Krisiun Interview

Mit „Assassination“ ist Krisiuns nunmehr 7. Album (Anm.: Die vorletzte Scheibe „Bloodshed“ mit eingerechnet) vor kurzem erschienen. Eine sehr gelungene Scheibe, die durch guten Sound und variableres Tempo besticht und den Reifeprozess der brasilianischen highspeed Death Metaller dokumentiert. Als alter Krisiun Fan war es für mich ein Privileg mit meinen Helden ein Interview zu führen. Um so enttäuschter war ich, als es zunächst so schien, als würde der Berlin Konzerttermin entfallen, doch glücklicherweise wurde der Gig nur in eine andere Örtlichkeit verlegt…

Montag, 13.03.06: Gegen halb sieben abends finde ich mich im Kato ein. Krisiun stehen gerade auf den Brettern und machen ihren Soundcheck. Die Jungs sind einfach Perfektionisten, wie man unschwer erkennen kann. Für den heutigen Abend ist Gitarrist Moyses Camargo Kolesne mein Gesprächspartner. Backstage führen wir das Interview, das angesichts des lautstarken Soundcheks der holländischen Deather Devious gelegentlich fast in ein einander anschreien ausufert:
Eigentlich sollte das Konzert im K17 stattfinden, das doch eine größere Kapazität hat als das Kato hat.

Moyses: Nun ich glaube, da nur wir und die andere Band (Anm.: Devious aus Holland), die auch noch keine CD draußen hat und kein Label, spielen und kein großes Package mit vier, fünf Bands, dass nur einige Leute auftauchen werden. Montags ist es sowieso schwierig… Aber ich finde, es ist ein guter Klub, mit der richtigen Größe für weniger Leute.

Ich glaube ein weiteres Problem ist, dass der Veranstaltungsort innerhalb einiger Wochen wechselte und vielleicht haben einige Metaller das nicht mitbekommen.

Moyses: Wir werden für jene spielen, die kommen, da wir um die widrigen Umstände wissen, erwarten wir auch nicht eine große Menge. (Anm.: Das Kato blieb an diesem Abend natürlich nicht leer, aber dennoch machte sich leider die Flaute bemerkbar.)

Das ist der Metal Spirit !
Aber ihr habt noch ein Problem, euer Tourmanager hat den Job an den Nagel gehängt?

Moyses: Nein er fährt heute nach Hause… diese Tour hat bereits chaotisch begonnen. Anfangs waren wir drei Bands, mit Severe Torture und Hate. Dann gab es Probleme zwischen den Bands und Metalysee (Anm.: Touragentur) und nur noch wir haben die Tour fortgesetzt. Zu Begin der Tour haben wir für den ersten Tag einen Minibus gemietet, dann haben wir einen Campingbus gemietet und sind gen Skandinavien aufgebrochen, ohne Winterreifen! Wir mussten des Öfteren anschieben, den Berg hoch, also das reinste Chaos. Der Manager war einen größeren Stil gewöhnt, mit großem Nightliner…

Er hat gelitten.

Moyses: Er hat gelitten, aber der schlimmste Teil ist jetzt vorüber, jetzt geht es eher südwärts, wo nicht so viel Schnee liegt.

Ihr habt das beste Wetter erwischt, das Berlin zu bieten hat; heute Nacht sollen es –16 werden. (Anm.: im Krisiun Tourbus funktioniert nur im vorderen Bereich die Heizung)
(Anm.: Wir wechseln unsere Position weg von der Eingangstür tiefer in den Backstagebereich hinein, indem schon, zumindest auf den „Fresstellern“ Ostern ausgebrochen zu sein scheint und ich komme endlich auf das neue Album zu sprechen.)
Das neue Album „Assassination“ ist draußen. Als erstes ist mir der Sound aufgefallen

Moyses: Ja.

Ich glaube ihr habt jetzt die perfekte Mischung. „Black Force Domain“, zu Begin eurer Laufbahn, war sehr knüppelig und der Sound war sehr roh, aber es gab damals auch keine andere Möglichkeit. (Anm.: dies ist nicht mißzuverstehen, ich liebe dies brutale Scheibe noch heute)

Moyses: Nein, die gab es nicht aus Geldmangel. Wir hatten kein Label oder Produzenten. Wir nahmen das Album innerhalb einer Woche auf und taten was wir konnten. Es war eine Band die gerade am Anfang stand. Heute haben wir eine ordentliche Produktion und die Unterstützung von Century Media, das ermöglicht uns in besseren Studios aufzunehmen, um bessere Aufnahmen hinzubekommen. Man bemerkt die Verbesserung auf den Alben, Stück für Stück. Ich glaube, das ist die Hauptsache, die Kohle, um einen guten Produzenten bezahlen zu können, der Andy Classen (Anm.: produzierte u.a. Dew Scented, Disbelief, Holy Moses, Richthofen, etc.) zweifelsohne ist… außerdem hatten wir einiges mehr an Zeit im Studio. Es hat sich also auf natürliche Weise entwickelt.

Nichtsdestotrotz, war es, glaube ich, Max, der in einem Interview gesagt hatte, dass ihm der Sound auf „Ageless Venomous“ zu klinisch schien. Das hat sich nun verbessert.

Moyses: unsere Alben haben nie das gleiche Klangbild, wir haben es immer von Album zu Album verändert, das kann jeder hören „Black Force Domain“ (1995/97), „Apocalyptic Revelation“ (1998), „Conquerors“ (Conquerors of Armageddon, 2000), das bis heute unser meist verkauftes Album ist. Es wird gesagt, es habe die beste Produktion.. Auf „Ageless“ (Ageless Venomous, 2001) haben wir versucht den Sound zu ändern, da es viele Bands aus Brasilien gab, die einen sehr ähnlichen Sound wie wir hatten, also haben wir einen „progressiveren“, „saubereren“ Sound gewählt. Wir hatten nie Angst etwas neues auszuprobieren und etwas zu riskieren, aber das Ergebnis fiel so aus, dass viele Personen dies nicht nachvollziehen konnten. „Works“ war wieder etwas brutaler, aggressiver und wir kehrten mehr zum alten Stil zurück. Auf dem letzten Album hört man nun unsere Reife, die ganzen Jahre auf Achse und Erfahrung in Kombination mit Andy Classen, der sehr wichtig für diese Produktion war.

Warum habt ihr nicht mit Eric Rutan (u.a. Hate Eternal/Ex-Morbid Angel) aufgenommen, der ja ein persönlicher Freund von euch ist, und nun die Mana Studios eröffnet hat?

Moyses: Eric ist gut und hat viel gute Produktionen gemacht, aber wir befanden uns in Deutschland und wir spielten auf dem Summer Breeze und dem Partysan und anderen Festivals, so haben wir es ausgenutzt dass wir sowieso hier waren und das Andy Classen gerade frei war, außerdem mögen wir den Produktionen von Andy Classen, z.B. seine Arbeit bei Dew Scented und andren Bands, die einen heftigen, schweren Sound haben. Wir dachten diese Art von Sound wäre genau das Richtige. Es ist eine Produktion, die bis zu einem bestimmten Punkt sogar eher etwas europäisch klingt. Für mich hatte Deutschland immer die besten Produktionen, also haben wir wirklich aufgrund der Bekanntschaft zu Andy Classen entschieden.

Das Zweite, das beim Hören von „Assassination“ auffällt ist, dass ihr auch weniger (Anm.: an dieser Stelle trifft mich eine Wortfindungsstörung und ich stammle nur vor mich hin) äh wie sagt man, nein, nicht brutale, sondern…

Moyses, mir zur Hilfe eilend: groovige Parts

Ja groovigere Parts

Moyses: Es ist grooviger, „melodiöser“ ausgefallen; ich glaube das sind Früchte der Reife, die wir während der ganzen Jahre erreicht haben. Wir denken, dass Musik nicht stagnieren sollte und sich auch nicht die ganze Zeit gleich anhören, sondern verschiedene Blickwinkel enthalten soll. Das ist auf eine natürliche Weise geschehen, denn wir planen nicht, die Musik so auszurichten, wie es der Markt gerade fordert. Das meiste entsteht beim Jamen, geübt wir zuhause. Die Musik fließt natürlich. Ich denke auch, dass die Songs grooviger sind, die Stücke haben auch etwas vertracktere Melodien. Es ist auch ein sehr spontanes Album.

Also seid ihr eher Musiker die aus dem Bauch heraus arbeiten, als kopflastig?

Moyses In dem Sinne, dass alles zusammenspielt, Herz, Kopf und Geist.

Ich glaube auch, dass die Gitarrenleads jetzt mehr Zeit haben sich zu entfalten und bei höherer Geschwindigkeit werden diese manchmal nicht gleich erfasst, andererseits ist das wiederum interessant, da man eure Scheiben öfter durchhören kann und etwas Neues entdeckt.
Lass uns über Traditionen sprechen, eine eurer Traditionen ist, das ihr Instrumentale auf euren Scheiben einbaut…

Moyses: ja, das ist auch eine…

…Meiner Meinung nach kann man schon sagen, das ist eher ein Song für Max oder das ist eher ein Song für Moyses, bspw. ist „Diaboleros“ (auf Ageless Venomous, 2001)ganz klar ein Gitarrensong. Im Gegenzug ist „Summon“ auf „Assassination“ logischerweise ein Song für Max.

Moyses: Man kann sagen das es ein Sepulture Einfluss ist, Percussion. Brasilianische Einflüsse, du kannst in Brasilien geboren worden sein und bist 100% Brasilianer, aber wenn Du dich länger außerhalb auffällst verlierst Du etwas der Tradition von Samba, Percussion. Jeder Moleki (Anm.: Straßenkind, aber auch allgemeiner Jugendlicher) in Brasilien, ganz gleich welcher Hautfarbe, ob weiß, schwarz oder Indio bekommt es in der Schule beigebracht und kennt diese Tradition. Und Max hat in letzter Zeit einen „Krach“ gemacht, der sehr an Sepultura erinnert, das ist brasilianische Percussion, nicht computerisiert und auch nicht anderweitig bearbeitet, einfach Percussion mit Tierfällen

Wer weiß, vielleicht plant ihr ja eines Tages ein Instrumental mit Birimbao (Anm.: Traditionelles brasilianisches, bogenartiges Instrument mit einer dicken Saite und Kokosnussresonanzkörper) aufzunehmen?

Moyses: Klar, Birimbao mag ich sehr . Soulfly machen interessante Sachen mit Birimbao. Wir haben unsere Traditionen, die aber nicht kommerziell ausgerichtete sind, unsere Musik ist extrem und brutal. Sepultura ist kommerzieller ausgerichtet. Wir versuchen die Instrumentale eher in einer obskureren Form darzubieten. mystischer, mit ein bisschen Jungel Gefühl, aber alles in unserem brutalen Schema.
(Anm.: Hauptsache Krisiun klingen niemals wie Soulfly!)

Eine andere eurer Traditionen sind Coversongs, ihr hattet u.a. schon Sodom, Venom und Morbid Angel nur für den amerikanischen Markt aufgenommen.
(Coverliste.: Slayer „Silent Scream“-Asia Version von „Bloodshed“, Venom “In League with Satan“ auf “Works of Carnage”, Morbid Angels “Unholy Blasphemies“ auf der US/Asia Version von “Apocalyptic Revelation”, “ Sodoms “Nuclear Winter” und Kreators “Total Death” auf “Black Force Domain”)

Moyses: Das Cover ist auch in auf der Asien Version enthalten, aber letzten Endes kommt es überall heraus, dann halt als Bonustrack. Diesmal haben wir mit Motörhead, einen unsere Haupteinflüsse gecovert. Wir mussten ein Cover machen, da es einen Bonustrack für Asien geben musste. Als wir das Ergebnis des Coversongs hörten, entschieden wir uns das Cover als regulären Track und einen unserer Songs als Asienbonus zu verwenden. Motörhead sind für uns Götter.

Warum habt ihr gerade „Sweet Revenge“ (Anm.: vom Album „Bomber“, 1979 auf Bronze Records) ausgewählt und nicht z.B. „Going to Brasil“ (Anm.: vom Album „1916“, Epic Records1991)?

Moyses (lacht): Der Song ist obskur, ein langsames Stück. Es stammt von der zweiten Scheibe. Es ist auch ein brutales Stück aus den alten Zeiten Motörheads.

Ich fand es gut, dass ihr einen anderen Song als „Ace of Spades“ gecovert habt, denn dieser Song wurde mittlerweile schon recht oft gecovert.

Moyses Ja, „Sweet..“ ist ein Song, den weniger Leute kennen, der irgendwie vergessen wurde und so wird, von der Hommage abgesehen, daran erinnert das es ein echt cooler Song ist.

Stimmt, ihr habt das Stück naturbelassen, will sagen, ihr hättet ihn schneller spielen können.

Moyses: Wir hätten das Stück ganz anders einspielen können, wir wollten es aber eher traditionell haben. Motörhead waren zu ihrer Zeit die brutalste Band, die es gab, dann kamen Venom, Celtic Frost, Metallica und Slayer.

Habt ihr Lemmy schon persönlich getroffen?

Moyses: Nein, wenn wir ihn sehen, werden wir uns wahrscheinlich in die Hosen scheißen

Wer würde sich da nicht in die Hosen scheißen?
Lass uns auch mal über die Texte reden,…

Moyses: Uhum.

… Allgegenwärtig sind apokalyptische Visionen, fast bibelhafte Formulierungen.

Moyses: Es geht um antichristliche Texte, aber ich bevorzuge eher Geschichten aus dem Leben zu verarbeiten, als diese aus einem Buch zu entnehmen. Die Realität betrifft mich mehr, die Zeit in der wir leben. Nationen bringen sich wegen unterschiedlicher Religionen um.

Der Titel „Assassination“ ist ganz klar aus Assassin und Nation zusammengesetzt…

Moyses: ja Nationen, die zum töten bereit sind.

Kann man auch sagen, dass jeder ein potentieller Assassine ist?
(Anm.: hier nicht im Sinne der Mittelalterlichen Vereinigung/Sekte, sondern allgemein als Mörder)

Moyses: Der Titel lässt Interpretationsfreiheit zu. „Assassination“ kann politisch ausgelegt werden, auf Nationen, Terrorismus, das was gerade geschieht oder Armut und Vorurteil oder einfach bezogen auf die Musik, d.h. den Death Metal, der aggressiv und mörderisch ist, bezogen werden. Die Interpretation ist offen, so wie bspw. bei „Beneath theRemains“ (Anm. Gleichnamiges Album von Sepultura, 1989 Road Runner Records).

Also bevorzugt ihr es eher, dass sich die Leute selbst ihre Gedanken machen, als vorzugeben, so oder so ist es gemeint?

Moyses: Ja. Die Texte bleiben frei interpretierbar.

So bedeutet «hog» ja eben ein dickes Schwein, ist aber gleichzeitig die Abkürzung für „House Of God“; geht es um Kirchenkritik?

Moyses: Wie du weißt ist die Kirche in Brasilien sehr stark. Die Igreja Universal, wie sie in Brasilien heißt versammelt Tag für Tag mehr Gläubige. Es gibt Messen von bis zu 5000 Leuten, die fast nichts zu essen haben und dann der Kirche ihr Geld geben. Die Besitzer der Kirchen sind Millionäre, die das Geld nicht dazu einsetzten, irgendjemanden etwas Gutes zu tun. Das wäre ein Beispiel für die Realität. Haus Gottes H.O.G Schwein
(Anm.: Igreja Universal eine Sekte, Infos bspw.unter www.religio.de/dialog/396/396s20.html)

Schweineladen.
Moyses: Darauf läufts hinaus.

Was lässt euch drei solange zusammenspielen, ohne dass einer durchdreht?

Moyses: Gute Frage. Die Liebe zum Death Metal. Vor einer Tour haben wir ja auch unseren Ausgleich und amüsieren uns, gehen weg, treffen Freunde. Wir spielen die Musik, die wir mögen und kämpfen auch gegen Kommerzialisierung. Der Markt ist sehr offen für amerikanische und europäische Bands, für brasilianische Bands gehts so. Es ist also eine Mission, ein Kampf, dazu gehört, daran zu glauben und die Leidenschaft für brutale Musik

Ich glaube ihr habt für viele Bands in Brasilien die Tür geöffnet, trotzdem sind viele dieser Bands verschwunden, Rebaelliun sind verschwunden, Abhorrence ist nur noch ein Projekt?

Moyses: Ich glaube als wir bei Century Media unterschrieben haben und „Conquerors“ herausbrachten, haben viele Bands versucht den gleichen Weg einzuschlagen, um international wahrgenommen zu werden. Aber sie merkten, dass dies sehr schwierig ist. Es ist auch für uns schwierig. Viele haben gesagt, dass diese (Bands) Krisiun sehr ähnlich seien, dass sie nur den Tendenzen Krisiuns folgten. Also haben einige Bands aus Frust, als Klone abgestempelt worden zu sein, aufgegeben. Ich glaube, dass viele Bands gute Musiker sind. Ich nehme an, wenn es eine neue Welle von brasilianischen Bands gibt, werden sie versuchen, origineller zu sein, mit einer eigenständigeren Identität. Wir haben geholfen die Türen zu öffnen, wie Sepultura einst die Türen völlig geöffnet haben.

Schade z. B., dass hierzulande wenige Nefasth (Anm.: Nicht Nefas aus Italien!) kennen.

Moyses: Die haben einen originellen Sound. Meine Lieblingsband aus Brasilien sind Nefasth. Sie klangen originell, während diese Mode auftrat, dass jede Band schneller als die andere sein musste. Es ist auch Schade (Anm.:die Auflösung von Bands), aber es liegt auch an Beziehungen innerhalb der Bands. Es ist schwierig eine Beziehung zu haben, wenn man in einer Band spielt. Die Bandmitglieder sind die Familie. Manchmal sagt eine Freundin etwas das man nicht mag und dann heißt es leck mich am Arsch, verpiss dich! Man riskiert alles zu verlieren durch das Ego. Ich glaube, das ist einer der Hauptgründe, weshalb sich Bands auflösen, interne Bandprobleme. Da wir Brüder sind, ist es für uns einfacher.

Ja, aber wie Du am Beispiel von Sepultura gesehen hast, kann es auch unter Brüdern schief gehen…

Moyses: Ja stimmt,…sogar Brüder zerstreiten sich. Man muss eine bestimmte Reife haben, andere Personen zu verstehen, niemand ist perfekt, jeder hat seine Fehler. Und am Ende muss man alles in eine Wagschale schmeißen und den Anderen versuchen zu verstehen. Es ist klar, dass nichts perfekt ist

Witzig ist auch das viele der Bands, über die wir vorher sprachen, aus dem gleichen Bundesstaat Brasiliens Rio Grande Do Sul stammen, denn ihr seid ja keine waschechten Paulistas (Einwohner São Paulos). Kann man es also sozusagen das Florida Tampa Brasiliens nennen? (Anm.: Rio Grande do Sul ist der südlichste „estado“ in Brasilien, Fläche: 282,062 km_, Einwohner: 10 187 798 im Jahr 2001.)

Moyses: Stimmt, ich glaube das Brasilien zunächst den Boom aus Minas Gereis, BH (Anm.: Belo Horizonte) mit Bands wie Sepultura, Sarcófago, …Mutulator, also eben vielen Bands hatte. Dann kam São Paulo mit … Angra u.a., in Rio gab es nie besonders viele Bands. Schließlich explodierten die brutalen Death Metal Bands in Rio Grande Do Sul. Ich weiß nicht warum, wahrscheinlich ist das einfach die Tendenz der lokalen Szene.

In Rio Grand Do Sul ist es kalt

Moyses. Ja, Rio Grande Do Sul ist der kälteste Ort Brasiliens, vielleicht ist das ein Grund, hehe.
Was würdet ihr tun, wenn ihr nicht Musik spielen würdet.

Moyses: Nun ich würde arbeiten, ich hätte ne´ Familie mit Frau und Kindern

Würdest Du vielleicht ein Label eröffnen?

Moyses: Egal was wäre, ich würde auf Rock und Metal stehen. Es ist schwierig zu sagen, was ich wirklich machen würde. Mit Sicherheit würde ich arbeiten, um Geld zu verdienen, um zu überleben; ich komme aus keiner reichen Familie, ich hätte irgend einen Job.

Wo wir gerade vom Heiraten und Job reden, ihr habt doch einen älteren Bruder, der euch anfangs durch ZZ Top und ACDC zum Metal hören gebracht hat, ist der manchmal auf euch neidisch?

Moyses: Nicht wirklich. Er ist ein normaler Familienmensch, er arbeitet halt, steht auf Metal und Rock, aber nicht mehr so sehr wie früher. Die Arbeit und die Familie stehen jetzt eher im Mittelpunkt. Er hat aber noch seine Platten von Slayer usw., er findet es cool, dass er seine jüngeren Brüder beeinflusst hat und gesehen hat, was dabei heraus kam…

Hehe… ist was gutes herausgekommen…

Moyses: Er hat uns sehr geholfen, er hat uns in die Welt des Rock eingeführt.

Glaubt ihr eigentlich an irgendetwas? Oder seid ihr Atheisten oder Agnostiker?

Moyses: Um ehrlich zu sein, unsere Religion ist unser Leben, unsere Vision, unsere Musik, wir glauben an die Wahrheit, wir glauben an den Wunsch Dinge zu schaffen. Es ist eine Religion ohne Regeln, ohne Bibel. Unsere Religion ist unsere Vision, unser Leben, also ich kann es schlecht in Worten ausdrücken, da es stärker als Worte ist. Letztendlich kann man wohl sagen dass unsere Vision, unsere Religion, Metal ist. Da Metal und Rock `N` Roll Freiheit bedeuten. Eine individuelle Freiheit, nicht irgendwelchen Tendenzen und Modeerscheinungen zu folgen, manchmal glaube ich sogar, dass der Metal manchmal zu sehr Tendenzen folgt und dann zu einer monotheistischen Religion wird. Metal ist für mich Rock`N`Roll. Das Wichtigste ist eine echte Person zu sein, würdevoll und ehrlich. Für mich ist das meine Religion, ohne zu scherzen.

Leidet in Brasilien die Metal Szene ebenfalls unter Zerspaltung?
Heute hören diejenigen, die DM der neueren Schule hören, nicht unbedingt mehr Thrash Metal; Leute die heute Thrash Metal hören, können nicht mehr unbedingt etwas mit klassischem Heavy Metal anfangen.

Moyses: Metal heutzutage unterscheidet sich vom Metal der 80er Jahre, der damals sehr frei war. In den 90ern begann er sich mit kommerziellen Tendenzen zu verbinden. Seit 2000 versuchen die Bands auf vielerlei verschiedenen Wege anders zu sein und es gibt eine kommerzielle Annährung, indem man Frauen vors Mikro stellt, es ist softer, die Musik soll verständlich sein, damit das Radio sie spielen kann…

Ich hasse das!

Moyses: Ich auch…aber ich glaube, dass Metal immer modern ist. Es gibt viele Kids die heute auf eine kommerzielle Band abfahren, die morgen brutalere Bands hören. Es ist eine Tendenz bei Jungendlichen, sehr von Magazinen und Radio, MTV, etc. beeinflusst zu werden, aber in Zukunft werden einige von ihnen auf die richtige Fährte des Metals kommen und eher die Bands hören, die sie mögen und nicht, weil die Band gerade angesagt ist.

Also gibt es noch Hoffnung für eine Person, die bspw. mit Marilyn Manson anfängt eines Tages…

Moyses: Ich kenne viele Jungs, die mit grünen Haaren und Marilyn Manson T-Shirt auf unser Konzert gekommen sind, nach und nach Death Metal mochten und anfingen auch ein Brutalo zu werden. Manchmal haben die keine Kumpels, die zu ihnen sagen Morbid Angel sind gut, Deicide sind gut…Also hören sie so etwas wie Marilyn Manson oder Slipknot, aber solche Musik öffnet auf jeden Fall Türen um später vielleicht Metal zu hören. So wird er in das Genre eingeführt, beginnt nach und nach zu durchforsten und stellt fest, was wirklich heavy ist, z. B. Slayer (Anm.: Eher früher). Ich glaube es gibt viele Jugendliche, die heute Scheiße hören und morgen die echte Metalszene unterstützen.
(Anm.: Wahre Worte, mit diesem positiven Ausblick beschließe ich das Interview ausklingen zu lassen.)

Vielen Dank für das Interview!

Danke Dir, wir mögen die Deutschen, die uns immer unterstützt haben, wir hatten eine gute Zeit und hoffen, auch in Zukunft herzukommen.

www.krisiun.com.br
www.centurymedia.de

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