Havok (US) Interview

Abhängig davon, wen man fragt, bekommt man erzählt, dass Thrash immer noch voll boomt oder aber schon wieder ausgereizt ist und nun die nächste Sau durchs Dorf getrieben wird. So lange jedoch die CD, die im Player rotiert, knallt und begeistert, interessieren mich solche fundamentalen Fragen herzlich wenig. Das neue Havok-Album hat mich begeistert und war auch der Grund für einen kurzen Chat mit Frontmann und Riffschleuder Dave, der mit mir durch die Havok-Historie reiste, die Vorzüge des neuen Albums anpries und nebenbei mit Mißverständnissen zu den Producing-Credits für „Time is up“ aufräumte.

Hi Dave, ich hoffe Dir geht’s gut. Erste Frage: Was sollten wir unbedingt zu Havok wissen, um Verwechslungen mit anderen Bands dieses Namens (u.a. in Deutschland) zu vermeiden? Was macht Euch einzigartig?

Mir fällt zu dieser Frage keine Antwort ein, bei der ich nicht wie ein Arschloch klingen würde, aber ich glaube wir haben ein cooleres Logo als die anderen, hehe… Ich denke, dass wir in unserem Genre herausstechen, weil wir nicht exakt wie eine andere Band klingen. Ich meine, das ist schon einzigartig.

Bevor wir auf Euer neues Album „Time is up“ zu sprechen kommen, lass uns kurz in die Vergangenheit schauen und die bisherigen Releases Revue passieren.

„Thrash can“ (2005)

Das war unser erstes Demo. Es klang beschissen, woraus sich auch direkt der Name ableitete. Aber wir brauchten etwas, das wir Clubs in die Hand drücken konnten, um zu zeigen das wir eigene Musik spielen. Der Klang und die Aufnahmen waren furchtbar, aber dennoch waren die Songs schon gut als solche zu erkennen. Damals klangen wir live 400mal besser als auf dem Demo. „To hell“ und „Identity theft“ waren beide auf diesem Demo enthalten und schafften es später auf unsere erste CD „Burn“.

„Murder by metal“ (2006)

Das Ding klang auch beschissen. Auf diesem Demo gab es einige experimentellere Stücke, auch die Gitarren waren herunter gestimmt. Es war eine experimentelle Phase, aber definitiv nicht der Sound, mit dem wir weiter machen wollten. Trotzdem sind auch hiervon zwei Stücke auf „Burn“ zu finden: „Category of the dead“ und „The disease“.

„Pwn ‚em all“ (2007)

Diese EP führte zu unserem Plattendeal. Der Titel war einfach eine Parodie auf „Kill ‚em all“ und auch das Cover-Artwork war komplett lächerlich. Aber beides war absolut beabsichtigt! Musikalisch war die EP ein Re-Recording von „Thrash can“ plus dem Extratitel „The root of evil“, der später auch auf „Burn“ erschien.

 

„Burn“ (2009)

Für unser erstes Album entschieden wir uns, sowohl den Anfangszeiten von Havok Tribut zu zollen als auch den Weg in die Zukunft zu weisen. Wir berücksichtigten alte Stücke der ersten beiden Demos und schrieben auch neuen Kram als eine Art Vorschau, wo wir musikalisch hinwollen. Stücke wie zum Beispiel „Morbid symmetry“, „Ivory tower“ und „Afterburner“ gaben bereits einen Blick auf den Weg, den wir jetzt mit „Time is up“ weiter gehen.

  

„Time is up“ (2011)

Es fühlt sich so an, als wären wir mit dem neuen Album in uns angekommen. Ich bin sehr stolz darauf und glaube, dass es die beste Musik ist, die wir bisher geschrieben haben. Das heisst aber nicht, dass wir schon unseren Höhepunkt erreicht haben. Wir haben noch nicht alle Möglichkeiten unserer musikalischen Begierden ausgeschöpft. Unser nächstes Album wird breit gefächerter und auch fokussierter. Ich kann es kaum erwarten, mit dem Schreiben dafür anzufangen.

„Time is up“ enthält zehn Stücke und ist meiner Meinung nach sehr variabel, kombiniert Aggression, zügellöse Energie als auch Melodien. Was denkst Du sind Eure Stärken als Havok, die Ihr auf dem Album fraglos manifestiert habt?

Ich denke, wir haben einen guten Job gemacht, Aggression, Geschwindigkeit, Melodie, Technik und Eingängigkeit zusammen zu bringen. Auf dem Album haben wir geradlinigere Stücke als früher geschrieben. Statt an Riffs herum zu bummeln, habe ich zugesehen, dass wir zum Punkt kommen und das der Track weiter geht. Für mich fühlt es so an, als hätten wir keine Stücke auf dem Album, die den Hörer nerven oder langweilen.

Welchen Track würdest Du als am typischsten für Havok empfehlen und warum?

Ich denke, dass „Scumbag in disguise“ ein perfektes Beispiel dafür ist, wie wir versuchen verschiedene Style zu verschmelzen. Wenn Du genau hinhörst, wirst Du Tonnen unterschiedlicher Einflüsse in dem Song hören. Jedes Instrument wütet und außerdem hat es einen eingängigen Chorus. Es hat eine ziemlich technische Bridge mit einem coolen Drum-Groove in der Mitte und ein herrliches Gitarren-Solo. Es ist einfach einer dieser Songs, wo alles perfekt zusammen passt.

Songtitel wie „Out of my way“, „Prepare for attack“ oder der Album-Titeltrack sind leicht zu merken. War es Eure Absicht solche direkten Titel zu nutzen?

Jeder Text und jeder Songtitel auf dem Album ist absolut gewollt.

Was denkst Du über die Interpretationsmöglichkeiten von Stücken wie „Out of my way“ oder „Time is up“ als Art Ansage an ältere Bands, die nicht mehr die notwendige Frische haben, um ordentlich Arsch zu treten?

Wow, ich habe nie darüber nachgedacht, dass man die Texte auch auf diese Art sehen kann. Darüber sind diese Texte nicht geschrieben, aber ich kann Deine Sichtweise verstehen. Aber es ist ein sehr interessanter Blickwinkel, weil die Texte sich auf das anwenden lassen, was Du angesprochen hast.

Wenn Du Dir ältere Thrash-Bands anschaust, die (wieder/immer noch) seit den Achtzigern aktiv sind: wer hat Deinen Respekt und wer sollte Deiner Meinung nach besser aufhören CDs heraus zu bringen?

Ich respektiere alle Bands, die mitgeholfen haben das Metal-Genre zu formen. Ich denke, dass ist man den Ahnen dieser großartigen Musik einfach schuldig. Ich würde nicht sagen, dass eine spezielle Band aufhören sollte, Alben aufzunehmen, aber vielleicht hören sie irgendwann von selbst auf und wir und andere jüngere Bands können da weitermachen wo sie aufgehört haben.

Anders als bei früheren Havok-Releases hast Du dieses Mal nicht produziert. Stattdessen saß James Murphy an den Reglern. Was war der Grund für den Wechsel?

Da muss ich etwas richtig stellen. Anscheinend gibt es zu diesem Punkt einige Verwirrung. Ich habe das Album bei mir zu Hause produziert. Peter Rutcho hat es gemixt (u.a. Revocation, Bury Your Dead) und James Murphy hat das Mastering gemacht.

Was ich neben der Musik von „Time is up“ mag, ist das Cover-Artwork, dass mich ein bisschen an Repka-Sachen erinnert. Ich glaube, über den Vergleich seid ihr nicht wirklich unglücklich…

Halseycaust hat das Cover gemacht, auch ein paar Sachen im Booklet. Sie ist eine fantastische Künstlerin! Sie hat bei dieser arbeit ein bisschen etwas von dem Repka-Feeling eingefangen und ich finde, sie hat das großartig gemacht! Ich kann ihre Skills als Künstlerin gar nicht genug loben.

„Burn“ – Euer Debüt-Album – erschien auch schon bei Candledlight Records. Kannst Du Dich noch an die Umstände des Deals erinnern? Wie habt Ihr die Aufmerksamkeit der Jungs auf Euch gezogen?

Wir haben Presse-Kits an jedes Metal-Label geschickt, dass uns eingefallen ist. Candlelight waren die Ersten, die sich bei uns gemeldet haben. Nach Verhandlungen mit ihnen und noch einem anderen Label haben wir uns dann recht schnell für Candledlight entschieden.

Stimmst Du mir zu, wenn ich sage, dass Candledlight ein eher unübliches Label für eine Band wie Euch sind? Mir fallen eher jede Menge Black- und Death Metal-Bands ein, die dort sind. Habt Ihr keine Sorge, dass ihr zu wenig Aufmerksamkeit bekommt?

Es stimmt schon, wir fallen bei Candlelight etwas aus dem Rahmen, aber wir werden wirklich gut behandelt. Ich glaube schon, dass das auch daran liegt, dass wir NICHT so klingen, wie alle unserer Labelmates.

Ihr habt kürzlich die „United hate across America“-Tour mit Malevolent Creation und einigen anderen Bands bestritten. Eure Eindrücke? Ich nehme an, es war ein langer und harter Trip quer durch die Staaten…

Der beste Abend der Tour war der letzte Abend! Die anderen Bands The Absence, Full Blown Chaos und Beyond Terror Beyond Grace kamen alle mit auf die Bühne und feierten den ganzen Set mit uns. It was a blast! Der schlimmere Teil der Tour war die Fahrerei. Die Route war teilweise echt krass. Das längste Stück ging über Nacht von Salt Lake City nach Seattle, ca. 1370 km. Lass es mich so sagen: wir haben sehr viel Zeit im Van verbracht.

Gibt es eine Chance für die europäischen Fans Euch kurzfristig bei uns live zu sehen?

Wir hoffen, dass wir noch dieses Jahr nach Europa kommen. Wir können es kaum erwarten!

Beobachtest Du auch die Thrash-Szene in Europa? Bestimmte Lieblingsbands?

In Europa sind meine aktuellen Fave-Thrash Bands: National Suicide, Hyades, Evile, Gama Bomb, Savage Messiah und SSS.

Meiner Meinung nach sind Eure technischen Skills ziemlich gut. Ist das ein Ergebnis jahrelangen Unterrichts oder einfach nur von regelmässigem Üben?

Well thank you! Was mich betrifft – mein Spiel ist ein Ergebnis davon, die Riffs von Metallica, Megadeth, Slayer, Exodus, Testament, Anthrax und Overkill zu lernen. Anderthalb Jahre lang habe ich auch Unterricht genommen und danach begonnen, meine eigenen Sachen zu schreiben. Von da an habe ich einfach meinen Stil weiter entwickelt.

Wenn Du Havok als eine Art musikalischen Schmelztiegel betrachtest: was steuert jedes der Mitglieder zu diesem Schmelztiegel bei?

Jesse und ich machen das Riffing, Reece steuert das Shreddern bei, Pete sorgt für die auffallenden Drums und wiederum ich bringe noch die Schreie, die Texte und die Kompositionen dazu. It all melts down into a nice stinky cheese!

Dave, wir sprachen bereits darüber, dass Du die Havok-Releases produziert hast. Arbeitest Du auch als regulärer Produzent?

Ich habe nicht genug Zeit, um auch andere Sachen zu produzieren. Ich würde schon gern etwas mit anderen Bands machen, aber momentan passt es leider einfach (noch) nicht. Ich hoffe, dass ich irgendwann mit anderen Bands arbeiten kann und ihnen helfen kann ihren Sound zu formen, die Musik zu gestalten. Ich glaube, dass ich ein gutes Ohr für starkes Songwriting habe.

Etwas Bestimmtes, was Du unseren deutschen Lesern mit auf den Weg geben möchtest?

Ihr Typen macht geilen Heavy Metal! Bitte holt Euch „Time Is Up“ wenn es erschienen ist. If you’re into fast, tight, heavy metal and like guitar riffs, I think you’ll like it. Spread the word and we’ll be over there soon! Wie unsere Freunde von Primal Fear sagen würden: „METAL IS FOREVER!“

www.havokband.com
www.myspace.de/havok


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