Rollenspiel Special

Es ist relativ schwierig, einem Außenstehenden beizubringen, daß man Rollenspieler ist, und ihm zu erklären, worum es sich dabei eigentlich handelt. Denkt der ‘Normalbürger’ doch dabei oft zunächst an Psychotherapiesitzungen und Männerselbsterkenntnisgruppen. Um diese Form des therapeutischen Rollenspieles soll es hier jedoch nicht gehen, sondern um sogenannte Fantasyrollenspiele…

1. Was sind Rollenspiele?

Es ist relativ schwierig, einem Außenstehenden beizubringen, daß man Rollenspieler ist, und ihm zu erklären, worum es sich dabei eigentlich handelt. Denkt der ‘Normalbürger’ doch dabei oft zunächst an Psychotherapiesitzungen und Männerselbsterkenntnisgruppen. Um diese Form des therapeutischen Rollenspieles soll es hier jedoch nicht gehen, sondern um sogenannte Fantasyrollenspiele. Beim Rollenspiel schlüpft jeder Spieler in die Rolle eines Helden und versucht diesen in der entsprechenden Spielwelt zu verkörpern. Rollenspiel hat also etwas mit Realitätsflucht, Schauspielerei und Phantasie zu tun. Dabei spielen die Charaktere gewissermaßen die Hauptcharaktere in einem (imaginären) Film, mit (völliger) Handlungsfreiheit, und können so endlich alles besser machen als die großen Vorbilder auf der Kinoleinwand. Die Spieler schlüpfen dabei mitunter nicht nur in menschliche Figuren, sondern es tummeln sich Elfen, Zwerge, mächtige Magier und andere obskure Gestalten herum. Man hat endlich einmal die Möglichkeit, seine eigene Persönlichkeit gänzlich abzustreifen und zeitweilig eine andere Identität anzunehmen.
Dabei unterscheidet man grundsätzlich zwischen zwei Arten des Rollenspiels: den sogenannten Pen and Paper Rollenspielen, bei der die Spieler gemütlich zuhause sitzen, ein Charakterblatt vor der Nase, in dem die körperlichen und geistigen Vor- und Nachteile der verkörperten Figur festgehalten sind, und die sich damit begnügen, die Handlungen ihres Charakters zu beschreiben, also verbal zu interagieren und bei strittigen Handlungsergebnissen (schafft es der Held über den Felsspalt zu springen?) die Würfel sprechen lassen. Um diese klassische Form des Rollenspiels soll es in diesem Artikel gehen. Die zweite Art ist das Liverollenspiel, das Live Action Roleplay (LARP), bei denen die Spieler die Handlungen unmittelbar ausführen, also je nach Szenario auch tatsächlich mit Rüstungen, Polsterwaffen etc. ausgerüstet sind und ihre Spiele oftmals in großem Rahmen, beispielsweise auf einer Burg, durchführen.
Beide Arten des Rollenspiels haben jedoch zwei Dinge gemein:
Erstens leitet ein Spielleiter, oft auch Meister genannt, das Spiel. Er hat die Funktion eines Schiedsrichters und Regisseurs inne, verkörpert alle Nichtspielercharaktere (NSC); beim LARP übernehmen dies allerdings Helfer; und sorgt für das Fortschreiten der Handlung. Er hat sozusagen einen gewissen ‘Gottstatus’, denn er allein kennt die Gefahren und Schwierigkeiten, die noch auf die Spieler lauern, er hat die Macht, Lawinen auszulösen, das Wetter umschlagen zu lassen und dergleichen mehr. Er ist bei Regelfragen die letzte Instanz.
Zweitens finden Rollenspiele immer in einer Gruppe statt. (Computerrollenspiele sind keine Rollenspiele im eigentlichen Sinn). Mehrere Personen finden sich zusammen, um gemeinsam einer fiktiven Welt Leben einzuhauchen und Zeit in ihr zu verbringen, sich von ihrer weltlichen, realen Existenz zu lösen.

2. Was hat das im Eternity zu suchen?

Es gibt gerade unter Metalfans eine riesige, stetig wachsende Zahl von Rollenspielern. Viele sind über das Rollenspiel erst zum Metal gekommen, oder auch umgekehrt. Das ist wohl darauf zurückzuführen, daß sich viele Metalbands (gerade im sog. True – oder Powermetalbereich) mit Fantasythemen beschäftigen und so das Interesse für phantastische Themen wecken. Klassische Initialzündungen sind sicherlich Bands wie Blind Guardian. Gerade unter Metalfans ist der Konsum von phantastischer Literatur weit verbreitet.

3. Was für Rollenspiele gibt es, womit kann ich anfangen?

Seit den ersten Schritten in den 70er und 80er Jahren sind unzählige Regel- und Weltenkonzepte auf den Markt gekommen, und das Rollenspiel wurde immer populärer. So gibt es mittlerweile eine für Einsteiger kaum zu bewältigende Flut an Regelwerken und Spielwelten. Thematisch ist für jeden etwas dabei. Die Palette reicht von klassischer Fantasy über Science Fiction, Cyberpunk und Filmumsetzungen wie Stark Trek oder Star Wars, Marvelrollenspielen, Vampirspielen bis hin zu exotischeren Varianten wie Vietnamspiele etc. An dieser Stelle soll lediglich auf einige populärere und einsteigerfreundliche Systeme eingegangen werden.
Der Klassiker schlechthin in Deutschland ist sicherlich ‘Das Schwarze Auge’, das eines der ersten deutschsprachigen Rollenspiele überhaupt ist. Der wohl größte Teil deutscher Rollenspieler hat mit diesem System seine ersten Kerker erkundet, die ersten Kämpfe bestritten und die ersten Schätze gefunden. Mittlerweile gibt es eine immense Anzahl an zusätzlich zu den Grundregeln erhältlichem Material, eine detailliert ausgearbeitete Welt mit einer gewachsene Historie, einer komplexen Religion, eigenen Mythen und dergleichen mehr. Der Nachteil dieses von den Regeln her mittlerweilen recht komplexen und doch einsteiger-freundlichen Systems ist die Unüberschaubarkeit des Materials und der recht hohe Preis. So hat man vor dem ersten Spiel schnell 150 DM und mehr ausgegeben für die Grundbox, das Magiesystem etc. Wer sich für dieses klassische Fantasyrollenspiel interessiert, sollte sich auf jeden Fall vom Händler beraten lassen. Abhilfe hat Fanpro jüngst mit einem speziellen Einsteigerset geschaffen, mit dem versucht wird, sanft an das Rollenpiel an sich und DSA im Speziellen heranzuführen. Diese ist für kleines Geld (14,95 DM) zu erstehen und recht nett aufgemacht. Ein erstes Abenteuer ist auch bereits enthalten. Weitere Infos zu diesem Spiel gibt es auf der Herstellerhomepage www.fanpro.com
Ein weiterer, viel älterer Klassiker ist das Ur-Rollenspiel schlechthin, nämlich Dungeons and Dragons, welches nun wieder mit der Weiterentwicklung AD&D unter einem Banner schifft. Jüngst ist die dritte Edition erschienen. Auch bei D&D handelt es sich um ein klassisches Fantasyrollenspiel, wenngleich die Ausrichtung wesentlich heroischer und kampforientierter ist, als dies beim Schwarzen Auge der Fall ist. Das Besondere an D&D ist das recht offene System. So gibt es für das Basisregelsystem die unterschiedlichsten Welten, die natürlich auch mit unterschiedlich viel Zusatzmaterial gesegnet sind. Am bekanntesten dürften hier sicherlich die ‘Vergessenen Reiche’ sein, die mittlerweile sehr komplex ausgestaltet sind und vielen sicherlich durch die grandiosen Computerspielumsetzungen wie ‘Baldur´s Gate’ oder ‘Icewinddale’ bekannt sind. Eher durch die Bestseller – Romanreihe ‘Die Legenden der Drachenlanze’ von Margaret Weis und Tracy Hickman bekannt ist sicherlich eben jene ‘Drachenlanze’, welche vom Grundkonzept her wesentlich epischer an-gelegt ist, als die klassische Fantasyheldenwelt der „Vergessenen Reiche“. Außerdem gibt es noch andere mehr oder weniger bekannte Welten wie ‘Spelljammer’ und andere. Es sollte für jeden Geschmack etwas dabei sein. Neu an der dritten Edition ist der Open Source Gedanke, der es jedem Hersteller ermöglicht, eigenes Material auf den Markt zu bringen. Zum Spielen von D&D benötigt man das Spielerset, das Spielleiterset, das Monsterset und einen Kampagnenhintergrund, also eine Spielwelt. Damit ergibt sich zwar wie beim Schwarzen Auge ein recht hoher Einstiegspreis von ca. 200 DM, doch ist das Material excellent aufgemacht, sehr umfangreich und kann einen jahrelang fesseln. Weitere Informationen findet man unter www.amigo-spiele.de
Ein etwas anderes System, welches ich hier noch vorstellen möchte, ist das in Deutschland bei Feder & Schwert erschienene ‘Vampire’. Hier schlüpfen die Charaktere in die Rolle eines Vampires, eines Nachfahren Kains, und interagieren in einer Art Cyberpunkwelt, die der realen recht ähnlich ist. Dabei stehen Intrigen zwischen den verschiedenen Vampirclans, die Vampire haben sich im Laufe der Jahrhunderte in einem recht komplexen Gesellschaftssystem organisiert, streben nach Macht, die Konfrontation mit der Menschenwelt etc. im Vordergrund. Dabei geht es stets um den Widerstreit von Menschlichkeit und Tierwerdung, das Auflehnen gegen den menschlichen Ichverlust. ‘Vampire’ gibt es in zwei ‘Versionen’. Zum einen ‘Vampire-The Dark Age’, welches im Mittelalter zur Zeit der Inquisition spielt, zum andern ‘Vampire – Die Maskerade’, welches in der Gegenwart spielt und den Erhalt der ‘Maskerade’, das sich Verstecken der Vampire vor den Menschen nach der Inquisition, zum Hauptmotiv hat. Beide Systeme bauen aufeinander auf und unterliegen im Prinzip den gleichen Regeln. Zum Einstieg reicht das Grundregelwerk, was den Preis von DM 50 nicht übersteigen dürfte. Umfangreiches, qualitativ recht schwankendes Zusatzmaterial wird nahezu inflationär auf den Markt geschmissen. Jedoch sei noch angemerkt, daß ich das System, bis auf den Preis, nur bedingt als Anfängertauglich einstufen würde, da es speziell vom Spielleiter, aber auch vom Spieler ein wesentlich höheres Improvisationstalent, als auch Einfühlungsvermögen erfordert, als klassische Fantasyspiele und Erzählungsorientierter ist.
Gleiches gilt auch für mein derzeitiges Lieblingsspiel ‘The Call of Cthulhu’, welches auf den Werken des Horrorautors H.P. Lovecraft basiert. Es handelt sich also um ein Horrorrollenspiel, das klassischerweise in den 1920er Jahren spielt, jedoch auch in jede beliebige andere Epoche verlegt werden kann. Zum Spielen genügt auch hier das Grundregelwerk und natürlich eine gewisse Kenntnis der Mythenwelt Lovecrafts. Offizielles Material gibt es zu den Epochen 1890, 1920 und zu den 1990ern.
In diesem Zusammenhang noch erwähnt sei das meiner Einschätzung nach für Anfänger nach gewisser Übung recht gut zu bewältigende ‘Mittelerde Rollenspiel’ MERS, welches auf J.R.R. Tolkiens Werken basiert und modifizierte Rolemasterregeln verwendet. Der Vorteil liegt auf der Hand: Als Zusatzmaterial benötigt man außer der eigenen Phantasie im Prinzip nur Tolkienliteratur. MERS ist ein Spiel mit Langzeitmotivation zum kleinen Preis.
Diese Auflistung ist natürlich bei weitem nicht vollständig und spiegelt in gewisser Weise auch den Geschmack des Autoren wieder, aber alles andere würde den Rahmen sprengen. Wer mehr an Science Fiction bzw. Cyberpunkwelten interessiert ist, sollte sich nach „Shadowrun“ (wie DSA von Fanpro) oder auch „Cyberpunk“ oder „Traveller“ (ein Klassiker) umsehen.

4. Welche Quellen kann ich noch für den Einstieg nutzen?

Mittlerweile gibt es einige sehr gut gemachte Internetseiten zum Thema Rollenspiel. Hier seien nur einige kurz erwähnt: Sehr lange schon im Netz ist www.helden.de, welches umfangreiche Tips rund ums Rollenspiel bietet, auch einige Einsteigerinformationen etc. Auch einmal ansurfen sollte man die Seiten des ‘Allgemeinen Deutschen Rollenspielvereins’ unter www.adrv.de . Der ADRV gibt auch monatlich den ‘Envoyer’ heraus, der für wenig Geld jeden Monat ein Abenteuer und diverse Tips rund ums Rollenspiel, sowie Produktvorstellungen bietet. Artikel aus dem Envoyer gibt es unter www.envoyer.de. Man kann das Heft dort auch gleich abonnieren. Jede Ausgabe kostet DM 4. Am Kiosk gibt es auch diverse Zeitschriften zum Thema Rollenspiel, diese werden jedoch recht unterschiedlich von den Kioskbetreibern einsortiert, meist findet man sie bei den Computerspielezeitschriften oder den Comics. Hier ist vor allem der ‘Dragon’ zu nennen, eine deutsche Lizenzausgabe des amerikanischen ‘Originals’, welcher sich überwiegend mit D&D beschäftigt, und qualitativ hochwertiges Zusatzmaterial bietet wie Abenteuer, Szenarien, Tips zum Rollenspiel etc. Die Rezensionen sind dank TSR – Lizenz natürlich nicht gerade objektiv geraten. Eher den dunkleren Rollenspielen, also Call of Cthulhu, Vampire u.ä. widmet sich der ‘Mephisto’. Auch hier gibt es regelmäßig Abenteuer etc. Außerdem gibt es zahlreiche Fanzines, welche sicherlich beim Rollenspielhändler Eures Vertrauens vorrätig sind.

5. Was muß ich noch wissen?

Leider gibt es trotz wachsender Popularität immer noch nicht überall Rollenspiele zu kaufen. Oftmals bieten, dank der derzeitigen Flut an Computerrollenspielen, mittlerweile Computerspielegeschäfte auch Pen and Paper Rollenspiele an. Außerdem sollte es in jeder größeren Stadt eigentlich einen Fachhändler geben. Ob es bei Euch einen in der Nähe gibt, erfahrt ihr beispielsweise in der Händlerdatenbank des ADRV. Für den Fall der Fälle hier noch die Internetadressen einiger Versandhändler. Dies ist KEINE Empfehlung, da ich mit den jeweiligen Händlern noch keine Erfahrungen gemacht habe! www.fantasy-in.de oder www.fanen.com
Wer Anschluß an bereits existierende Spielgruppen sucht kann dies mithilfe der Spielerkontaktbörse KOOP versuchen, die sich unter www.adrv.de/koop findet. Weiterführende Links zu Rollenspielrelevanten Internetangeboten gibt es bei http:// www.fantaseek.de.

6. Zuguterletzt

Aller guten Dinge sind sechs! Ich hoffe, interessierten Lesern einen, wenn auch kleinen und stark gerafften, kleinen Einblick in die weite Welt des Rollenspiels geboten zu haben und wünsche viel Spaß beim Entdecken des schönsten Hobbys der Welt!

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