Sigihl – Trauermärsche (And A Tango Upon The World’s Grave) 2/6

SigihlArachnophobia Records

Bewertung: 2/6 → durchwachsen

Songs: 5

Spielzeit: 37:31

„Ist das Kunst oder kann das weg?“, lautet der primäre Gedanke, der sich unweigerlich nach dem ersten Hördurchlauf von „Trauermärsche“ aufdrängt. Sigihl aus Polen ecken mit ihrem Erstlingswerk definitiv an und was für die einen experimentelle Kunst ist, hat für andere den faden Beigeschmack von unnötigem Geschwurbel, das entfernt an Musik erinnert. Beide Ansichten sind berechtigt, aber die Band hat es verdient, dass man ihr zunächst beide Ohren leiht.

Mit folgender Annahme sollte an das Album herangegangen werden: Sigihl kümmert klassisches Songwriting einen Dreck. Wer nach intensiven Refrains oder stürmischen Soli sucht, ist bei den Polen am falschen Drücker. Genau genommen kommen Sigihl sogar ganz ohne Gitarre aus. Den Platz der Melodieführung nimmt ein Saxophon ein, weswegen die Band aus Katowice sich auch selbst irgendwo in der Jazz-Ecke verortet. Unter anderem, wohlgemerkt, denn zusätzlich zum Jazz-Thema sind außerdem noch Noise-Anleihen und Einflüsse aus dem Doom-, Drone-, Sludge- und irgendwie auch dem Black Metal-Bereich zu erwähnen.

Okay, der Versuch, Sigihl zu klassifizieren gilt hiermit als gescheitert und wir stellen fest, dass „Trauermärsche“ etwas ganz Eigenes darstellt. Genau das, dieses Neuartige und Fremde, scheint auch die einzige Prämisse beim Aufnehmen des Albums gewesen zu sein.

Mit dem Beinamen „And A Tango Upon The World’s Grave“ schaffen Sigihl außerdem ein Oxymoron: „Tango“ meint gemeinhin einen feurigen, leidenschaftlichen Gesellschaftstanz. Das gedehnte, überaus schwermütige musikalische Motiv, das sich durch das Album zieht, steht damit im so absoluten Gegensatz zum Titel, dass hier nur ein beabsichtigtes Stilmittel vermutet werden kann.

Das heulende Wehklagen von Sänger Kvass erinnert außerdem stark an Aaskereia und das harmoniert gut mit dem Novum des trübseligen Saxophons – insofern man innerhalb gewollter Dissonanz von Harmonie sprechen kann. Der wummernde Bass von L. Th, der auch bei den Aufsteigern von Outre die Saiten zupft, passt zudem durchaus gut ins Gesamtbild. Man muss ganz klar sagen: der Mix hat eindeutig etwas beklemmend Einnehmendes.

Die Songs sind allerdings kaum voneinander abgrenzbar, weswegen ein Anspieltipp recht sinnlos erscheint. „Daymare“, als erstes Stück der Platte, gibt übergreifend einen guten Eindruck.

„Trauermärsche“ ist somit ganz eindeutig nichts, das man mal „eben so“ hören kann. Die Idee ist ausgefallen und kann passagenweise ansprechen, aber so richtig will der Gedanke nicht zünden. Das Ganze ist schlichtweg hörenswert für Musikinteressierte, welche die nötige Offenheit mitbringen oder eben für Liebhaber der experimentellen Schiene. Punkte gibt’s für den Mut, eine neue Richtung einzuschlagen und die gnadenlos großartig getroffene kafkaeske Stimmung.

https://www.facebook.com/Sigihl/

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