Sentenced Interview

Man mag vom musikalischen Werdegang dieser Band denken was man will. An einem Eingeständniss kommt man nicht vorbei: Egal was SENTENCED machen – sie machen es richtig! Und so kann jedes ihrer Alben auf seine Art überzeugen. Mit Crimson liegt nun ein weiterer Output vor, der nur noch wenig mit den Death Metal Roots  der Band gemein hat – aber dennoch ein Charme versrüht dem man sich nur schwerlich entziehen kann – so ging es auch Sascha Blach der sich daraufhin die Band vornahm…

Eternity: Zunächst einmal Glückwunsch zu einem wirklich gelungenen neuen Album. Bei mir läuft „Crimson„ im Moment nahezu täglich rauf und runter und ich bin richtig angetan. Mir ist aufgefallen, dass die Titel der letzten vier Sentenced Alben lediglich aus einem Wort bestanden, so auch „Crimson“. Hat dies eine besondere Bewandtnis?

Sami Lopakka: Ja. Ich weiß nicht warum, aber wir legen großen Wert darauf, dass unsere Albumtitel aus einem Wort bestehen. Ich denke, es lässt mehr Platz für eine offene Interpretation, wenn man nur ein Wort sieht, anstatt einiger in Zusammenhang stehender Worte.

E: Der Titel „Crimson„ wurde jedoch schon von einer Reihe andere Bands vor euch benutzt. Ich erinnere mich beispielsweise an Edge Of Sanity. Aber was bedeutet euch konkret dieses Wort. Ihr habt euch bei der Namensgebung doch sicherlich mehr gedacht, als dass es eine coole Farbe ist, oder?

S: Für mich repräsentiert es die Farbe des Blutes, welche als Symbol von Leben, Tod und Liebe gesehen werden kann. Das passt alles sehr gut zu den textlichen Themen und der Musik.  Aber eigentlich steht „Crimson„ für die Atmosphäre des Albums.

E: Das Coverartwork ziert ja Fossilien auf blut-rotem Hintergrund. War es diese Verbindung von Leben und Vergänglichkeit, die den Reiz daran ausmachte?

S: Ich würde nicht sagen, dass der Hintergrund wirklich Blut ist. Es ist lediglich eine ähnliche Farbe. Das Cover wurde von Niklas Sundin, dem Gitarristen von Dark Tranquillity, entworfen. Er hat uns verschiedene Entwürfe gezeigt, nachdem wir ihm als Inspiration lediglich den Titel gaben. Wir haben dieses Fossilien-Thema ausgewählt, weil es etwas Verlorenes, nicht mehr Existentes dar-stellt und das Cover zudem einen hohen künstlerischen Anspruch erfüllt. Es gibt jedoch keine bestimmte Geschichte oder Aussage  hinter dem Cover.

E: Es steht also in keinem Zusammenhang mit den Texten?

S: Vordergründig nicht, aber es gibt durchaus einen Zusammenhang. Wie ich sagte, stellt das Cover etwas Vergangenes dar und diesen Aspekt kann man auch in den Texten wieder finden.

E: Gibt es denn textliche Neuerungen zu vermelden oder behandelst du weiterhin Themen wie Selbstmord und Tod. Titel wie „Killing Me, Killing You„ oder „Bleed In My Arms„ lassen derlei Vermutungen zumindest zu.

S: Das Selbstmord-Motiv ist nicht mehr so präsent. Es ist Themen wie Selbsthass, verlorener Liebe und daraus resultierenden Konsequenzen gewichen. Alles in allem sehr persönlich, Neuerungen gibt es diesbezüglich nicht zu vermelden. Wir führen unsere textliche Linie eben konsequent fort und versuchen mit jedem Album tiefer in die Gefühlswelt einzusteigen.

E: Könntest du dir vorstellen, jemals einen positiven Text zu schreiben?

S: Nein, nicht wirklich. Zu einer traurigen Melodie kann man keinen fröhlichen Text schreiben, das würde einfach dämlich klingen. Dies ist nun mal unsere Art zu arbeiten und Songs zu schreiben. Und sie enthält eben immer diese depressive und niedergeschlagene Seite. Die Stimmungen kommen ganz natürlich aus uns heraus und wir fühlen uns gut dabei, solche Musik zu spielen.

E: Aber dies ist doch hoffentlich nur ein Aspekt des Sami Lopakka, oder siehst du wirklich keine Hoffnung im Leben und kannst keine Freude empfinden?
S: Mein Leben ist nicht so schlimm, wie man es nach dem Lesen der Texte annehmen könnte. Die Songs sind einfach eine Möglichkeit mich auszudrücken und spiegeln nicht zwingend mein eigenes Leben wieder. Wenn ich wirklich keine Hoffnung im Leben sehen würde, wäre ich schließlich nicht mehr hier. Ich bin also nicht wirklich negativ eingestellt.

E: Okay, schön zu hören. Aber lass uns doch einmal auf das Musikalische zurück kommen. Auf „Crimson„ sind im Gegensatz zu den Vorgängern viel mehr Akustikgitarren zu hören. War dies eine bewusste Entwicklung?

S: Ja, wir wollten ein stärkeren Kontrast zwischen aggressiven und ruhigen Parts her-stellen. Wir haben dafür bewusst akustische und sphärische Klänge gewählt, um die ruhigen Teile auch wirklich zu solchen zu machen.

E: In den letzten Jahren haben sich Sentenced von einer Death Metal Band zu einer sehr melodischen Metal Band entwickelt. Wie würdest du euren Stil mittlerweile selbst einordnen?

S: Wir spielen einfach melodischen Metal. Ich glaube nicht, dass uns die Leute noch in die typischen Kategorien, wie Thrash-, Black-, Death- oder Power Metal einordnen können. Wir vermischen einfach zu viele unterschiedliche Einflüsse und sind folglich zu eigenständig.

E: Wenn du in die Zukunft blickst, wie wird die weitere Entwicklung von Sentenced verlaufen?

S: Ich würde sagen, dass wir die Basis für eine zukünftige Entwicklung mit den letzten zwei bis drei Alben gelegt haben und wir werden auch in Zukunft ähnliche Musik machen. Aber ich kann nicht sicher sagen, was in Zukunft passieren wird. Das einzigste das ich versprechen kann ist, dass wir auf jeden Fall eine Metal Band bleiben werden.

E: Du kannst dir also nicht vorstellen beispielsweise im Stile von Paradise Lost ein Synthie-Pop-Album aufzunehmen?

S: Nein, wir wollen keine Musik machen, die aus künstlichen Klängen oder Maschinen besteht, sondern weiterhin mit unseren Instrumenten und echten Menschen Musik machen.

E: Gehe ich dann richtig in der Annahme, dass du auch keinen Tekkno oder elektronische Musik magst?

S: Manche Tekkno-Sachen sind ganz in Ordnung, aber ich würde es mir wohl nicht unbedingt zuhause anhören.

E: Habt ihr dennoch den Anspruch eine über das Metal Publikum hinausgehende Zielgruppe anzusprechen, sprich etwas kommerzieller zu werden?
S: Wir denken darüber nicht nach. Musik kommt bei uns aus dem Gefühl heraus. Wir nehmen einfach Platten auf und warten was passiert. Wir sind also keine kommerzielle Band. Dennoch könnte unsere Musik auch Leute ansprechen, die mit Metal nichts am Hut haben. Aber das ist lediglich ein nützlicher Nebeneffekt.

E: Was/wer inspiriert dich auf musikalischer Ebene?

S: Es fällt mir schwer spezielle Einflüsse zu nennen, da ich von klassischer Musik bis zu extremstem Metal alles höre.

E: Aber es gibt doch sicherlich eine Band, die dich zum Heavy Metal brachte…?

S: Als wir mit Sentenced vor 10 Jahren anfingen, waren es Metallica oder Iron Maiden. Aber mittlerweile haben wir keine musikalischen Idole mehr. Natürlich beeinflusst einen alles Gehörte, aber es ist immer schwer zu sagen, welcher Song nun gerade wovon beeinflusst wurde, das passiert eher unbewusst.

E: Gibt es Einflüsse außerhalb der Musik, die dich in irgendeiner Weise inspirieren?

S: Ja, wir leben im äußersten Norden Finnland. Dort ist es im Winter immer sehr dunkel und kalt. Das beeinflusst die Leute natürlich bezüglich der Zunahme an Depressionen und negativen Gedanken. Man kann also sagen, dass uns unsere Umgebung beeinflusst. Was den textlichen Aspekt anbelangt, so inspirieren mich überwiegend die Ereignisse des täglichen Lebens.

E: Wie viele Stunden pro Tag scheint denn bei euch in Finnland momentan die Sonne?

S: Bei uns scheint im Moment drei bis vier Stunden am Tag die Sonne. Obwohl Sonnenschein eigentlich der falsche Ausdruck ist, denn eigentlich ist es nur hell, von Sonnenschein kann man nicht sprechen. Es wird bereits um zwei Uhr nachmittags dunkel und erst wieder am nächsten Morgen hell.

E: Ist dies überall in Finnland so schlimm oder nur im Norden?

S: Je nördlicher man kommt, desto dunkler wird es.

E: Könntest Du dir auch vorstellen in einem Land zu leben?

S: Nein, ich möchte in Finnland bleiben. Auch wenn es manchmal sehr extrem ist, so ist es doch mein Zuhause. Wärmere Länder haben mich noch nie sonderlich berührt, das ist für mich keine Alternative. Ich werde also für den Rest meines Lebens hier im nördlichsten Finnland bleiben.

E: Sind eigentlich alle Mitglieder von Sentenced solch düstere und melancholisch veranlagte Charaktere?

S: Ja, wir sind in dieser Hinsicht alle gleich und sind wirklich froh in der Band fünf Charaktere zu haben, die ähnlich denken. Es liegt wohl daran, dass wir alle aus dem Norden Finnlands kommen. Wir sind wirklich recht melancholisch und haben einen kranken Humor. Das liegt wohl schon  in unsrem Blut.

E: Ein sich in Deutschland hartnäckig haltendes Gerücht über die Finnen ist die Sache mit dem Alkohol. Ich habe bereits von vielen Leuten gehört, dass ihr diesbezüglich alles andere als Kinder von Traurigkeit seid…

S: Auf Tour wird es manchmal schon recht feucht. Aber wenn man über fünf bis sechs Wochen mit den gleichen Menschen einen engen Bus teilt, muss man ja irgendetwas tun. Da der Alkohol meistens frei ist, verleitet es natürlich leicht zum Trinken. Aber schwerwiegende Probleme hatten wir diesbezüglich in der Band noch nicht.

E: Wie sieht es mit Tourplänen für das neue Album aus?

S: Wir planen im Februar und März für fünf bis sechs Wochen alle wichtigen Plätze in Europa zu betouren und das wird sicherlich nicht einfach. Aber etwas Konkretes kann ich leider noch nicht berichten.

E: Für viele Fans ist ‘Amok’ immer noch das favorisierte Sentenced Album. Ist dies ein Handicap, da ihr stets an der Platte gemessen werdet?

S: Wir mögen das Album immer noch und können uns nicht beklagen. Für uns ist jedoch jedes neue Album bisher immer das Beste gewesen.

E: Ich würde den Werdegang von Sentenced in zwei Perioden einteilen. ‘Amok’ ist ganz klar das beste Album mit Taneli Jarva als Sänger und ‘Crimson’ der vorläufige Höhepunkt mit Ville Laihiala.

S: Okay, da stimme ich dir zu.

E: Hast du eigentlich noch Kontakt zu eurem früheren Sänger Taneli Jarva?

S: Ja, ich sehe ihn hin und wieder, da wir an der selben Universität studieren. Wir sind immer noch gute Freunde. Er hat eine neue Band und sie werden wohl demnächst ein Album aufnehmen. Sie heißen Black League und ich habe bisher nur drei Songs gehört. Aber es unterscheidet sich stark von dem was wir mit Sentenced gemacht haben. Es ist mehr von Blues und Rock’n’Roll beeinflusst. Aber man erkennt Tanelis typischen Gesang natürlich.

E: Wenn Du zurück blickst, welches Album ist das bisher wichtigste in der Geschichte von Sentenced?

S: Das ist eine schwere Frage. Ich würde sagen, dass neuste Album ist immer das Wichtigste.

E: Meinst Du, Ihr könnt mit dem neuen Album ein größeres Publikum erreichen, schließlich knien sich Century Media promotechnisch wirklich rein….

S: Das hoffe ich, wir sind zumindest sehr zufrieden mit dem Album und werden sehen, was passiert.

E: Bist du rückblickend mit „Frozen„ und den Reaktionen zufrieden?

S: ‘Frozen’ war das bisher erfolgreichste Sentenced Album und in Finnland sind wir nur knapp an Gold vorbei. Die Grenze sind 20.000 verkaufte Einheiten und wir haben bereits ca. 19.000 abgesetzt. Vielleicht können wir das mit dem neuen Album noch toppen.

E: Wie sieht es um deine Zukunftspläne aus? Wie viele Alben möchtest du noch aufnehmen?
S: Oh, ich weiß nicht. Ich kann mir ein Ende der Band momentan nicht vorstellen. Es wird sicherlich noch einige Alben geben, aber ich kann nicht sagen wie viele. Aber genauso könnte es sein, dass ich heute sterbe und dann würde ich wohl keine Platten mehr aufnehmen…

http://www.sentenced.org/

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