Another Perfect Day Interview

Musikalisch bietet Another Perfect Day’s „The Gothenburg-Post-Scriptum“ reichlich Gesprächsstoff. Doch auch darüber hinaus entpuppte sich Kristian alias Kohle als überaus unterhaltsamer Gegenüber, der interessante Stories aus der Bandgeschichte auf Lager hat, die Begründung lieferte, warum er unbedingt selbst auf das Albumcover wollte, wieso „The Gothenburg-Post-Scriptum“ streng genommen ein Instrumentalwerk ist und am Ende – komme was da wolle – Kohle immer Kohle bleibt…

Kristian, 13 Jahre nach dem letzten ADP-Release ist die erste vollständige CD erschienen. Wie kam es zu der späten Fortsetzung der (Band)-Geschichte?

APD hatten sich nie wirklich aufgelöst, aber vor allem als ich mein Kohlekeller Studio gegründet hatte, fiel die Band in einen langen Schlaf. Zunächst hatte ich die Wiederauferstehung gar nicht geplant. Ich musste mich 2005 auf eine neue Studiosoftware einstellen. Am besten ging das anhand eines richtigen Songs. Ich wollte aber nicht an meiner Kundschaft herum experimentieren, also schrieb ich einen Song. Schreiben, aufnehmen, mischen – alles an einen Tag. Ich hatte lange selbst keinen Metal mehr gemacht, eben nur diverse andere Metalcombos produziert. Der Song wurde richtig super und ich hatte Blut geleckt. So ging das dann weiter: Immer, wenn ich einen freien Tag hatte, kam etwas Neues hinzu. Jedoch erst mit dem Kontakt zu Supreme Chaos Records entstand die Idee eines Albums. Dass das Ganze unter APD laufen sollte, war mit aber schnell klar. Es war die Mucke, die ich schon in den 90ern gemacht hatte, allerdings deutlich reifer und etwas moderner.

Da die CD überaus vielfältig ist, nehme ich an, dass sie ein Spiegelbild eines längeren Zeitraums ist. Erzähl doch einfach noch ein bisschen über die Entstehungsgeschichte. 

Klar, dadurch dass die Songs zwischen 2005 und 2009 entstanden sind, sind sie recht vielfältig geworden. Zumindest sehe ich das so. Gemeinsamer Nenner jedoch muss immer die Vertonung des Schmerzes und der Melancholie sein, für die APD für mich steht. Egal ob es nun ein harter oder eher softer Song ist, egal ob 3/4 oder straight 4/4. Ich schreibe die Songs immer über das gleiche Gefühl, nur eben mit verschiedenen Mitteln. Anfangs habe ich nicht mit einem Album gerechnet und einfach drauflos geschrieben. Bei den letzten Songs jedoch („The Matador“, „In the end…the End“) war ich schon darauf bedacht, noch etwas mehr Abwechslung ins Album zu bringen.

Mit „The Gothenburg post-scriptum“ hast Du der CD einen recht auffälligen Namen verpasst. Nur bewusster Eyecatcher oder mit tieferem Sinn?

Ich war immer der Ansicht, dass es mir damals in den 90ern, warum auch immer, verwehrt blieb meinen bescheidenen Teil zum damaligen Düstermetall beizutragen. Dementsprechend glücklich war ich, als sich Jahre später die Chance bot oder eben die Zeit reif war. Daher also das Post-Scriptum. Dass ich nun Gothenburg gewählt habe, lag daran, dass dieses Wort, einigermaßen klangvoll, am ehesten das beschreibt, was mich inspiriert hat. Gleichermaßen waren das damals auch englische Bands wie My Dying Bride oder Anathema. Für die gabs halt keinen eingängigen Begriff, deswegen also Gothenburg!

Mit Swanö, Jagger und Arno Menses hast Du Dir prominente Verstärkung am Mikro dazu geholt. Standen erst die jeweiligen Gesangspassagen zu denen Du unbedingt diese Jungs haben wolltest oder war die Sache umgedreht? Gab es evtl. noch weitere Kandidaten die hätten mitwirken sollen, dies aber zeitlich nicht konnten oder wollten?

Die Musik war schon zuerst da. Dann brauchte ich für gewisse Passagen – oder im Falle von Arno für einen ganzen Song – Verstärkung da meine Stimme eben nur gewisse Dinge abdeckt. Mein Cleangesang funktioniert am besten in wirklich ruhigen Passagen, mein Geschrei eher auf melodischen Parts. Jagger ist viel besser, wenns um wirklich Böses geht, Swanö und Arno sind deutlich flexiblere Cleansänger als ich. Ich bin immer noch der Meinung, dass jeder der Herren perfekt zur Songpassage gepasst hat. Gleichzeitig wurde das Album nicht verfleddert. Ist super gelaufen. Eigentlich war auch noch Matze von Crematory, ein alter Kumpel von mir, eingeplant. Da hatte ich aber zu kurzfristig nachgefragt. Ich gehe aber davon aus, dass er beim nächsten Mal dabei sein wird.

Musstest Du Dir eigentlich das OK Deiner ehemaligen Mitstreiter holen ADP solo weiterzuführen? Oder war das eh mehr oder weniger Dein Baby, so dass dies nicht notwendig war? 

Das war schon mein Baby das Ganze. Zum Ende der richtigen Bandzeit von APD war ich auch das einzige Gründungsmitglied. Songwriter und Sänger war ich sowieso immer gewesen. Was die anderen Jungs angeht, hab ich eigentlich zu allen guten Kontakt. Jeder, den ich getroffen habe, hat auch gleich ne CD bekommen. Immerhin ist der Bonustrack „Composition in Black“ ja die Originalaufnahme von 1997. Da sind die Herren also noch am Werk. Zwei von denen haben mit Li Ark auch ne neue Band, deren CD ich gerade gemischt habe. Wenn man die Mucke hört, weiß man aber auch, warum sie nicht mehr bei APD sind. Die machen ne geile Mischung aus Chili Peppers und Reggae.

Gab es eigentlich generell Leute, die Dich nach der CD auch auf die beiden früheren Releases angesprochen haben oder kennt die keiner mehr? 

Das ist natürlich lange her. Das kennen nur Leute wie Du, die in den 90ern schon in der deutschen Undergroundszene aktiv waren. Hin und wieder taucht aber momentan jemand auf, der APD noch von damals kennt! Eine Freude ist das!

Das Cover zu „The Gothenburg post scriptum“ zeigt einen verzweifelt (?) schreienden jungen Mann, der Du zu sein scheinst. In welchem Zusammenhang steht diese optische Gestaltung zum Albumtitel? 

Jep, das bin ich! Ich wollte ein Fotocover mit mir drauf. So was ist ja eher ungewöhnlich in der Metalszene. In erster Linie sollte der Ausdruck des Covers dem der Musik entsprechen. Für mich war und ist APD Melancholie und bittere Verzweiflung in hart-melodischem Gewand. Zumindest glaube ich, das Cover drückt das ganz gut aus.

Das Booklet zur CD wartet nur mit den Songtiteln auf, Texte sind keine abgedruckt. Sind diese in ihrer Aussage für Dich nicht wichtig oder möchtest Du den Hörer eher dazu einladen selbst genauer hinzuhören und zu interpretieren? 

Es gibt keine Texte. Das war bereits in den 90ern irgendwann das Prinzip von APD. Die Stimme ist ein klanglicher Aspekt des Ganzen. Ich habe keine inhaltliche Aussage, also brauche ich keine Texte im herkömmlichen Sinne. Manchmal gibt es ganze Sätze, manchmal Worte, manchmal nur Laute. Zum Teil sind das Improvisationen, zu Teil habe ich recht lange gebraucht, um die passenden Laute zur Musik zu finden. Die Platte ist übrigens auch bei der Gema als Instrumentalwerk angemeldet.

Hast Du „The Gothenburg-Post-Scriptum“ als One-Off geplant oder wird es Nachschlag geben? Ist das eine Frage die Du eventuell von den Resonanzen abhängig machst oder hast Du unabhängig davon einen ‚Plan‘ Im Kopf? 

Die Resonanzen sind schon viel besser als erwartet! Es wird auf jeden Fall eine EP mit 3 Songs + einer Coverversion geben. Ich bin bereits am Basteln. Geplant ist auch ne zweite Platte. Schauen wir mal. Ich habe als Produzent viel zu tun und viel Musik um die Ohren. Da bleibt APD manchmal auf der Strecke. Mit dem Produzieren verdiene ich ja mein Geld, mit APD natürlich nicht. Ich hoffe aber, dass es Anfang nächsten Jahres ein Release geben wird. Es wird auch wieder Gastmusiker geben. Aber Genaueres wird noch nicht verraten!

ADP ist ein reines Studiprojekt. Könntest Du Dir dennoch einen Anlass oder eine spezielle Konstellation vorstellen zu der Du die Musik auf die Live-Bretter bringen würdest? 

Nee! Obwohl es da schon Anfragen gibt und ich genügend gute Musiker kenne, hält sich mein Verlangen derzeit zurück. Erstens ist es nicht die beste Livemucke, zweitens wäre ich nicht der beste Frontmann, drittens wär ich nach zwei Songs heiser.:))

Wenn es weitere Releases geben sollte, könntest Du Dir vorstellen einmal nicht in den „heimischen vier Wänden“ aufzunehmen, sondern etwas ganz anderes auszuprobieren? Oder schätzt Du eben diese ungezwungene Arbeiten nach dem Können-wann-Du-willst-Schema?

Das Prinzip ist schon irgendwie, dass ich nach meinen eigenen Regeln und Zeitvorgaben arbeiten kann. Ich genieße es, alleine im Studio zu arbeiten und mit niemandem diskutieren zu müssen. Ich arbeite jeden Tag mit anderen Bands und da auch permanent in meistens fruchtbaren, kreativen Diskussionen. APD ist der Gegenentwurf. Eine Diktatur ohne Diktierte.

Ein paar Fragen zu Deinem Studio: KohleKELLER klingt erstmal nach wenig einladendem Etablissement. Da aber nomen nicht immer omen est – was können Bands die bei Dir aufnehmen wollen erwarten? 

‚Nen guten Sound und ’ne gute Betreuung, hoffe ich! Ich mache das mit Herz und Seele, arbeite an jeder Platte mit Vollgas egal wie groß die Produktion ist. Ich schlafe schlecht, wenn ich für mich oder andere nicht zufriedenstellend arbeite. Bands können also ein professionelles Produkt nach ihren Vorstellungen erwarten. Das Studio hat aber nichts mit nem KohleNkeller zu tun. Ganz im Gegenteil. Das ist ein schwedisches Holzhaus aufm dem Lande. Guckt mal rein unter: www.kohlekeller.de

Hast Du eine bestimmte Philosophie, mit denen Du an Aufnahmen herangehst bzw. einen Stil, den Du versuchst den Alben mitzugeben?

Ich versuche eher herauszufinden, was die Band eigentlich will oder braucht. Man hörts natürlich immer, wenn ich eine Platte gemacht habe, ob man es nun mag oder nicht. Ich gehöre nicht zu denen, die die schmutzigsten Produktionen machen. Ich bin eher Hifi und auf der Suche nach gutem Ton. Das gefällt eben manchen und manchen nicht! Außerdem bin ich ein Produzent, der viele musikalische Vorschläge macht, falls die Band das will.

Mit einigen namhaften Bands hast Du ja bereits zusammen gearbeitet. Hast Du einen speziellen Wunsch, den Du Dir in dieser Richtung gern erfüllen würdest? 

Nicht wirklich. Ich finds immer toll, wenn aus dem Nichts heraus etwas entsteht. Ich hab letztes Jahr eine ganz kleine Hardcore Band aus Amsterdam produziert (My City Burning). Ist ne geile Platte geworden, aber viel zu erwarten war eigentlich nicht. Plötzlich sind die Jungs bei einem der größten Ami Hardcorelabels und touren nächsten Monat mit Pro-Pain durch Europa. Das sind die Geschichten, über die ich mich freue!

Letzte Frage: Dein Spitzname Kohle leitete sich von Deinem charakteristischen Nachnamen Kohlmannslehner ab. Neuerdings steht da Bonifer. Was ist passiert?:)) Bleibt die Kohle trotzdem? 

Ha, ha, da hab ich mir ein Ei gelegt! Ich habe 2007 geheiratet und den Namen meiner Frau angenommen. Der Name ist schöner und praktischer. Außerdem ist es, wie ich gemerkt habe, noch durchaus ungewöhnlich, dass junge Männer so etwas machen. Auch das fand ich reizvoll. Ich habe mich aber entschlossen, Kohlmannslehner weiterhin als meinen Künstlernamen als Musiker und Produzent zu benutzen. Bei ein paar Plattem, die ich produziert habe, stand aber schon Kristian „Kohle“ Bonifer. Gab also nicht nur bei dir Verwirrung! Bei meiner Nominierung als bester Produzent bei den „Danish Metal Awards“ konnte ich grad noch verhindern, dass der falsche Name benutzt wird. Wie auch immer, vergesst alles, und merkt euch „Kohle“. Sollte reichen!

Ein passendes Schlusswort!

 www.myspace.de/apdmetal
www.myspace.de/kohlekellerstudio
www.s-c-r.de

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