Konzertbericht Pharmakon / Swans

SwansDatum: 22.10.2014
Ort: Berlin
Location: Berghain

Es ist kein Zufall, dass Swans erneut in die Berliner Techno-Kultstätte Berghain geladen werden. Das Publikum trägt schwarz, irgendwo zwischen BDSM-Fetisch und Modeblog. Die dystopische Atmosphäre im ehemaligen Heizkraftwerk bietet ein optimales Umfeld für den zerstörerischen Sound der Industrial-Legende.
Seit den frühen Achtzigern haben sich die New Yorker mit ihrer autoaggressiven Mischung aus Noise Rock, No Wave und Post-Punk zu einer der einflussreichsten Bands des Genres etabliert. Nach einer knapp dreizehnjährigen Pause melden sich Swans seit 2010 mit drei spektakulären Alben zurück und erfreuen sich trotz der anspruchsvollen Musik an hoher Beliebtheit.
Vor dem Auftritt von Swans betritt jedoch zuerst die 23-jährige Künstlerin Pharmakon die Bühne. Ausgerüstet mit einem Synthesizer und einer selbstgebauten Platte mit Tonabnehmern liefert sie eine großartige Show ab. Der Klang überzeugt mit elektronischen Blastbeats und Geschrei an der Grenze zum Exzess. Die junge Dame packt Zuschauer an der Gurgel und wirft ihnen bösartige Blicke zu. Dann schwankt sie durch den Raum und fesselt Männer mit dem Kabel des Mikrophons. Die sexuelle Aufladung ihres Auftritts passt hervorragend zum dominant-destruktiven Noise-Feuerwerk, das auf gewalttätige Weise aus der Anlage dröhnt.
Nach einem langen Glocken- und Gong-Intro füllt sich die Bühne schließlich mit insgesamt sechs älteren Herren. Während einige von ihnen höchst elegant und würdig gekleidet sind, setzen andere auf ihren muskulösen Körper, Tätowierungen und lange Wikinger-Haare. Auf musikalischer Ebene präsentieren sie ein gewieftes Spiel mit den Erwartungen der Zuschauer. Minutenlange Übergänge, ruhige Passagen und repetitive Muster hinterlassen oft Überforderung und Verwirrung.
Swans spielen fast drei Stunden am Stück. Sie lassen sich Zeit und genießen es, die Komplexität der Stücke in ihrer Gesamtheit zu entfalten. Der kaskadenartige Aufbau ist fast spirituell und beschwörend wie ein Stammesritual. Doch irgendwann bringen sie doch Erlösung und explodieren aus dem Nichts. Die letzte Stunde des Konzerts ist laut und ekstatisch. Dabei beweist jedes einzelne Mitglied der Band eine beeindruckende Virtuosität beim Umgang mit ihrem Instrument.
Als ich mich umsehe, haben viele Menschen ihre Augen geschlossen und lassen sich mitreißen. Ähnlich wie beim letzten Swans-Konzert in Berlin vor zwei Jahren verlasse ich das Konzert mit dem Gefühl, auf eine intensive Weise um eine wichtige Erfahrung bereichert zu sein.
http://berghain.de/event/993

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