Hard Stuff: Wir werden alt!

Die jüngere Generation der Metal-Maniacs wird das sicher nicht mitbekommen haben, aber so langsam macht sich auch in unserer Szene das Alterssyndrom breit. Chuck Schuldiner stirbt an Krebs, Quorthon an Herzversagen, Paul Bailoff stirbt an einem Schlaganfall, Bobby „Blitz“ Ellsworth hat auch schon einen Schlaganfall hinter sich… das klingt schon anders als: Cliff Burton stirbt bei Busunfall, oder Bon Scott liefert den Löffel im Vollsuff ab.

Killeralben wie Slayer’s „Reign In Blood“ werden demnächst 20 (!!!) Jahre alt. Judas Priest haben ihr erstes Album vor mehr als 30 (!!!) Jahren abgeliefert und selbst Underground- Heroen wie Desaster haben schon ihr 15-jähriges Jubiläum längst hinter sich. Wenn ich in meinen Ausweis schaue, sagt der mir unmißverständlich, daß ich nächstes Jahr 40 werde, obwohl ich mich eigentlich noch gar nicht so alt fühle (ausgenommen die Momente, wißt Ihr, wenn morgens der Wecker klingelt…) denn schaue ich in den Spiegel, und denke mir die ganzen Falten aus der Fresse weg, sehe ich einen langhaarigen Typ mit Metalshirt.

Und wenn ich mich jetzt mal in meinem Arbeitszimmer umschaue, ist da alles voll Metal-Poster und am CD-Regal baumelt meine Kutte. Der Kleiderschrank wird von Jeans, Leder und Metalshirts dominiert, und im Nachtschränkchen findet man keineswegs Viagra oder Konsalik-Bücher, sondern diverse Nietenarmbänder, Nietengürtrel und einen Bullet-Belt.

Meine musikalischen Präferenzen bewegen sich zu mindestens 99 % im Metal (was mehr ist, als dazumal 1979, als der Metalvirus in mich drang). Trotzdem, man kann es nicht leugnen, man wird alt. Ich muß mich selbst 15 mal in den Arsch treten, um mal wieder zu einem Konzert zu gehen. Mehr als 4 Bands am Abend kann ich nicht mehr packen, sorry, ich gehöre noch zu den Typen, die sich alle Bands ankucken, und nicht 6 aus 49 spielen wollen.

Ich kann mit dem neumodischen NU- Metal- Geschnetz nix anfangen, weil mir das zu poppig ist. Ich krieg die Krise, wenn ich Typen sehe, die mit Slipknot-Shirt, Baggy Pants und diesen Spießerhaarschnitten unterwegs sind, die man sich mit Wetgel zum Pseudo-Iro kämmt, die dann meinen, sie wären sowas von heavy. Und wenn ich mich darüber aufrege….naja, aufregen ist das falsche Wort, ich lästere eher darüber – das hat mir schon den Namen ‚Lästermaik‘ eingebracht (Hell-o Mr. Scheibe)…heißt es, ich müßte mit der Zeit gehen.

Tjaja, mit der Zeit müssen wir alle mal gehen, um es mal wörtlich zu sehen. Ich meine, schließlich werden wir, wie gesagt, nicht jünger. Und ab einem gewissen Alter, meine ich, hat man auch das Recht, ein wenig engstirnig zu sein, solange man sich selbst treu bleibt. Mir sind Bands wie Running Wild, die immer geschmäht werden, weil sie eigentlich immer gleich klangen, lieber als so Scheiß-Stilwechsel, wie sie beispielsweise Slayer und Metallica hingelegt haben. Mir ist ein bodenständiger Rocker wie Lemmy  lieber, der mit einer Handvoll Riffs durchs Leben kommt, als ein Möchtegern-Musikstudent, der mit unzähligen Licks’n’Tricks einen auf pseudoinnovativ macht. Um Einsprüchen vorzubeugen: ich habe nichts gegen technisch hochwertigen Metal. Bands wie Death, Atheist, frühe Queensryche oder Rush kann ich mir auch anhören. Solange eben der Metal-Spirit im Vordergrund steht.

Und damit komme ich zum Ausgangspunkt zurück. The Metal spirit rules! Das , und nur das, ist mein Lebenselixir, mein Jungbrunnen. Hey, welche populärmusikalisches Sub-Genre hat denn schon 35 Jahre überdauert, wie der Heavy Metal? The Gods made Heavy Metal….and I was born to live it!

Aber es gibt auch andere Beispiele, sozusagen, die dunkle Seite der Macht, haha.

Nämlich scheinen so einige Metalstars mittlerweile an geistigem Verfall und hochgradiger Verspießerung zu leiden. Nehmen wir nur mal Dave Mustaine, der mittlerweile zum christlichen Glauben gefunden zu haben scheint, und seine Kinder auf die Sonntagsschule schickt, damit sie sich dort den reaktionären Pfaffenscheiß ins Hirn sickern lassen. Wahrscheinlich ist das in Gottes eigenem Scheißhaus, äh, Land,  ja vonnöten, um, wie Mr. „früher hab ich gesoffen wie ein Loch, nun bin ich reich und seriös“ Mustaine, in der Politik mitzumischen.

Ted Nugent, nun gut, nicht mehr ganz der frischeste…will Gouverneur von Michigan werden, um die „Huren, Zuhälter und Sozialamtgören“ seine „Brechstange spüren zu lassen“. Nebenbei findet er auch Georgie „Arschgesicht“ Bush’s Kriege geil und überhaupt scheint sich sein Geisteszustand merklich zu vernebeln. Wenn ich dann auch noch höre, daß ein gewisser Michael Kiske mittlerweile gegen Heavy Metal schimpft und wettert, Heavy Metal als die „Musik der geistigen Verdummung und der seelischen Dekadenz, (den) Vorschulkindergarten zur Hölle“ bezeichnet, fällt mir dann auch nix mehr ein.

Ich meine, angesichts seiner letzten musikalischen „Erfolge“ dürfte Meister Kiske seine Brötchen größtenteils mit den Tantiemen aus glorreichen Helloween-Tagen bezahlen. Wenn er wirklich konsequent wäre, würde er diese Einnahmen doch ablehnen müssen. Auch isser sich nicht zu schade, als Gastsänger auf diversen Produktionen aufzutauchen, die allesamt der Musik der „geistigen Verdummung“ entspringen. Aber wer weiß, vielleicht will Herr Kiske bei der nächsten Wahl für die Partei Bibeltreuer Christen kandidieren, oder für die Zeugen Jehovas oder was weiß ich?

Ist ja auch egal, denn zu den wenigen Typen, die meinen, ab einem gewissen Alter muß man den Moralapostel heraushängen, gibt es immer noch genug Leute, die sich selbst treu bleiben, und nicht in die Spießerfalle tappen.

in diesem Sinne: möge der Krach mit Euch sein!

Darth Maik

Maik Godau 35 Artikel

1 Kommentar

  1. interessant, diese Artikel ist von 2004, und niemand hat dazu was geschrieben.
    wieder kann ich zu viele sachen was hier geschrieben sind, zustimmen.
    Die Sache mit dem Alter: Das Alter wird allmählich zu einem Wendepunkt.
    Mein Alter ist ähnlich. Und ich merke daß es einem 2 Möglichkeiten bleibt: Entweder bei der materielle Ebene zu bleiben, und dann kann das zu depressive Stimmung führen, oder der spirituelle Sprung zu machen, und dann fängt man an die Sachen anders zu sehen. Als Beispiel, früher habe ich gedacht, daß Männer, oder Leute, die 40 Jahre alt sind, sehen alt und somit hässlich aus. Heute sehe ich welche Macht entwickelt man mit den Jahren, und ich denke daß man mit 40 jahre kann sehr schön aussehen.
    Mit meinem Gerede über Spirituallität kann man sehen daß ich eine Neigung zur Religion habe. Ich weis, viele Metaler mögen das nicht. z.B. mit den Wörtern über Dave Mustaine. aber das ärgert mich nicht. die meisten Metaler haben kritik gegen Christentum. ich bin weder noch, deswegen ist das mir alles egal– Kirche, oder ein böses Konzert gegen Christus. aber allgemeine die Kritik gegen die Religion ist schon positiv.
    Ja, wir werden alt. Aber wer hat gesagt, daß jung besser ist? die comerzielle Gesellschaft sagt das. Und wenn ich ein feministische Anmerkung dazu noch sage: bei Frauen ist das Alter weniger akzeptabel bei der gesellschaft. und leider ist die metallische Gesellschaft sich nicht mit dem Feminismus ausgezeichnet.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*