Jim Thompson „POP. 1280“

Eine handfeste Überraschung blühte mir vor einiger Zeit in einem Literaturkurs an der Uni. Sind sonst dort meist nur die eh schon bekannten und gefürchteten alten Schinken Thema von Kursen, so stand in diesem Kurs u. a. „POP. 1280“ auf dem Plan. Und hinter diesem Titel (steht für Population: 1280) verbirgt sich ein Meisterstück! Irgendwo im weiten Feld zwischen Krimi, rabenschwarzer Komödie und Western ist der Roman angesiedelt. Hauptfigur und Ich-Erzähler Nick Corey ist Sheriff in einem kleinen Südstaatennest, sieht seine Bestimmung anfangs jedoch eher darin, Frauen nachzujagen und sich von allen Leuten verspotten zu lassen.Doch hinter seiner – anfangs auch dem Leser gegenüber aufrechterhaltenen – dümmlichnaiven Fassade verbirgt sich ein psychopathischer, hochintelligenter Fiesling, dem so mancher zum Opfer fällt, der seinen erst nach und nach enthüllten Plänen im Weg steht.

Jim Thompson läßt seinen Protagonisten ein perfides Netz aus Intrigen und Mord spinnen, in das sich alle verheddern, die mit ihm zu tun haben. Während die Bevölkerung zunehmend unter 1280 fällt, kommt man von diesem Roman nicht mehr los, nicht zuletzt wegen der Ich-Perspektive, die nach und nach Einsicht in einen abstoßend-genialen Geist gibt, der sich immer wieder mit aberwitzigen Aktionen aus scheinbar ausweglosen Situationen rettet. Doch wie so oft ist leider auch dieses Meisterwerk ziemlich untergegangen, nicht mal eine deutsche Übersetzung existiert meines Wissens… aber der hohe Preis für die englische Ausgabe sollte in Kauf genommen werden, zumal der Südstaatendialekt passend, aber immer verständlich wiedergegeben ist und sehr zur intensiven Atmosphäre des Romans beiträgt.
Vintage Crime, ISBN0-679-73249-7, Preis liegt bei knapp DM 30,-

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