Helfahrt Interview

„Drifa“ – der dritte Epos von Helfahrt – bricht noch ein Stückchen weiter aus der bisher häufig bemühten Pagan Ecke aus und glänzt mehr denn je mit durchdachten Kompositionen und Spannungsbögen. In Punkto Qualität kommen mehr als einmal Namen wie Nagelfar oder Helrunar in den Sinn. Neben musikalischen Facetten hat Gesprächspartner Max (Vocals) jedoch auch zu einigen anderen Themen Interessantes zu berichten…

Max, bevor wir uns aktuellen Dingen und da speziell Eurem neuen Klasse-Album“Drifa“ widmen, würde ich gern einen Blick in die Vergangenheit werfen: gestartet hast Du Helfahrt als Solo-Projekt. Wann kam für Dich der Punkt daraus eine vollwertige Band zu machen?
Irgendwann erlangte ich einen Punkt an dem ich mit meinen eigenen Kompositionen nicht mehr weiter gekommen bin. Ich kopierte mich quasi am Ende schon fast selbst. Um zu neuen Idee zu kommen und mir neue Inspiration zu suchen, beschloss ich mein Projekt ab ca. 2005 zu einer vollständigen Band auszubauen. Diesen Schritt habe ich nie bereut.

Ist Helfahrt immer noch als „Deine“ Band zu betrachten oder schon eine demokratische Gruppe, in der sich jeder gleichberchtigt einbringen kann?
Ich sehe Helfahrt immer noch als meine eigene Band an, da ich mein ganzes Leben, meine Träume und Visionen, meine gesamte Leidenschaft und Kreativität in diese Band stecke. Was jedoch nicht heißen soll, daß es bei den anderen nicht so ist – ich denke jeder von uns nennt inzwischen Helfahrt seine eigene Band.. Man kann schon sagen, daß die Band schon zu einer demokratischen Einheit zusammengewachsen ist, was ich durchaus begrüße! Hunderprotzentige Demokratie sollte es jedoch meines Erachtens in einer Band nie geben – es muss immer jemand da sein der förmlich den Takt angibt – sei dies auf das Komponieren oder die Organisation bezogen. Somit teilen wir uns einfach bestimmte Punkte, jeder macht mal mehr, mal weniger – so sind schlußendlich alle zufrieden. Ich habe vor Helfahrt in vielen anderen Bands gespielt, die sich an einer absoluten Demokratie versucht haben, die Geschichte zeigt uns, daß dies keine gute Idee war.

Wenn Du jeden von Euch fünf in einem Satz beschreiben müsstest – sowohl in Bezug auf prägnante Charakterzüge als auch auf die Rolle innerhalb der Band – welche Statements würdest Du abgeben?
Eine in der Tat sehr schwierig zu beantwortende Frage, da ich auch ehrlich gesagt nicht beabsichtige in dieser Art und Weise über die anderen Mitglieder Helfahrts zu urteilen. Ich denke, daß dies ein Aussenstehender in gewisser Weise besser tun sollte. Was ich sagen kann ist, dass wir im Wesentlichen alle zutiefst ironische Menschen sind. Nach Außen hin wirkt das oft wie Arroganz – desöfteren wurde uns das auch so an den Kopf geworfen – aber ich kann sagen das dem bei weitem nicht so ist.

Als Ihr damals 2005/06 mit den ersten Releases an den Start gegangen seit, was hattet Ihr an klaren Vorstellungen, was Ihr erreichen wolltet? Rückblickend auf die letzten – bisherigen Helfahrt- Jahre: Was hättest Du Dir nicht träumen lassen, was Ihr mit der Band geschafft/ erreicht/ erlebt hat? Andererseits: auf welche Erfahrungen/Erlebnisse hättest Du rückblickend gern verzichtet?
Wir hatten tatsächlich überhaupt keine Erwartungen an die Band! Geplant war es mit Helfahrt maximal ein-zweimal pro Jahr im Großraum München live zu spielen. Allerhöchstens vielleicht ein Demo für Freude zu veröffentlichen. Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt und so ergab es sich das ich nur zwei Jahre später meinen Jugendtraum einer richtigen Nightliner-Tournee mit meinen Jugend-Vorbildern Helheim (NOR) verwirklichen durfte. Hätten wir jemals ernsthaft an einen zu erstrebenden Bekanntheitsgrad bei der Bandgründung gedacht – so hätten wir die Band sicherlich nicht HELFAHRT genannt,hahaha! Was die Band betrifft, so gibt es nichts zu bereuen. Wir haben mehr erreicht als wir uns jemals hätten träumen lassen, sogar im fernen England haben wir bereits gespielt…alles was jetzt noch kommt ist nur ein Bonus.

Apropros frühe Releases: mir ist aufgefallen, dass Euer „Sturmgewalt“-Album ziemlich schwierig bzw. nicht überall zu bekommen ist. Woran liegt das?
„Sturmgewalt“ erschien damals bei einer anderen Plattenfirma – noch heute bin ich davon überzeugt das uns dieses Album zur Hoch-Zeit des Pagan Metal Booms in ganz hohe Gefilde katapultiert hätte, wäre „Sturmgewalt“ anständig promoted worden. Leider war dem nicht der Fall und so bekamen wir lediglich acht Rezensionen auf “Sturmgewalt” – keinerlei Werbung und viele wissen bis heute nicht das dieses Album von uns überhaupt existiert. Aber zurück zu Deiner Frage: Wie schon erwähnt, erschien das Album bei einer andere Firma, als wir das Label wechselnden und wir Exemplare von „Sturmgewalt“ für unsere Live-Gigs bestellen wollten, hieß es seitens des Labels, dass wir unsere CDs für 15.-€ pro Einheit abkaufen könnten -also zum VK-Preis. Ganz ehrlich: Ich kaufe nicht meine eigene Musik und schon gar nicht für eine dermaßen horende Summe! Da unser altes Label noch nicht mal jetzt darum bemüht ist anständige Promotion für „Sturmgewalt“ zu schalten,bleibt dieses Album auch nur wenigen Menschen vobehalten. Eine Nachpressung von “Sturmgewalt” können wir erst wieder in Erwägung ziehen wenn die Rechte am Album erneut auf uns zurückfallen. Dies dauert jedoch noch etliche Jahre. Somit sind uns die Hände gebunden – auch wenn wir das Album gerne wiederveröffentlichen würden.

Auf Eurer Seite findet man jede Menge Top-Referenzen von namhaften Magazinen zu Euren CDs. Habt ihr die schlechten Reviews/Benotungen einfach versteckt/unter den Tisch fallen lassen oder ist so etwas tatsächlich eher selten?
Glücklicherweise haben wir zu „Drifa“ bisher nur zwei Verrisse bekommen – ein Verriss von einem Engländer der töfte Bands wie Hammerfall und Edguy favorisiert – also genau Bands die überhaupt nicht in unser Genre passen, das andere Review ist von unserer Freundin des Vampster-Magazins, die nach wie vor Rezensionen über uns verfasst, obwohl es absolut ersichtlich ist, dass sie unsere Musik persönlich schlecht findet. Ich habe nichts gegen Kritik insofern diese objektiv und mit Intellekt angebracht wird. Sollten wir in naher Zukunft eine gut geschriebene, durchdachte, objektive Rezension erhalten die unser neues Album kritisiert, dann werde ich diese auch gerne online stellen. Aber schlechte, subjektive Rezensionen von dilletantischen Möchtegern-Journalisten oder Scheuklappen-tragenden Hobby-Black Metallerinnen werde ich sicherlich keine Plattform bieten.

Auf „Drifa“ wird ein Stück („Auf dem Strome“) mit einer merkwürdigen Sprechpassage eingeleitet, die von eine Schnecke und einer Rasierklinge handelt.
Es handelt sich hierbei um ein Zitat aus dem Buch „Herz der Finsternis“ von Joseph Conrad -einem Schriftsteller des 19. und 20. Jhds. Hiermit wird der tiefe Abgrund der menschlichen Seele sowie das Verlangen zwischen Tod und Leben existieren zu können – auf „des Messers Schneide“ zu wandeln näher beschrieben. Das „kriechen“ auf dem Rasiermesser ist somit eine Metapher die den Zustand der absoluten Losgelöstheit, der Unabhängigkeit sowie der totalen Selbstkontrolle erläutert. Das Überschreiten einer neuen, unbekannten Stufe der Spiritualität. Man findet dieses Zitat auch in dem Film „Apocalypse Now!“ mit Marlon Brando. Der Text „Auf dem Strome“ handelt metaphorisch genau über den oben beschriebenen Zustand. „Alles schweifen, alles Sehnen – nur noch Fern in mattem Rot“.

Die Texte Eurer Alben sind fast ausnahmslos in deutsch verfasst. Vereinzelt nutzt Ihr alt/platt-deutsche Passagen. Wie kommen diese Ausnahmen zu stande bzw. wann setzt ihr diese ein?
Ich glaube, dass zu einer Musik wie wir sie machen, englische Texte nicht wirklich passen würden. Deutsch ist eine sehr ausdrucksstarke Sprache und das Kombinieren von z.B. Substantiven in der Art und Weise wie wir es in unseren Texten tun, wäre in der englischen Sprache nicht möglich. Die Alt-Deutschen Passagen verwende ich in meinen Texten wirklich nur ganz selten – inzwischen sogar gar nicht mehr. Ich besitze aber reichlich Literatur was alte Deutschte Dialektik betrifft. In der Vergangenheit habe ich mich von dieser inspirieren lassen und diverse Fragmente des alten Sprachgebrauchs in die Texte eingebettet – auch um zu präventieren das diese gänzlich in Vergessenheit geraten. Für die bayrischen Parts ist unser Schlagzeuger Andreas verantwortlich. Obwohl wir selbst nicht dauernd im bayrischen Dialekt sprechen, so empfanden wir es als durchaus innovative Idee, das Bayrische in die Textkompositionen mit einfliessen zu lassen. Zudem ist Bayrisch geradezu prädestiniert für Black Metal -Gesang.

Wie bedeutend ist Euch generell die lyrische Komponente Eure Lieder? Was ist für Euch das Wichtigste, das Ihr damit an Eure Hörer transportieren möchtet?
Die lyrische Komponente bedeutet uns genauso viel wie die musikalische Umsetzung! Ein Stück ist für mich erst perfekt wenn auch der verfasste Text dazu passt und ich 100% hinter diesem stehen kann. Unsere Texte auf “Drifa” sind zutiefst persönlich, handeln von Hoffnung, Sehnsucht, Melancholie, Tod und Trauer. Diese lyrischen Aspekte sind dermaßen auf einer persönlichen Ebene, dass wir noch nie auf die Idee gekommen sind, dem Hörer unsere Karten offen zu legen. Kaum jemand wird und kann die tatsächliche Tiefe mancher Zeilen oder Wörter deuten, da sie teilweise die innersten Gedankengänge des Verfassers wiederspiegeln. Jedoch wird sich bestimmt der ein oder andere mit gegebener Interpretation selbst in den Texten wiederfinden. Somit sind die Texte für den Leser reine Auslegungssache.

Eure neue CD gibt es auch in einer speziellen Holzbox (mit Patch & Autogramm). Inwieweit habt ihr Mitspracherecht bei der Ausgestaltung gehabt? Wie wichtig erachtest Du in der heutigen Zeit solche Sonder-Editionen?
Wir sind überglücklich bei Trollzorn/SMP das absolute Mitspracherecht was Produktion und Design betrifft zu haben. Trollzorn lassen uns keine Wünsche offen. Wir wollten seit den Anfangstagen der Band immer schon eine etwas edlere Aufmachung haben, etwas das dem Käufer und Hörer unser Herzblut, welches wir in jede unserer Alben stecken, verdeutlichen soll. Als ich damals im Trollzorn-Office angerufen habe, um ihnen meine Idee mitzuteilen, waren diese auch sofort von der Idee begeistert und nur zwei Wochen später war alles geklärt. Sicherlich ist eine Holzbox nicht unbedingt günstig was die Produktion betrifft und somit auch immer ein Wagnis für Künstler und Plattenfirma. Jedoch denke ich das es eine gute Investition ist, da heute doch kaum noch jemand aktiv CDs kauft. Traurig aber wahr. Ich kenne inzwischen die Statistiken und im Durchschnitt kauft ein Großteil der Leute CDs nur noch auf Gigs. Der Rest lädt fleißig Musik illegal oder legal herunter. Ich kann das einerseits schon verstehen – als ich 17 war musste ich mir auch ständig das Geld für CDs und Platten zusammenkratzen und ich hätte vieles darum gegeben mit drei Klicks die Musik kostenlos mein Eigen nennen zu können. Bei einer limitierten Edition ist das allerdings ein bisschen anders, da man ja Geld für etwas ausgibt das mehr ist als einfach nur ein Tonträger. Die Holzbox und der Aufnäher sind schöne Gegenstände, man besitzt etwas besonderes, etwas das nicht jeder hat. Heute ist es mehr als wichtig dem Käufer etwas besonderes zu bieten, nur das Album im Jewel Case reicht schon lange nicht mehr aus.

Auf der anderen Seite habe ich Eure Releases nicht als Vinyl entdecken können. Kein Interesse von Eurer Seite?
Vinyl! Ja, da ist was geplant – in der Tat. Für die Treusten der Treuen wird es eine Vinyl-Edition geben. Ob 12″ ode 7″ steht jetzt noch nicht fest. Ich muss das noch alles mit Trollzorn abklären. Es wird aber definitiv eine Überraschung werden…

Wenn Du Dir persönlich neue Sachen zulegst, achtest Du auf spezielle Box-Sets, Editions etc., kaufst stinknormale Slipcases oder besorgst Dir das Zeug nur als mp3?
Persönlich interessiert mich hauptsächlich die Musik wie ich gestehen muss. Ich kaufe jedoch Alben direkt bei der Plattenfirma oder bei den Bands da ich weiß wie wichtig das ist. Hinzu kommt das ich CDs und Platten wie ein Verrückter sammele und ich würde mir niemals MP3s auf meiner Anlage anhören. Wenn eine Band oder ein Künstler eine besonders schöne Limited-Edition veröffentlicht, dann greife ich da natürlich zu. Eine Blechbox würde ich mir z.B. niemals kaufen. Ich habe noch nie verstanden was daran besonders sein soll…

Max, Eure Seite schmückt das Statement „Helfahrt is not a political band! Prejudices are just a poverty of mind!“ Ich nehme an, dies steht da nicht ganz ohne Grund…
Wie viele andere Bands unseres Genres hatten auch wir in der Vergangenheit massivst Probleme mit etwaigen Beschuldigungen das es sich bei Helfahrt um eine rechts gerichtete Musikgruppe handle. Man wollte uns einen Strick daraus drehen das unsere Texte ausschließlich in der deutschen Sprache verfasst seien. Kaum zu glauben. Aus diesem Anlass habe ich damals dieses Statement auf die Website gesetzt. Der Rest ist Schweigen.

Habt Ihr für Euch auf Grund Erlebnisse in der Vergangenheit irgendwelche Konseqeuenzen gezogen in Bezug auf Handeln, Aussagen etc.?
Nein, keineswegs. Warum auch? Wir haben nichts zu verbergen und nur wegen ein paar politisch extremen Spinnern lassen wir uns nicht in unseren Aussagen limitieren.

Ich unterstelle Helfahrt eine starke Heimat- und Naturverbundenheit. Drückt sich das auch neben der Band aus und wenn ja, wie?
Definitv – bei uns allen. Andreas ist im Perchtenverein, Markus fester in der bayrischen Kultur verankert als jeder andere von uns und ich bin aktives Mitglied im Alpenverein und somit fast bei jedem schönen Wetter in den Bergen. Ich kümmere mich um die Sanierung der Berg-Routen sowie die Erhaltung unserer schönen Bergheimat durch Aktionen wie beispielsweise der Neubepflanzung von Erosion gefährdeten Hängen. Unsere Heimat- bzw. Naturverbundenheit orientiert sich jedoch nicht an geographischen und territorialen Grenzen sondern äußert sich vielmehr durch romantische Spiritualität und verträumten Mystizismus. Dies tragen wir alle in uns – und es ist nicht möglich das in Worte zu fassen.

Helfahrt war/ist auf dem Live-Sektor sehr aktiv. Ich glaube, es ist nicht selbstverständlich jedes Jahr auf Tour zu gehen. Wem ist das zu zu schreiben: viel Eigenaktivität? Rührige Promotion-Firma? Bedingungsloser Support vom Label?
Das ist so absolut richtig. Wir genießen diese Sonderstellung sehr, da wir bemerkt haben wie wichtig das Touren inzwischen geworden ist. Allerdings achten wir natürlich auch darauf, dass wir nicht an jeder Straßenecke auftreten und somit werden inzwischen viele Gig-Angebote welche wir für überflüssig erachten, abgesagt. Die Tour mit Helheim war damals tatsächlich ein Angebot von einer Booking Agentur, die zweite Tour hatte dann unser Label in Kooperation mit einer der tourenden Bands organisiert. Die Unterstützung des Labels spielt bei Touren eine sehr große Rolle, wenn man bedenkt das im Durchschnitt ein Nightliner 600 bis 900 Euro pro Tag kostet. Diese hohe Summe kann meistens nur von einer Plattenfirma gedeckt werden. Es ist ein Privileg zu den wenigen Bands zu gehören, die die Möglichkeit haben eine Nightliner-Tour zu fahren. Das ist uns bewusst und wir schätzen diesen Status sehr! Seit März sind wir bei einer Booking Agentur unter Vertrag – diese organisiert dann auch die Tour 2011. Ich glaube ohne Booking-Agentur und Label-Deckung ist es sehr schwer an so etwas wie Touren überhaupt zu denken.

Auch für diesen Herbst habt Ihr gerade frisch eine Tour mit Menhir angekündigt? Mit welchen Erwartungen geht Ihr – mit Eurer bisherigen Live-Routine – heran?
Wir freuen uns natürlich alle schon sehr darauf mit einer Kult-Band wir Menhir auf Tour zu gehen! Das ist gewissermaßen schon eine Ehre für uns. Wir kennen Menhir bereits seit langer Zeit persönlich und daher freuen wir uns vorallem auch auf die gemeinsamen After-Show-Festivitäten! Die Tour wird relativ kurz gestaltet sein – lediglich 10 Tage. Schaut einfach ab und an auf unsere Website und behaltet unseren Terminkalender im Auge!

Bandhomepage: www.helfahrt.com
Labelhomepage: www.trollzorn.de

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