Spawn Interview

Seit SPAWNs Demo HEADHUNTER (1999) und das darauf folgenden Debütalbum SYSTEM FULL OF VICTEMS (2001) im ETERNITY MAGAZIN besprochen wurden, ist einige Zeit vergangen. Inzwischen gehören SPAWN längst unbestreitbar zu der Speerspitze Berliner Death Metal Bands wie z.B. SINNERS BLEED und HARMONY DIES und sind auch längst durch diverse Touren über die Stadtgrenze hinaus bekannt, um so mehr ein Grund, mit den Jungs auf Tuchfühlung zu gehen und ein Interview zu führen, denn schließlich haben SPAWN mit HUMAN TOXIN Ende letzten Jahres eine amtliche Scheibe vorgelegt.… Gesagt, getan: 19. Februar 2005, mein Kollege Manuel Feichtinger, ein Kumpel und ich wollen gerade in die Rykestraße (Berlin Prenzlauer Berg) einbiegen, um uns wie verabredet mit den Jungs von SPAWN im YARD (Kneipe, in der härtere Mucke gespielt wird) zu treffen, als Kollege Feichtinger bereits Hardy (Gitarre, Background Vocals) in der Tram erspäht. – Wie immer weit und breit kein Parkplatz, schließlich finden wir doch noch einen. Hardy, mit dem wir zwecks Interview Kontakt aufgenommen hatten, hatte Frontmann Matt (Vocals) und Gitarrist Olli ebenfalls verständigt, so dass sozusagen, bis auf die Rhythmussektion No (Schlagzeug) und Janice (Bass), die Band zu 2/3 an diesem Abend anwesend war. Trotz anfänglicher Nervosität meinerseits entwickelte sich das Interview immer entspannter und die Burschen von SPAWN erwiesen sich als sehr sympathische, bodenständige Gesprächspartner, die sich geduldig Löcher in den Bauch fragen ließen, wie das folgende Interview beweisen wird…

Stichwort Stil: In Berlin seid ihr ja schon bekannt, aber wie würdet ihr SPAWN jemanden umschreiben, der euch nicht kennt. Was für einen Stil spielt ihr? Würdet ihr schon sagen Ami Death wäre die richtige Bezeichnung?

Matt: Nee. Wir legen uns auf keine Stilrichtung fest. Wir haben´s mal auf der Homepage nett als intense Death Metal umschrieben, kannste alles reindichten.

….Und mit dem Vergleich mit Cannibal Corpse, könnt ihr damit etwas anfangen?
Matt: Wenn der Vergleich gegeben ist, dann ist gut aber unsere Musik ist nicht gezielt darauf angelegt.

Stichwort Verzögerung, der V.Ö. von HUMAN TOXIN
Das vorherige Album SYSTEM FULL OF VICTEMS kam 2001 heraus. Und es hat ja verdammt lange gedauert bis ihr euer aktuelles Album HUMAN TOXIN veröffentlichen konntet, zwischendurch hattet ihr noch die Split EP Hybrid Manifestation gemeinsam mit Harmony Dies herausgebracht. Was war dazwischen alles los?…Ihr hattet ein paar Bandbesetzungswechsel und einen Labelwechsel hinter euch…

Olli: Sagen wir mal so die Scheibe wäre eigentlich schon Im Sommer 2003 fertig gewesen, durch die fehlende Unterstützung kam sie erst 2004 heraus.

Lag das jetzt konkret an eurem alten Label Bruchstein Records?
Olli: Nee, es lag nicht an Bruchstein. Wir wollten das Album selbst machen, und die Leute, die ihre Zusage gegeben haben uns zu unterstützen, haben sie kurzer Hand wieder zurückgezogen oder beziehungsweise es ausschleifen lassen, so dass am Ende nichts dabei herausgekommen ist. Es waren eigentlich mehrere Anläufe. Es hat sich immer weiter hinausgezogen im Mai 2003 wäre möglich gewesen, dann war es im Sommer möglich, na ja und dann gab es halt diverse Änderungen auch für uns intern mit dem Basser usw. so dass wir schließlich im November 2003 eigentlich noch mal richtig hätten das durchziehen können, da ist die CD auch komplett aufgenommen worden und wie sich gezeigt hat, waren die Aufnahmen von der Aufnahmetechnik her soweit nicht in Ordnung, dass wir gesagt haben, das können wir nicht verwerten und wir müssen es noch mal machen. Lieber noch einmal machen, und dafür richtig und dann war es entsprechend im Februar letzten Jahres 2004 soweit. Da ging es los und dann haben wir uns richtig Zeit gelassen, da haben wir gute Leute gehabt, die uns geholfen haben, an dieser Stelle noch einmal ein Dankeschön an Michelle und an Floh, die uns mit ihrer Kreativität und Technik und Know How unterstützt haben, dass wir wirklich etwas Gutes hinzaubern konnten. Vor allen Dingen hatten wir genügend Zeit, wir waren entspannt von Februar bis April im Studio, wobei wir nicht wirklich komplett von Februar bis April im Studio waren, sondern, wenn es mal nicht lief, haben wir zurückgesteckt und dann wieder weiter gemacht usw. Das hat der Scheibe sehr gut getan.

Aber der Release hat sich dann noch mal verzögert, ihr hattet ja schon viel früher im letzten Jahr die Record Release Party und im Endeffekt war es dann 13.12.04 soweit.
Olli: Wobei sagen wir mal, ich das Record release gar nicht mehr so sehen will. Es war mehr eine Art „hier jetzt sind wir wieder da, das ist unser neues Material!“ und die Scheibe ist ja dann wirklich erst hinterher bei Morbid rausgekommen.

Stichwort Bandbesetzungswechsel:
Wie war das jetzt mit eurem ehemaligen Bassisten Alf, warum ist er ausgestiegen, hat da die Chemie einfach nicht mehr gestimmt?

Olli: Die Chemie stimmte eigentlich immer noch, bloß wie man das immer so schön in anderen Interviews liest, die musikalischen Differenzen haben sich irgendwann abgezeichnet.

Also er hat sich dann mehr auf sein DJ-Projekt im K17 konzentriert?
Olli: Er hatte seine Prioritäten anderweitig verlagert. An erster Stelle standen halt nicht mehr SPAWN und das haben wir dann irgendwann gemerkt und es war so ein schleichender Prozess, bei dem wir dann irgendwann die Konsequenzen gezogen haben. Wobei es jetzt viel negativer klingt, als es war. Am Ende hat es sich ausgelaugt.

Dann hattet ihr zwischendurch einen männlichen Bassisten gefunden, das hat aber auch nicht so lange gehalten. Wie lange hattet ihr den?
Olli: Drei Monate. Er war sozusagen bei der ersten Aufnahmesession von der Scheibe mit dabei, die wir verworfen haben und bei einem Konzert im Januar letzten Jahres. Das hat uns sehr überrascht, weil er mit Feuer und Flamme dabei war und dann gab es auf einmal eine 360 Grad Kehrtwendung, wo wir auf einmal gemerkt haben, hoppla was denn jetzt los? Und dann hat es auf einmal gar nicht mehr gepasst, dann haben wir gesagt okay, lieber jetzt als so weiterzuziehen.

Und wie habt ihr Janice gefunden, hat sie vorher in irgendeiner anderen Band gespielt, die man so kennt?
Olli: Sie hat in einer anderen Band gespielt… das waren mehr so kleine Bands, bei denen sie tätig war. Die „Kleene“ hab ich aufgerissen in irgendeiner Anzeige, die schon älter datiert war, hatte sie mal in einem Forum inseriert, dass sie eine neue Band sucht, etc. und dann habe ich sie angeschrieben und dann kam der erste Kontakt zustande. Da hatte sie erfahren das wir SPAWN sind, da war das Interesse groß und dann sagte sie „ja die Mucke gefällt ihr auch, hat sie schon mal gesehen und auf jeden Fall mal ausprobieren“.
Ja, und dann war die Kleine dann bei uns und es hat von Anfang an gepasst.

Stichwort: Die Musikalische Seite I.
Gehen wir auf die musikalische Seite ein… Wie läuft denn bei euch ein Songwrittingprozess ab? Habt ihr das so unterteilt Hardy & Du in Rythemgitarist und Leadgitarist oder wechselt ihr euch da ab?
Wer stellt sozusagen das Grundgerüst?

Olli: Na der, der gerade die Ideen hat, es ist wirklich so. Es gibt jetzt keine Priorisierung, obwohl jetzt auf der Scheibe die meisten Soli von mir sind, heißt das noch lange nicht, dass ich der Leadgitarist bin. Ich will mich auch gar nicht als so einer sehen, sondern wir sind beide zusammen gleichwertig, und wie es so klassischer Weise gemacht wird, wenn ein Riff irgendwie da ist im Kopf und das bei der Probe angeschmissen wird und man merkt „Hey, daraus kannst Du was machen“, dann wird daran weitergearbeitet, eigentlich sind alle 5 Mitglieder SPAWNs in so ein Songkonstrukt involviert. Am Anfang vielleicht Schlagzeug und Gitarre, um das erst mal anzuchecken und dann wird überlegt, okay wie kann ich noch etwas weiteres ausbauen, das ist, ich sage mal diese klassische Proberaumarbeit.

Stichwort Texte.
Stehen die Texte erst zum Schluss ? Bastelst Du sie wenn das Grundgerüst steht oder hast Du schon vorher ein Text im Kopf?

Matt: …kommt später.
Olli: Es ist in der Regel so, dass Matti eigentlich, wenn der Song im Proberaum entsteht, dadurch dann den Input bekommt, was kann ich daraus machen und wie kann ich es machen, also er ist etwas später angesiedelt.
Matt: Wobei ich jetzt schon immer Ideen im Kopf sammele, aber das rein Textliche mache ich dann später. Wenn ich das zusammenbaue, während die anderen am Song basteln, mache ich mir schon einen Kopf, egal wie die Musikrichtung jetzt ist, also wie der Song klingt, ich mache mir Gedanken über den Text, was da passiert oder was beschäftigt mich, das ganze läuft parallel. Und wenn der Song fertig ist, habe ich in der Regel schon eine Gesangslinie und dann versuche ich, den Text dazu einzubauen.

Wo ziehst Du deine Einflüsse für Texte her?
Medien, oder wenn dich etwas ankotzt…?
Aus der Umwelt?

Matt: Alles.

Auf der „SYSTEM FULL OF VICTEMS“ hattet ihr ja solche Themen wie z.B. Pädophilie bei „Destined To Die“, Terrorismus bei „At the Gates“, Organhandel „Flesh Pay Cash“ oder auch Voyeurismus in den Medien bei „Carnival Of Souls“. Es sind Texte, die ja nicht unbedingt typisch für den Death Metal sind, es ist schon so ein bisschen Sozialkritik versteckt.
Matt: Genau. Goretexte gibt es ja reichlich, die finde ich jetzt nicht so interessant. Wie gesagt, den Bauch aufschlitzen und sich dabei einen runterholen, das ist so eine Sache, okay… ich sage auch nichts gegen Bands, die da solche Texte machen…jeder soll so machen wie er will.

Zumindest lernt man jede Menge anatomische Begriffe.
Matt: Die klingen auch besonders gut. Wie gesagt ich habe überhaupt nichts dagegen, aber ich persönlich und auch die Jungs wollen, selbst wenn es Death Metal untypisch ist, schon so ein bisschen Underdog Themen oder sozialkritische, globale Sachen und das kann man innerhalb so einer brutalen Musik auch ganz gut präsentieren. Das ist ja, finde ich, eigentlich eine super Symbiose, wenn Du so eine brutale Musik hast oder harte Musik und solche extreme Themen, genau das ist der Schlüssel.

Wobei du ja nicht den Zeigefinger erhoben hast, sondern die Texte sind rein deskriptiv.
Matt: Ich will ja keinem eine Meinung aufdrücken, sondern ich will einfach nur darstellen, so nach dem Motto,…Augen öffnen will ich eigentlich auch nicht,… sondern eher zeigen so ist das, macht euch mal einen Kopf, seht ihr das ? Die Themen, wie Du ja selber festgestellt hast, sagen euch ja etwas…es ist ja nicht etwas völlig Neues, als wenn ich sagen würde „auf dem Mars gibt es Wasser“, da fragt jeder „woher weißt du das?“, sondern es sind Themen die jeder kennt, wenn du Zeitung liest oder fernsiehst, wird dir ständig davon erzählt.

Kam es schon mal vor, dass die Jungs gesagt haben , nö, den Text machen wir lieber nicht, der ist zu krass?
Matt: Nö
Olli: Nö

…Ich meine inhaltlich zu krass.
Matt: Die Texte sind ja nicht so krass, da sind keine politischen Aussagen enthalten im Sinne von irgendwelchen radikalen, extremen Dingen, sondern einfach wie gesagt relativ unpolitisch, es ist einfach nur dokumentierend. Du kannst ein Thema wählen, dass wir behandeln, Nimmst Du irgendetwas von mir aus Terrorismus, irgendetwas, wo es ja einen politischen Hintergrund gibt, mir geht es nicht darum mich damit politisch auseinander zu setzen, sondern dass es überhaupt so etwas gibt und was da passiert, dass nämlich immer Unschuldige getötet werden. Das ist eigentlich die Gegenwart von uns. Also du hast verdammt scheiß brutale Gegner. Ich finde, es ist Quatsch über irgendwelche Sonnenblumen, die da sprießen, zu singen oder Liebe oder so…

Ja, solche Texte gibt’s zu genüge.
Matt: Ja genau, das sollen dann andere machen, die dann auch die Musik dazu schreiben. …Nee die Jungs lassen mir da auch die Freiheit, also ich gebe denen das Konstrukt vor, also ich sage ihnen schon, was für Ideen das sind, wie z.B. bei der SYSTEM. HUMAN TOXIN, das war die Fortführung der SYSTEM Themen, die sind jetzt z.B. bei mir aus, alles was ich mir damals gedacht habe, habe ich geschrieben und jetzt geht es um neue Themen für mich.

Die neuen Themen ergeben sich wieder aus Augen offen halten, Umwelt angucken?
Matt: Nö, aber das will ich noch nicht verraten. Es geht alles um Menschen nicht um meine Person, sondern um die Gefühlswelt von Menschen.

Da möchte ich mal einhaken „Feel The Just Revange“ ist das ein Stück persönlicher Text, oder…?
Matt: Nein. Wenn du richtig zwischen den Zeilen liest, ist es Altes Testament.

Also handelt es sich um den Vers Hesekil, es hat mich sehr an den Film Pulp Fiction erinnert, an die Stelle wo Samuel Jackson ihn rezitiert.
Matt: Gut beobachtet genau.

Ja, dann habe ich gleich noch eine Frage zu dem Text von „Ammunition Of Malice“. Ist die Grundaussage „Menschen sind einfach von sich aus zerstörerisch veranlagt“, könnte man das so stehen lassen?
Matt: Der Mensch ist ein Raubtier. Ja die Munition des Bösen, heißt es ja im Endeffekt, steckt im Menschen immer drin. Seit jeher gibt es Kriege, seit jeher möchte der eine von dem anderen etwas mehr haben, Kriegs/Eroberungszüge, die Unterwerfung anderer, das ist allgegenwärtig, das hast Du vom Altertum bis heute. Heute sind es andere Themen, Deckmäntel, z.B. Öl aber im Endeffekt gibt es immer einen, der sagen will, was läuft.

Wenn man jetzt eine etwas zynische Sichtweise der Welt hat, könnte man so argumentieren, die Menschen brauchen das, um sich weiterzuentwickeln?
Matt: Es gibt immer Radikale, z.B. wenn die Menschen im Frieden existieren könnten über eine längere Zeit, dann würde die Überbevölkerung explodieren. Das geht nicht, das ist nämlich auch nicht vereinbar mit der Natur des Menschen, es gibt immer Neid, Hass, Habgier, und das sind Triebe im Menschen, die genau die Dinge verursachen, wie dem anderen das wegzunehmen, was er hat, weil ich das haben will, mal ganz grob gesagt.

Diese negativen Eigenschaften sind sozusagen die Munition für die Boshaftigkeit.
Matt: Sozusagen, na klar. Im Text steht immer „füttere den Eroberer“, das sind die Anreize, damals als Spanien Amerika erobert hat, war es das Gold, für die Indianer war es nichts besonderes, ein alltäglicher Rohstoff, die Spanier sahen lechzender Weise klar, nur das Edelmetall Gold! Und was wir heute sehen in Amerika…, wir wissen ja, was dabei herausgekommen ist. Indianer gibt es so gut wie keine mehr, sie wurden fast ausgerottet, und heute findet man sie eingepfercht in Reservate.

Der Text „Blind Upheavel“, politische Umwälzung, passt ja irgendwie auf das gegenwärtige Amerikabild.
Matt: Wie gesagt die HUMAN TOXIN Texte sind eigentlich eine Fortführung der SYSTEM, und Blind Upheavel gliedert sich dabei mit „At The Gates“ in einen Themenkomplex ein. Als ich den Text geschrieben habe, ging die ganze Sache mit dem Irak und der ganze Osama Bin Laden Scheiß los, …dieser religiöse Wahn.

Würdest Du dich selbst als Atheist bezeichnen?
Matt: Ich bin nicht an eine Religion gebunden, aber ich habe meinen eigenen Glauben, das ist ja auch eine Art von Glauben. Ich glaube an mich selbst oder an gewisse Dinge im Leben wie z.B. Freundschaft und so etwas. Das sind ja auch gewisse Ziele, die sind bloß nicht so pompös aufgetan, aber in einer Glaubensgruppe hänge ich nicht. Was ich damit jetzt sagen möchte ist, dass Leute, die religiös sind auch nicht schlechter sind, es geht nur um extremen, fatalen Fundamentalismus.

Du kritisierst also die Instrumentalisierung von Religion/Politik, um Leute zu manipulieren.
Matt: Es ist ja noch perverser, denn da geht es um irgendeine Glaubensschrift, der manche Leute oder Gruppen glauben, und diese so umzusetzen, als ob es das einzig Wahre sei und alle anderen sind sozusagen Ungläubige, verdammt und sind auch des Lebens nicht wert, was da alles sich an Extremen darstellt. Genau das ist die Kacke. Religion ist kein Problem, wir haben ja drei oder vier große Weltreligionen, glaube ich und das ist ja okay, hält ja auch die Welt zusammen, der gemeinsame Glaube an irgendetwas ist auch okay, aber diese darin enthaltenen Extreme, dieser Fanatismus, Leute umzubringen wegen des Glaubens.

Wie bewertest Du die Entwicklung im Black Metal da gibt es ja auch gewisse Tendenzen, wenn man zum Beispiel Cryogenic oder Dies Ater jetzt konkret aus Berlin nimmt.
Matt: Ja , das weiß ich nicht so genau…, denn ich kenne nicht deren Texte, alles nur vom Hören und Sagen, was man so weiß. Spielst Du jetzt auf die politische Orientierung dabei an?

Ja genau.(Anmerk.:…wobei sich diese politische Orientierung weniger in den Texten als in aufälligen Auftreten in der Öffentlichkeit wiederspiegelte)
Matt: Na ja gut, das sollen die mit sich ausmachen. Wenn sie meinen…

Aber Du siehst es auch so, das Metal an sich unpolitisch sein sollte, das hat nichts im Metal verloren?
Matt: Ja ich meine Metal ist in meinen Augen auch Rock´N´Roll… und Politik, sicherlich mit Musik hat es immer was zu tun aber Metal sollte unpolitisch sein, Metal verbindet ja so viele Leute. Ich habe Konzerte gesehen, da stehen sage ich jetzt mal Glatzen neben Metallern und headbangen zu Slayer, weil das alle geil finden. Das ist für mich eine Aussage über Musik und politisch kann jeder für sich sein und denken, was er will, aber Musik mit Politik verbinden…muss jeder für sich entscheiden, ich persönlich würde es nicht machen. Sonst würde ich mir anmaßen, anderen Leuten meine Meinung vielleicht aufzudrücken durch die Art und Weise, wie ich es mache, und das will ich ja nicht. Und wenn mich einer danach fragt, sag ich ihm das. Metal ist mit eine der ältesten Musikrichtungen, die seit 35 Jahren auf dieser Welt existiert. Metal gibt es weltweit, das ist das geile daran. Dabei ist es egal welcher politischen Richtung und Couleur, das ist jedem sein eigenes Ding. Wenn Du mich jetzt danach fragst, wie ich denke, würde ich Dir meine Meinung sagen.

Ich finde es halt bloß ärgerlich wenn z.B. extreme Minderheiten innerhalb der Metalszene dann Sachen verbocken, wie jemanden umzubringen und sich mit solch einer Tat brüsten, und es fällt dann auf alle Metaller zurück
Matt: Gut, das ist ja nicht nur in der Metalszene so, das ist ja auch in anderen Musikrichtungen so. Das sind halt schwarze Schafe. Die Geschichte damals, wo Rammstein sabotiert worden sind, weil man da etwas Faschistoides darin vermutet hat,.. das waren dann wieder die Medien.

Ja eben, es gibt so eine richtige Medienparanoia gegenüber Metal und dann läuft auch immer wieder der gleiche Beitrag Hendrik Möbus, wenn irgendwo in der Metalszene wieder was war wird dieser Beitrag aufgewärmt z.B. beim Bildungssender Nr. 1 RTLII.
Matt: Ja klar, mit Medien kann ich manipulieren, genau so wie ich Statistiken verfälschen kann. Das ist halt immer die Interessenfrage die dahinter steckt, warum machen die so etwas? Damals, mit JUDAS PRIEST, da hat sich einer den Kopf weggeschossen, der hat überlebt, da hieß es er hat Judas Priest gehört, er hat Botschaften gehört, wenn man den Text rückwärts abspielt, dann waren Tötungsbotschaften enthalten. Da hatten Priest natürlich eine Klage am Hals gehabt, weil die Medien das ausgeschlachtet haben. Alles nur „Mache“ .Oder der Typ, der das Massaker in Dallas veranstaltet hat, der soll ja Manson und Rammstein gehört haben, dass ist so wie sie es gerade brauchen.

Um noch einmal zu den Texten zurückzukommen… der Text von Hemoglobin erinnert mich so ein bisschen an einen Horrorfilm, den mir ein Kumpel empfohlen hat, da geht es um eine Adelsfamilie die inzestuös nur unter sich bleibt. Basiert der Song auf dem Film?
Matt: Ja, der Song Hemoglobin ist genau der Film.

Und wie hieß der Film?
Matt: Na, Hemoglobin mit Rutger Hauer

(Anmerk.: Hätte ich mir eigentlich denken können, toll recherchiert, peinlich, hehehe…=> Hemoglobin, 1997 Canada/USA, Regie Peter Svatek, Darsteller Rutger Hauer,
Roy Dupuis und Jackie Burroughs)

Matt: Ich fand den Film sehr geil, und er hat mir gut gefallen. Irgendwie ist es ja auch so, dass in jedem Film eine Botschaft steckt, auch wenn der Film reine Fiktion oder eine Fantasiegeschichte ist. Das war ja im Mittelalter wirklich so, dieses Inzestuöse, die wurden untereinander verheiratet, das war ja normal. Es geht um das alte Blut oder das blaue Blut. Das mit dem Genscheiß heute ist die gleiche Kacke, da probieren die hin und her. Experimente gab es schon immer. Damals war es aufgrund dieser Politik der Reichen das verwandtschaftlich Heiratsbeziehungen unter einander bestanden haben. Daraufhin sind auch Mutationen entstanden, Das ist ja keine Erfindung, das gab es ja wirklich. Hierzu gab es im Rudolf Virchow Klinikum eine Sammlung von Mutationen. Eine böse Laune der Natur, sagt man immer so schön, aber das muss ja irgendwo herkommen.

Bei Vicious Blood Internal schilderst Du, dass man relativ schnell von Oben unterdrückt wird, wenn man eine andere Meinung hat.
Matt: Vicious Blood Internal ist eigentlich auch eher eine Metapher, es geht da um Diktatoren.

Würdest Du, obwohl sicherlich überspitzt formuliert, Herrn Bush in die Ahnenreihe der Diktatoren einreihen?
Matt: Der ist für mich ein Cowboy aus Texas. Der spielt, glaube ich, gerne mit dem Revolver.

Abschließend will ich noch wissen, ob es sich bei dem Stück „Fuck I am Dead“ um die Verarbeitung einer todesnahen Erfahrung handelt. Matt quittiert diese Vermutung mit einem Grinsen und weist darauf hin das nichts dergleichen dahintersteckt, sondern der Song eher in die Richtung von „Carnival Of Souls“ des Vorgängeralbums geht. Dieser Teil des Gesprächs ist schon nicht mehr aufgenommen worden, denn an dieser Stelle gaben die Batterien des Diktiergeräts den Geist auf und leider hatten wir unprofessioneller Weise die Ersatzbatterien vergessen, so dass ich einige Fragen, bezüglich der musikalischen Seite, die noch offen blieben Olli nachträglich per Email schickte.

Stichwort: Die Musikalische Seite II.
Um noch einmal auf unser Gespräch zurückzukommen, dass wir geführt haben, als die Batterien des Diktiergeräts leider den Geist aufgegeben hatten…
Ein paar der Riffs auf HUMAN TOXIN bei den Songs „Flesheater“(ca.00:12-00:27 Sek & 00:46- 00:58 Sek) und „Blind Upheaval“ (ca. 1:20, bzw. 1:25-1:48 Min) erinnern mich ein bisschen an KRISIUN, empfindet ihr den Vergleich als berechtigt oder eher nicht?

Olli: Mann, da hab ich extra die CD noch einmal reingehört und nach den Sekunden geschaut, danke für den Vergleich ! Findeste wirklich ? Bei „Flesheater “ finde ich das Riff eher etwas dreckig und , sorry , punkig . es spielt sich so rotzig , ein „dicke Eier“ Riff; hehehe . Wenn du Parallelen findest, sagen wir danke , weil die Jungs von Krisiun sind ja auch ein paar feine Kerle ….
Moment, gleich kommt die Stelle bei „Blind ..:“ ach der Part, das Solo von mir und von Hardy dieses Nagelriff .. ich mag diese Stelle , weil sie von Null , von unten beginnt und gleich das Gaspedal durchdrückt. Ähnlichkeiten zu den Jungs aus São Paulo sind aber rein zufällig und nicht beabsichtigt. hmm aber wer weiß,… *G*
Als Schreiberling muss man manchmal, um den Hörer die Musik näher zu bringen, zwangsläufig mit Kategorien, Subkategorien und Vergleichen zu anderen Bands arbeiten. Steht ihr als Musiker Vergleichen mit anderen Bands eher offen gegenüber oder bereiten euch solche “Schubladen” Bauchschmerzen, da man im Hinterkopf hat, dass der positive Vergleich von der Presse auch leicht in einen negativen Plagiatsvorwurf verkehrt werden kann?
Olli: Nee ,macht mir nüscht aus . Das ist doch normal, ein jeder muss Vergleiche bemühen, um einem Anderen etwas Unbekanntes zu erklären, das ist nicht nur in der Musik so. Vergleiche können einen ehren, aber auch einengen, weil Vergleiche immer subjektiv sind. Ein anderer stellt sich evtl. unter einem Bolt Thrower Sound etwas anderes vor als wiederum ein anderer.
Plagiatvorwurf, hmm nettes Wort. Wir sind ne Death Metal Band. Punkt. Da gibt´s gewisse Stilistiken die man spielen möchte, eben weil man es einfach geil findet Walzen; Moshparts, Doublekickattacken und Blastparts zu spielen. Dass das für 1000 andere DM Bands auch gilt, liegt nur in der Natur dieses Genres. ENTSCHEIDEND ist, wie man diese Elemente mehr oder weniger zusammen mixt , dosiert und sich auch genrefremden Einflüssen ( manchmal ) nicht verschließt. Dann entsteht so etwas wie ein eigener Sound.
Ich bin froh , dass ich in vielen Reviews eben lesen konnte, dass wir es mit dem Mischen ganz gut hingekriegt haben. Dies ist unser oberster Ansatz. ich hab schon zu viele Bands gesehen, wo mir der Drummer, der Gitarrist gut verläuft oder ich auch die tollen Bassläufe des 15 Finger Bassisten anschaue, aber wenn hinterher jeder Song gleich klingt, ist nichts gewonnen.
Ein abgekauter Spruch, der aber viel Wahres in sich birgt: „Weniger ist manchmal oft mehr“ ,…. aber ich merk gerade, dass ich vom Thema abschweife.
Nein, die Vergleiche stören uns nicht, einige können wir nicht nachvollziehen, andere überraschen uns, aber keiner beleidigt uns. Gibt uns Schubladen! Stopft uns in Ordnungskisten mit Namenschildern, wir versprechen , bei der nächsten Platte werden uns einige wieder umsetzen wollen. Keine Angst , SPAWN bleibt Death Metal.

Wie kommt man eigentlich auf ein Riff, später auf eine Melodie und schließlich ein komplettes Stück; geht man da eher strukturiert heran oder bevorzugt ihr eher eine Herangehensweise aus dem Bauch heraus oder ist es vielleicht eine Mischung aus beidem?
Olli: Die Mischung macht´s. Der klassische Fall ist bei uns häufig: Hardy oder ich ( meist Hardy hehehe ) hat ein Riff, oder ein paar , am Start diese werden vorgetragen, die Tauglichkeit wird besprochen, quatsch , wat heisst besprochen, wenn No anfängt, gleich mitzukloppern, dann ist meist schon klar, dass das Riff funktionieren wird. Der nächste Step ist, dass die Fragmente zusammengefügt werden, hier besteht schon das Problem , den noch nicht existenten Song am Ende im Auge zu haben. Wohin soll die Reise gehen. Soll nur geballert werden, werden rollende Grooves gebraucht, Solo ja / nein solche Fragen treten dann auf. Der andere Weg ist, dass einfach ein Song in seinem groben Arrangement fertig ist ,und man das auch so haben will, als Gitarrist .Der Rest ist dann Ausarbeitung der Drums. Wir haben bei der „HT“ sehr genau darauf geachtet , wie die Drums sich einbinden. Unterstützen sie den Song oder klimpern sie einfach nur so mit. Am Ende steht meist der Gesang. Wir arbeiten zur Zeit an den nächsten Song und haben nun die Möglichkeit, im Proberaum auf einem Sequenzerprogramm alles aufzunehmen und dann die Gesangspart am Rechner einzusingen, das ist effizienter, als wenn die ganze Band immer nur einzelne Parts ständig spielt. Man nimmt auf, hört sich´s an , überlegt nach einer zweit. Stimmt, probiert Variationen, ohne die anderen Versuche zu löschen und entscheidet sich am Ende . Das ist schon ne´ Erleichterung.

Würdet ihr mir zustimmen, das HUMAN TOXIN technischer ausgefallen ist als SFV?
Olli: NA HOFFENTLICH ! Nee mal im Ernst , ich denke das technische spielt sich auch stark im Hintergrund , nicht so wahrnehmbar ab. Viele Riffs bestehen aus diversen Abläufen, die in sich aber wieder flüssig klingen sollen. Wir arbeiteten stark mit Timingwechseln , wir sind streng nach „Click“ vorgegangen und konnten im Studio die Clicktimings programmieren, so das wir auf den Takt genau ein 20bpm langsameren Click hatten und nach 8 Takten wieder den alten. Das war schon sehr gut. Im allgemeinen hat sich jeder von uns natürlich zur Vorgängerscheibe weiter entwickelt. Ich hoffe diese Entwicklung hört man.

Meine Favoriten auf eurem aktuellen Album sind „Fear The Just Revenge“ und Hemoglobin“. Habt ihr selbst so etwas wie Lieblingssongs auf „HUMAN TOXIN“ oder hört man sich als Musiker seine eigene Kompositionen gar nicht an?
Olli: „Fear …“ mag ich auch sehr gerne. Hemoglobin ballert live wie die Sau! Unbedingt mal kommen und antesten… Ich habe heute seit langer Zeit die HUMAN TOXIN wieder gehört, weil ich auf deine obige Frage genauer eingehen wollte. Ich denke, es bringt nicht so viel, ständig sein eigenes Zeug zu hören und in der Tat war es so, dass wir in der Zeit der Postproduktion , also das Abmischen und Mastern, regelmäßig täglich das Album zuhause gehört haben , um Verbesserungspotential zu erkennen. Danach legst du die Scheibe nicht freiwillig ein , hehehe, man braucht etwas Abstand. Nicht falsch verstehen, das sind unsere Perlen, die wir da gezüchtet haben und sind stolz darauf und lieben es, sie live zu spielen, aber man muss den Kopf auch frei bekommen für neues Material.

Hört ihr eigentlich Privat nur Metal oder einfach das, worauf ihr gerade Bock habt?
Olli: Doch, zu 90 Prozent läuft bei mir eigentlich etwas, was mit metal zu tun hat.

Was ist eigentlich SPAWNS Geheimrezept: wie einst ein weiser Mann sagte „üben, üben, üben!“ oder viel miteinander reden?
Die Jungs von Monstrosity saßen auf dem FTC III mal an unserem Stand, genauer gesagt der Drummer von denen , dem wir unter vorgehaltener Pistole zwangen, sich unsere „Headhunter“ Scheibe anzuhören. No. sprach ihn darauf an , wie er es denn geschafft hatte so schnell mit den Füßen zu werden. Er schaut ihn cool hinter der Sonnenbrille an uns sagte trocken „Practise“ . Ja , meine Herren , das ist ja mal ne Aussage. Aber nur Üben hilft nicht weiter. Wir sind eine Band in der fünf einzelne Individuen zusammenkommen. Es kann nur gemeinsam gehen , deshalb muss ein jeder in der Lage sein, zu reden, konsensfähig sein und eben auch ne Menge Humor bei uns. Wichtig ist, dass das Ziel für alle klar ist, alle sollten das gleiche wollen. Dann sollte der Rest klar gehen. Gute Frage, ob unser Geheimrezept funktioniert? Ich denke schon.

Wie sieht jetzt der Plan in der nächsten Zeit für Spawn aus? Es stehen ja Gigs auf dem With Full Force und ein Konzert mit Gwar an, außerdem erwähntet ihr ja, dass ihr bereits drei neue Songs fertig geschrieben habt.
Olli: Ja, die neuen Songs haben bei den Proben nun wieder Prio. Wir wollen verstärkt wieder ins Writing.
Dazu versuchen wir wie es unsere Zeit erlaubt, ne Menge Gigs an Land zu ziehen. Hier möchte ich gern mal ein wenig Eigenwerbung machen. Konzertveranstalter und Promoter : checkt unsere Site www.spawn666.de oder info@spawn666.de und tretet mit uns in Kontakt , zwecks Konzert bei euch. Man kann über alles reden…
Wir freuen uns auf das WFF aber bis dahin ist noch ne Menge Zeit , wir sind auf dem Protzen Open Air und am 3.6. in Halle mit Common Grave. Tja, und wer in Berlin oder Umland wohnt, sollte zu GWAR und Spawn kommen. Diese Legende sollte man sich nicht entgehen lassen.

Da ich es in der Aufbruchstimmung zum Illdisposed Konzert (das am gleichen Abend stattfand) sträflich vernachlässigt habe, möchte ich euch für die Zeit, die ihr euch genommen habt und das ausführliche Interview danken. Möchtet ihr noch ein paar Worte an eure Fans richten?
Nochmals danke an euch Nasen, es hat Spaß gemacht. Und hier mal danke an euch da draußen, die an das Album glauben und es unterstützen.
Gebt uns ne Info, wenn bei euch in der Nähe ein Club mit Bühne ist, wo man zocken kann, wir kommen gern. Wir sehen uns! Cheeerz
Kontakt: info@spawn666.de

Interview: Michael König, Unterstützung: Manuel Feichtinger

www.spawn666.de

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