Raging Death Date 2016

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Wie jedes Jahr startet das Osterwochenende etwas unterkühlt. Die wenigen Irren, die in Zelten übernachtet haben, genießen die vereinzelten Sonnenstrahlen und versuchen, sich an die süffige Pre-Party am Vorabend zu erinnern.

26.03. Lihhamon (2)Kurz vor 14.00 Uhr zieht es die ersten in den WOTUFA-Saal, dort sollen LIHHAMON den Samstag einläuten. Die überschaubare Menschenmenge ist noch etwas verschlafen, doch sie wird umso heftiger wachgerüttelt, als die ersten Töne aus den Boxen dröhnen. Das Leipziger Trio überzeugt von Anfang an durch kraftvollen Black/Death, der sich durch beinahe überschlagende Geschwindigkeit, bestialische Growls und wahnsinniges Screaming auszeichnet. Und damit der aggressive, geradlinige Stil nicht langweilig wird, sind die Songs mit Tempowechseln und melodischeren Parts versehen. Nicht nur akustisch liefern die Herren eine exzellente Show ab, sie haben auch noch ordentlich Bühnenpräsenz. Zum Abschluss gibt’s ein Black Witchery Cover, zu dem sie sich als Unterstützung den Sänger von Bloody Vengeance & I I auf die Bühne holen. Spätestens jetzt geht in den ersten Reihen Bewegung los. Eindrucksvoller Auftritt! Vor allem, wenn man bedenkt, dass es LIHHAMON erst seit knapp einem Jahr gibt.

26.03. Blackevil (3)Schon vor Beginn der nächsten Band hat sich eine Fanschar – auffällig weiblich dominiert – vor der Bühne versammelt und als BLACKEVIL schließlich loslegen, ist der Raum gut gefüllt. Blickfang ist hier definitiv der Sänger: Lockenkopf mit Sonnenbrille, rotem Bass, über und über gespickt mit Nieten, der ganz offensichtlich gerne im Rampenlicht steht. Stimmlich fällt mir vor allem auf, dass er noch abgedrehter klingt und mehr in die Höhen geht als auf Platte, was mir sehr zusagt. Auch sonst ein solider Auftritt: schnelle, schwärzliche Thrash-Metal-Klänge, fabriziert von fähigen Musikern, die begeistert bei der Sache sind. Beim abschließenden „Outbreak of Evil“-Cover, das auch auf ihrer EP „Hail the Cult“ zu hören ist, rasten nicht nur eingefleischte Sodom-Fans aus.

Als nächstes folgt ein Split-Auftritt. Etwas ungewöhnlich, aber im Anbetracht dessen, dass beide Bands beinahe die gleiche 26.03. Luzifer (2)Besetzung und noch nicht viele Songs veröffentlicht haben, durchaus sinnvoll. Die ersten 25min gehen an VULTURE, die ziemlich abgefahrenen Speed Metal bieten und gesanglich BLACKEVIL locker in die Tasche stecken können. Nach einer kurzen Umbaupause stürmen LUZIFER die Bühne, um die Herzen aller Heavy-Metal-Fans zu erfreuen. Obwohl das Set nur ihre EP „Rise“ umfasste, also drei Songs, eine meiner absoluten Favoriten! Das Publikum ist begeistert von beiden Bands und lässt sich auch durch die Pause nicht davon abhalten, vor der Bühne zu verharren. Mich hat vor allem der Gesang gefangen genommen und noch lange hallen die Textzeilen nach: „Luzifer, come and take my soul tonight!“

26.03. Skelethal (1)Wem die Heavy-Schiene zu seicht ist, der kommt bei SKELETHAL wieder auf seine Kosten. Die Franzosen machen Oldschool-Death-Metal, wie er sein muss: roh, räudig, unpoliert! Die Halle ist unverständlicherweise nur spärlich gefüllt, doch die Jungs (und das Mädel) von Skelethal legen trotzdem ordentlich los. Die beiden Gitarristen, die nur für Live-Auftritte die Band unterstützen, ergänzen sich ganz hervorragend und schaffen eine angenehme Mischung aus melodischeren und dahinschreddernden Abschnitten. Während die Drums grob und kompromisslos nach vorne peitschen, überzeugt der Sänger durch kehlige Growls und ausdrucksstarkes Auftreten. Auch der Schlagzeuger übernimmt stellenweise die Vocals. Alles in allem ein glänzender Auftritt, auch wenn die Gitarren etwas leise waren. SKELETHAL können sich locker bei klassischen 90er Jahre Death Metal Bands mit einreihen!

26.03. Drengskapur (2)Zu DRENGSKAPUR wird der Saal noch leerer. Partymusik macht das Zweiergespann nicht gerade – für diesen schweren, düsteren Black Metal muss man auch in der Stimmung sein. Doch einige überrascht der Auftritt, da man von der Musik, ehrlich gesagt, weniger erwartet habe. Der atmosphärische, mächtige Sound findet durchaus Anklang. Stellenweise werden die Songs jedoch langatmig und monoton, dann merkt man, wie die Glieder langsam schwerer werden. DRENGSKAPUR schaffen es einfach nicht ganz, das Publikum zu fesseln, was wohl auch daran liegt, dass der in einen schwarzen Umhang gekleidete Sänger mehr seine Gitarre besingt, als die Zuhörerschaft. Fazit: musikalisch ganz gut, Performance eher lasch!

CROSS VAULT starten mit dem allerbescheidensten Sound – Gitarren komplett übersteuert, Gesang kaum hörbar. Nach ein paar Songs bemerkt das der Sänger, bittet die Soundtechniker um Anpassung, daraufhin ist alles zu laut. Das stört die Atmosphäre natürlich ungemein und lässt sich schwer ausblenden. Der Gesang ist auf jeden Fall ungewöhnlich und nicht das, was man sich bei Doom Metal vorstellen würde. Ich empfinde es nicht immer als ganz stimmig, aber der Sänger hat auf jeden Fall eine kräftige Stimme, die wandlungsfähig ist und von clean, über kehlig bis hin zu Growls alles kann. Seine übertriebene Gestik ist manchmal irritierend, zeigt aber auch, dass er in seiner Musik aufblüht. Ich weiß nicht so recht, wie ich die Band einordnen soll. Einige Songs waren etwas schräg, andere Songs empfand man wiederum als total mitreißend mit hörbaren Pallbearer-Tendenzen und man konnte sich so richtig darin verlieren. Es lohnt sich die Musik zu Hause nochmal zu hören!

TÖRR kann man ohne Zweifel als Urgestein des Black-Thrashs bezeichnen – immerhin gibt es sie bereits seit 1977! Naja, zumindestens Gitarrist und Sänger Hereš ist von Anfang an dabei. Törr war wohl die Band, die am meisten Spaß auf der Bühne hatte. Es ist eine wahre Wonne, die drei dabei zu beobachten, wie sie mal auf Tschechisch, mal auf Englisch scherzen und über die Bühne „hoppsen“. Die gute Laune geht natürlich aufs Publikum über – Fans, aber auch Törr-Jungfrauen werden von den harten Klängen mitgerissen!

Hauptact des ersten Abends sind THE EXALTED PILEDRIVER – Thrash Metal mit Unterhaltungsfaktor! Wer diese Band alleinig auf das extravagante Auftreten des Sängers beschränkt und sich davon abschrecken lässt, hat einfach Pech! Der Piledriver ist durchaus als sehr kräftig zu bezeichnen und tritt mit einem seiner üblichen Outfits auf: alles Leder und Latex, der massive Bauch kaum bedeckt. Viele Fans schätzen die Band v.a. für ihre beiden Alben, die sie vor der Auflösung ’88 veröffentlichten. Von selbigen spielen sie eine ganze Reihe Songs, bei „Sex With Satan“ rastet das Publikum komplett aus. Auch die Band ist voll dabei, besonders der Sänger: er wirft den Zuschauern laszive Blicke zu, während er mit seinen Nippeln bzw. seinem Bauchnabel spielt – äußerst erotisch! Musikalisch ist der Auftritt ebenfalls großartig – auch Songs von der „Metal Manifesto“, die eigentlich eher nicht so mein Fall ist, kommen mitreißend daher. Sehr gelungener und unterhaltsamer Auftritt!

26.03. Morast (1)Völlig verausgabt schleppen sich nun nicht mehr ganz so viele Leute zur letzten Band. Schade, denn MORAST bieten eine gute Show und die wenigen Verbleibenden haben mächtig Bock. Diese Doom-Death-Band ist genau der richtige Ausklang: atmosphärisch und dennoch anstößig, sodass man sich gerne noch auf den Beinen hält. Der angeschwärzte Gesang mit verzerrtem Sound, gepaart mit den apokalyptischen Riffs und eher schleppenden Drums zaubern einen ganz eigenen Sound.

Sonntag

Neustadt erwacht. Mehr oder weniger. Lange Nacht, Restalkohol im Blut, Glieder schwer. Auf dem Zeltplatz ist noch nicht allzu viel los – abgesehen von den paar Bekloppten, die ihre Musik Tag wie Nacht auf voller Lautstärke laufen lassen und eine unsagbare Energie haben. Zum Glück hat der Imbiss in der Halle schon geöffnet und man kann einen absolut genießbaren Kaffee hinterkippen.

Den Auftakt zum Ostersonntag geben NECROMUTILATOR. Als die Italiener loslegen, befinden sich mehr Bandmitglieder und Angestellte in der Halle, als Publikum. Am Ende verkleckern sich vielleicht 20 Leute vor der Bühne – und sind begeistert! Aus den Boxen dröhnt roher Black Thrash, der so richtig wachrüttelt! Wirklich großartig und ein Versäumnis für alle, die sich noch nicht aufraffen konnten.

Bei CHRWORSCH konnte man vermutlich schon einiges erwarten, aber auf jeden Fall nicht das, was dann folgte.Der Aufbau 27.03. Chrworsch (3)lässt bereits erahnen, dass dies ein eher ungewöhnlicher Auftritt wird. Chrworsch haben sich outfittechnisch richtig ausgetobt, die drei Bandmitglieder sind mit SM-Accessoires und ungewöhnlichen Kopfbedeckungen geschmückt. Musikalisch gesehen heben sich die Berliner leider gar nicht hervor. Dieses Black-Death-Doom-irgendwas-Gewaber, ist schnell, ziemlich monoton und wirkt lieblos zusammgedrescht bzw. -gegrunzt. Es rumpelt durch die Gehörgänge, hängen bleibt absolut nichts, vielmehr hat man das Gefühl, dass das Gehirn dabei in Mitleidenschaft gezogen wird. Ein Publikumsmagnet waren Chrworsch aber anscheinend schon, da viele Zuschauer offensichtlich fasziniert waren und die Bühnenoutfits anstarrten – angetan wirkten aber eher wenige. Schade, denn bei dem Auftreten und vor allem durch den grandiosen EP-Titel „Ein Totenspruch zur viehischen Begattung“ hatte man sich einen unterhaltsameren Auftritt erhofft.

Wer hingegen auf gute Musik steht, wird von BULLDOZING BASTARD wieder zufriedengestellt. Hier sieht man zum dritten Mal den Genözider (LUZIFER, VULTURE) auf der Bühne – er, wie auch die beiden anderen Jungs, haben noch mächtig Bock und schaffen es, das Publikum mitzureißen. Kein Wunder bei der geballten Ladung an rotzigem Black-Speed-Metal, die einem hier geboten wird. Getoppt wird das Ganze durch einen Gastauftritt: der Sänger von CROSS VAULT kommt auf die Bühne und lässt seine kraftvolle Stimme erschallen, sodass sich der Genözider geradezu virtuos auf seine Gitarre konzentrieren kann. Beim letzten Song rastet das Publikum gänzlich aus: einzelne Fans stürmen die Bühne und gröhlen mit in die Mikros: „Go fuck yourself!“.

Das RDD 2016 hat wirklich ein angenehm abwechslungsreiches Line-up zu bieten, sodass nie Langeweile aufkommen kann. So geht es nun mit KHTHONIIK CERVIIKS weiter, die einem mit ihrem düsteren, gewollt schrägen Sound vollends mitreißen. Der Gesang ist zwar eine eher durchschnittliche apokalyptisch-gröhlende Death-Black-Metal-Mische, doch durch die gelegentlich eingeworfenen Schreie vom Drummer und vor allem durch die schrille, abgedrehte Bass-Gitarren-Kombi entsteht eine ganz eigene Atmosphäre. Beim Publikum sind die Dortmunder nicht unbekannt, einige freuen sich abgöttisch über die Performance, andere Gesichter spiegeln folgendes wieder: Das ist schon irgendwie abgefahren, aber was fange ich jetzt damit an? Man muss erstmal Zugang zu ihrem Sound finden muss, was live nicht ganz einfach ist. Die nächste Frage wäre dann: Wie bewege ich mich dazu? Wenig bis gar nicht! Das ist nun wirklich keine Band, zu der man gut abgehen kann – man lässt ihre Musik einfach auf sich niederprasseln.

27.03. Schafott (3)Und schon wieder bekannte Gesichter auf der Bühne! SCHAFOTT gibt es seit 2013, dafür sind sie aber schon ziemlich rumgekommen, vor allem in Sachsen. Die Dresdner haben ordentlich Spaß und nehmen die ganze Bühne für sich ein. Auf die Ohren gibt es energiegeladenen Thrash Metal, gepaart mit angeschwärztem Gesang – dieser wird vom Drummer übernommen. Vom Selbigen bist man besonders fasziniert, wenn man beobachtet, wie er passioniert auf sein Schlagzeug eindrischt und gleichzeitig seiner Kehle dämonische Laute entlockt. Melodische Gitarrensoli sind auch dabei, stellenweise könnten die Herren noch etwas aggressiver rangehen. Guter Auftritt, der die Zuschauer schön angeheizt hat.

Umbaupause. Auf der Bühnenfront finden Dekorierungsarbeiten statt: es werden Tierschädel, 27.03. Antlers (2)Geweihe und Kerzen angeordnet. Passt zu den ANTLERS, doch nötig haben die Leipziger das bestimmt nicht, da sie allein musikalisch eine unglaubliche Atmosphäre schaffen. In Kombination mit dem rötlichen Bühnenlicht wirkt das Ganze geradezu berauschend und man wird von der Musik gefangengenommen. Der Auftritt beginnt mit den einprägsamen, schleppenden Drumrolls von „Hundreds“. Allmählich setzen Gitarre und Bass ein, der Song baut sich langsam zu seiner Mächtigkeit auf und die brachialen Vocals beginnen. In ihrem 45-Minuten-Set spielen ANTLERS fast die komplette „A Gaze Into The Abyss“ – ihre bisher einzige Veröffentlichung. Hier gibt es keinen 08/15 Atmospheric-Black-Metal-Einheitsbrei zu hören, sondern ausdrucksstarke Songs mit Seele. Der Auftritt hat aggressive, schnelle Parts, dazwischen atmosphärisch-melancholische, sowie schleppend-apokalyptische Passagen, die fließend ineinander übergehen. Die 4 Musiker sind hingebungsvoll bei der Sache und ergänzen sich ausgezeichnet.

27.03. Kill (1)KILL sollten für viele ein Highlight werden, doch irgendwie findet man nichts an dem Auftritt beeindruckend. Sie sind scheinbar mit ihrem eigenen Tempo überfordert, v.a. der Schlagzeuger hinkt regelmäßig hinterher. Chaotisch-disharmonisch kann ja durchaus gewollt sein und gut klingen, doch das ist hier definitiv nicht der Fall. Das einzige, was positiv, ist die räudige Stimme des Sängers. Ansonsten bekommt man einfach nur den Eindruck, dass die Boys von KILL zu viel getrunken und nicht besonders Bock haben.

Jetzt ist es endlich an der Zeit für IRON ANGEL. Allein die Bühnendeko ist vielversprechend: Riesige Aufsteller vom Cover der „Hellish Crossfire“ – unangefochten die beste Platte der Hamburger! Und sie spielen auch primär Songs von selbiger Scheibe, worüber die drängelnde Menge äußerst erfreut ist. Der Sänger Dirk Schröder ist super drauf, macht Witze, redet mit dem Publikum, hängt sich voll in die Songs rein und übergießt sich aller paar Minuten mit Wasser. Auch der Rest der Band ist gut drauf und liefert eine hervorragende Show ab, von altersbedingter Ermüdung keine Spur. Die Masse feiert IRON ANGEL derbe ab, denn hier kommen Heavy-Metal-Fans nochmal vollends auf ihre Kosten. Als kleines Highlight gibt es ein Judas Priest Cover, Schröders Kommentar dazu: „Wir sind genauso gut wie Priest, haben aber nie so viel Geld verdient!“Nachdem die Herren von einer laut rufenden Menge für eine Zugabe erneut auf die Bühne gelockt werden, folgt der krönende Abschluss der Show. „Rush Of Power“ – darauf haben alle gewartet, es gibt ordentlich Bewegung im vorderen Teil der Menge und es wird mitgegröhlt. Die Halle bebt und die Fans verausgaben sich. IN THE RUSH OF POWER!

Danach sind nicht gerade wenige geschafft und bei SPITTIN BONES ist es leerer geworden. Aber einige wollten doch 27.03. Spittin Bones (3)wenigstens mal reinschnuppern, denn es soll schließlich ein Schleimkeim-Special geben. Der Wotufa-Saal ist voll, ein Haufen Leute hat noch eine Menge Energie und lässt zu rotzigem Punk nochmal die Sau raus. Es ist ganz unterhaltsam, aber nicht jedermanns Sache. Den meisten scheint es jedoch zu gefallen und die Band überzieht gnadenlos.

Das war wieder ein geniales und facettenreiches RDD, wenn auch sehr kalt. Aber scheiß drauf, die Party in Neustadt ist nur einmal im Jahr!

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