Hard Stuff: Klotzen statt Kleckern

Der musikalische Overkill schlägt von Tag zu Tag härter zu. Kaum kann man noch die Veröffentlichungsflut seiner favorisierten Musikrichtung überblicken, geschweige denn, Interesse für andere Musikstile aufzubringen.

Da es heutzutage nicht mehr viel braucht, um eine CD herauszubringen, steigt die Zahl neuer Platten explosionsartig. Dabei ist bei vielen Labels auch noch „Klotzen statt Kleckern“ angesagt, nach dem Motto, von 10 Platten wird’s ja wenigstens eine schaffen, ordentlich Kohle einzufahren. Doch nicht nur die Zahl der ’normalen‘ Veröffentlichungen steigt derartig an. Nein, dazu kommen dann noch zahlreiche Nebenprojekte, bei deren Anpreisung natürlich immer erwähnt wird, wer da so alles mitspielt. Ärgerlich ist das besonders, wenn das Projekt auch noch dieselbe Musikrichtung abdeckt, wobei man sich dann fragt, ob man als Band heutzutage Abwechslung und Ideenreichtum in den Skat drücken muß. Handelt es sich um andere Sparten der Musik, muß natürlich sofort ein neues, dazu passendes Image samt Pseudonym her. Da wird aus dem schwarz gewandeten und geschminkten Blackmetaller Lord Darkwurst der Bier-und-Party-Thrasher Angelkiller mit originool Mideighties-Thrasherkutte, aus dem Jeans’n’T-Shirt- Deather Max Moritz der Finstervampir Graf Backenzahn mit Direktanschluß zur Blutbank. Und das ist ziemliche Verarsche. Da jongliert man mit drei verschiedenen Images herum, daß man sich wundert, wie die das noch auseinanderhalten. Ich stelle mir da so eine Szene im Proberaum vor.

„Als was proben wir denn heute?“

„Kalle hat Death- T-Shirt an, da sind wir heute wohl Bloodshed.“

„Okay, dann stimme ich mal meine Klampfe herunter.“

Halbe Stunde später, Tür geht auf, ein Mädel mit Keyboard kommt rein:

„Hey, was machst Du denn hier?“

„Heute ist doch Black Evil -Probe, oder?“

„Scheiße, da muß ich ja meine Gitarre wieder hochstimmen!“

Dann kommt noch einer, der zum Gothic-Lineup gehört, also Gitarre wieder herunterstimmen. Dann kommt einer vom Thrash-Line-Up: Axt also wieder hochgestimmt….etc etc….ist so ähnlich bestimmt schon mal passiert…

Ach ja. angesichts der vielen Bands, welche die Achtziger wiederbeleben wollen (das Feeling aber endgültig in den Taschen der Labelbosse totgequetscht wurde…), ist auch aus dieser Richtung eine wahre Plattenflut zu vermelden. Und die alten Herobands, die diese Mucke damals gemacht haben, merken plötzlich, daß die musikalischen und persönlichen Differenzen, wegen denen man sich aufgelöst hat, nun doch nicht so groß waren, um nicht zusammen noch etwas Kohle zu machen, hat auch der Reunion-Virus weite Kreise des Metalbiz infiziert.

Natürlich reißt sich die Metalpresse nach diesen Bands (die meistens damals, als sie noch originell waren, kein Aas beachtet hat), und der unbedarfte Metalfan der Endneunziger hält die Glorifizierungen dann auch für bare Münze, was für die Musikindustrie auch oft letzteres bedeutet.

Auch gerade im Trend: „True Metal“, wobei mir schon die Kategorie etwas merkwürdig vorkommt, impliziert sie doch, alle anderen Metalstile wären „untrue“. Cool, die Lästerer über den Blackmetal bedienen sich derselben Komischworte! Auch witzig, daß heute gerade die Blackmetaller „Heil Hammerfall“ tönen, die mich vor 5 Jahren doof angekuckt haben, weil ich noch Maiden oder Priest gehört habe. Wahrscheinlich ist ein Trend nur cool, wenn er aus Skandinavien kommt. Death Metal, Black Metal, Melodic Death, Retro-Thrash, True Metal (naja, außer dieser sogenannten „Neuen deutschen Härte“, obwohl: ich krieg noch raus, welcher Schwede dahintersteckt!)…. ich glaube, wenn die Elchmänner mal ihre Fürze auf CD herausbringen, ist das plötzlich auch noch angesagt wie Hölle, und die Welt erstickt in einer Riesenwolke Methangas, weil die Labels sich ja noch nie zu fein waren, die letzte Scheiße zu veröffentlichen. Wie schon A.O.K. sangen: „Alle meine Dräschies, kommt zu unseren Konzerten! Seht, was wir nicht können! Und gebt uns Euer Geld!“

Naja, und wenn man dann nur Geld für 3 CDs hat, und man hat je 15 von 15 verschiedenen Stilen zur Auswahl, und ist dazu noch größtenteils Deathmetal-Fan, wird das Geld wohl für Deathmetal-Scheiben draufgehen, oder?

Letztlich wohl auch der Grund, warum die Intoleranz zwischen den Stilen steigt, der beste Weg, Konkurrenz aus dem Weg zu schlagen, ist, sie zu diskreditieren. Das klingt jetzt sicher hart, aber seht Euch doch mal um! Konkurrenz und Neid selbst im Underground. „Das ist unser Name, also nennt Euch gefälligst um!“, „Ich hasse Black Metal!“, „Die meisten Bands sind eh scheiße“ und solche Sprüche liest man doch sehr oft, oder? Und wegen dem kleinsten Scheißdreck mit Gerichten, Anwälten und ähnlichen Postulaten menschlicher Unfähigkeit, ein vernünftiges Zusammenleben zu organisieren, herumzuprahlen, kotzt mich sowieso an. In diesem Sinne…

Maik Godau 35 Artikel

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