Bewertung: 4/6 → find ich gut!
Songs: 11
Spieldauer: 1:02:56
Wer auf selbstreflektierende Gedanken in blackmetallischer Düstermetaphorik steht und die avantgardistischen, teilweise angestrengten, Wechsel musikalischer Stimmungen von schwärmerisch über schleppend bis hin zu ranzig aushält, sollte am elften Album der Jungs von Nocte Obducta nicht vorbei gehen.
Atmosphärisch aufgeladen eröffnet das Instrumentalstück „Am Ende des Sommers“ das Album. Ist man nun laubumnebelt bereit für eine Auseinandersetzung mit der fortwährenden Vergänglichkeit, wird man vom unausgegorenen, mit poppigen Gitarrenklängen gespickten „Glückliche Kinder“ leider entzaubert. Nach dieser Sinnesüberreizung wirkt „Ein Ouzo auf den Nordwind“ erdend und durch die eine ruhige Grundstimmung tragenden Klang-Effekte ausgleichend.
Der erste Teil des gesanglosen Werkes „Lethe, Stein und See“ zeichnet mit einem sparsamen, schaurig bohrenden Piano-Instrumental einen Spannungsbogen, der in dem fünf Songs später erklingenden Teil II durch ein Gitarren-Picking eher dem belanglosen Plätschern eines Rinnsals gleicht. Kratzig, bissig und dreckig stürmt das animalisch ungebändigte „Löschkommando Walpurgisnacht“ auf einen ein – ein brachial genialer Übergang! Den Höhepunkt soll die Scheibe gewiss mit „Desîhra Mogontiacum“ erreichen: die 20-minütige Dauer, der fünfteilige Text und nicht zuletzt die Anspielung auf den ersten Bandnamen vermitteln Wichtigkeit – allerdings würde an dieser Stelle weniger mehr sein.
Die sonore Singstimme von Agrypnie–Torsten sowie ein gelungener Keyboard-Teppich, lassen das Album mit „Im Dunst am ewigen Grab der Sonne“ beim Hörer nicht Lethe, dem antiken Strom des Vergessens, zum Opfer fallen, sondern verdeutlichen das in „Desîhra Mogontiacum“ heraufbeschworene Bekenntnis zu fortwährender Kreativität: „Der Wandel bleibt.“
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