Metallica, Avenged Sevenfold, Waldbühne, Berlin

Berlin, Waldbühne, 06.06.2006

Der 06.06.06 ist vorbei und der Antichrist hat sich nicht gezeigt. Dafür gab’s am Abend in Berlin einen Auftritt von Metallica, die sich während ihrer gesamten Karriere Mühe gegeben haben, nie mit umgedrehten Kreuzen, Satan und Hexerei assoziiert zu werden. Sogar der Song „Call of Ktulu“, der ursprünglich „When Hell freezes over“ heißen sollte, wurde deshalb umbenannt.
Konzession an den Kommerz oder Authentizität? Die Frage stellt sich bei Metallica häufig. Mit „Load“ schien die Band vergessen zu haben, dass nicht seichte Rockfans, sondern knallharte Headbanger sie groß gemacht haben. Mit „St. Anger“ konnten sie dann im Jahr 2003 nicht nur einen Teil der alten Fans wieder begeistern (irgendwie behauptet seitdem ja jeder, mal Metallica gehört zu haben), sondern neue dazugewinnen, wie sich auch an diesem Abend in der Waldbühne zeigte. Das Durchschnittsalter im Innenraum dürfte nicht viel höher als achtzehn Jahre gewesen sein und die Bandmitglieder hätten theoretisch etliche dieser jungen Headbanger gezeugt haben können. Die Waldbühne war jedenfalls schon sehr früh ausverkauft gewesen, obwohl für dieses Konzert eigentlich gar keine Werbung gemacht wurde – Metallica sind auch nach über zwanzig Jahren noch Publikumsmagnet.

Den Abend eröffneten Avenged Sevenfold mit einem recht netten Set. Es wäre allerdings besser gewesen, wenn man neben der Kickdrum auch die Gitarren gehört hätte. Der Sänger der Band hatte sicherlich recht, als er brüllte „99% of you guys probably don’t know who the fuck we are“, aber insgesamt wurde die Mischung aus Nu und klassischem Heavy Metal von der Menge ganz gut angenommen. Wie es so häufig bei den neuen amerikanischen Bands der Fall ist, irritierte eher das Äußerliche der Band als die Musik selbst das Publikum ein wenig. Harter Metal mit kurzen Haaren und Baseballcappies? Ja Leute, das gibt’s. Bei vielen brach das Eis erst, als die Band Panteras „Walk“ überzeugend coverte.

Der Hauptact ließ sich wieder einmal Zeit, bis das bekannte Ennio Morricone -Intro erklang und die ausgehungerte und größtenteils völlig durchnässte Menge die Band begrüßen konnte. Als dann Lars Ulrich auf sein Drumkit einschlug und die ersten Klänge des Openers „Motorbreath“ (!) erschallen, brach im Innenraum die Hölle los. Wer eher durch „Nothing Else matters“ zu Metallica gekommen war und sich nah an die Bühne gewagt hatte, überlegte sich spätestens hier, ob er das Spektakel nicht eher von der Tribüne aus genießen sollte. Die Band kann immer noch einen unglaublichen Metal-Sturm entfachen und das ist schon ziemlich beeindruckend. Mit „Fuel“ gossen sie dann weiteres Öl bzw. Benzin ins Feuer, bevor sie mit „Wherever I may roam“ die Stimmung etwas abkühlten. Dann kündigte James Hetfield (mit einem merkwürdigen Bart, sieht aus wie ein in die Jahre gekommener Manta-Fahrer) das an, worauf alle gewartet hatten: den „new song“, der mangels Titel auch erstmal so heißt. Na nu, die haben erst einen Song, und für den noch nicht einmal einen Titel? Aber egal, man hörte genau hin und…um es kurz zu machen: Es klang grauenvoll. Eine merkwürdige Aneinanderreihung von Riffs und musikalischem gar nichts. Ungefähr so, als hätte der Song es damals nicht auf „Load“ geschafft, weil zu schlecht. Hoffentlich (!) wird das neue Album nicht so klingen.

Als im Anschluss an diesen Stimmungsknick dann die zarten Klänge von „The Unforgiven“ erklangen, verwandelte sich das Konzert in eine etwas müde Schunkelrunde. Nach über zwanzig Jahren Bühnenerfahrung hätte man Metallica doch etwas mehr Sinn für Dramaturgie zugetraut: Mit „Motorbreath“ und „Fuel“ der Meute richtig eingeheizt, um dann in wenigen Minuten die Stimmung wieder so aus der Hand zu geben… Aber wer nun schon enttäuscht war, wurde eines besseren belehrt, als Hetfield erklärte, es sei genau zwanzig Jahre her, dass das Album „Master of Puppets“ erschienen sei und deshalb werde man es jetzt spielen – jeden Song von „Battery“ bis „Damage, Inc.“ Und tatsächlich – es folgte ein herrliches Metal-Fest, jedes Lied, jede Note und jede Textzeile dieses genialsten Metallica-Albums wurde vom Publikum abgefeiert. So mag man sie!

Nach diesem Geniestreich folgte eine Mischung aus Altbekanntem, wobei der Schwerpunkt auf dem meistverkauften „Black“-Album lag, damit auch diejenigen, die gerne Balladen hören und sich ein bisschen wild fühlen wollen, zufrieden nach Hause gehen konnten. Mit „Sad but true“, „Nothing else matters“ (man kommt nicht darum herum, leider), „One“, „Enter Sandman“, „Seek and Destroy“ und einem Ramones-Cover (zu dem Avenged Sevenfold noch mal mit ihren komischen Mützen auf die Bühne geholt wurden, um ein paar Mal ins Mikro zu schreien) beendeten Metallica zweieinhalb sehr gute, aber keineswegs geniale Stunden.

Mussten sie wirklich fünf Songs des schwarzen Albums spielen und dafür „Ride the Lightning“ und „St. Anger“ völlig auf der Strecke bleiben lassen? Der Stimmung nach zu urteilen war das okay. Aber viele der Anwesenden hätten einfach alles geschluckt und würden sogar ein Metallica-Album kaufen, auf dem nur die Verdauungsgeräusche der Bandmitglieder zu hören wären. Auch das gehört zum Mythos dieser Band.

Mehr Infos: www.metallica.com

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