Abbath, Vltimas, 1349, Nuclear, Lido Berlin

Mit dem Ausstieg von Abbath bei Immortal verlor Blashyyrk seinen Schneekönig. Sechs Jahre ist das nun her. Seitdem wandelt der einstige Frontmann auf Solopfaden und ist gleichzeitig Namensgeber seiner neuen Truppe, die ganz simpel auf den Namen Abbath hört. Das sind aktuell aber nicht die einzigen Wegbegleiter: In jüngerer Vergangenheit fiel Abbath weniger durch seine Musik als durch alkoholgeschwängerte Eskapaden und Launen während seiner Auftritte auf – für die Südamerika-Tour das Ende. Etliche Konzerte wurden abgesagt. Eine dreiwöchige Entwöhnungsphase machten Abbath aber wieder bühnentauglich. Nun traut sich der Norweger zusammen mit Vltimas, 1349 und Nuclear die Mission zu, Europa unsicher zu machen.

Exzessiver Alkoholkonsum war allerdings nicht der einzige Stolperstein des Tourlebens: Das Berlin-Konzert, welches ursprünglich im Festsaal Kreuzberg stattfindenden sollte, wurde zunächst wegen schlechter Kartenverkäufe ins Bi Nuu verlegt. Kapazität: 500 Besucher. Abbaths Weg der Genesung ließ das Interesse an seiner Liveshow aber dann doch wieder anziehen und die Veranstaltung wurde kurzerhand ins Lido verlegt. Die Location bietet zwar mehr Platz, die Bühne ist allerdings so winzig, dass ausschweifende Bewegungen kaum möglich sind. Zum Haareschütteln reicht es aber.

Noch dicker kommt’s aber, wenn aufgrund schwerfälliger Kommunikation ein großer Teil der Besucher zuerst in der falschen Location landet und zu allem Übel die aus irgendeinem Grund nicht auf dem Veranstaltungsflyer angekündigte Vorgruppe Nuclear vor einem nur rar bestückten Saal spielen muss. So richtig ins übrige Line-Up passen die südamerikanischen Thrasher zwar nicht, der düstere Slayer-Einschlag lässt die Truppe aber immerhin auch nicht ganz szenefremd erscheinen. Songtechnisch bewegt sich Nuclear aber eher in Richtung Allerweltsgedresche statt innovativen Thrashs. Solider Auftritt, gebraucht hätte es ihn aber auch nicht unbedingt.

Deutlich belebter wird die Halle als 1349 die Stage betreten. Die klassische „Black Metal“-Kapelle um Drummer-Ikone Frost und Ravn meldete sich im vergangenen Jahr mit „The Infernal Pathway“ zurück und beweist an diesem Abend, dass auch das neue Material nichts von der eiskalten, norwegischen Schlagkraft verloren hat: Während unentwegt Blastbeats in Hochgeschwindigkeit über die haareschüttelnde Menge hereinprasseln, ist die Aufmerksamkeit auf den hünenhaften Frontmann Ravn gerichtet, der mit nietenbesetzten Handschuhen und dem in blutrotes Licht getränkten Raum ganz wie jemand der alten Garde wirkt. Das Ganze wird angereichert mit ein paar älteren Songs der Band, nur auf das traditionelle Feuerspucken muss verzichtet werden. Dafür scheint das Lido dann doch nicht die nötigen Sicherheitsabstände zu bieten.

Kurzer Umbau – das Banner im Hintergrund passt eher schlecht als recht – betreten die Herren von Vltimas die Bühne. Bestehend aus dem einstigen „Morbid Angel“-Frontmann David Vicent – seines Zeichens verantwortlich für die bitterbösen Vocals von „Death Metal“-Meilensteinen wie „Altars Of Madness“ oder „The Covenant“, „Aura Noir“ -, Klampfer sowie Euronymous-Erbe Blasphemer und Cryptosy-Trommler Flo Mounier. Eine vielversprechende Combo und das stellt die Supergroup auch eindrucksvoll an diesem Abend unter Beweis. Viel Songmaterial gibt es allerdings noch nicht, das Debüt „Something Wicked Marches In“ ist der einzige Longplayer im Gepäck der Band. Also einmal kurz die aktuelle Platte runtergerockt, während David gekonnt die Beschränkungen der kleinen Bühne ignoriert, in seiner schwarzen Kluft über die Bühne stolziert und mit humorvollen Anekdoten zu den einzelnen Songs überleitet.

Lange war nicht klar, ob Abbath nach seinem Blitzentzug wieder abendfüllende Shows spielen kann, doch als der Norweger mit seiner gleichnamigen Band die ersten Takte anstimmt, wird schnell klar: Das kann er – und wie! Mit einer explosiven Mischung der „Abbath“- und „Outstrider“-Songs, von letzteren sogar eine ganze Menge, erntet Abbath zustimmendes Gegröle. Und auch einige Immortal-Klassiker dürfen in dem Programm natürlich nicht fehlen. Dazu eine grandiose Licht- und Nebelshow, Abbath selbst schüttelt seine pechschwarze Haarpracht bedrohlich im Rhythmus der Musik. Bierernst nimmt sich aber auch der gestandene Schwarzmetaller nicht und mimt während des Auftritts Kiss-Basser Gene Simmons mit ausgestreckter Zunge. Zwischenfälle wie noch während der Südamerika-Tournee bleiben zum Glück aus – hoffentlich auch dauerhaft.

Fazit: Ein durch und durch unterhaltenswertes Programm, welches sich zuweilen mehr an dem bekannten Motto „Weniger ist mehr“ hätte orientieren sollen und etwas an der zu kleinen Bühne kränkelt.

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