Eldritch „Reverse“ 4/6

Pick Up/SPV
Bewertung: 4/6
Spielzeit:
Songs: 0

Vorsicht! Nicht sofort in den nächsten Plattenladen rennen und kaufen. Eldritch’s Neue hat nämlich mit den alten Sachen rein gar nichts mehr gemein. Als Melange aus Industrial und New Metal mit elektronischen Einsprengseln (von der Plattenfirma wird’s als eine Art modernen Thrash angeseh’n) würde ich bezeichnen, was die Italiener heutzutage spielen. New Metal ist eigentlich ja so gar nicht meine Welt, doch Eldritch schaffen es doch, mich in den Bann zu ziehen. Zum einen hauen alle Stücke mächtig rein, die Samples sind nicht übermäßig im Vordergrund, sondern eher Begleitung, und zum anderen können Eldritch ihre Wurzeln glücklicherweise nicht ganz verleugnen und warten immer mit spannenden Zwischenstücken wie beispielsweise dem Vorschlaghammer-mäßigen Solo beim Opener Reverse auf. Überraschen tut mich auch weniger die Tatsache, dass die Gitarrenfront auch diese Art Musik hinbekommt (Schlagwerker und „Sample-Maker“ sind Neuzugänge), als vielmehr, dass Sänger Terrence Holler ein dermaßen brutales Organ hat. Die verspielt-verschachtelten Songstrukturen, die die letzten drei Scheiben dominiert haben, sucht man hier zwar vergebens, die Lieder sind wesentlich einfacher gestrickt, nichtsdestotrotz aber gut; und Leuten, die Pantera und Korn lieben, kann ich die Platte somit nur empfehlen. Eldritch setzten sich auf Reverse zudem dadurch deutlich von den Genannten ab, als dass ihre Kompositionen schlicht wesentlich interessanter ausgefallen sind, so dass die Platte auch Metallern, die sich an einigen Spielereien mit Elektro-Mucke nicht allzu sehr stören, gefallen dürfte. Meine Lieblinge auf dieser CD sind Leftover and Crubs, das eine Stimmung aufbaut, aufgrund derer man sich am liebsten sofort den Abhang hinunterstürzen möchte (toller Refrain und lustige Samples), sowie Bio-Trinity (gute schwermütige Akustikgitarrenmelodie mit wütendem Refrain) und Leech (weil schlicht verrückt). Auch die Knack-Coverversion „My Sharona“ ist gut (heißt hier: hart und bekloppt), auch wenn ich das Original bedauerlicherweise nicht kenne (Nachtrag: gestern hab’ ich’s zufällig in der Kneipe gehört – Eldritch’s Version ist ziemlich nah am Original aber wesentlich härter). Das Meisterstück steht mit dem ruhigen Little Irwin am Ende: ein schweres, getragenes und ungemein groovendes Stück (gemahnt an Psychotic Waltz).
Die Frage nach der Ehrlichkeit von Musik stellt sich hier natürlich auch wieder, ist mir aufgrund der gebotenen Klasse aber relativ Wurscht. Klar, die alten Eldritch sind tot (find‘ ich auch traurig), und vielleicht biedern sie sich auch dem Zeitgeist an, aber wenn, dann machen sie es wenigstens gut.

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