Jacob‘s Dream „Theater of War“ 4/6

Metal Blade Records
Bewertung: 4/6
Spielzeit:
Songs: 0

Vermutlich bin ich nicht der einzige, für den Jacob’s Dream’s Debut vom letzten Jahr einen der absoluten Pogressiv-Schmankerl darstellte. Das Scheibchen erinnerte noch am ehesten an Queensryche, unterschied sich durch das andauernde Melodiegefrickel jedoch sehr deutlich. Zudem war es sehr düster gehalten und wartete mit einer sehr kalten Atmosphäre auf. Inzwischen sind von der damaligen Besetzung einer der Gitarristen und der Drummer abgesprungen. Und die Frage war natürlich sowieso: Gelingt Jacob’s Dream noch einmal ein solcher Geniestreich. Bereits beim ersten Lied (Sanctuary) wird klar, dass die Jungs bedeutend heavier zugange gehen. Die Drums sind härter und die Songs deutlich riffbetonter. Das geht natürlich auf Kosten der Melodielinien, ist aber erst einmal relativ egal, denn der Operner knallt ordentlich, haufenweise Breaks und immer neue Riffs tun ihr übriges, und spätestens, als zum ersten Mal das Tempo herausgenommen wird und die glasklare Stimme David Taylor’s skandiert: „I won’t hear the voices of strangers“ (keine Sorge: kein rechtsradikales Geblubbere – es geht um Jesus), bin ich gefangen. Sanfte Gitarrenläufe streicheln mich immer heftiger, ein Solo und das Ganze noch einmal: herrlich. Es folgt der Titeltrack und sofort vernehme ich mit Erschrecken ein unglaublich sperriges Riff, das eher nach Gebolze als koordiniertem Fußball klingt. Bei den folgenden Riffs zeigen die Jungs aus Ohio dann, dass sie zwar zweifellos noch immer in der ersten Liga spielen, insgesamt klingt das Lied aber eher nach einer verzweifelten Abwehrschlacht, die zum Ende durch einen furiosen Drum-Sturmlauf gerade noch glücklich überstanden wird. Mit Traces of Grace folgt dann ein Stück, das klingt, als sei es von Titan Force. Es ist ein gutes Stück schweren Metalls mit vielen schönen Ideen, aber leider nicht mehr. Das aus Demo-Zeiten stammende Wisdom ist dann wieder etwas besser und v.a. eigenständiger, die Riffs sind recht abgefahren, genauso, wie man es von ihnen gewohnt ist, es treibt nach vorne, läßt plötzlich Raum und wird von einem erschreckend emotionslosen Gesang (immer wieder genial) getragen. „Dare to live your dreams“. Insbesondere der Mittelteil drückt wunderbar. Das folgende The Warning ist leider Gottes wieder etwas unspektakulär (halt guter, sehr guter Metal), und verzaubert wird man erst wieder von Sarah Williams, einer Halbballade, in der tief und erstaunlich emotional gesungen wird. Bei der dritten Strophe dieses Liedes setzt die verzerrte Gitarre ein, und was dann folgt, ist ein unglaubliches Wechselbad der Gefühle. David hebt seine Stimme, die Gitarre jagt einem einen Schauer nach dem anderen über den Rücken, und ich fange regelmäßig an zu heulen, weil es dermaßen schön ist, auch wenn die Liedstimmung eher als traurig zu bezeichnen ist – es geht um einen Mann, der mit einem Mord an einer Frau nicht zurecht kommt. Das Lied stammt ebenfalls aus Demo-Tagen. Darauf folgt ein hervorragend knalliges Instrumental, das die einzige mir bislang bekannte musikalische Untermalung für Einkriegezeck(wie schreibt man das?)-Spiele darstellt. Über den Rest sollte man dann lieber wieder den Mantel des Schweigens hüllen. Black Souls ist auch mal wieder nichts als ein guter Song (hat allerdings ein geniales Bass-Break), Critical Mass klingt von vorne bis hinten nach Steel Prophet (das habt ihr einfach nicht nötig, Jungs!), und im Allgemeinen muss ich eingestehen, von der Scheibe furchtbar enttäuscht zu sein. Es sind zwar vier geniale Songs dabei, aber davon entstammen zwei dem Demo und eines ist ein Instrumental, und der Rest ist zwar gut, aber nun ja. Ihre Klasse stellen Jacob’s Dream zwar durchaus unter Beweis (wenn sie ein Riff spielen, klingt das eben einfach geil), aber viele Lieder sind leider recht unspektakulär. Gerade noch vier Punkte.

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