Desilence Interview

Oder: warum es cool ist, im Plattenregal zwischen Death und Destruction zu stehen…
Gleich im Anschluß an das Interview mit Respawn knöpfte ich mir Andi, Thomas und Felix von DESILENCE vor. Da ich aber leider keine passenden Fragen parat hatte, mußte über weite Strecken improvisiert werden. Da ich mir nicht so aus dem Stand hunderttausend sinnvolle Fragen aus den Fingern saugen kann, wurden kurzerhand Teile des Respawn-Interviews herangezogen. Aber keine Angst, das Recycling hält sich in Grenzen beschränkt sich lediglich auf ein paar Standardfragen. Die Jungs laberten frei von der Leber weg und äußerten sich u.a. zu Themen wie rechte Tendenzen in der Metal Szene, überteuerte Konzerte und ihre kommende Platte. Lest selbst, was DESILENCE so zu erzählen hatten…

DESILENCE über die Ursprünge und Anfänge der Band:

Felix und Andi lernten sich 1997 bei einem Zivi-Fortbildungslehrgang in Braunschweig kennen. Das ist dieser Standardlehrgang, den fast alle Zivis machen müssen. Wir jammten so just for fun und stellten schnell fest, daß es gefunkt hatte. Darafhin nahmen wir uns fest vor, mal was zusammen auf die Beine zu stellen. Lange Zeit wurde aus diesem Plan nichts, da wir alle zu beschäftigt waren und wir außerdem recht weit voneinander entfernt wohnten. Felix wohnte in Berlin und Andi in Brandenburg. Als dann Felix‘ alte Band Dawn (Berlin) vor dem Aus Stand und auch Andis Truppe Supremacy mehr oder weniger aufgelöst war, ergriffen wir die Chance beim Schopf und beschlossen, zusammen Musik zu machen. Wir wollten jetzt keine halben Sachen mehr machen, sondern die Sache richtig und gewissenhaft anpacken. Dazu mußte ein festes und stabiles Line up her. Am wichtigsten war natürlich, daß es menschlich paßt, aber auch musikalisch mußte es stimmen. Wir haben uns halt gedacht „So, jetzt machen wir mal ’ne richtige Band!!“ und so ist die Band dann halt entstanden. Die Bandproben fanden zunächst in Brandenburg statt, bis dann schließlich sämtliche Mitglieder nach Berlin gezogen sind. Ab da fanden die Proben dann logischerweise in Berlin statt. Das war 2002, seitdem haben wir fleißig geprobt und die Mühe hat sich, wie wir finden, echt ausgezahlt.
2003 nahmen wir dann unser erstes Demo auf, zunächst noch mit Drumcomputer, weil das erheblich leichter aufzunehmen ist als ein echtes Schlagzeug. Das Teil klang aber viel zu steril, weshalb wir es auch nicht veröffentlich haben. Songmäßig repräsentiert es eigentlich noch immer den aktuellen Stand der Dinge, soundmäßig jedoch überhaupt nicht. Naja, wir haben die Drumspuren dann nochmal aufgenommen, diesmal mit richtigen Drums, versteht sich. Dummerweise klangen die Drums jetzt besser als der Rest. Dumm gelaufen, aber zum Glück hat Felix in seinem hauseigenen Studio Goblins & Gnomes alles nochmal nachgebessert, wodurch jetzt alles ungefähr gleich gut klingt. Felix kennt sich mit der Materie ganz gut aus, da er in einem professionellen Tonstudio jobbt. So richtig glücklich sind wir mit dem Sound zwar immer noch nicht, aber was soll’s. Das Ding ist jetzt erschienen und trägt den schönen Titel „Antisilent“. Die Reviews waren bisher durch die Bank weg positiv. Unser kommendes Album wird aber auf jeden Fall einen erheblich besseren Sound haben. Ursprünglich war das Demo ja auch nur dazu gedacht, um an Konzerte zu kommen. Wenn du da jemanden anschreibst, mußt du natürlich auch irgendeine Art von Aufnahme beilegen, damit die Leute da wissen, wie die Band klingt und ob sie was taugt.

Und so läuft das Songwriting im Hause DESILENCE ab:

Wir haben in der Band gleich drei Riff-Lieferanten, da unser Basser Thomas auch Gitarre spielt und so auch ’nen Haufen Ideen Ideen beisteuern kann. Die Songs werden dann im Proberaum zusammengebastelt. Die Stücke entstehen also alle in gemeinschaftlicher Arbeit. Wenn das Grundgerüst des Songs erstmal steht, ist der größte Schritt getan. Danach wird fleißig verfeinert, gefeilt und geschliffen. Eigentlich entstehen die Songs bei uns wie bei den meisten anderen Metal Bands auch. Unser Ziel ist es, technischen Anspruch mit straightem Songwriting zu kombinieren. Wir wollen technisch spielen, dabei aber so nachvollziehbar bleiben, daß es auch ein Nicht-Musiker noch verstehen kann.

Folgende Message möchten DESILENCE mit ihren Texten verbreiten:

Unsere Texte sind schon gut durchdacht, auch wenn es kein durchgehendes Konzept gibt. Jeder Song steht konzeptmäßig für sich allein. Zumindest gilt das für das Demo. Wie es auf dem Album aussehen wird…Laßt euch überraschen!! Die Texte werden alle von unserem Sänger Hagen geschrieben und kommen mehr oder weniger aus dem Bauch heraus. Hagen hat da oft spontane Einfälle, die er dann ordentlich ausarbeitet und zu Texten formt. Der größte Teil seiner Inspirationen kommt aus dem alltäglichen Leben, aber manchmal läßt er sich auch von Büchern oder Filmen auf gute Ideen bringen.

Die Wörter DESILENCE und ANTISILENT gibt es im Englischen nicht. Macht aber nix, da sie cool klingen und ganz klar verdeutlichen, wofür die Band steht:

Den Titel des Demos dürfte jeder verstehen, obwohl es das Wort „Antisilent“ in der Tat nicht gibt. Folgendes wollen wir damit ausdrücken: Es passiert viel, es ist actiongeladen, es ist voller Energie, es geht nach vorne los, es ist alles…nur eben nicht leise!! Wir wollen gehört werden, wir wollen das komplette Gegenteil von leise sein. Eigentlich ziemlich simpel, oder? Wir haben lange nach einem passenden Namen gesucht und dann ist der Name DESILENCE einfach spontan im Proberaum entstanden.

Jetzt verraten uns DESILENCE aber, warum sie sich den Bandnamen wirklich ausgesucht haben:

Naja, ehrlich gesagt war der Hauptgrund ein ganz anderer: wir wollten im Plattenregal zwischen Death und Destruction stehen!!

So sehen die musikalischen Lieblinge von DESILENCE aus:

Es gibt ein paar wenige Konsensbands, auf die wir uns alle einigen können. Insgesamt gesehen haben wir aber alle sehr, sehr unterschiedliche Favoriten und Einflüsse. Slayer und Death gefallen uns allen, da steht die gesamte Band drauf. Wenn man all unsere Lieblinge zusammenschmeißt erhält man eigentlich die komplette Palette von softem Power Metal bis hin zu ganz wüstem Gedresche. Jeder bringt halt seinen eigenen Geschmack und seine eigenen Einflüsse mit. Die wichtigsten Einflüsse für DESILENCE kommen eindeutig aus dem Thrash Sektor. Wir decken da die gesamte Thrash History ab, von Old School bis Modern Thrash. Scheuklappen trägt keiner von uns und wir hören auch aktuelles Zeug wie Slipknot oder Korn. Auch die im Thrash eher verpönten Pantera gefallen uns sehr gut, vor allem vom Riffing her. Es ist uns bei all den Einflüssen aber enorm wichtig, daß man keine der Einflüsse konkret heraushören kann!! Na schön, ein wenig Slayer und ein wenig Death kann man schon heraushören, aber das war’s dann auch mit den klar hörbaren Einflüssen.

Jetzt stellen uns Thomas, Andi und Felix ein paar ihrer persönlichen Faves vor:

Thomas: Korn, Slipknot, Cradle Of Filth, Jazz, Funk, Prince
Andi: drummäßig natürlich Slayer und Death, dann noch Nevermore, The Haunted und Peter Gabriel
Felix: Mercyful Fate, da besonders „Don’t Break The Oath“, Testament wegen der Riffs, King Diamond wegen Andy LaRocque…und natürlich Morbid Angel!!
Hagen war zwar nicht persönlich anwesend, aber er steht total auf Candlemass. Messiah Marcolin ist Hagens absoluter Lieblingssänger und obendrein der einzige Mikro-Akrobat, den wer wirklich ernst nimmt.
Pele war auch nicht da, aber dafür glänzt er mit einem erlesenen Musikgeschmack: Chuck Schuldiner, Yngwie Malmsteen, Joe Satriani, Steve Vai und andere Guitar Heroes

Wie sieht’s eigentlich mit der musikalischen Toleranz im Hause DESILENCE aus? Beteiligen sich die Jungs an der großen „Old School VS. New School“-Schlacht oder haben sie für alles ein offenes Ohr?

Man sollte sich erstmal alles anhören. Lästern kann man hinterher immer noch. Wir sind erstmal grundsätzlich gegen nichts. Bei uns ist das Verhältnis zwischen Old und New School recht ausgewogen. Wir sind ja jetzt eigentlich schon so lange dabei, daß wir noch aus der Old School-Zeit stammen. Trotzdem scheinen wir viel toleranter zu sein als so manch jüngerer Metaller. Wir sind dann halt in die neueren Sachen reingewachsen. Das war ein ganz natürlicher Prozess.

DESILENCE sind der Meinung, das Thrash Metal in der Metal Szene einen schweren Stand hat. Deshalb bricht die Band jetzt mal eine Lanze für den Thrash. Na los, haut auf die Kacke, Jungs!!

DESILENCE sind in erster Linie eine Live Band, denn live entfalten wir erst unsere vollen Qualitäten. Wir nutzen wirklich jeden Quadratzentimeter der Bühne, wir sind ununterbrochen in Bewegung, bei uns passiert immer was. Dazu paßt Thrash Metal einfach am besten. Thrash ist unserer Meinung nach die Art von Metal, die live am besten funktioniert. Der klassische UftaUfta-Beat ist halt einfach der allercollste von allen!! Thrash ist allgemein ziemlich unterbewertet, finden wir. Ganz ehrlich: Viele unserer Sachen sind um einiges härter als ein Großteil von dem Grunzzeug. Das sehen die meisten Leute aber nicht ein. Im Underground hat man es als Thrash Band ziemlich schwer. Räudiger, roher BlackThrash ist erheblich populärer als klassischer, technisch anspruchsvoller Thrash. Wir haben uns schon einige Male auf Festivals beworben und es kam schon mehrmals die Antwort, daß wir zu soft seien. Das ist doch komplett lächerlich, oder? Nur weil wir gesanglich abwechslungsreicher sind, heißt das doch noch lange nicht, daß wir softer sind als diese BlackThrash Truppen!!
Wenn wir dann mal auf ’nem Festival spielen, wie z.B. 2003 auf der Fete De La Musique, dann ist das Publikum auch meist ziemlich begeistert.

Ok, es ist Zeit für den Werbeblock!! DESILENCE erzählen euch ein bisschen was über das kommende Album:

Die Kompositionen werden kompakter und straighter, gleichzeitig aber auch technischer und anspruchsvoller. Wie gesagt, trotz allen Gedudels soll es auch der Laie verstehen und nachvollziehen können. Die Songs werden härter, softer, schneller, langsamer…einfach in jeder Hinsicht extremer!! Die Demosongs werden übrigens allesamt auf das Album kommen,
in ansprechenderer Form, natürlich.

Jetzt kommt’s ganz dicke. DESILENCE haben doch tatsächlich einen Videoclip gedreht. Das Teil ist wirklich cool und kann von der Bandseite runtergeladen werden. Die Jungs haben natürlich auch etwas dazu zu sagen:

Ein Bekannter aus der Uni sollte als Semesterarbeit einen Videoclip produzieren, was für uns natürlich eine tolle Gelegenheit war, an ein erfahrenes Team und an Equipment zu kommen. Wir haben uns dann in die Schnittsoftware eingearbeitet und es hat überraschend gut geklappt. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir übrigens noch keine Aufnahme draußen, deshalb mußten wir speziell für den Clip einen Song aufnehmen. Später, als das Demo dann raus war, haben wir die Tonspur nochmal ersetzt. Ach ja, der Song, von dem wir hier reden, ist übrigens „Life Run“.
Story: Die Band ist in einem Keller gefangen. Sie wird dort von einer in Leder gekleideten Dame festgehalten. Sie füttert uns mit ekligem Fraß und wir wollen einfach nur fliehen. Irgendwann kommen wir dann frei und als erstes wollen wir uns natürlich die Dame vorknöpfen. Sie flieht und sucht Schutz in einer Kirche. Dummerweise ist die Tür aber zu. Pech gehabt!! Wir fangen die Frau dann ein und…
Gedreht wurde der Clip in einer abrißreifen Halle und in einem Altbaukeller. Ach ja, wir hatten eine Nebelmaschine, was schon sehr cool war. Wie gesagt, wir haben den Clip noch vor dem Demo gedreht, das war im Sommer 2002.

Was halten DESILENCE eigentlich von der Berliner Metal Szene? Als „einheimische“ Berliner Band hat man zu solch einem Thema natürlich eine Meinung. Here we go:

Tja, aus der Sicht vieler Nicht-Berliner macht „unsere“ Szene ja nicht allzuviel her, was aber Blödsinn ist. Die Szene kommt wieder richtig in Schwung…wenn sie denn je aus’m Tritt war. Eigentlich war sie’s ja nicht. Das Problem ist, das hier zu wenig Abwechslung geboten wird. Es wird immer der gleiche Stil gespielt, immer nur Grunzknüppel-Truppen, die Cannibal Corpse-Cover zocken. Auf Dauer nervt das. Bands wie wir oder auch Respawn fallen da total raus. Zum Glück haben aber auch einige andere Bands hier in Berlin einen individuellen, eigenständigen Stil. Gute Beispiele sind Sinners Bleed und Golem. Es gibt auch viele junge Bands, die sich super entwickeln. Insgesamt gesehen gedeiht die Szene hier doch prima.
Ach ja, ein dickes Problem gibt es doch noch: Viele Clubs haben einfach zu hohe Preise!! Ich will ja jetzt keine Namen nennen, aber bestimmte einschlägige Clubs verlangen für ihre Pseudo-Festivals eindeutig viel zuviel Kohle. Naja, könnte schlimmer sein. Außerdem gibt es vielleicht ein Überangebot, wodurch alles nach einer gewissen Zeit einfach uninteressant und öde wird. Hier spielt halt jeder in einer Band, was ja eigentlich gut ist. Trotzdem hat diese Masse an Bands auch ihre Schattenseiten. Aber wir wollen mal nicht klagen, es ist schon toll, wie aktiv die Szene hier in Berlin ist. Ehrlich gesagt ist es uns ein Rätsel, warum die großen Bands immer einen Bogen um Berlin machen.

Tja, dann kommen wir noch zu meinem Lieblingsthema. Ja, richtig geraten, die hirntoten Deppen von der rechtsaußen-Fraktion. Was haben sie dazu zu sagen, meine Herren von DESILENCE?

Solche Typen haben im Metal absolut nichts verloren!!! Metal ist weder rechts noch links, damit das mal klar ist!! Wir sind zwar nicht unpolitisch, aber keinesfalls rechts- oder linksaußen. Eins muß aber mal klargestellt werden: Es ist ein großer Fehler, deutsche Werte komplett zu verneinen!! Die Nazi-Zeit macht nur zwölf Jahre der gesamten deutschen Geschichte aus, sie ist also nur ein sehr kurzer Ausschnitt. Natürlich ist in dieser Zeit sehr viel Schreckliches passiert, aber das sollte nicht dazu führen, daß man sich als Deutscher für alles Deutsche schämt. Man kann z.B. auf die friedliche Revolution von 1989 oder die Nicht-Beteiligung an der Irak-Offensive durchaus stolz sein. Man sollte seine nationale Identität nicht verleugnen und froh über den Wohlstand in diesem Land sein. Das ständige Verleugnen der eigenen nationalen Identität fördert doch nur das Unbehagen der Deutschen und spielt letztenendes den Rechtsextremisten zu. Ein gesundes, aber nicht übertriebenes, Nationalgefühl wäre doch was Gutes, oder? Wir wohnen alle in ausländerreichen Bezirken wie Kreuzberg und Wedding und wir hatten in dieser Hinsicht noch nie Probleme. Wir haben definitiv keine menschenfeindlichen Tendenzen, denn Mensch ist Mensch!!
Was den angeblichen Ost-West-Konflikt angeht, so erfüllen wir echt jede Quote: Bei DESILENCE spielen zwei wessis (Felix und Hagen) und drei Ossis (Thomas, Andi und Pele).

Yesss!! Das sind doch mal Aussagen, die Hand und Fuß haben. Da könnten sich einige „unpolitische“ Musiker mal ein Beispiel dran nehmen!!

Was sagen DESILENCE eigentlich zur Situation auf dem Musikmarkt? Alles nur Panikmache oder ist wirklich was dran an den Sorgen der Plattenfirmen?

Unsere Meinung in Bezug auf DESILENCE ist folgende: Runterladen, brennen, verteilen und die Matte kreisen lassen!! Für eine Band unserer Größe ist das Internet echt ein Segen und die Möglichkeiten, die sich durch Mp3s eröffnen, nutzen wir gerne. Große, etablierte Bands müssen eben umdenken.

Damit wäre das letzte Wort wohl gesprochen!! Danke für das Interview, Jungs!! Viel Erfolg noch mit DESILENCE!!
Also, liebe Leser: Unterstützt DESILENCE, denn sie machen geile Mucke und nehmen kein Blatt vor den Mund!! Stay Antisilent!!

www.desilence.de

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