Till Burgwächter „Schmerztöter“

Iron Pages Verlag
Wertung: 6/6

Manche Headbanger werden vielleicht bereits durch die adventlichen Lesungen im Stahlwerk (Radiosendung für härtere Musik im ORB, Sonntags 20:00 bis 22:00 Uhr) vor ein paar Jahren auf „Schmerztöter“ aufmerksam geworden sein.

Nach seinem ersten Werk “Juhr Gait Tu Hewi Mettäl“, kurz JGTHM liefert Till Burgwächter mit „Schmerztöter“ einen gewaltigen 2. Rundumschlag auf unsere Lachmuskeln ab. Der Lüneburger Heide Burgwächter zieht alles in der Metalwelt was nicht bei drei auf den Bäumen sitzt ordentlich durch den Met. So kommt es zu einem Gerichtsprozess mit Metalgod Rob Halford (obwohl er nicht explizit genannt wird) bei dem generell das Reunionphänomen, sowie die dazugehörigen Personalwechsel (neuer Sänger raus, …alter Haudegen wieder von der Reservebank rein) satirisch vorgeführt werden.

Ebenso beeindruckend ist die Metamorphose Burgwächters zu Manowar-Metal-Brotha´ Joey DeMaio, bei welcher der Autor zwar dasselbe Umfeld wie selbiger hat, genauso spricht und vom äußeren Erscheinungsbild ebenfalls identisch ist, doch sich nicht wirklich wohl in seiner neuen Lederhaut fühlt (einige Leser mögen  dies vielleicht nach der Lektüre des Kapitels angesichts der vollbusigen Damen anders sehen…). Auch „Vier verwirrt oder The Osbournes“ und deren MTV (Scheißsender seit es kein Headbanger´s Ball mehr gibt) Personenkult bleiben nicht unkommentiert. Nach dem Vorbild von JGTHM sind die Kapitel „Noch mehr Stile“und „Bands für Feinschmecker“ angelegt. Im erstgenannten werden die Stilrichtungen Comedy Metal, Folk Metal, Gothic Metal, Melodeath, Mittelalter Metal, Stoner Rock und Südeuropäischer Metal behandelt, dem Black Metal wurde sogar ein eigenes Kapitel mit der Überschrift „Zwei wie Durchfall und Verstopfung“ eingeräumt, doch sollte die christliche Bangerbruderschaft Maria Gnadens nicht zu früh frohlocken, denn auch die White Metaller kriegen in diesem Kapitel ihr Kreuz übers Haupt geschlagen (bloß eben andersherum als die Blackies). Im zweitgenannten Kapitel bekommen Amon Amarth, Brainstorm, Children Of Bodom, Edenbridge, Freedom Call, King´s X, Macabre, Masterplan, Metalium, Mystic Circle, Nile, Paragon, Raise Hell, Rhapsody, Sacred Steel, Saint Vitus, Tool, Warlord und Wizard ebenfalls die spitze Tastatur des Autoren zu spüren.

Klar von Burgwächter ausgegrenzt werden Bands, die zwar in Magazinen & manchen Fanzines auftauchen, bei denen sich jedoch jeder Metaller fragen muss, was diese Combos mit Metal gemeinsam haben… nichts, eben “Bands, die nicht Metal sind“: Him, Offspring, Die Happy, Andrew W.K. (hätte es „Jackass“ nicht gegeben, würde vermutlich jeder fragen „who the fuck…“) und die Donots. Doch es werden nicht nur Spielarten des Metals, Bands, das ganze Hick Hack, wenn eine Band „gezeichnet“ wird und Galionsfiguren der Szene aufs Korn genommen, sondern auch Du und Ich, der Durchschnitts – Metalfan, bzw. die typischen Verhaltsweisen und Erlebnisse (hierzu seien besonders die Kapitel „Metaller im Urlaub“, „Heimreise“, „Wir nehmen einen Sampler fürs Auto auf“ und „drei Gaffer für ein _Hallo Julia`“ empfohlen) werden ordentlich auf die Schippe genommen.

Allen Kollegen und Kolleginnen der schreibenden Zunft sei der Selbsttest „Sind Sie ein guter Hobbyjournalist?“ ans metallische Herz gelegt. Die Auswertung des selbigen bringt garantiert keine neue Erkenntnis, doch man erkennt sich manchmal selbst wieder.

Fazit: Eigentlich hat sich seit dem Mittelalter nichts geändert, der Narr darf die Wahrheit verkünden, wo andere an seiner Stelle einen Kopf kürzer gemacht werden würden. Ein höchst amüsantes Buch, das im Bücherregal irgendwo zwischen Bettina Roccors „Heavy Metal – Kunst, Kommerz, Ketzerei“, Gary Sharp – Youngs Metal Lexika und vielleicht Terry Pratchet seinen Platz finden wird. Jede Scheibenwelt hat ihren Pratchet und für die Metalwelt ist es Burgwächter. Wer wenigstens ein Fünkchen Humor in sich trägt und auch über sich selbst lachen kann, dem sei „Schmerztöter“ strengstens aufgenötigt! Erschienen im: Iron Pages Verlag.

Iron Pages Verlag
Seiten: 112,
Coverartwork: Oidium,
ISBN 3-931624-22-6,
Preis: 9,90 Euro
www.iron-pages.de

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