sich gleich daneben legen.

Fvneral Fvkk (Foto: Jörg Kandziroa)Möchtet ihr etwas über eure Bandgeschichte erzählen? Es gab einen Wechsel an der (Live) Gitarre?

Decanus Obscaenus: Die Grundbesetzung der Band ist stabil geblieben. Auf der Bühne haben wir uns jedoch Verstärkung durch ABBAS ANIMALIS an der Rhythmusgitarre geholt. Leider musste uns Bruder ABBAS aus zeitlichen Gründen verlassen und wird derzeit durch PASTOR PELLEX ersetzt.

Mögt ihr euch kurz vorstellen? Was macht ihr, wenn ihr die Fvneral Fvkk Roben abgelegt habt?

Decanus Obscaenus: Unsere weltlichen Namen sollen hier keine Rolle spielen. Ich habe mich an der elektrischen Gitarre eingefunden, Frater Flagellum spielt die Trommeln und Becken, Vicarius Vespillo macht sich am elektrischen Bass zu schaffen und Cantor Cinadicus hat für sich die Erfüllung am Gesang gefunden.

Frater Flagellum: Die Priester der Church of holy Fvkk legen ihre Roben selbstverständlich nur in der Knabensauna ab. Was wir dann machen, erklärt sich wohl von selbst!

Es gibt personelle Überschneidungen mit Ophis, Fäulnis und Crimson Swan (habe ich was vergessen?). Wie sieht es da mit euren Prioritäten aus? Man muss ein ausgesprochener Doom Fan sein, um in zwei Doom Bands zu spielen, oder?

Frater Flagellum: Crimson Swan gibt es derzeit nur noch auf dem Papier und Cantor Cinaedicus ist dort auch schon vor geraumer Zeit ausgestiegen. Er spielt aber noch bei Voidhaven. Ich übrigens auch. Vicarius Vespillo und ich spielen auch noch bei Ophis. Was das betrifft, so versuche ich, alle Bands möglichst gleichberechtigt nebeneinander stehen zu lassen. Aber der Tag hat nun mal nur 24 Stunden, und manchmal bleiben Zeitprobleme nicht aus. In diesem Fall haben dann Ophis bei mir doch Vorrang, weil das nun mal meine musikalische Heimat seit über 15 Jahren ist.

Ich bin schon ziemlicher Doom Fan. Eigentlich wollte ich aber nie in mehreren Doom Bands spielen. Ursprünglich war Fvneral Fvkk auch eher als ruppigere, schnellere Band ausgelegt. Decanus schwenkte aber irgendwann auf Doom um, und ich wollte eigentlich gar nicht mitziehen. Zwei Doombands schienen mir irgendwie sinnlos. Aber leider war das Material, das er anschleppte, derart gut, dass er mich weichgeklopft hat. (Gott sei Dank! – Anm. v. Katja) Warum die Chance auf gute Musik ablehnen, nur um an Prinzipien festzuhalten?

Decanus Obscaenus: Zu meiner Wenigkeit sei gesagt, dass meine vergangene Band Fäulnis die Bühnenaktivitäten eingestellt hat. Somit kann ich mich nun umso intensiver mit spiritueller Musik wie Fvneral Fvkk beschäftigen.

Welche Einstellung zur Doom Metal Szene habt ihr?

Frater Flagellum: Die interessantere Frage ist eher, welche Einstellung hat die Doom Szene zu uns. Wir amüsieren uns immer ganz prächtig über die abfälligen Internet-Kommentare der selbsternannten True Doom Elite, die uns aufgrund unseres „pubertären“ Namens und der Inhalte leider nicht gut finden darf. Nicht true genug. Wie diese dann versuchen, alles auf den Bandnamen zu schieben und uns zerreissen, obwohl sie die Musik noch nicht mal angehört haben (weil, dann könnten sie ja feststellen, dass das genau ihre favorisierte Mucke ist, und das wäre dann ein Konflikt). Ist schon sehr witzig manchmal.

Ansonsten sehen wir uns ganz klar als Teil der Doom Szene und fühlen uns da auch heimisch… schließlich sind zumindest Ophis da ja auch einigermaßen etabliert.

Wo liegen eure Einflüsse (musikalisch und textlich)?

Frater Flagellum: Textlich denke ich, sollte das wohl offenkundig sein. Insbesondere jetzt, wo fast alles auf Tatsachen basiert. Musikalisch sind wir ganz unexotisch beeinflusst von den klassischen Epic Doom Bands, wie Candlemass, Procession, Solitude Aeternus, Lord Vicar, Count Raven, Tristitia, so Zeug eben.

Wir sind perverse, heuchlerische alte Säcke, die zur Befriedigung der eigenen Bedürfnisse keine Tabus kennen und auf das Leid anderer scheißen, die Verantwortung dafür aber gerne einer ungreifbaren höheren Macht zuschieben. Welcher Platz sollte besser für uns sein als die christliche Kirche?

Wo liegen eure persönlichen musikalischen Vorlieben?

Decanus Obscaenus: Ich schmelze bei Kinderchören dahin. Gerade der Knabenchor St. Blasius kann mich derzeit begeistern.

Stehen Konzerte neben dem In Flammen Festival oder eine Tour an? Ein Videoclip? Habt ihr andere Zukunftspläne?

Decanus Obscaenus: Die Wege des Herrn sind unergründlich. Wir denken gerade darüber nach ein Video zu produzieren, Auftritte werden geplant. Gott wird uns leiten und uns einen Weg weisen.

Frater Flagellum: Wo immer sich ein Veranstalter erbarmt, einen Obdachlosen zu vertreiben, damit wir einen Platz zum Spielen bekommen, da werden wir aufschlagen. Wo immer Eltern bereit sind, ihre Kinder in die Hände von geistig Degenerierten zu geben, da werden wir musizieren. Für hohe Beträge im Klingelbeutel natürlich!

Welchen Merchandise Artikel würdet ihr gern produzieren lassen, wenn Geld keine Rollen spielen würde und der Fantasie keine Grenzen gesetzt wären?

Decanus Obscaenus: Kirchenorgeln auf denen ausschließlich Moll-Tonleitern gespielt werden können.

Frater Flagellum: Ich bin kein Freund großer Merchandise-Paletten. Wir wollen doch Musik machen und keine Haushaltsgeräte verkaufen, oder? All diese Bands, die gerade mal eine Platte gemacht haben, aber schon Mousepads, Kaffeetassen und eigenes Bier anbieten, haben doch keine Eier und keinen Glauben!!

Mit welchen Musikern (tot oder lebendig) würdet ihr gerne mal eine Jam-Session machen?

Decanus Obscaenus: Werte Schwester Katja, welch schändliche Frage ist dies? Selbstverständlich Jesus Christus!

Frater Flagellum: Michael Jackson natürlich. Wenngleich sein gesangliches Wirken doch eher unchristlich war, so konnte doch kein Musiker so schön auf kleinen Knaben fiedeln wie er!

Ich bedanke mich bei euch. Last words.

Frater Flagellum: Je verdreckter Deine Bibel, desto reiner Deine Seele!

fvneralfvkk.bandcamp.com
facebook.com/fvneralfvkk

Fvneral Fvkk

Fotos: Jörg Kandziroa, kandziora-photo.de, facebook.com/kandzioraphoto

 

Interview aus Eternity Nr. 24